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DIREKTIONSVERTEILUNG IM BASELBIET


© Foto by OnlineReports

Ein zu schönes Feindbild: Betondirektor Jörg Krähenbühl

In der Baselbieter Regierung kommt es zu einer kleinen Rochade. Zwar bleibt in der partepolitischen Zusammensetzung alles beim Alten, aber der neugewählte SVP-Mann Jörg Krähenbühl übernimmt die langjährige CVP-Domäne der Bau- und Umweltschutzdirektion, während der ebenfalls neu gewählte Christdemokrat Peter Zwick nun die bisher von der SVP dirigierte Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion befehligt.

Kaum war die Direktionsverteilung offiziell bekannt, ging das Jammern los: Die Bau- und Umweltschutzdirektion in SVP-Hand! Krähenbühl sei der verlängerte Arm von Wirtschaftskammer-Chef Hans Rudolf Gysin und tanze nach dessen Pfeife, er werde die Landschaft weiter betonieren und dem Umweltschutz ein Mauerblümchendasein bescheren.

Natürlich liegt die Annahme nahe, dass sich Krähenbühl - notabene wie Peter Zwick - bei der Wirtschaftskammer erkenntlich zeigen muss, weil sie ihm mit ihrer Unterstützung entscheidend zur Wahl die Regierung verholfen hat.

Doch diese Überlegung greift in mehrfacher Hinsicht zu kurz. Zum Einen ist Krählenbühl in seiner neuen Funktion weder primär seiner SVP noch der Wirtschaftskammer, sondern dem Wohl des Volkes verpflichtet. Jetzt steht er an der Umweltfront, ist laufend direkt mit den neusten Ozonwerten, mit den direkten Folgen von CO2-Immissionen und mit den Klagen jener Versicherungs- und Gewerbekreise konfrontiert, die unter dem Klimawandel in zunehmendem Ausmass zu leiden haben.

Es kann niemand behaupten, dass die amtierende Umweltschutzdirektorin eine besonders avantgardistische Energie- und Umweltpolitik umgesetzt hat. Eher das Gegenteil ist der Fall. Es ist - zum Andern - nicht auszuschliessen, dass es dem SVP-Mann ein persönliches Anliegen werden und besser gelingen kann, seine politische Heimat von der Notwendigkeit möglicherweise unpopulärer Massnahmen zu überzeugen: Dass eine gesunde Wirtschaft und ein blühendes Gewerbe nur unter gesunden ökologischen Bedingungen eine nachhaltig Erfolg versprechende Zukunft haben. Es wird möglicherweise eine erdumspannende Bewusstseinskorrektur von noch nie dagewesener Dimension nötig sein. Dann sind auch Verhaltensänderungen nicht mehr eine Frage des Wollens, sondern des Müssens.

Auch in Zukunft muss gebaut werden. Die Frage ist, was und wieviel. Auch in Zukunft wird Auto gefahren. Die Frage ist, wieviel - und zu welchem Preis. Wenn nämlich das Klima auf Dauer verrückt zu spielen beginnt und die uns so vertrauten Regeln von Wind und Wetter ausser Kraft setzt, kann sein, dass die letzten politischen Vogel Sträusse ihre Köpfe aus den Sand ziehen. Und die SVP ist nicht blöd. Wer schliesst denn aus, dass ein SVP-Regierungsrat das Road Pricing konkret in die Debatte wirft - und am Schluss noch erfolgreich umsetzt?

Wer zudem die Polit-Mechanik kennt, tut gut daran, keine Voraus-Feindbilder wie den Bau-Buhmann im Umwelt-Departement zu verbreiten. Jörg Krähenbühl soll nun eine Legislatur arbeiten und zeigen können, was in ihm als "Macher" (so Parteifreunde) steckt. Schon in weniger als vier Jahren darf bilanziert werden, ob er sich zum Betondirektor entwickelt hat, als den ihn heute schon einige sehen. Schon mancher Exekutivpolitiker hat sich im Regierungsstatus ganz anders entwickelt - und profiliert - als es von ihm aufgrund der bisherigen Biografie zu erwarten war. Vorläufig jedenfalls tun die Voraus-Kritiker gut daran, in Ihren Statements über Krähenbühl zurückhaltend zu sein.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass er mehr ökologische Statur entwickelt als den Grünen lieb ist.

Peter Knechtli

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17. März 2007


  > ECHO

"Wir werden sehen"

So abwegig sind die Gängelband-Bedenken nicht, Herr Gysin, es gibt leider Beispiele. Die Bürger werden Sie diesbezüglich beim Wort nehmen, man wird sehen – später.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Gängelband-Gejammer endlich beenden!"

Ich habe mir vor und während des Wahlkampfes und insbesondere nach dem erfolgreichen Abschluss keine Illusionen darüber gemacht, dass zu guter Letzt die Wirtschaftskammer Baselland erneut zum "Knüpfer eines regierungsrätlichen Gängelbandes zum Altmarkt" gestempelt wird. Peter Knechtli kommentiert  gelassen, was insbesondere bei der Linken schon seit einiger Zeit als eine Art "Verschwörungstheorie" kursiert. Vermutlich, weil dieses Thema auch davon abhält, die linke Wahl-Niederlage nüchtern zu analysieren und Lehren daraus zu ziehen. Aus diesem Grund erlaube ich mir auch, zum Kommentar von Peter Knechtli persönlich Stellung zu nehmen:

Die Wirtschaftskammer hat Jörg Krähenbühl und Peter Zwick ausschliesslich deshalb engagiert unterstützt, weil sie zwei Politiker sind, die einerseits seit vielen Jahren klar unter Beweis gestellte Fähigkeiten besitzen, auch in einer Exekutive ausgezeichnete Arbeit zu leisten. Und andererseits deshalb, weil sie Persönlichkeiten sind, die aus der KMU-Wirtschaftspraxis kommen. Dieses Erfahrungspotenzial ist nach unserer Überzeugung in einer Regierung von hohem Wert – notabene nicht nur für die Baselbieter KMU-Wirtschaft, sondern auch für die ganze Bevölkerung. Denn: Immerhin geht es dabei um Werte wie Arbeitsplatzsicherung, Schaffung von Ausbildungsplätzen, wirtschaftliche Prosperität und – damit eng verflochten – auch um gesunde kantonale Finanzen, die ihrerseits dafür garantieren, dass der Kanton alle seine Aufgaben auch im sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Bereich erfüllen kann.

Wenn jetzt – insbesondere nach dem Entscheid, dass Jörg Krähenbühl die Bau- und Umweltschutzdirektion übernimmt – wieder die angebliche Abhängigkeit der Regierung von der Wirtschaftskammer an den Haaren herbei gezogen wird, so geschieht dies wider besseres Wissen und bisherige Erfahrungen. Die Wirtschaftskammer hat zu jeder Zeit klar unter Beweis gestellt, dass sie ohne Rücksicht auf persönliche Beziehungen und Parteibücher immer dann antritt - notfalls auch gegen die Regierung bzw. einzelne Exekutivmitglieder -, wenn wirtschaftliche Interessen tangiert sind. Dies ist ja die Kernaufgabe der Wirtschaftskammer. So, wie es die Kernaufgabe jedes Regierungsmitgliedes ist, in erster Linie dem Volk (und nicht einer Partei oder einer Interessenorganisation) zu dienen.

Die Wirtschaftskammer – und ich bin sicher, auch die beiden Neugewählten – sind sich dieser zentralen Spielregel unserer Demokratie sehr wohl bewusst und respektieren diese vorbehaltlos. Das jetzt wieder vom Zaun gebrochene "Gängelband-Gejammer" entbehrt jeder Grundlage und sollte endlich beendet werden, zumal es auch ungebührlich gegenüber den betreffenden Regierungsvertretern ist. Schliesslich käme es wohl niemandem auf bürgerlicher Seite in den Sinn, etwa dem früheren engagierten Gewerkschafter und heutigen Regierungsrat Urs Wüthrich ein Gängelband zu den Gewerkschaften oder zu den rot-grünen Parteien anzudichten. Bleiben wir also bei der Wahrheit.

Hans Rudolf Gysin
Nationalrat
Direktor Wirtschaftskammer Baselland
Pratteln



"SVP könnte sich fulminant repositionieren"

Wäre Jörg Krähenbühl wirklich der "verlängerte Arm" von Hans Rudolf Gysin, so hätte er in Sachen historischer Fusion auf Universitätsebene gewiss eine andere Position vertreten. Eher muss befürchten werden, dass er nach seitens HRG bravourös geschlagener Schlacht auf den Zürcher Parteikurs beordert worden ist, was in der Tat höchst bedauerlich wäre.

Denn - wie Peter Knechtli präzise analysiert und abstrahiert - Jörg Krähenbühl verfügt mit seiner Direktion über ein sachpolitisches Potenzial, das der in Stil und Inhalt noch immer arg ruralen Baselbieter SVP eine fulminante Repositionierung erlaubte. Tatsache ist: Die beiden Basel dürfen und wollen - zumindest offiziell - nicht auf Atomenergie setzen. Was wäre also naheliegender als aus der rechtlichen Not eine Tugend zu machen. Anstatt absurde Glaubenskriege fort zu führen, könnten für einmal gar Mittel von Basel ins Baselbiet fliessen. Wozu? Basel hat bekanntlich ein Raumdefizit. Und wohin nicht mehr bloss avantgardistische, sondern schlicht deroutiert spekulative Energieförder-Projekte auf Stadtgebiet führen, braucht nicht mehr kommentiert zu werden.

Im besten Wortsinne avantgardistsich wäre, wenn der SVP-Mann Krähenbühl sich seriös, intensiv darum bemühte, eine Energiegewinnungs-Innovationsholding beider Basel zu errichten. Die Stadt vefügt über die - diesbezüglichen - finanziellen, das Land über die räumlichen Mittel, und das Land wie auch die Stadt stehen unter dem Damoklesschwert ihrer lokalen Verfassungen. Der Demarche inhärent wäre ferner, dass die Regio Basiliensis nicht mehr bloss obstruktiv bzw. gar destruktiv in Erscheinung träte und dadurch an "standing", an auch energiepolitischer Glaubwürdigkeit gewänne. Ziel: Innovation! In der Not temporär geduldet: Strom "unbekannter" Provenienz.

Patric C. Friedlin
Basel




GEMEINSAME UNI-TRÄGERSCHAFT

Ein machtvolles Baselbieter Bildungs-Bekenntnis

85 Prozent der Baselbieter Stimmenden haben dieses Wochenende dem Staatsvertrag über eine gemeinsame Trägerschaft der Universität Basel zugestimmt.

Die Annahme des Vertragswerks ist nicht überraschend: Eine breite Allianz von rechts bis rot-grün, effizient unterstützt durch die Wirtschaftsverbände und den Uni-Förderverein, setzte sich engagiert für das Paragrafenwerk ein. Die SVP blieb mit ihrer Nein-Kampagne so allein, dass ihr das Stimmvolk die Gefolgschaft selbst in ländlichen Gebieten klar verweigerte - auch wenn nicht alle Argumente der Volkspartei bloss vorgeschoben waren. Für die SVP bedeutet das überklare Volks-Verdikt nach der deutlichen Ablehnung ihrer Schulinitiative einen herben Schlag: Sie hatte mit teils berechtigten Detailargumenten gefochten, doch das Volk entschied sich für ein Prinzip: Nicht bei der Bildung sparen, wenn schon Hunderte Millionen in den Baselbieter Strassenbau investiert werden.

Überrascht hat aber die Deutlichkeit der Annahme: Dass kantonsweit 85 Prozent der Stimmenden ein Ja für die Universität Basel in die Urne legten, muss als eine kleine Sensation bezeichnet werden. Dabei hat das Volk klar erkannt, dass hier Grundlegendes und nicht Rappenspalterei zum Entscheid anstand: Es ging nicht um Mietzins-Definitionen und behauptete Nachteile bei der Vergabe von Uni-Investitionen; es ging um die Zukunft und Prosperität des Bildungs- und Wirtschaftsstandorts Basel, zu dem das Baselbiet mindestens so viel beiträgt - und profitiert - wie die Stadt Basel.

Forschungs- und Bildungszentren stehen in einem sich zunehmend verschärfenden Wettbewerb, der für die Bevölkerung an Standorten mit starker pharmazeutischer Konzern-Konzentrationen, das haben die Stimmenden gemerkt, eine wahrscheinlich existenzielle Bedeutung hat. Wenn sich die beiden Bruderkantone hier in einen Kleinkrämer-Krieg verwickeln, dann freut dies nur die Konkurrenz: Die Symbiose von Forschung und Entwicklung von Universitätsinstituten und Grossunternehmen würde nachhaltig gestört, die Konzerne wüssten negative Signale aus der Bevölkerung bei ihren Standort-Überlegungen entsprechend zu deuten.

Die Klarheit, die hinter dem Bildungs-Bekenntnis des Baselbiets zum Ausdruck kommt, ist eine Sensation. Sie dürfte in Basel-Stadt ganz besondere Freude auslösen, weil damit auch die Unternehmen moralisch verstärkt in die Pflicht genommen werden. Es dürfte industriellen Standort-Pokerspielern jetzt deutlich schwerer fallen, von einem pharma- und investitionsfeindlichen Grundklima zu sprechen, wie es auch da und dort schon zu hören war.

Im Vorfeld der Abstimmung liess die SVP verlauten - und dies war wohl ihr Haupt-Ärgernis an diesem Staatsvertrag - dass die paritätische Einbindung des Baselbiets in die Basler Uni Teil einer "schleichenden Wiedervereinigung" sei. Natürlich mündet eine gute und enge Partnerschaft auch zwischen zwei Kantonen mit der Zeit in die Frage, ob eine Zusammenlegung letztlich nicht doch sinnvoll sei. Und natürlich können Institutionen partnerschaftlich so lange zusammengelegt werden, bis die stille Verschmelzung der seit 175 Jahren getrennten Staatsgebilde faktisch vollzogen ist. Insofern ist der Hinweis der SVP berechtigt.

Aber die Abstimmung über die Aufwertung des Baselbiets zur emanzipierten Trägerin einer Universität war kein Plebiszit für oder gegen eine Wiedervereinigung mit Basel-Stadt. Vielmehr war es ein pragmatisches Nachvollziehen eines Zustands, der aufgrund der Studentenzahlen schon längst vorgegeben war. Dieser Entscheid war richtig und vernünftig: Das Baselbiet zeigte Herz.

Allerdings bleibt zu hoffen, dass dies auch jene Stimmen in Basel-Stadt anerkennen, die dem Baselbiet bei jeder sich bietenden Gelegenheit Trittbrettfahrerei, Raffgier und dergleichen Unsinn mehr vorwerfen. Das Baselbiet weiss sensibel zu unterscheiden zwischen blinder Beitragszahlerei an den Staatsstaat und einem auf Dauer wertvollem Investment in die Zukunft der Jugend, der Wirtschaft und der Region schlechthin. Das war schon immer eine Stärke des Landkantons: Er liess sich nie ins Bockshorn jagen, zeigte sich aber mit Basel-Stadt zusammen solidarisch, wenn es um Wesentliches ging.

Dies war dieses Wochenende der Fall: Wir haben einen Meilenstein in Partnerschaft zwischen Basel-Stadt und Baselland erlebt.

Peter Knechtli

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11. März 2007


  > ECHO

"Jubiläumsjahr bekommt eine spezielle Note"

Der Kommentar von Peter Knechtli hat einen schönen Subtext. Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 175-Jahr-Jubiläum des Kantons Basel-Landschaft ist dieses Abstimmungsergebnis der eigenständigen, verantwortungsvollen und zugleich zukunftsbewussten Stimmbürger und Stimmbürgerinnen im Baselbiet nicht nur Grund zur bewegenden Freude, sondern es macht in mehrfacher Hinsicht auch richtig Spass. Damit bekommt das Jubiläumsjahr eine spezielle Note. Wir dürfen alle zusammen und gemeinsam gespannt sein.

Niggi Ullrich
Kulturbeauftragter im Baselbiet
Arlesheim




BL-REGIERUNGSWAHLEN 2007

Das Baselbiet bleibt BüZa-bürgerlich

Die diesjährigen Baselbieter Regierungsratswahlen versprachen einiges an Spannung: Die Affäre Peter Pegoraro und ihre ungewissen Folgen, eine bürgerliche Doppelvakanz, ein Ernst zu nehmendes links-ökologisches Vierer-Ticket, das mit dem Anspruch antrat, im bürgerlichen Baselbiet die rot-grüne Wende herbeizuführen.

Daraus ist nichts geworden (Bericht). Alles bleibt, wie es ist und wie es war: Der oppositionelle Anspruch, der sich an Vorbildern in andern Kantonen und Schweizer Städten orientierte, ist klar gescheitert. Selbst der SP-Hoffnungsträger Eric Nussbaumer, von dem etwas mehr Innovation in der Regierung hätte erwartet werden dürfen, blieb um rund 3'000 Stimmen hinter dem letztgewählten bürgerlichen Kandidaten Jörg Krähenbühl zurück.

Der Sieg der bürgerlichen Regierungsparteien hat ein profanes Rezept: Es heisst "Bürgerliche Zusammenarbeit" (BüZa). Diese Wahlallianz von SVP, FDP und CVP hat wiederholt heftigste interne Kräche und Meinungsdifferenzen - wie eben um die Defizitbremse - unter den Partner-Parteien überstanden, viele haben schon ihren Untergang beschworen. Und doch würde diese BüZa selbst dann noch existieren, wenn die SVP dereinst mit den Grünen eine Fraktionsgemeinschaft einginge.

Dieses einzig auf Machtsicherung angelegte Instrument, das nicht auf Inhalte setzt, sondern auf "Kontinuität des Bewährten" und der bürgerlichen Majorität, scheint bei Gesamterneuerungswahlen fast nicht zu knacken, so lange nicht äussere Katastrophen wie jene von Schweizerhalle oder Tschernobyl das Stimmvolk aus den Bahnen werfen. Es war unverkennbar, dass sich das BüZa-Quartett mit Sabine Pegoraro, Adrian Ballmer (beide FDP), Peter Zwick (CVP) und Jörg Krähenbühl (SVP) nur im unumgänglichen Minimum auf die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner einliess. Vielmehr suchte es gezielt den Kontakt zu seiner Stammwählerschaft - etwa die treuen Mitglieder des Hauseigentümerverbandes.

Sabine Pegoraro, die wegen der Verurteilung ihres Ehemannes in eine äusserst schwierige Situation geriet, darf nun BüZa-Wahlkampfleiter Karl Willimann eine Flasche Champagner spendieren. Er erhielt wegen seiner Kritik an der Basler Justiz zwar von rechts und links Haue - doch für die amtierende Justizdirektorin wirkte sich der Fauxpas wie ein Befreiungsschlag aus: Fortan war Willimann das Thema und nicht mehr sie selbst. Umso bekannter war ihr Name.

Von einem ähnlichen Transmissions-Effekt dürfte auch CVP-Überraschungskandidat Peter Zwick profitiert haben. "Wer ist Peter Zwick?" ging es wie ein Lauffeuer durch den Kanton - bis ihn jede und jeder kannte. So wurde aus dem Zitter-Kandidat ein Wahl-Renner.

Weshalb aber ist es dem rot-grünen Lager nicht gelungen, die Chance der Doppel-Vakanz zu nutzen? Das gute Wahlergebnis von Urs Wüthrich, dem einzigen SP-Mann in der fünfköpfigen Exekutive, mag ein geringer Trost sein: Er bleibt der Solo-Sozialdemokrat von BüZa-Gnaden. Der Hauptgrund für das Scheitern lag darin, dass das Baselbieter Volk offensichtlich keinen Wende-Bedarf hat: Der Steuervogt ist im Vergleich zur Stadt gnädig, die dreifachen Strassenbau-Millionen fliessen und die Schulen dürfen sich gegen über jenen der Nachbarkantone sehen lassen. Wenn die rot-grüne Allianz der Meinung war, die bürgerliche Regierung habe versagt, so ist es ihr mit ihrer als brav empfundenen Oppositionspolitik nicht gelungen, auch das Volk davon zu überzeugen. Es scheint auch, dass Links-grün den Wahlkampf erst vor einem halben Jahr statt vor vier Jahren eröffnet hat.

Bezüglich Kommunikation als Strategie im weiteren Sinn scheinen SP und Grüne lernresistent zu sein. Natürlich verfügt dieses Lager nicht annähernd über die finanziellen und logistischen Mittel der BüZa-Parteien und ihrer Publizitäts-Zentrale Wirtschaftskammer. Aber es ist nicht verboten, das Wirkungsvolle an der Art, wie Hans Rudolf Gysin Kampagnen und Themen lanciert, zu kopieren. Hier haben SP und Grüne eindeutigen Nachholbedarf. Die Plakatkampagne kam mickrig und hausbacken daher: Gysin verkaufte Namen, Links-grün typografische Elemente. Die Positionen, Entlarvungen und Enthüllungen der oppositionellen Landrats-Fraktionen dringen zu wenig effizient an die Öffentlichkeit. Der Mehrheit der Bevölkerung leuchtet schlicht nicht ein, inwiefern ihr die viel beschworene "Wende" Vorteile bringen soll.

Die um zwei Mitglieder erneuerte Regierung verspricht vier weitere Jahre BüZa-Baselbiet wie gehabt. Obschon diesen Wahlkampf mehrere Risiken belasteten, ist die Rechnung von SVP, FDP und CVP voll aufgegangen. Der Frauenanteil ist um einen Fünftel gesunken, eine merkliche Verjüngung der Regierung hat nicht stattgefunden. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieses Gremium den einen oder andern nachhaltigen und originellen Einfall nicht nehmen lässt.

Peter Knechtli

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11. Februar 2007

Video-Statments: Krähenbühl, Ballmer, Pegoraro, Reber, Zwick, Nussbaumer



  > ECHO

"Welche Leiden, Frau Dubois?"

Nach 50 Jahren ununterbrochener bürgerlicher Mehrheit regiert seit zwei Jahren in Basel-Stadt "rot-grün." Vielleicht kann Frau Dubois gelegentlich erklären, welche "Leiden" in dieser kurzen Zeit in unserem Kanton aufgetreten sind?

Roland Stark
Basel



"Es wäre schön, wenn es auch in Basel-Stadt zu einer Wende käme"

Offensichtlich wollten die Baselbieterinnen und Baselbieter verhindern, dass in ihrem Kanton Verhältnisse herrschen wie wir sie leider in Basel-Stadt dank der rotgrünen Regierung kennen. Ich gratuliere den Wählerinnen und Wählern zu ihrer Weitsicht und den bürgerlichen Parteien zu ihrem Wahlerfolg. Es wäre schön, wenn es auch in Basel-Stadt zu einer Wende käme. Leider ist eine solche zur Zeit noch nicht in Sicht, der Leidensdruck ist offensichtlich für viele StimmbürgerInnen noch nicht gross genug.

Rita Dubois
Basel



"Ein Trend macht noch keine Wahl"

Die grösste Überraschung bei den Baselbieter Wahlen war, dass es gar keine gegeben hat. Es bleibt alles mehr oder weniger so, wie es war - und die (zum Teil angeblich sogar manipulierten) Wahlprognosen, die eben eine solche Überraschung einer politischen Wende vorrausgesagt hatten, sind nicht mehr als Makulatur.

Zu Recht sagen jetzt nach geschlagener Schlacht alle interviewten Politiker, dass für sie solche Wahlprognosen sowieso nie eine grosse Bedeutung hätten. Das hat aber vor den Wahlen noch ganz anders getönt: Für die Einen waren die Prognosen die ultimative Motivation, eine Wende des Trends zu bewirken, und für die Anderen waren sie die Bestätigung, dass sie sowieso auf dem Siegeskurs sind. Nur die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen, die auch noch in grösserer Anzahl als vorrausgesagt gewählt haben, hat dies offensichtlich wenig beeindruckt. Qualität überzeugt eben immer noch am besten, und das ist gut so.

Heiner Vischer
Riehen



"SP hat noch nie so viel und so gutes Informationsmaterial verteilt"

Sicher hat Peter Knechtli Recht, dass auf Seiten der SP noch ein grosser Bedarf an Kommunikation und Anderem besteht. Aber das ist nicht alles gratis zu haben. Die SP hat meines Wissen noch nie so viel und so gutes Informationsmaterial bereitgestellt und verteilt - sei es an Propagandamaterial, sei es an Medieninformationen schriftlich per Internet und mündlich. Mir ist bekannt, dass auch Leserbriefe, welche in der Vergangenheit mehr oder weniger als das wichtige Meinungspotential galten, in gewissen Zeitungen fast gar nicht veröffentlicht worden sind. Dabei sind diese Medien auch von der linken Seite her mit Werbeinseraten (=Einnahmen) versorgt worden. Meines Erachtens ist auch die ganz grosse Mehrheit der linken Wählerinnen und Wähler Abonentinnen und Abonennten der meisten Zeitungen. Oder welches Medium ausser OnlineReports am letzten Tag vor den Wahlen hat die Tatsache der verfälschten Wählerumfrage, wo offenbar "bis in höchste Regierungs- und Wirtschaftskreise" manipuliert worden ist, zur Sprache gebracht? Dabei wussten Kenner der Materie seit vielen Wochen, dass da übel manipuliert wird.

Jetzt kommt da ein neu gewählter bürgerlicher Landrat und freut sich zu Recht über sein Wahlergebnis und dasjenige seiner Partei. Er macht die Aussage, dass die sehr teuren Werbeaktionen seiner Partei für diese Wahlen "nichts nötig" seien. Warum haben sie es denn gemacht? Sie hätten doch dieses Geld sparen können... Man sollte die Wählerinnen und Wähler - auch die eigenen - doch nicht für so dumm verkaufen.

Peter Meschberger
Birsfelden



"Das Volk hat die Regierung, die es verdient, Bravo!"

Als politische interessierte Bürgerin nehme ich erstaunt zur Kenntnis, dass es keine Rolle spielt, was ein Landrat in seiner Amtsperiode geleistet hat. Leisetreter werden nach vier Jahren mit genau so vielen oder gar mit mehr Stimmen wieder gewählt als Leute, die sich echt engagiert haben. Frauen wie Annemarie Marbet werden abgewählt, obwohl sie sich für gesunde Finanzen, für das Läufelfingerli und für Frauenpolitik stark engangiert hat.

Den Leuten geht es gut, die Wirtschaft im Baselbiet boomt, jeder baut ein Eigenheim bis jede Ecke des Baselbiets zubetoniert ist. Freie Fahrt wird gewährleistet, Milliarden im Strassen- und Tunnelbau verlocht, dafür bei der Bildung gespart. Die gute Schule Baselland mit 26 Kindern pro Klasse, mit Gymnasien, wo 50 Prozent der Sportstunden aus Platzmangel extern stattfinden, mit Sekundarschulstandorten, die seit Jahren in der Diskussion sind?

Den Leuten geht es gut: Das Volk hat die Regierung, die es verdient, Bravo!

Cornelia Schmidheiny
Gelterkinden



"Chapeau Hans Rudolf Gysin und Karl Willimann!"

Wenn die Voraussetzungen bei Wahlen sind, dass die herrschende Gruppierung zwei Exekutiv-Vakanzen hat, sie mit weder überdurchschnittlich bekannten noch - für den Outsider - medial-charismatischen Personen ersetzt. Wenn gleichzeitig eine der wieder antretenden Kandidaten (und dadurch auch ihre Partei bzw. die sie unterstützende Gruppierung) in ihrer Glaubwürdigkeit in höchstem Masse belastet ist/sind und - völlig zu Recht - unter intensivster Medien- und Kommentatoren-Artillerie stehen. Wenn die nationale Form von CVP und FDP demoskopischen Erhebungen zufolge stabil-schwach bis sehr schwach ist. Wenn der Wahlkampf eine regional-mediale Aufmerksamkeit erhält, wie nie zuvor. Wenn die notorisch tiefe Stimmbeteiligung infolge all der genannten Faktoren um immerhin 12 Prozent oder 4 Prozentpunkte zunimmt. Wenn die konkurrierende Gruppierung unter solchen für sie schlicht und ergreifend optimalen Voraussetzungen nicht nur ausser Stande ist zu gewinnen, sondern wenn sie in der Person der mit drei Viertel der Regierungsrats-Kandidaten antretenden SP gar epochal verliert, dann kann man daraus nur einen Schluss ziehen: Der Wahlkampf der BüZa war, integral vom Feinsten! Und damit gemeint ist eben nicht bloss der Wahlkampf via Medien, via Plakate. Damit gemeint ist insbesondere der "stille Wahlkampf". Der intensive Kontakt, den die Wahlkampfleitung zwischen Kandidaten, Parteien und potentiellen Wählern herzustellen vermochte und dadurch die persönlichen Qualitäten der Neuen und der Fortführung der alten Konstellation unmittelbar an Mann und Frau vermitteltn konnte. Chapeau Hans Rudolf Gysin und Karl Willimann!

Dieses kommunikationstaktisch und allianzstrategische Meisterstück sollte speziell für die Basler Bürgerlichen Wahlkampfmanager Grund für intensives Nachdenken sein. Der hoch interessanten Studie des Soziologen Ueli Mäder (BaZ, Seite 15) ist zu entnehmen, dass die Elektorate in Basel-Stadt und Baseland finanziell ganz erheblich weniger divergieren, als hier - im Sinne wohl eines Ablenkens von den eigenen politischen und kommunikationstechnischen Unzulänglichkeit - stets suggeriert wird. Was in Basel-Stadt fehlt, ganz dramatisch fehlt, ist die unité de doctrine der Partner der bürgerlichen Allianz. Eine konsequent an ihren Idealen - nicht an der Harmonie im Grossen Rat, mit den glatten rot-grünen Exponenten - orientierte Politik und Politik-Kommunikation muss her, pronto!

Patric C. Friedlin
Basel



"Existentielle Bedrohung der Demokratie ist unübersehbar"

Wenn anderswo bloss 36 Prozent der Berechtigten zu einer Wahl gehen, zählt das Ergebnis nicht (beispielsweise in vielen osteuropäischen Staaten oder in Portugal). Von "das Volk" kann nun nach den Wahlen im Kanton Basel-Landschaft wirklich nicht die Rede sein. Immerhin haben 64 Prozent der Berechtigten, beinahe eine Zweidrittelmehrheit des "Volkes" also, nicht gewählt. Die "bürgerliche" Mehrheit ist, genau so wie der Anspruch der SP und der Grünen, eine Mehrheit bilden zu wollen, eine Schimäre.

Die Selbstgefälligkeit, mit der hier zu Lande über die offensichtlich nur von marginalen Minderheiten gebildete "Mehrheiten" als dem "Volk" oder als Ausdruck demokratischer Reife und dergleichen mehr geredet wird, ist meiner Ansicht nach äusserst bedenklich. Es fehlt weitherum das Bewusstsein für die Problematik der regelmässig ausbleibenden ausreichenden Legitimität des politischen Handelns. Der Weg zur Entpolitisierung und damit zur existentiellen Bedrohung der Demokratie und namentlich des Rechtsstaates ist unübersehbar, wenn ich diesbezüglich etwa an die Machenschaften von Bundesrat Blocher denke. Blocher beruft sich nie auf den Rechtsstaat, nie auf die Legitimität eines Verfahrens, sondern immer nur auf das, was er als "Mehrheit" versteht, dem er dann "das Volk" sagt. Mit diesem Begriff versucht Blocher ständig, den Rechtsstaat möglichst weitgehend abzuschaffen, wenn es um Rechtssicherheit für Individuen geht. Das ist dann der "Arena"-Staat und nicht mehr der demokratisch legitimierte Rechtsstaat. Man sollte diese gesamte Problematik endlich ernst nehmen.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Da spielen weder Plakate noch zusätzliches Geld eine Rolle"

Weshalb sucht man immer so tief nach den Gründen eines Wahlerfolges oder einer Wahlniederlage? Das Volk hatte die Auswahl nach politischen Ausrichtungen. Das Volk hat gewählt. Nun haben wir den politischen Willen den Stimmvolkes. So einfach ist das. Da spielen weder Plakate noch zusätzliches Geld eine Rolle. Das Baselbieter Volk hat bei diesen Wahlen die konservative Linke klar nicht unterstützen wollen. Ich freue mich riesig über diesen Wahltag und natürlich freue ich mich ganz speziell über den Erfolg der FDP.

Siro Imber
Allschwil




GEOTHERMIE

Das Projekt verdient
eine zweite Chance

Ich sass an jenem berühmten Freitag um 17.48 Uhr im Zug. Da dieser neue "Flirt" ohnehin ruckelt und rumpelt wie der "Combino" in seinen wildesten Zeiten, ging das hausgemachte Erdbeben mit Stärke 3,4 unbemerkt an mir vorbei. Zahlreiche Bewohner der Region Basel aber hat das Schütteln ausgerechnet im Erdbeben-Jubeljahr aber in "Angst und Schrecken" versetzt, wie selbst die Geothermie-Bauherrin Geopower AG einräumte.

Die Empörung in einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung ist verständlich, und es ist auch richtig, dass der kräftige Groll aus Volkes Seele deutlich wahrzunehmen war: Das Beben war nicht natürlich, es war die Folge einer unter stärkstem Druck erfolgten Wasser-Injektion in 5'000 Metern Tiefe, mit der Klüfte in die Gesteinsschichten hätten geöffnet werden sollen. Nicht nur die Öffentlichkeit war von der Deutlichkeit des Bebens überrascht worden, auch die Betreiber und die zuständigen Behörden dürften nicht ernsthaft damit gerechnet haben. Jedenfalls konnte aus keinem Dokument der Regierung und aus keiner offiziellen Verlautbarung ein Erdstoss dieser Stärke erwartet worden.

Schon erstaunlicher aber ist, wie zahlreich sich in der ersten emotionalen Eruption die Stimmen zu Wort meldeten, die einen "sofortigen Abbruch" des Geothermie-Projekts forderten. Dies ist die falsche Antwort auf einen gravierenden Zwischenfall, der bei einer Wiederholung tatsächlich das politische Ende der "Schlüsseltechnologie" Erdwärme in der Region Basel besiegelt.

Es fällt auf, dass die Forderung nach einem Projektabbruch auch aus Kreisen stammte, die bisher weniger oder gar nichts an Vorschlägen oder konkreten Kredit-Entscheiden zum massiven Ausbau der erneuerbaren Energie in der Region mit Pionier-Potenzial beigetragen haben. Nein zu rufen, ohne aber ein sinnvolles Substitutionskonzept vorzulegen, ist doch schon etwas billig. Wer teilnimmt an einer Entwicklung des ungezügelten Energiemehrverbrauchs, sollte selbst Bereitschaft zur Erschliessung neuer Energiequellen und Technologien leisten. Dass Fortschritte bei der Entwicklung und Anwendung erneuerbarer Energien und Nachahmungssignale in die Schweiz oder gar ins Ausland äusserst erwünscht sind, hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit Intelligenz und reiner Vernunft: Technologien, die genügende Effizienz aufweisen und nachfolgenden Generationen keine Altlasten hinterlassen - und nebenbei das regionale Gewerbe unterstützen.

Insbesondere verdienen hier die regionalen Stromversorger den Support einer regionalen Bevölkerung, die sich bis heute unverändert dem Kampf gegen Atomkraftwerke verschrieben hat. IWB, EBM und EBL treiben auf ihre unerschiedliche Art nachhaltige Energien in einem Mass voran, das die Herzen der Alternativenergiefreunde eigentlich höher schlagen lassen müsste. Den Anbietern nun in den Rücken zu fallen oder im aktellen Moment auch nur populistisch zu schweigen, ist typisch für ein politisches System, das vor Wahlkämpfen jeweils besonders träge auf Gemütsbewegungen im Volk reagiert.

Das verbreitete Schweigen der meisten politischen Parteien ist besonders auffällig. Nur der Basler Gewerbeverband ermunterte bisher die Regierung, "nicht unter dem Eindruck der aktuellen Reaktionen die Flinte ins Korn zu werfen". Nicht einmal von den grünen Nachhaltigkeits-Promotoren war bisher ein deutliches Signal über die künftige Wegrichtung zu vernehmen. Dabei war es jene Partei, die im Baselbiet noch vor wenigen Tagen ihre eben lancierte Energie-Initiative - Ziel: Bis ins Jahr 2030 die Hälfte des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen produzieren - mit einem Anteil von stolzen 20 Prozent primär auf die Geothermie abstützte. Wer mit Geothermie Wahlinitiativen startet, sollte jene, die solche Pilotprojekte in die Praxis umsetzen, nicht beim ersten gründlichen Absturz im Regen stehen lassen.

Damit keine Zweifel aufkommen: Die Sicherheit der Bevölkerung hat oberste Priorität. Mit ihr zu spielen, wäre fahrlässig, auch wenn ein Verlust von über sechzig Millionen Franken droht. Aber es ist unredlich, unter Berufung auf das Beben nun andere Ziele zu verfolgen als nachhaltige oder sicherheitspolitische. Die Verantwortung, die es insbesondere für die poltischen Entscheidungsgremien zu tragen gilt, ist hoch. Sie müssen nun die Balance zwischen Hysterie und vorsätzlicher Fahrlässigkeit finden.

Der Weg in eine nachhaltige Welt ist beschwerlich und mit Rückschlägen gepflastert - aber unumgänglich. In dieser schwierigen Phase ist deshalb mehr denn je die Expertise der Fachleute gefragt. Auch an ihnen führt nun kein Weg vorbei. Halten sie eine kontrollierte Injektion mit allenfalls neuen Rahmenbedingungen für verantwortbar, verdient das vielversprechende Geothermie-Projekt eine zweite Chance.

Peter Knechtli

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16. Dezember 2006


  > ECHO

"Ein Hohn, hier von sauberer Atomenergie zu sprechen"

"Vertrauen wir der sauberen Atomenergie." An Sarkasmus ist dieser Satz von Rolf Thaler kaum noch zu überbieten. Hat er schon alles verdrängt und vergessen, was sich in dieser Sparte alles abspielt? Bei Tschernobyl angefangen bis hin zur heutigen Zeit in Fessenheim, dazwischen gibts unzählige andere Vorfälle in Spanien, Frankreich, Tschechien, Schweden, der Ukraine und so weiter. Wenn nötig kann ich ihm mit Informationen behilflich sein. Ganz abgesehen von der Sauerei, dass man bis heute nicht weis, was mit dem strahlenden Abfall geschehen soll und alles in der Welt herum schickt und verlocht, sollen sich auch unsere Kinder mit den Folgen herum schlagen. Wahrlich ein Hohn, hier von sauberer Energie zu sprechen. Nein Danke.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Bewahren wir doch klaren Kopf"

In der Tat analysiert Peter Knechtli einmal mehr treffend die gegenwärtige Situation um dieses zukunftsweisende Energiegewinnungsprojekt. Keine Wirkung ohne Reaktion, oder: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen eine Fachperson.

Alle die empörten Leserbriefschreibenden, denen durch ein kaum spürbares Erdbeben der Verstand verloren ging, rufen jetzt nach der scheinbar sauberen und sicheren (Tschernobyl lässt grüssen) Atomenergie und vergessen dabei, dass deren Risiken (im Gegensatz zu Erdbebenschäden) nicht versicherbar sind.

Bewahren wir doch klaren Kopf und gehen den mühsamen Weg zurück zur Vernunft. Nutzen die Sonnenenergie nicht nur mit Kollektoren zur Gewinnung von Wärme und Strom, sondern bauen auch wieder Häuser mit Mauern die einerseits Wärme speichern, andererseits vor Kälte schützen. Im Klartext: Verzichten wir auf die vor der Architektenlobby gehätschelten Glaskisten, die im Sommer mit viel Energie gekühlt und im Winter mit noch viel mehr Energie geheizt werden müssen.

Stellen wir uns doch einfach einmal vor, es gebe in wenigen Jahren kein Erdöl, kein Erdgas und keine Kohle mehr. Deswegen geht doch die Welt nicht unter.

Bruno Honold
Basel



"Vertrauen wir der sauberen Atomenergie"

Herr Knechtli, Sie liegen vollkommen falsch - in einem solchen Fall wollen wir es nicht noch einmal probieren. Sie haben doch bemerkt, dass all unsere "Zauberlehrlinge" auch nicht die leiseste Ahnung haben, was wirklich passieren könnte! Bitte lesen Sie heute den Leserbrief in der BZ von Frau Marianne Bernet, Binningen, über die "eitlen Geologen". Ich kann jedes Wort unterschreiben. Es gibt nur eine Lösung - Abbruch! Vertrauen wir lieber der sauberen Atomenergie, bis wir endlich einen besseren Ersatz haben!

Rolf Thaler
Basel



"Masslos übertriebene Reaktionen aus der Bevölkerung"

Im Gegensatz zu Peter Knechtli habe ich das Minibeben in unmittelbarer Nähe vom Epizentrum, nämlich in etwa 50 Metern Entfernung vom gössten Chemikalientanklager samt Produktionsanlagen im Klyeck miterlebt. Wie meine Arbeitskollegen habe ich aus dem Bürofenster geschaut, und als wir keine Hinweise eines Unfalls feststellen konnten, sind wir wieder zur Tagesordung übergegangen. Um so mehr erstaunt war ich dann über die masslos übertriebenen Reaktionen aus der Bevölkerung. Viele nutzten die Gunst der Stunde, um die "Rotgrünen" als Verantwortliche hinzustellen und diese in Misskredit zu ziehen.

Damit nun das Kind nicht mit dem Bad ausgeschüttet wird, ist es höchste Zeit zur Sachlichkeit zurückzukehren und unserem Basler Projekt die verdiente Chance zu geben. Ausserdem bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass durch künstliche Minibeben vorzeitig terristische Entspannung forciert werden, welche uns vor grösseren Schadenbeben bewahren.

Jakob Weber
Riehen



"Die Kritik an der Informationspolitik ist berechtigt"

Ich habe nichts gegen Geothermie. Ich akzeptiere auch Risiken bei der Entwicklung neuer Gewinnungsmethoden für erneuerbare Energien, aber ich habe ein Recht darauf, von den Verantwortlichen korrekt über diese Risiken vororientiert zu werden, insbesondere wenn ich als Einwohner dieses Kantons verpflichtet werde, mit meinen Steuern zur Finanzierung derartiger Projekte beizutragen. Ich nehme auch an, dass eine grosse Mehrheit der Bevölkerung in unserer Region ähnlich denkt. Was ich nicht akzeptieren kann, ist die Arroganz und Überheblichkeit, mit der ein Teil der Classe politique - insbesondere aus dem Umfeld der aktuellen Mehrheit in Regierung und Parlament - die berechtigte Kritik an der Informationspolitik von Regierung und Geopower AG ins Lächerliche zu ziehen versucht, sekundiert von der "Basler Zeitung", welche mit Begriffen wie "Populismus" und "Berufsempörern" operiert. Das erinnert  fatal an den Satz von Bertolt Brecht: "Es wäre besser, die Regierung setzte das Volk ab und wählte ein Neues..."

Hans Ulrich Iselin,
Riehen



"Die Fachleute haben auf der ganzen Linie versagt"

Wie mans auch dreht und wendet und mit Fachleuten versucht, wieder schön- und neuversuchzureden - Tatsache ist: Die so genannten Fachleute haben versagt und zwar auf der ganzen Linie. So was hätte – gerade in Basel – nie passieren dürfen. Auch in Zukunft werden diese Fachleute nie sämtliche Geheimnisse der Mutter Erde (unterhalb von Basel) zu erfassen wissen und ergo wird bei einer Fortsetzung des Projektes immer ein grösseres oder kleineres Restrisiko übrigbleiben. Das ist  schlicht der Grund für das kollektive Schweigen aller politischen Parteien. Das Problem "Geothermie / Erdbeben" lässt  sich in diesem Fall nämlich nicht so einfach mit einfachen politischen Blabla-Lügen aus der Welt schaffen.

PS 1: Restrisiken gabs in Basel auch schon zum Thema Atomkraft zu bewerten. Das Resultat ist allen bestens bekannt.
PS 2: Im Bereich nachhaltige Energien gibt’s auch noch ein paar interessante, absolut ungefährliche Alternativen oberhalb der anscheinend etwas empfindlichen Erdkruste.

Bruno Omlin
Shanghai/China



"Jeder Fortschritt fordert seinen Preis"

Der griechische Philosoph und Mathematiker Thales von Milet entdeckte bereits um das Jahr 600 vor Christus, dass Bernstein eine elektrische Ladung enthält, wenn man ihn reibt. Seither ist unsere Welt ohne elektrische Energie nicht mehr wegzudenken. Anfänglich und auch heute noch kann Elektrizität gefährlich sein, wenn man bestimmte Sicherheitsvorschriften nicht einhält. So birgt selbst die Natur ohne Einwirkung des Menschen, mit Erdbeben, Blitzschlag, Tsumanis etc. vîele Gefahren in sich und fordert Menschenleben. Ein Leben ohne Risiken  gibt es deshalb nicht.

Das gleiche Prinzip gilt auch für die Geothermie, die günstige, CO2-freie  und deshalb umweltfreundliche Energie erzeugt. Das zur Zeit in Basel als Weltpremiere laufende geothermische Heizkraftwerk-Projekt ("Deep Heat Minîng") ist ein einmaliger Pionierversuch und sollte unbedingt weitergeführt werden, allerdings unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen und mit laufenden Informationen an die Bevölkerung.

Heinz Jäggi
Buus



"Denkpause ist richtig – aber nicht aufgeben!"

Es ist wohltuend, dass sich nach dem ersten Schreck differenzierte Stimmen melden. Klar ist, dass die Sicherheit der Bevölkerung an erster Stelle stehen muss. Ebenso, dass nur eine transparente Informationspolitik das Vertrauen und damit die Akzeptanz für die Geothermie  (wieder)herstellen kann.

Wir Basler haben uns gegen Atomkraftwerke ausgesprochen. Seit Tschernobyl wissen wir, dass ein Unfall Mensch und Natur über Jahrzehnte verseucht. Die fossilen Energieträger sind massgeblich für die bedrohliche Klimaerwärmung verantwortlich. Der dritte Weg liegt, neben der Energieeffizienz, bei den erneuerbaren Energien. Aber auch diese sind nicht ohne Risiken.

Auf Bundesebene rüstet die Atomlobby zur Zeit gewaltig auf. Immer noch investiert der Bund etwa 60 Millionen Franken pro Jahr in  die Atomtechnologie. Gleichzeitig hat die bürgerliche  Spar-Mehrheit im Bundeshaus die Mittel zur Förderung der erneuerbaren Energie (Programm "Energie Schweiz") massiv zusammengestrichen. Für die Einrichtung einer Mini-CO2-Abgabe brauchte die gleiche Mehrheit mehrere Jahre. Die Gletscherschmelze geht weit schneller vor sich als die nötigen politischen Entscheide. Was tun?

Basel geht seit 20 Jahren konsequent den Weg einer modernen Energiepolitik, die in der Schweiz einmalig ist. Wir sind die Pioniere. Ich hoffe, wir haben jetzt auch den Mut, aus dem künstlichen Erdbeben zu lernen und der Geothermie eine zweite Chance zu geben.

Anita Fetz
Ständerätin
Basel



"Skepsis sollte endlich der Überzeugung weichen"

Die Geothermie ist zwar noch nicht vollständig seiner Pionierzeit entwachsen, wird aber im nahen Ausland erfolgreich angewendet. Deutschland ist diesbezüglich führend in dieser Technologie, und erstaunlicherweise boomt diese Art der Heizenergiegewinnung in Frankreich, vor allem im Elsass, enorm.

Beim Bau meines zweiten Hauses stellte ich mir bezüglich Heizung nur eine Frage: Wer kann die Geothermie perfekt installieren? Bei mir ging es nicht mehr um die Frage, welche Art von Heizung ich wollte, obwohl sich der Architekt wie auch der Sanitärinstallateur extrem skeptisch zeigten. 

Nun heize ich mein Haus im zweiten Winter praktisch kostenlos - ich habe lediglich noch den Strom für den jeweiligen Start der Wärmepumpe zu bezahlen, und das ist im Vergleich zu Öl- oder Gaskosten ein verschwindend kleiner Betrag. Die Anlage kostet zwar etwas mehr, amortisiert sich aber innert kürzester Zeit. Vor allem brauche ich mich nie mehr um steigende Öl- oder Gaspreise zu sorgen.

Mit zwei Bohrungen à rund 100 Meter heize ich das Haus, das Wasser im Schwimmbad und das Gebrauchswasser das ganze Jahr. Gebohrt hat eine Schweizer Firma, die Technik stammt aus Deutschland und die Planung und Installation erledigte eine französische Spezialfirma. 

Auch in Basel sollte die Skepsis gegenüber dem Projekt endlich Überzeugung weichen. Die Erdbeben wurden durch Tests ausgelöst. Wenn die Anlage erst einmal läuft, bleiben keinerlei Risiken, sondern nur Erfolgserlebnisse.

Peter Kleiber
Hagenthal-le-Haut



"Ja keine Flinten wegschmeissen"

Es gilt nun besonnen und gelassen zu handeln, eine Denkpause ist angezeigt; ja keine Flinten wegschmeissen! Eine klug zusammengesetzte Delegation mit Bewohnern der Stadt, Regierungs-, Grossrats- und anderen Leuten sollte nach Soultz reisen und die dortige Geothermie besichtigen; kommt Zeit, kommt Rat! Stichworte: Géothermie Soultz, Transformer les roches du sous-sol en échangeur thermique, Principe de la stimulation hydraulique: http://www.soultz.net/fr/

Willi Rehmann-Rothenbach
Binningen



"Auch das Weitermachen wie bisher ist nicht ohne Risiken"

Man kann den ausgewogenen Überlegungen von Peter Knechtli nur zustimmen, sowohl was die höheren Anforderungen an Sicherheit  und Kommunikationsit bei einem zweiten Anlauf angeht, wie insbesondere auch seinem Plädoyer, nicht kleinmütig die Flinte ins Korn zu werfen und Leuten, die (finanziell) etwas in Richtung Nachhaltigkeit wagen, bei erster Gelegenheit in den Rücken zu fallen. Vergessen wir nicht, dass auch das "Weitermachen wie bisher" nicht ohne Risiken ist. Höhere Energiepreise, globale Erwärmung und Emissionen aus der fossilen Energieerzeugung sind nicht unbedeutende langfristige Gefahren, die bei der Beurteilung der  Risiken von "neuen", saubereren Energiequellen durchaus mit in Betracht gezogen werden müssen.

Kaspar Eigenmann
Hofstetten SO



"Hoffe auf eine verantwortbare Fortsetzung"

Danke für Ihre differenzierte Stellungnahme. Ich hoffe, dass eine verantwortbare Fortsetzung des innovativen Projekts möglich ist.

Josef Jeker
Basel



SEX IN DER SCHULE

Sex-Übergriff: Die Liste der Hausaufgaben ist lang

Gefasst wie immer trug der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann heute Freitagmorgen vor, was am 29. September in einer Basler Schulklasse vorgefallen war: Drei Schüler im Alter von 12 und 13 Jahren halten während eines Klassenausflugs auf einer Schaukel eine 14-jährige Klassenkollegin fest und "berührten" sie "unsittlich", obschon sie sich dagegen zur Wehr setzt.

Die nach aussen vorgetragene Ruhe von Herrn Eymann dürfte kaum zum Nennwert genommen werden: Der oberste Bildungs-Verantwortliche des Kantons Basel-Stadt blieb zwei Monate und sieben Tage lang über die sexuelle Belästigung uninformiert. Diese Tatsache, die Eymann schon gar nicht zu verschweigen versuchte, lässt aufhorchen: Entweder hielten sich Lehrerschaft und Schulleitung in einem exzessiven Mass an den Dienstweg, dass die Information nicht an die Departementsspitze durchdrang - oder sie versuchten, wofür einiges spricht - den Übergriff zu bagatellisieren und unter dem Begriff "Alltagsereignis" abzubuchen. Wie sonst ist zu erklären, dass ein Vorfall, den die Lehrpersonen schon nach kurzer Zeit als "geregelt" (Eymann) ad acta legten, heute die Frage nach strafrechtlichen Tatbeständen aufwirft? Eymann bekam nicht etwa Wind vom Fall, weil ein couragierter Lehrer den direkten Draht zum Departements-Chef suchte, sondern weil die Recherche eines Journalisten die Information des Departements unumgänglich machte.

Was sich mit dem hastigen Schritt an die Öffentlichkeit offenbarte, ist ein Rattenschwanz an ungelösten Hausaufgaben. Weshalb unterdrückte die Schulleitung die unverzügliche Information des Departementsvorstehers? Fürchtete sie ein Imageproblem? Weshalb liess sich der Schulhausleiter von der Polizei und der Jugendanwaltschaft mit der Aussage abspeisen, die Justiz könne nur auf Strafanzeige von Eltern oder Opfer aktiv werden? Weshalb muss hinterher der promovierte Jurist und Regierungsrat Eymann persönlich bei den Strafverfolgungsbehörden recherchieren, ob nicht allenfalls doch ein Nötigung und damit ein Offizialdelikt vorliegt - obschon die Jugendanwaltschaft schon gestern Donnerstag gegen die drei Jugendlichen ein Strafverfahren eröffnet? Weshalb liegen die "niederschwelligen Handlungsanweisungen", wie Lehrpersonen in solchen Fällen vorzugehen haben, nicht längst vor, da ja sexuelle Übergriffe an Schule kein brandneues Phänomen sind? Weshalb veröffentlichen die Schulen keine Rechenschaftsberichte über Zahl und Umstände von "Vorfällen", wie die sexuellen Übergriffe beschönigend genannt werden? Werden Lehrkräfte "von oben" daran gehindert, Attacken und Drohungen ans Tageslicht zu bringen? Wurde die Schaukel-Attacke nur öffentlich, weil der Fall von Zürich-Seebach die Gemüter sensibilisierte?

Was sich auf dem Schulausflug in einer Basler Schulklasse ereignete, ist graduell mit Zürich-Seebach in keiner Weise vergleichbar. Aber der Vorgang weist eindeutige Parallelen auf: Grenzüberschreitungen innerhalb der Schulhoheit, die so nicht weiter hingenommen werden können.

Aber die zuständigen Behörden, insbesondere die für Medien zuständigen, haben nicht einmal Grund, die Übergriffe zu beklagen, ohne sich selbst auch mit schonungsloser Selbstkritik zu konfrontieren. Jahrelang liessen sie ungehindert TV-Programme in die Stuben einzuspeisen, die für einschlägige Produkte warben ("Lad dir deinen täglich frischen Porno auf dein Handy") oder sich gar offen als Tummelplatz von Pädophilen entpuppten. Wenn Halbwüchsige diese behördlich konzessionierten und öffentlich zugänglichen Angebote fatalerweise als autorisierte Handlungsanweisungen für den Umgang mit Gefühlen im Unterleib missverstehen, dann brauchen insbesondere Erziehungs-Profis sich über Auswüchse im Seebach- oder Schaukel-Stil nicht mehr zu wundern. Mehr noch: Sie tragen Mitverantwortung wie alle von uns, die sich nicht gegen die Grenzen dessen gewehrt haben, was über staatlich konzessionierte Kanäle noch beworben werden darf.

Wenn Christoph Eymann nun entschlossen von "Nulltoleranz" spricht, so ist ihm natürlich beizupflichten. Aber Nulltoleranz ist nur mit Transparenz und öffentlicher Rechenschaft zu haben: Wenn Übergriffe bekannt werden, so sind sie genau so akribisch und unverzüglich zu veröffentlichen wie der Taschendiebstahl im Kleinbasel. Schon im eigenen Interesse sollte die pädagogische Berufsgilde die Medien nutzen. Denn nur so erhält die grassierende Erosion von Scham und Sitten jenen Stellenwert, den sie verdient.

Peter Knechtli

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8. Dezember 2006


  > ECHO

"Wir haben eine Nacht lang geschmust"

Im Jahr 1956 nahme ich an einer zweitägigen Schulreise nach Melchsee-Frutt teil. Am Morgen musste der Lehrer uns Burschen fast alle bei den Mädchen aufsuchen. Es war so schön, mit einer Schulkameradin eine Nacht zu schmusen. Niemand hatte über den Vorfall je ein böses Wort gesagt. Würde so was heute geschehen, käme alles in den Medien kommen unter dem Motto, aus einer Fliege einen Elefanten zu machen. Schön ist die Jugendzeit, sie kommt nie mehr. Übrigens: Auch die Mädchen waren glücklich jene Nacht auf Melchsee-Frutt.

P.S.
Udonthani/Thailand
(Name der Redaktion bekannt)



"Höhere Auflagen dank Exzessen"

Vor Jahren wurde ich als Klassenlehrer an einer OS- Klasse während einer Schulstunde folgendermassen überrascht: Es klopfte an die Schulzimmertüre. Davor standen mehrere uniformierte Polizeibeamte und erklärten, sie würden einen Schüler der Klasse wegen seines Mitmachens an der Vergewaltigung eines Mädchens am Vorabend in der Nähe des St. Jakob-Stadions verhaften. Ich musste danach ohne Kenntnis der Umstände, die zur Verhaftung geführt hatten, eine Klasse beruhigen, danach die Eltern der Schülerinnen und Schüler beruhigen, die durch Meldungen eines Basler Radiosenders auf den Fall aufmerksam gemacht wurden. Schliesslich musste ich mir während mehrerer Tage die wüstesten Beschimpfungen, Anstürme auch an meiner Privatadresse, nächtliche oder frühmorgendlicher Telefonanrufe von zwei Journalisten und einer Journalistin gefallen lassen, die meine Unkenntnis des Vorkommnisses einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollten und mir und anderen Lehrkräften der Schule der Einfachheit halber "Vertuschung" vorwarfen. Die Schule wurde in den damals zwei deutschsprachigen schweizerischen Sonntagszeitungen als Hort von blinden und abgekapselten Lehrpersonen dargestellt.

Dass wir wochenlang mit verstörten Schülerinnen, Schülern und Eltern arbeiteten, ohne auch nur den Fingerzeig einer Hilfestellung von irgendwem aus all den wild spekulierenden, übertreibenden und schlichterdings lügenden Medienkreisen zu erhalten, war selbstredend nicht nur 1996 klar, sondern ist auch heute eine Selbstverständlichkeit. Morgen gibt es eine andere Vergewaltigung, andere Exzesse, die man dann wieder "recherchieren" muss, um aus ihnen Einschaltquotensteigerung oder Auflagesteigerung herausarbeiten zu können.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Was in Basel alles unter den Teppich gekehrt wird!"

Würde stinken, was in Basel alles unter den Teppich gekehrt wird - der Gestank wäre unerträglich. Unsere PolitikerInnen sind Meister im Schönreden. Die Informationspolitik ist gleich Null. Statt Ein- und Durchgreifen betreibt man lieber Gefühlsduselei. Zum Glück gibt es noch Journalisten, die einiges ans Licht bringen.

Die Liste der Hausaufgaben für unsere Politiker ist lang, da pflichte ich Peter Knechtli bei, und zwar nicht nur, was den Sex-Übergriff betrifft. Ich bezweifle aber stark, dass unsere derzeitigen Regierungsmitglieder lernwillig bzw. lernfähig sind.

Rita Dubois
Basel



"Informationspflicht und Sensationslust miteinander verwechselt"

Ich kenne, genau wie Peter Knechtli, weder die genauen Umstände des Vorfalles noch die beteiligten Personen. Das hindert mich, vom bequemen Schreibtisch aus und erst noch nachträglich, einen (ver)urteilenden Kommentar zu schreiben. Verurteilt werden im übrigen nicht die Täter, sondern pauschal die Lehrkräfte, wobei nicht einmal die Hierarchiestufen (Lehrer, Schulhausleitung, Schulleitung) sauber unterschieden werden. Eine Frage drängt sich aber auf: Warum hat diejenige Person, die den angeblich verheimlichten Vorfall aufdecken wollte, nicht den Departementsvorsteher, sondern den "Sonntags-Blick" informiert? Vermutlich wurden wieder einmal Informationspflicht und Sensationslust miteinander verwechselt. Der sachlichen Beurteilung dienst dies sicher nicht.

Roland Stark
Basel



"Diese Gesellschaft basiert auf Schein-Harmonie"

Und falls es noch eines Beweises bedurfte, dass die Behörden (inklusive Lehrerschaft) sich nur bewegen, wenn die Medien aktiv werden, sei auf die letzte diesbezügliche Berichterstattung von OnlineReports verwiesen. Ihr zufolge ortet die Basler Staatsanwaltschaft nun mit Art. 181 StGB, Nötigung, urplötzlich - nach Monaten der speziell für das Opfer agonisierenden Passivität - ein Offizialdelikt und eröffnet folgerichtig das entsprechende Strafverfahren.

Nicht wahr: Wenn vormalige Autoritätspersonen wie die Lehrerschaft seit einiger Zeit dazu verdammt sind, als Psychotherapeuten zu agieren, die stets und ausnahmslos das Positive zu suchen und von Amtes wegen Generalabsolution zu erteilen haben, wenn unsere Gesellschaft als Ganzes  existentiell auf (Schein-) Harmonie angewiesen ist, um die mehr als triste Realität der totalen Oberflächlichkeit, auf jeder Ebene zu überwinden und wenn schliesslich die Politik mehrheitlich geradezu pathologisch nach Integration von Allem und Jedem schreit, dann liegt die Schuld für das Verschwinden jedweder Grundmoral bei der Jugend dort und nur dort. Es ist fünf nach zwölf. In der Schule muss endlich mit Strenge geführt werden. Gnadenlos. Denn die Gesellschaft ist offenkundig mehrheitlich weder willens, noch fähig, die Jungen zu einem Mindestmass an Respekt zu erziehen.

Patric C. Friedlin
Basel




BASLER GEWERBEVERBAND: MEIERS ENTLASSUNG

Da lief alles falsch, was falsch laufen kann

Ein Privatunternehmen entlässt einen Vizedirektor. Das ist unangenehm oder gar schockierend für den Betroffenen, aber keine Seltenheit - und kaum ein Medien-Thema.

Nun entliess der Basler Gewerbeverband seinen Vizedirektor Felix Meier, wie OnlineReports informierte, und die Wogen gehen hoch: Es folgen weitere Medienberichte und einseitige Stellungnahmen Schlag auf Schlag. Und noch immer weiss die Öffentlichkeit nicht, weshalb sich Direktor Peter Malama von seinem Vize trennte - und sie wird es offiziell, und wohl zu recht, auch nie erfahren.

Dennoch lief in diesem Konflikt gemäss Murphys Gesetz ziemlich alles falsch, was falsch laufen kann. Felix Meier ist nicht nur Verbands-Manager, er ist auch Politiker, Grossrat, seit jüngerer Zeit Vizepräsident der FDP Basel-Stadt und an einem Nationalratsmandat interessiert. Er steht in einem Alter, in dem es dringlich angezeigt ist, sich über berufliche oder politische Ambitionen klar zu werden. Es darf vermutet werden, dass Meier die Perspektive nicht genügte, beruflich und politisch im Schatten seines um knapp vier Jahre älteren Chefs zu stehen, der auch in den Nationalrat drängt. Höchstwahrscheinlich scheint er im Tagesgeschäft auch eine gewisse Autonomie entwickelt zu haben, die Malama nicht mehr als dienlich betrachtete, und die Grund für eine Trennung darstellen kann.

Doch dieser reflexionsfähige Peter Malama, der sonst vor Energie sprüht und sicherlich einen guten Job als Gewerbedirektor macht, ging auf Tauchstation und reagierte auf Anrufe nicht. Als OnlineReports letzten Samstag mit seinem Noch-Medienverantwortlichen Frank Linhart sprach, fiel er über die von uns geäusserte Information - Meier sei freigestellt wurden - aus allen Wolken. Verbandspräsident Werner Schmid vertuschte die Wahrheit, indem er die Freistellung dementierte und die Frage offen liess, ob Meier je wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren werde. Seine Nicht-Information begründete der Verbands-Oberst mit einem angeblich vereinbarten "Stillschweigen" - was laut Felix Meier, immerhin Jurist und Anwalt, explizit nicht vereinbart war.

Erst als die schwere Chemie-Störung in der operativen Verbandsspitze öffentlich wurde, offenbarte sich - und zwar erst durch eine Verlautbarung von Vizedirektor Felix Meier -, dass er bereits am 28. September die Kündigung erhielt, von welcher der Medienverantwortliche am 18. November (!) noch keine Kenntnis hatte. Der Gewerbeverband nannte beschönigend einen "Austritt von Felix Meier", was in Wahrheit wohl ein Aus-Tritt gewesen ist. Wenn zutrifft, dass das Personal über die fast zwei Monate zurück liegende Kündigung nicht informiert war, dann stellt sich die Frage, was Direktion und Präsidium dazu motivierte, die Trennung auch dann noch vielsagend zu verschweigen, als sie ein Stadium erreicht hatte, in dem die Parteien nur noch über ihre Anwälte verkehren.

Das ist Kommunikations-Politik des Kalten Kriegs, die weder dem Gewerbeverband noch seinem Personal und schon gar nicht der beruflichen Neuorientierung des Entlassenen Felix Meier dient. Weshalb sich die sonst so öffentlichkeits-agile Spitze des Gewerbeverbandes nicht frühzeitig zu einer trockenen, aber transparenten Information entschloss, bleibt schleierhaft.

Peter Knechtli

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23. November 2006


  > ECHO

"Spitzenfunktionäre reden um den heissen Brei"

Auch wenn ich mir mit meinem Statement nicht nur Freunde mache, äussere ich mich dennoch. Was sich da im Basler Gewerbeverband zur Zeit abspielt, ist wahrlich eine Tragödie (für alle Betroffenen). Da reden Spitzenfunktionäre des Gewerbeverbandes permanent um den heissen Brei herum und merken selbst nicht mehr, welchen Schaden sie damit anrichten. Der Gewerbeverband sollte doch eine "Musterfunktion" haben! Passiert mal etwas Unvorhergesehenes, läuft alles nur noch schief. Die dortigen Chefs sollten nicht Weiterbildungskurse für Gewerbler organisieren, sondern selbst einen Intensiv-Kurs für Personalführung besuchen!

Markus Borner
Mitglied Gewerbeverband
Basel



SO MACHT LIEBE SPASS


© Foto by OnlineReports

Toms Hochzeit: Wir gratulieren!

Haben Sie es auch gesehen? Wie der US-amerikanische Superstar Tom Cruise seine Katie in einem Schloss geheiratet hat, in einem römischen Vorort? Nein? Getrennt in dunklen Limousinen hätten sich die beiden zum Ehevertrag fest Entschlossenen zu diesem Bollwerk im kleinen Nest Bracciano chauffieren lassen. Mauerhöhe: 10 Meter. Er sei mit einer ganz dunklen Brille ausgestiegen. Habe nur ganz kurz den Leuten gewinkt. Nur ganz kurz. 6'000 Kerzen! sollen im Saal geleuchtet haben. Muss ja eine Hitze gewesen sein. Ein Scientology-Guru soll das Ehe-Ritual vollzogen haben. Wenn ich da an die Basler Scientologen am Barfi denke ("Wieviel Paar Schueh hänn Si aa?"), was die dann da wohl machten, bei diesem Ritual ... Viele, ein ganzer Haufen Stars, 200, seien eingeladen gewesen. Ganz frech habe das italienische Fernsehen gefragt: "Wo, wo sind sie denn, diese 200 Stars?" Unglaublich, diese Italiani.

Sicher ist, die Beckhams waren da! Stellen Sie sich mal vor, Sie sässen einen ganzen Abend lang neben Victoria Beckham. Was glauben Sie, wie ungeheuer interessant ein Gespräch mit dieser Victoria ist. Denken Sie nur an ihren Blick. Oder an ihren Mann. Bestimmt ein Lieber, dieser Becks. Was die wohl miteinander reden. Nach ein paar Bierchen erklärt Ihnen Dave vielleicht, wie er seine Freistösse aus 43 Metern unterkant bekommt. Oder (lachend) wie er es einfach 13 Minuten lang nicht geschafft habe, diese neue Playstation anzuschliessen. Nicht die seines Sohnes, you fool! Hahahaha, good joke.

Aber es waren nicht nur Fussballer dort: Auch die Nichte von Stardesigner Giorgio Armani soll unter den Gäste-Stars gewesen sein. Roberta, Roberta Armani! Kennen Sie die? Nun, von der erfahren wir jetzt durch diese Heirat von Tom Cruise, dass es sie gibt, und sie wird allein dadurch, dass sie, eine Nichte von Giorgio Armani, an der Heiratsfeier (Feier?) von Tom Cruise war, zum Star. Denken Sie an Tom Cruises Blick und beantworten Sie sich ganz ehrlich die Frage: Würde ich es nicht auch gewollt haben, durch Anwesenheit an der Heiratsfeier (Feier?) dieses Mannes die Chance zu erhalten, zum "Star" zu werden, und dadurch die Chance zu kriegen, im nächsten James Bond als Gangster-Statist mit einem Wort-Beitrag ("Aaaaaaaaaahhh!!!") auf mich und meine Talente aufmerksam machen zu können? Ja oder Nein?

Einige dieser Stars, Brooke Shields zum Beispiel, waren noch vor ein paar wenigen Jahrzehntchen mal in einem Film zu sehen, und es sind nur ein paar Jahre her, da hatte auch Jennifer Lopez einen Hit. Aber, so ungerecht: Nur gerade ein Fernseh-Sender soll die Rechte für bewegte Bilder erhalten haben, gerüchteweise für mehrere Millionen Dollar.

So macht doch Liebe erst richtig Spass. Oder kennen Sie den? Wer fremdgeht: Kostet fünf Millionen Dollar im ersten Ehejahr. Das stehe so im Cruiseschen Ehevertrag. Bei derart minenfeldartigen Vertragsverhältnissen könnte es sich lohnen, auch selbst beim ehelichen Kopulieren einen Anwalt dabei zu haben. Als Zeuge. Wenigstens sollte Katie ihren Anwalt fragen, ob er es nicht für besser hielte, auch dabei zu sein. Wer weiss, wie viele Millionen hier eine Fernsehstation bezahlen würde?

Die weitere Frage ist jetzt natürlich: Wie werden diese fünf Millionen verschoben, wenn es beide gleichzeitig aber nicht miteinander tun? Vielleicht müssen sie dann dem Anderen dafür auch ein Negerli kaufen? Pah, diese Italiener hätten es noch gewagt, sich zu beklagen, dass der Verkehr in ihrer Innenstadt für mehrere Stunden völlig abgesperrt worden sei – aus Sicherheitsgründen, wie es heisst. Tja, sie verstehen keinen Spass, diese Südländer, wenn man ihnen die Macchina wegnimmt. Ist ja auch nicht so lustig. Stellen Sie sich mal vor, wenn Caroline Rasser mal ihren Dani von Wattenwyl heiraten würde und sie dann, einfach so, den Spalenberg absperren würde für den motorisierten Verkehr. Könnten wir das hinnehmen?

Aber zurück nach Italy: Scharfschützen seien über ganz Bracciano ausgeschwärmt. Tom Cruise und diese Frau von Tom Cruise sind ja fast so wichtig wie der amerikanische Präsident, oder nach diesen Wahlen fast noch wichtiger. Haben Sie Tom Cruises letzten Film gesehen? Wie hiess der doch gleich? Mission possible 5. Och nee, impossible heisst es doch. Aber wars jetzt die 7 oder die 3 oder die 4? Abhaken bitte!

Claude Bühler

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20. November 2006


  > ECHO

"Die Tiere in diesem Zoo leben halt einfach ganz anders als wir hier"

Bei allem Respekt vor Ihrer Leistung, Herr Bühler: Was genau wollen Sie uns mit diesem Text jetzt mitteilen? Ist das eine Filmkritik? Ist das eine satirische Betrachtung? Oder allenfalls ein neidvoller Blick auf eine Bühne, auf welcher wir nichts zu suchen haben? Die Tiere in diesem Zoo leben halt einfach ganz anders als wir hier in der Provinz. Das ist doch noch kein Grund für Häme.

Daniel Thiriet
Riehen



FSC-TROPENHOLZ-ZERTIFIKAT


© Foto by OnlineReports

Das Güte-Siegel FSC rettet die Tropenwälder nicht

Alle wollen nur das Beste. Alle wollen die schwer bedrohten Urwälder im riesigen Kongobecken schützen helfen. Dafür haben sich Organisationen und Unternehmen, die vor drei Jahren noch erbitterte Gegner waren, zusammengerauft und die Medien vor einen Eisenbahnwaggon frisch importierter Urwaldriesen nach Klingnau geladen.

Hier sollte ihnen zuhanden der Schweizer Konsumierenden das "erste urwaldfreundliche Tropenholz aus Afrika" präsentiert werden. Doch kaum ein Medium folgte der Einladung. Die Organisatoren blieben, mit fünf Ausnahmen, in der schweizweit einzigen Tropenholzsägerei der Gebrüder Kappeler unter sich. Ein Desinteresse, das alarmiert: Weil im Kongobecken Schweizer Steuergelder eingesetzt werden. Weil der Schutz dieses grossen Regenwaldgürtels im Herzen Afrikas für das Weltklima von zentraler Bedeutung ist. Und weil der zweifellos denkwürdige Anlass in Klingnau mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt.

Die, die das Beste wollen, sind das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), der WWF, Greenpeace, die Türenfabrik Brunegg und die vom Deutschen Hinrich Stoll aufgebaute Firma Congolaise Industrielle des Bois (CIB), die in der Volksrepublik Kongo seit Dekaden den Urwald abholzt.

Um für die Kongowälder das Beste zu erreichen, haben Greenpeace und WWF mit Druck und Verhandlungen und das Seco mit klaren Bedingungen die CIB endlich zu einer wenigstens partiell besseren Bewirtschaftung sowie die Türenfabrik Brunegg für die Verwendung von Tropenholz aus "nachhaltiger Nutzung" bewegen können. Die Garantie hierfür liefert das international anerkannte, vom WWF geförderte Gütesiegel FSC des Forest Stewardship Council.

Das Siegel verspricht uns Konsumierenden, dass das Holz aus einem "sozial- und umweltverträglich bewirtschafteten Wald" stammt. Eine segensreiche Einrichtung - mit einer Ausnahme: Bei den letzten Urwäldern. Dort wird das viel gepriesene FSC-Label zur Kommerzwaffe. Dort verkommt es zum Killer-Instrument und Feigenblatt der involvierten Regierungen, Konzerne und Umweltorganisationen, die aus den Urwäldern Kapital schlagen wollen. Der einzige Schutz für die bedrohten Urwälder - Lebensraum von Waldvölkern, seltenen Tieren und Pflanzen - wäre, sie ganz in Ruhe zu lassen. Dafür müssten im Kongobecken vor allem die Europäer als bisherige Hauptprofiteure besorgt sein.

Stattdessen ist der seit der Kolonisation anhaltende industrielle Raubbau an den Regenwäldern Afrikas verheerender denn je: Immer schnellere Öffnung der Urwälder, unkontrollierte Abholzung, Entwurzelung der Waldvölker, Wilderei, Vernichtung von Fauna und Flora und die nachhaltige Zerstörung riesiger Landstriche sind die Folgen. Hinzu kommt, dass die Bäume zu einem Bruchteil ihres Wertes exportiert werden und die Einnahmen der Korruption wegen kaum je die betroffene Bevölkerung erreichen. So schockt die Realität vor Ort.

Dass in diesem Tohuwabohu, das neuerdings durch den Einfall rücksichtsloser malaysischer und chinesischer Holzkonzerne arg verschlimmert wird, überhaupt ein paar Kubikmeter Holz FSC-zertifiziert werden konnten, ist eine beachtliche Leistung. Allerdings wird sie irreführend verkauft: Das Güte-Siegel FSC kann die Regenwälder im Kongobecken nicht retten, das könnte nur eine entschlossene Staatengemeinschaft. FSC ignoriert im Kongobecken die Bedürfnisse der rechtlosen Waldmenschen, der Pygmäen. FSC fördert das Geschäft mit "urwaldfreundlichem" Holz, anstatt es zu reduzieren. Und FSC wirbt in der Schweiz für Türen aus mehreren hundert Jahren alten Urwaldbäumen, anstatt einheimische Alternativen aufzuzeigen, die nach der nicht mehr allzu fernen Totalabholzung der Tropenwälder ohnehin nötig sein werden.

Wenn also im Zusammenhang mit den Primärwäldern alle wirklich nur das Beste wollten, müsste alles für die Unantastbarkeit der letzten Urwälder unternommen werden. Doch davon sind wir noch weit entfernt. Auch in der Schweiz: Die vom Volk längst geforderte Deklarationspflicht für Holzprodukte wird von Parlament und Bundesrat weiterhin verwehrt. So bleibt uns Konsumierenden einmal mehr nur die Wahrnehmung der persönlichen Verantwortung: Hände weg von Holzprodukten aus Urwäldern, selbst wenn sie FSC-zertifiziert sind.

Ruedi Suter


3. November 2006


"ARENA"-BOYKOTT

Fulvio Pellis Direttissima
in die Sackgasse


Weil die Freitags-"Arena" des Schweizer Fernsehens den Kommentar von Bundesrat Christoph Blocher zur Antirassismus-Strafnorm thematisieren wollte, boykottierte die FDP Schweiz die Fernsehdebatte. Parteipräsident Fulvio Pelli forderte sogar die Abschaffung der "Arena", weil es Aufgabe des gebührenfinanzierten Fernsehens sei, über "Anträge und Entscheide" zu rapportieren und nicht "auf virtuelle politische Provokationen" zu reagieren.

Es ist schon ein Kunststück, so viele Fehler auf einmal zu begehen, wie es der FDP-Oberst dieses Wochenende in Sempach fertig gebracht hat. Die Signale, die Pelli hier unter massiver Medienbeobachtung gezielt verbreitete, sind weder in medienpolitischer noch in parteitaktischer und schon gar nicht in demokratischer Hinsicht nachzuvollziehen. Sie bedeuten einen beträchtlichen Imageschaden für die FDP und eine Desavouierung ihrer Anstrengungen vor allem in den Kantonen, der Filz-Partei nach den Jahren der Affären wieder ein attraktives, jugendfrisches Gesicht zu geben.

Die Medien-Schelte, die Pelli gestern Samstag vor seinen Delegierten in Sempach vortrug, erinnert an die Zeiten des Kalten Kriegs und des so genannten "Hofer-Clubs", der vom Schweizer Fernsehen allen Ernstes verlangte, die Schweizer Armee nicht im authentischen, sondern im "positiven Licht" darzustellen. Und jetzt, als die eher östliche Vorstellung, Medien seien zur Schönfärberei da, überwunden schien, kommt der FDP-Präsident mit einer zensurähnlichen Forderung daher, die jenen des damaligen "Hofer-Clubs" in nichts nachsteht: Der Spitzenpolitiker masst sich an, den SRG-Polit-Journalisten die opportunen und die missliebigen Themen vorzuschreiben.

Ausgerechnet die FDP, die mit einem neuen Auftritt gesamtschweizerisch für eine "intelligente Schweiz" wirbt, stellt sich in die Reihe der Diskussionsverweigerer. Ausgerechnet die FDP, die am ehesten in der Lage wäre, gegenüber SVP-Bundesrat Christoph Blocher glaubwürdig Klartext zu reden - und zwar öffentlich -, entzieht sich mit einer faulen medienpolitischen Ausrede der dringend nötigen Auseinandersetzung - und ihrer eigenen Profilierung. Denn längst hätten wir gern gehört, was die Schweizer Freisinn-Spitze inhaltlich zu Blochers schlaumeierischem Bückling in der Türkei, aber auch zu seinen - möglicherweise teilweise berechtigten - Vorbehalten zur Antirassismus-Strafnorm meint.

Wir hätten es am Freitag erfahren können, aber wir wissen es nicht. Fulvio Pelli hat eine einzigartige Profilierungs-Chance verpasst. Er, der eigentlich ausgleichende und nicht polarisierende Spitzenpolitiker, hat seine FDP als Trötzeler- und Debattierverweigerer-Partei hingestellt. Er schlägt die "Arena" und meint Blocher, den die FDP mitgewählt hat.

Diese Fernsehsendung hat sich zum Besseren entwickelt: Ging es in früheren Zeiten nur darum, das Freitagabend-Publikum mit einer wilden Wort-Sauce zu unterhalten, ist heute die Äusserung eines Gedankenganges möglich, die mehr als sieben Sekunden in Anspruch nehmen darf. Das Resultat ist ein klarer Erkenntnisgewinn.

Ähnliche Sendungen mit gut dokumentierten Gesprächsleitern und sorgfältig ausgewählten Gästen vermissen wir unter den privaten Sendern, die ihre Existenz über schöne Strecken auch der Freisinnigen Partei zu verdanken haben. Ob Fulvio Pelli vor diesem Hintergrund legitimiert ist, der politischen Abteilung des Schweizer Fernsehens die Themen zu diktieren, ist mehr als fraglich. Pelli hätte seine Kritik an Blocher ja in der Sendung - und somit vor der schweizerischen Fernseh-Öffentlichkeit - anbringen und damit die "intelligente Schweiz" markieren können. Statt dessen zog er sich in den Schmollwinkel zurück. Er präsentierte sich seinem offenen und debattierfreudigen Nachwuchs als Negativ-Vorbild.

Den FDP-Kräften in den Kantonen ist nun die wenig dankbare Aufgabe überlassen, Pelli aus der Sackgasse zu helfen und zu beweisen, dass die FDP trotz dieses offensichtlichen Fehltritts die Partei der "Intelligenten Schweiz" sein will. Und dass aus der Boykott- keine Bankrotterklärung wird.

Peter Knechtli

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15. Oktober 2006


  > ECHO

"Die FDP sollte einmal eine Auszeit nehmen"

Herr Pelli bringt mit seinem Rundumschlag gegen die "Arena" des Schweizer Fernsehen und Bundesrat Blocher doch nur die Verzweiflung seiner Partei zum Ausdruck. Sei dem Swissair-Desaster, dem grössten Wirtschaftsdebakel unseres Landes, an dem führende FDP-Köpfe auch grosse Mitschuld trugen, ging es stetig bergab mit der einst staatstragenden Partei. Die Männer am Steuerhaspel der FDP kamen und gingen, es wurde nicht besser, nur schlimmer. Die FDP hat in unserem Volk seine Glaubwürdigkeit verspielt. Vermutlich wird die FDP in naher Zukunft zwischen den beiden Blöcken Rot/Grün, CVP, und der rechtslastigen SVP zermalmt.

Seltsam, da wettert Herr Pelli gegen Bundesrat Blocher, fährt jedoch brav im Kielwasser der SVP mit, wenn es um Volksabstimmungen geht, wie neulich bei der Asylabstimmung. Das kann ja nicht gut gehen und erweckt beim Wähler Argwohn. Selbst Herr Pellis Drohung bei einem erneuten Wahldebakel nächstes Jahr den Gang in die Opposition zu nehmen, wird den Abwärtstrend der FDP nicht stoppen können. Immerhin hat Pelli mutig einen guten Gedanken geäussert: In Bern die Konkordanz nicht mehr mitzutragen.

Es wäre wohl das Beste für die FDP, eine Auszeit zu nehmen und von Ferne eine neue, attraktivere FDP aufzubauen, wie Phönix aus der Asche.  Sogar in Basel findet Herr Stolz, ein Jungspund der hiesigen FDP, solche Gedanken nicht mehr absurd, eher logisch. Eine grüne Bundesrätin oder Bundesrat steht ohnehin ante portas, bei einem geschätzten Wähleranteil von beinahe 10 Prozent der Grünen. Nichts ist mehr, wie es einmal war.

Eric Cerf
Basel



"Die FDP müsste sich klar positionieren"

Blochers Türkei-Bücklinge sind das eine. Dass Blocher diese verbalen Provokationsübungen als schweizerischer Bundesrat machen konnte, verdankt er allerdings vor allem der FDP. Ohne deren Bundesversammlungsfraktion wäre der Herr nie Bundesrat geworden. Inzwischen stört Blocher - was ohne grosse Phantasieanstrengung vorhersehbar war - nicht nur jene, die ihn expressis verbis nicht gewählt haben, sondern eben auch diese ganzen FDP-Schlaumeier, die meinten, man könne einen wie Blocher quasi ins Amt einigeln. In Österreich wollte der Herr Schüssel mit den dortigen rechtsextremen Rassisten dasselbe veranstalten. Nachdem man ihm etwa in der NZZ noch am Tag vor der letzten Nationalratswahl vor zwei Wochen nachgerühmt hatte, Haider zum Nullum degradiert zu haben, steht am Tage danach eine "totgesagte" Partei namens FPÖ mit triefendem Rassismus im Kopf gestärkt wieder in der politischen Öffentlichkeit. Während Schüssels Blütenträume vom angeblich "bürgerlichen" Österreich für lange Zeit ausgeträumt sind.

Um es deutlich zu sagen: Mit Rechtsextremen, mit Rassisten, mit Xenophoben kann man nicht politische respektive gesellschaftliche Zukunft erarbeiten. Dies kann man überall, wo es die besonders schlauen "Bürgerlichen" versucht haben, feststellen, ob in Österreich, in Italien, in Spanien, ob in Dänemark oder den Niederlanden, ob in Belgien oder beispielsweise jüngst in Polen: Die Blochers sind nicht gestaltungsfähig.

Natürlich bedeutet dies, dass sich die FDP in der Schweiz klar positionieren müsste. Nur: Wer ständig mit dem provokant auftretenden Unanständigen ins Bett steigt, wird selber als unanständig wahrgenommen und mit diesem gleichgesetzt. Dieses Faktum vor allem ist das Problem der FDP. Denn: Auch in der Schweiz gibt es keine Mehrheit für fanatischen Rassismus und für rechtsextremes Überborden. Die Fanatisierten wenden sich eh dem Original zu. Diejenigen, die sich abgestossen fühlen, verlassen das "Wählerpotential der FDP". Denn es gibt inzwischen attraktive Alternativen.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Präzise"

Präzise! Peter Knechtli sei Dank.

Peter Scholer
Rheinfelden



AUSLÄNDER-TABU

Die perfekte Zielquittung
für Christoph Blocher

Während die PR-Agenturen immer machtvoller und zahlreicher mit Publikationswünschen an die Medien herantreten, entwickeln sich viele Staatsangestellte immer mehr zu Schweigern, zu Abwieglern und zu Verwedelungskünstlern. Von offener Verwaltung - einige "Medienbeauftragte", die noch kommunizieren und nicht verschleiern, seien hier ausgenommen - ist immer weniger spürbar. Die Staatsangestellten haben Schiss. Sie wollen nicht mehr preisgeben, was sie wissen, was sie denken, was sie fühlen. Es könnte der Chefin nicht passen. Oder dem Chef. Oder der Antirassismus-Strafnorm.

In diesen Tagen berichtete die "Basler Zeitung" über die Baselbieter Sozialhilfe-Statistik. Daraus geht hervor, dass im Halbkanton 1,3 Prozent der Schweizer Bürger(innen) und 4,8 Prozent der Ausländer Sozialhilfe beziehen. Mit 12 Prozent kassieren die im Baselbiet wohnenden Türken mit Abstand am meisten Sozialgeld von der öffentlichen Hand - fast zehnmal häufiger als Schweizer.

Was nun folgte, ist typisch: Auf Nachfrage hin verweigerten der Leiter des Sozialamtes Baselland, der Chef des Liestaler Sozialdienstes und das Arbeitsamt vielsagend eine Erklärung. Als Grund für ihre Interpretationsunterdrückung gaben sie an: "Der Vorwurf des Rassismus liegt nahe."

Da hat also die humanistische Schweiz mit guten Grund eine Antirassismus-Strafnorm geschaffen, um Holocaust- und Völkermord-Leugnern sowie Rassisten jeder Art in die Schranken zu weisen. Und was ist die Nebenwirkung? Dass Behörden ausland- und asylpolitisch brisante Statistiken veröffentlichen - und dazu schweigen. OnlineReports hat schon die fehlende Analyse zur so genannten "Ausländerkriminalität" kritisiert, an der sich offenbar kein Staatsangestellter und insbesondere kein Regierungsrat die Hände verbrennen will. Jetzt schweigen die Behörden auch zur Frage, weshalb fast jeder achte Türke im Baselbiet Sozialhilfe bezieht.

Ob insgeheim gewollt oder nicht: Das ist die perfekte Zielquittung für Bundesrat Christoph Blocher, der soeben Prügel bezogen hat für seine - ausgerechnet in der Türkei gemachte - Aussage, die Antirassismus-Strafnorm bereite ihm Bauchweh, weil sie die Meinungsäusserungsfreiheit beeinträchtige.

Die Verweigerung einer sauberen Interpretation von Ausländerstatistiken - etwa zum Sozialhilfebezug oder zur Kriminalitätsrate - ebenso wie die Tabuisierung der Aggression auf offener Strasse ("Ey Mann, wotsch eis an d'Frässe, Mann?") schürt Vorbehalte gegenüber Ausländern und Asylsuchenden, wie sie in der jüngsten eidgenössischen Volksabstimmung deutlich zum Ausdruck kamen. Nicht die Erklärung, weshalb bestimmte Verhältnisse so sind, wie sie uns die Statistiken zeigen, ist gefährlich, sondern das Schweigen darüber: Die Behörden überlassen der Öffentlichkeit dringend interpretationsbedürftige Zahlen, von denen sie annehmen müssen, dass sie mit billigen Schlagworten zu ungunsten der ausländischen Bevölkerung ausgelegt werden können - und auch ausgelegt werden. Das ist fahrlässig, wenn nicht sogar rassismusfördernd.

Wenn aber die Tabuisierung eines hochgradigen Politikums, der Maulkorbzwang für Beamte und die Unterdrückung gesellschaftlich wichtiger Analysen der Preis für die berechtigte Strafbarkeit von Rassismus sein soll, dann stimmt etwas mit der Strafnorm oder ihrer Anwendung nicht mehr. Die schweizerische Zivilgesellschaft hat eine offene Auseinandersetzung mit den jetzt behördlich unterschlagenen Fragen nicht nur verdient - sie hat sie nötig. Die Vorstellung, dass allein schon die öffentliche Debatte mit heiklen Ausländerfragen rassistisch sein soll, ist unerträglich.

Peter Knechtli

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8. Oktober 2006


  > ECHO

"Schweigen aus Angst vor der Offenlegung eigener Fehlentscheide?"

In erster Linie sollte man doch darüber diskutieren, unter welchen Bedingungen die heute fürsorgeabhängigen Ausländer damals mit dem Segen der Behörden in unser Land gelassen wurden und allenfalls Bewilligungen für den Familiennachzug erhielten. Um sich vor einer Wegweisung zu schützen, lassen sich viele Ausländer einbürgern, wobei ihrem sozialen Status aus gesetzlichen Gründen kaum mehr Beachtung geschenkt wird. Hinter der Begründung der Behörden, dass bei einer offenen Kommunikation über die Fürsorgeabhängigkeit von Ausländern der Fremdenhass geschürt werde, steckt womöglich die Angst vor der Offenlegung eigener Fehlentscheide und den daraus resultierenden personellen Konsequenzen. Wie weit das revidierte und vom Volk gutgeheissene Ausländergesetz die Einreise zweifelhafter Existenzen in Zukunft verhindern kann, und welche kantonalen Gesetze und Verordnungen der Realität angepasst werden müssen, erachte ich als eine zentrale Frage in dieser Auseinandersetzung. Regierung und Landrat sowie die Wählerschaft sind gefordert. Bald sind wieder Wahlen.

Heinz Mattmüller
alt Landrat SD
Pratteln



"Doppelbürger verfälschen die Statistik"

Dank an OnlineReports für diesen Bericht über das Schweigen der Behörden. Sie treffen damit präzise den Kopf des Nagels. Die Angst, sich wegen Aussagen über gewisse Rassen, Nationalitäten und ethnische Gruppierungen durch die Anwendung des "Maulkorbgesetz" strafbar zu machen, ist inakzeptabel. Vom Trend - "Maul zu und pass Dich gefälligst den Mentalitäten unserer Gäste an" - haben die meisten Bürgerinnen und Bürger der Schweiz genug. Dieses Antirassismusgesetz würde heute in dieser Form keine Mehrheit mehr finden.

Mich würde zum Beispiel interessieren, wie hoch in den beiden Basler Halbkantonen der prozentuale Anteil von Schweizer SozialbezügerInnen liegt, die kürzlich das Schweizer Bürgerrecht erhalten haben und aus welchen Staaten sie ursprünglich stammen. Natürlich gibt es diese statistische Auskunft nicht. Denn Schweizer (mit Doppelbürgerschaft) ist Schweizer. Unter dem Schutz des anonymen Einbürgerungsverfahrens, das leider auch von den meisten bürgerlichen Parteien Unterstützung findet, fallen viele aussagekräftige Kriterien nun in die Kategorie "Schweizer". Daraus aber resultieren weniger ausländische Kriminelle, IV- und Sozialbezüger. Sichergestellt ist nur die Zunahme des Wählerpotentials für die linken Parteien.

Toni Casagrande
Basel



"Es darf nicht sein, dass Staatsangestellte lieber schweigen"

Vielen Dank für Ihre einmal mehr verdienstvolle Offenheit bei einem heiklen Thema! Leider haben Sie nur zu recht. Kleines Beispiel: Kürzlich habe ich einem Politikerkollegen gegenüber erwähnt, dass die Kriminalitätsrate der Wohnbevölkerung (und damit ich jetzt nicht missverstanden werde: ich meine damit genau das, was das Wort sagt, nämlich wieviel Prozent der jeweiligen Bevölkerungsanteile kriminell sind) bei Ausländern statistisch signifikant höher liegt als bei Schweizern. Resultat: Empörung. Dabei zeigen das die Zahlen ganz klar - ohne jeden Effekt von "ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe", denn die gemachte Aussage lässt sich aus den amtlichen Statistiken ohne Schwierigkeiten direkt ablesen.

Was diese Aussage nicht heisst, ist, dass Menschen aus der Türkei oder Menschen aus Ex-Jugoslawien - um nur einmal die zwei prominentesten Herkunftsländer zu nennen - generell kriminell sind. Es heisst auch nicht, dass alle diese Menschen gefährlich sind. Aber es heisst, dass von den Leuten, die aus diesen Gegenden in die Schweiz gekommen sind, prozentual mehr kriminell sind als bei den Schweizern - nicht mehr und nicht weniger. Und schon diese Erkenntnis finde ich bedenklich (im Sinne von: dass man darüber nachdenken soll!) - gerade auch für die vielen Ausländer und Eingebürgerten ausländischer Herkunft, welche sich schon längst erfolgreich integriert haben.

Einen meines Erachtens wichtigen Aspekt lasse ich hier jetzt weg: Es hat noch niemand untersucht, wie die Zahlen aussehen, wenn man auch relativ neu eingebürgerte Schweizer ausländischer Herkunft in den Vergleich mit aufnimmt - diese Zahlen sind nämlich schlicht nicht erhältlich.

Das Problem geht aber weiter - und genau darum bin ich so dankbar für Ihren Kommentar: Wir sind heute schon so weit, dass Staatsangestellte auf verschiedenen Stufen und in verschiedenen Departementen lieber schweigen, weil sie um ihren Job fürchten, sobald sie missliebige (wenn auch wahre!) Aussagen machen. Das kann und darf nicht sein - auch jeder Staatsangestellte hat das Recht (muss das Recht haben!), seine Meinung zu äussern.

Wir müssen dringend dafür sorgen, dass - und da kann ich nur auf meinen Artikel im "Baslerstab" vom 2. August 2006 verweisen - in jeder Hinsicht wieder klare Aussagen nicht nur möglich sind, sondern gefordert werden: Es gibt bei Schweizern und bei Ausländern "Söttigi und Söttigi" - Renitente und Kriminelle müssen dringend härter angepackt werden (ja, selbstverständlich auch Schweizer, nur unter Umständen mit anderen Folgen, da man kriminelle Schweizer zum Beispiel nicht ausweisen kann), damit alle anderen in Frieden leben können - ja, Schweizer und Ausländer!

Patrick Hafner
Grossrat und Bürgerrat (und als Bürgerrat auch Statthalter der Einbürgerungskommission)
Bsel



"Die Behörden schweigen und tabuisieren nicht"

Die Sozialhilfestatistik ist in Baselland seit Jahren transparent. Und es wird auch seit Jahren sorgfältig und ohne Polemik interpertiert, wenn Sie so wollen auch amtlich interpretiert. So schrieb man bereits in der Sozialhilfestatistik zum Jahre 2003: "Aus der Unterscheidung nach Herkunft geht hervor, dass Personen ausländischer Staatsangehörigkeit bei den Sozialhilfebezügern stärker vertreten sind als Schweizerinnen und Schweizer." Alle Zahlen liegen im Detail vor. Auch die Gründe für das erhöhte Sozialhilferisiko der ausländischen Wohnbevölkerung wurden detailliert dargelegt. Die Behörden schweigen und tabuisieren nicht. Wo man in den Publikationen eine amtliche Tabuisierung entdecken kann, verstehe ich nicht. Die Gründe, warum Menschen öffentliche Sozialhilfe beanspruchen müssen, sind auch in der neusten Statistik ausgewiesen. Sie sind, wie jeder weiss, vielfältig und stehen seit Jahren in der öffentlichen Debatte.

Statistik 2003: http://www.baselland.ch//docs/fkd/
mitfkd/mit-fkd_2004-06-04_soz-hilfe03.pdf
Statistik 2004: http://www.baselland.ch//docs/fkd/
mitfkd/mit-fkd_2005-06-10.pdf
Statistik 2005: http://www.statistik.bl.ch/fileadmin/user_
upload/Sozialhilfe/06_02_Sozialhilfe.pdf

Eric Nussbaumer
Landrat
Frenkendorf



"Politischen Behörden sind mutlos"

Die Kommentare von den Herren Friedlin und Hurni zum Thema kommen nicht überraschend und sind zum Teil nachvollziehbar. Nur haben sie bei ihren Erklärungsversuchen etwas Wesentliches vergessen. Es sollte doch möglich sein und wird in anderen Bereichen auch vorgemacht, behördliche Statistiken zu emotionellen Themen in einer vernünftigen Art und Weise und sachlich der Bevölkerung zu kommunizieren. Sollte! Warum funktioniert das nicht bei Themen, die zum Beispiel Ausländer betreffen?

Fakt ist, dass heutzutage praktisch alle Bemühungen diesbezüglich zum scheitern verurteilt sind, weil es immer mehr selbsternannte "Polit-Fachleute" gibt, bei diesem Thema rechts logischerweise mehr als auf der linken politischen Seite, die schon begierig auf solche Statistiken warten, um diese ruckzuck für ihre persönlichen Zwecke emotional um- und zurechtzubiegen um danach die Öffentlichkeit zu "beglücken". Dies immer öfters in einer immer peinlicher Art und Weise, um niedrige Emotionen gegen Ausländer zu schüren. Das kommt erstens in der heutigen arbeitsproblematischen Zeit populistisch sehr gut an und dient zweitens ihren politischen Zielen.

Notwendige objektive Debatten zu behördlichen Angaben bleiben so auf der Strecke. Als "Rassisten" stehen dann unterschwellig die Behörden plötzlich selbst da, können diese die Sachlage noch so korrekt zu interpretieren versuchen. Dass immer öfter nur halb oder gar nicht kommentiert wird, ist verständlich, dient aber der Sache leider überhaupt nicht, im Gegenteil. Politischer Selbstschutz nennt man dies. Ein bestbekannter Schweizer Literat beschrieb dies unter dem Titel "Die Schere im Kopf" sehr lesenswert.

Eines ist aber so sicher wie das Amen in der Kirche: Das Ganze hat nichts mit der Antirassismus-Strafnorm zu tun, sondern eher mit Mut- und Führungslosigkeit der involvierten politischen Behörden. Leider.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Wenn Behörden schweigen, ist etwas faul"

Peter Knechtli schneidet ein heikles Thema an: Die Probleme, die uns gewisse Ausländer bereiten. Über die hochanständigen, gebildeten Ausländer, die auch mitten unter uns leben und keinen Anlass zur Klage geben, spricht leider niemand. Der Bodensatz an Ausländern, die immer mehr auffallen und schliesslich dem Staat zur Last fallen, hat deutlich zugenommen, die Statistik ist unerbittlich und genau. Warum schweigen, warum nicht bekanntmachen, dass es so ist, wie ist, dass zu viele Türken gemessen an den anderen Volksgruppen Sozialhilfe beziehen? Das hat mit Ausländerfeindlichkeit nichts zu tun. Warum das so ist, kann unendliche Debatten und Streitgespräche auslösen. Wenn aber die Behörden aus Furcht vor Konsequenzen lieber schweigen, dann ist bei uns etwas faul! Der aufkeimende Fremdenhass wird durch Schweigen, Weggucken und Tabuisierung nur gefördert.

Seit der Wahlschlappe der Linken triumphiert Bundesrat Christop Blocher. Auch ich stimmte damals gegen das Anti-Rassismus Gesetz, weil es mir so nicht passte! Für die zunehmende Ausländerfeindlichkeit bei uns ist auch dieses unselige Gesetz verantwortlich, das zu einseitig Stellung bezieht.

Eric Cerf
Basel



"Wen wundert's, dass Beamte lieber schweigen"

Die Linken haben aus der Geschichte gelernt, wie man mit Repressionen das Volk politisch auf Linie bringt. Was die Asyl- und Ausländerpolitik betrifft, sind Halbwahrheiten und  Schönreden eher angesagt. Wehe dem, der es wagt, als Bürger oder Beamter das Gegenteil zu behaupten. Der wird blitzschnell mit Hilfe der linken Scheindemokraten und gewisser Medien in die dunkelbraune Ecke gestellt. Wenn wundert's, dass unter solchen Bedingungen die Beamten lieber schweigen.

Philippe Hurni
Basel



"Darum hat Rassismus Hochkonjunktur"

"Die Vorstellung, dass allein schon die öffentliche Debatte mit heiklen Ausländerfragen rassistisch sein soll, ist unerträglich." Genau. In ostdeutschen Bundesländern zeigt sich, worin das von unfähigen Behörden verordnete Schweigen mündet. In der wuchtvollen Auferstehung von NPD und DVU. Kultur ist - unter anderem - die Fähigkeit, sensible Themen öffentlich, kontrovers zu debattieren. Wer dazu aus diesem oder jenem Grund nicht im Stande ist, verdient es nicht, in Amt und Würden zu sein. Für meine Wenigkeit ist klar: Die Komplexe der Basler und Liestaler Behörden sind kausal verantwortlich dafür, dass Rassismus Hochkonjunktur hat.

Patric C. Friedlin
Basel



PEGORARO-KANDIDATUR

Sabine Pegoraro muss
jetzt sagen, was Sache ist

Es ist ein Szenario, das selbst hartgesottene Polit-Strategen zum Zittern bringt. Soeben erhielten die Mitglieder der Baselbieter FDP die Einladung zur Nomination ihrer Regierungsrätin Sabine Pegoraro für eine zweite Amtszeit, da wird die Gerichtsverhandlung gegen ihren Ehemann ruchbar: Peter Pegoraro, dem früheren Direktor der Itag Vermögensverwaltung in Basel, wirft die Staatsanwaltschaft ungetreue Geschäftsbesorgung und mehrfache Urkundenfälschung vor. Die Gerichtsverhandlung beginnt am 11. Dezember - zu einem Zeitpunkt, da der Wahlkampf allmählich seinem Höhepunkt entgegen treibt. Worst case heisst das im Strategen-Vokabular.

Nun steht nicht Sabine Pegoraro vor den Schranken des Gerichts und ihr angeklagter Ehemann ist unschuldig und bleibt es, so lange kein rechtsgültiges Urteil gegen ihn vorliegt. Diese Differenzierung ist wichtig in einem Fall, der alle Facetten eines ungewissen Ausgangs, aber auch mehrere Optionen eines politischen und persönlichen Notfalls in sich trägt.

Die mögliche Verbindung zu zugestandenen Fehlern und bestrittenen Verfehlungen ihres Ehemannes konnten im Verlaufe von Sabine Pegoraros erster Amtsperiode vorübergehend ausgesessen werden. Immerhin war es die frisch gewählte Regierungsrätin, die noch als Landrätin die Strafanzeige der Itag Vermögensverwaltung gegen ihren Ehemann vor dem Parlament publik gemacht und damit einstweilen für Ruhe gesorgt hatte.

Es wäre verhängnisvolle Blauäugigkeit anzunehmen, über dem Strafverfahren ihres Ehemannes bleibe für immer der Siegel der Verschwiegenheit. Denn jetzt stehen Wahlen an. Die Kandidatin muss erst vom Parteitag nominiert werden, danach steht sie mit ihrem Parteikollegen Adrian Ballmer, dem SVP-Kandidaten Jörg Krähenbühl und einer noch offenen CVP-Persönlichkeit lachend auf dem Wahlplakat, und schliesslich soll sie mit dem Schwung der bürgerlichen Parteienallianz BüZa für eine zweite Legislatur gewählt werden. Sabine Pegoraro ist also zentral auf den Support ihrer zwei Partner-Parteien angewiesen, wenn ihre Kandidatur nicht in einem Desaster enden soll.

Der Justiz-Fall Peter Pegoraro hätte niemals die jetzige Brisanz und seine Name würde kaum öffentlich genannt, bestünde nicht die Verbindung zur politisch hoch dekorierten Funktion seiner Frau, der Justiz- und Polizeidirektorin des Kantons Baselland. Diese Funktion erfordert eine ausserordentliche Glaubwürdigkeit und Vorbild-Rolle durch die Amtsinhaberin selbst, aber auch durch ihre Partei. Das Verhalten von Sabine Pegoraro und ihrer Baselbieter Freisinnigen in den nächsten Tagen und Wochen wird so etwas wie den Marktwert der politischen Kultur im Baselbiet beschreiben.

Zwei Fragen stehen seit jenem 22. Mai 2003 - nicht juristisch, sondern politisch - im Raum:

1. Was wusste Sabine Pegoraro im Verlaufe ihres damaligen Wahlkampfes über die "Kompetenzüberschreitungen" und die Entlassung ihres Ehemannes? Die Strafanzeige der Itag erfolgte genau einen Tag nach ihrer Wahl.

2. Falls es zu Bereicherungen nahe stehender Dritter durch ihren Ehemann gekommen sein sollte (was das Gericht erst noch beurteilen muss): Wie weit wusste Sabine Pegoraro von Fällen aus ihrem direkten persönlichen Umkreis? Der Staatsanwalt nennt drei möglicherweise delikate Fälle: Die "Ehefrau des 'Götti' des eigenen Sohnes", den Kundenbesuch auf der "Hochzeitsreise" in Ecuador und Peter Pegoraros "eigene Schwiegermutter".

OnlineReports bat Sabine Pegoraro um eine klärende Antwort auf diese Fragen. Erfolglos. Dies sei leider nicht möglich, da sich die Regierungsrätin "weit weg" im Urlaub befinde und erst am Wochenende vor dem FDP-Parteitag wieder zurückkehre, hiess es aus ihrem Umfeld.

Frau Pegoraro ist in keiner Weise in das Strafverfahren ihres Mannes involviert. Aber die aus der familiären Verbindung zwangsläufig auftauchenden Fragen sind mit Bekanntwerden der Anklageschrift gegen ihren Mann definitiv Chefin-Sache und müssen in einem Wahlkampf sauber beantwortet werden. Die Direktionsvorsteherin als Schirmherrin über die Justiz im Kanton sollte jetzt - im Interesse der Öffentlichkeit, der BüZa-Partner und zu allererst im eigenen - proaktiv transparent kommunizieren und nicht zuwarten, bis sie zur unberechenbaren Abwehrschlacht gegen Spekulationen gezwungen wird.

Frauen in der Politik haben es, wie die Geschichte zeigt, in Krisenfällen besonders schwierig. Wie schwer die Last das jahrelange Verfahrens gegen ihren Ehemann auf Sabine Pegoraro als Justizdirektorin und Staatsrepräsentantin drückt, kann ohne viel Fantasie nachempfunden werden. An Beispielen der Geschichte ist aber auch zu lernen, dass Frauen das Schicksal nicht verschont, wenn sie auf Schweigen und Vergesslichkeit vertrauen.

Peter Knechtli

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2. Oktober 2006


  > ECHO

"Mehr kann von Frau Pegoraro nicht erwartet werden"

Von Frau Pegoraro kann doch in diesem Verfahrensstadium nicht erwartet werden, dass sie sich zu Details der Anklage äussert. Es ist nun Sache der Strafverfolgungebehörden, den Sachverhalt abzuklären und zu beurteilen. Was immer auch Frau Pegoraro konkret sagen würde, es könnte zu ihrem Nachteil ausgelegt werden, zum Beispiel als Versuch, die Justiz zu beeinflussen, oder ähnlich. Natürlich ist es unvermeidlich, dass der "Fall Pegoraro" wegen des Stellung der Ehefrau des Beschuldigten mehr Publizität erfährt als andere. Das muss Frau Pegoraro wohl hinnehmen. Mehr aber kann man von ihr nicht erwarten.

Urs Engler
Bettingen



"Eine Nichtwiderwahl ist keine politische Katastrophe"

Fast könnte man den Eindruck bekommen, als ob es eine Regel gäbe, die die Nichtwiederwahl einer Regierungsrätin als politische Katastrophe qualifizieren würde. Das magische Wörtchen "bisher" wird meiner Meinung nach viel zu hoch bewertet. Wieso sollte die FDP nicht eine oder mehrere neue, fähige(re), unverbrauchte und "unbelastete" Kräfte nominieren bzw. zur Wahl vorschlagen? Erst dann kann von einer (Aus)Wahl geschrieben werden. Wenn ich mich an die Episode "Stucki" vor ein paar Monaten erinnere, dann ist dies nur ein weiteres Fragezeichen zum Attribut "bisher“".

Hans Zumstein
Itingen



"Wer im Gespräch bleiben will ..."

Auch hier gilt: Wer im Gespräch bleiben will, muss aufpassen, dass er (in diesem Falle sie) nicht ins Gerede kommt.

Bruno Heuberger
Oberwil



STRAUMANN-NACHFOLGE

Mit Krähenbühl setzte
die SVP auf "Nummer sicher"

Die Nomination des offiziellen Baselbieter Regierungsratskandidaten durch die massenhaft anmarschierte SVP-Basis in Frankendorf verlief wohlorganisiert und harmonisch. Dass der konservativen Volkspartei gleich fünf valable Bewerbungen zur Auswahl unterbreitet werden konnten, belegt die anhaltend gute Verfassung, in der sich die stärkste bürgerliche Kraft im Baselbiet befindet. Die Partei strotzt vor Selbstsicherheit und Führungswillen.

Doch wer die Voten genau verfolgte, dem entgingen nicht die Zwischentöne. Der gewählte Kandidat Jörg Krähenbühl empfahl sich als Regierungsrat, der "Chef sein" wolle "und nicht der Angestellte der Chefbeamten". Diese Metapher, soll sie Sinn machen, muss ihr reales Pendant in der aktuellen Baselbieter Regierung haben - und zwar in ihrer bürgerlichen Mehrheit. Andere Votanten warnten gar davor, dass der Nominierte "noch nicht gewählt" sei und dass ein Kandidat bestimmt werden soll, der "auch Stimmen in andern Parteien" holt.

Werden da Brüche in der "Bürgerlichen Zusammenarbeit" (BüZa) spürbar? Mit Händen zu greifen sind sie nicht, aber es wäre wohl vermessen, alleine in der Gast-Präsenz von zwei FDP-Regierungsmitgliedern am SVP-Parteitag eine ungetrübte Freundschaft zwischen diesen beiden Parteien erkennen zu wollen. Zwar sind die Freisinnigen in der relativ komfortablen Lage, mit zwei Bisherigen - Sabine Pegoraro und Adrian Ballmer - antreten zu können. Aber es bleibt offen, wie weit sie die bürgerliche Führungsrolle der SVP schon als Faktum zur Kenntnis genommen haben und wie viel Herzblut sie für den Kandidaten ihrer stärksten Konkurrenz zu vergiessen bereit sind.

Für diese tiefschichtigen Gefühlslagen zeigten sich die SVPler in Frenkendorf sensibel. Von ihrem Präsidenten zwar auf konsequenten Rechts-Kurs eingeschworen und vor der Gefahr eines "schwierigen Wahlkampfs" angesichts des links-grünen Mehrheitsanspruchs gewarnt, schielte die Basis-Mehrheit im entscheidenden Moment dann doch Richtung Mitte: Mit der Nomination Krähenbühls wählte die SVP "Nummer sicher". Der 60-jährige, breit verankerte Urgewerbler und Protestant gewann die Herzen seines Parteivolks mit seiner väterlich-reifen und zugänglichen Art, die frei ist von jeder Dünkelhaftigkeit. Dem Politiker aus einer Mischung von Blocher-Bewunderung, Jovialität und Sinn für politisch Machbares trauten die SVP-Mitglieder am ehesten zu, den Sitz in der Regierung mit dem stärksten überparteilichen Support zu sichern, auch wenn er mit 60 Jahren ein Alter erreicht hat, in dem sich Andere aufs Ruhebänklein setzen. Es ist sogar nicht auszuschliessen, dass selbst Linke dem Reinacher Sportartikelhändler zutrauen, Klientel unterschiedlichster Provenienz nicht nur am Ladentisch, sondern auch auf der Regierungsbank zur Zufriedenheit zu bedienen.

Sein härtester Konkurrent, der um zwanzig Jahre jüngere SVP-Geschäftsführer Thomas de Courten, erzielte als Unterlegener ein viel versprechendes Resultat. Mag sein, dass die "liebe Fraue und Manne", wie sich SVP-Gesinnungsfreunde anzusprechen pflegen, in ihm Polarisierungsgefahr orteten, die ein Wahlrisiko darstellen könnte. Wenn es dem tüchtigen Betriebsökonom und Politik-Manager gelingt, seine Auftritte von der verbissenen Ernsthaftigkeit zu retouchieren und dafür etwas mehr vom Ingredienz Human touch einzustreuen, dann sind seine politischen Entwicklungschancen intakt.

Mehr als einmal war am Parteitag der Anspruch auf einen zweiten SVP-Regierungssitz zu vernehmen. Dann könnte de Courtens Stunde schlagen.

Peter Knechtli

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27. September 2006


  > ECHO

"Ich wünsche Jörg Krähenbühl einen wuchtigen Sieg"

Peter Knechtli arbeitet den programmatisch essentiellen Teil der neu führenden, wirklich radikal bürgerlichen Partei im Baselbiet mit den Worten heraus: "... nicht der Angestellte der Chefbeamten". Denn, seien wir ehrlich: In Baselland herrschen puncto Verwaltungs-Macht des Freisinns Zustände, wie sie in Italien unter dem DC und in Mexico unter dem inzwischen glücklicherweise ebenfalls ausradierten PRI herrschten. Die totale Macht, beim Staat. Diese Zeiten, denen Behörden-Arroganz und -Willkür immanent ist, sind erfreulicherweise passé! Und ich empfinde dies ganz klar als Fortschritt. Als bedeutenden Schritt, hin zu einem Staate, der wieder dem Volke diene. Zu einer Mentalität also, die bis Mitte des vorvergangenen Jahrhunderts herrschte!

Integrierender Teil solcher Epochenwechsel ist anderso, dass die herrschende Partei total eliminiert wird. In der moderaten Schweiz ist das natürlich undenkbar. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass der Baselbieter Freisinn, zu Gunsten der SVP, im Febura 2007 marginalisiert werden wird. Als dort beruflich Aktiver würde ich das sehr begrüssen und wünsche der SVP und dem umsichtigen Jörg Krähenbühl einen entsprechend wuchtigen Sieg.

Ich bin ferner der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Land ganz erheblich von einer solchen Entwicklung profitieren würde.

Patric C. Friedlin
Basel




KANDIDATUR ALBRECHT

Auf den Thron oder aufs Schafott?

Jetzt ist es offiziell: Der Liberale Andreas Albrecht steigt als Kandidat der vier bürgerlichen Basler Parteien in den Ständeratswahlkampf. Er macht der Linken Anita Fetz den Sitz in der Kleinen Kammer in Bern streitig.

Ist der ambitionierte Nachwuchspolitiker, dem Parteileute schon eine grosse politische Zukunft voraussagten, als er im Grossen Rat noch seine Sporen abverdiente, nun auf dem Weg zum Thron oder zum Schafott? Sicher scheint heute schon: Andreas Albrecht zählt mit seiner Intelligenz, seinem analytischen Sachverstand und seinem lösungsorientierten Politikansatz zu den heraus ragenden Persönlichkeiten, die das bürgerliche Parteien-Quartett FDP, LDP, CVP und SVP derzeit zu bieten hat. Als Strahlemann wäre der Tony Blair der Basler Liberalen in der Lage, Basel in Bern würdig und wirkungsvoll zu vertreten. Nahm etwa das Baselbiet Schaden, als der freisinnige Liberaldenker René Rhinow im Stöckli sass und dort bald zu den führenden Figuren zählte?

Zudem wird es Albrecht im Wahl-Herst 2007 mit einer Politikerin zu tun haben, die vor drei Jahren zwar als SP-Stimmenwunder sämtliche bürgerlichen Kandidaturen schon im ersten Wahlgang jählings in den Schatten stellte, im Verlaufe dieser Legislatur aber - Stichworte Stiftung "Pro Facile" und Behring-Spenden - arge Blessuren davon trug, die ihr, bereits unter rot-grünem Regime notabene, den Sitz im Bankrat der Basler Kantonalbank kosteten.

Gleichzeitig haben die bürgerlichen Parteien ihre Lektion aus der völlig missglückten Alleingang-Strategie vor den letzten Ständeratswahlen (> damaliger Kommentar) offensichtlich gelernt: Ohne Voraus-Rummel einigten sie sich jetzt auf eine Kandidatur und versprachen sich gegenseitig, den liberalen Kandidaten "mit allen Mitteln" (so SVP-Vize Sebastian Frehner) zu unterstützten. Diese Strategie ist mit Sicherheit viel Erfolg versprechender als der Versuch, im ersten Wahlgang sozusagen als Testlauf eine Auswahlsendung anzubieten, um dann im zweiten Wahlgang die Kandidatur mit dem besten Ergebnis zu portieren.

Doch selbst wenn er den besten aller möglicher Wahlkämpfe bestreitet, wird es der Liberale zumindest schwer haben, Anita Fetz zu schlagen. Albrecht ist im bürgerlichen Fundament bis hin zum Fasnachts-Comité grundsolide verankert und lösungsorientiert, er vertritt eine junge Politiker-Generation, aber ihm fehlt der überparteiliche "Groove", wie ihn beispielsweise sein Parteikollege Christoph Eymann verströmt. So stellt sich die Frage, was ein Wahlvolk, das noch vor kurzem auf die rot-grüne Wende setzte, dazu bewegen sollte, nun den Kandidaten zu wählen, der sich für mehr Eigeninitiative, Selbstverantwortung und tiefere Unternehmenssteuern stark macht und in der Ausländerfrage mit dem SVP-Standpunkt zumindest leben kann.

Es kommt hinzu, dass die heute deklamierte "Einigkeit" der bürgerlichen Partei-Vorsitzenden nicht ausreicht: Die vier verbündeten Parteien müssen jetzt ein Jahr lang kämpfen, als gelte es, einem "eigenen" Kandidaten zum Erfolg zu verhelfen. Überdies kann Anita Fetz - ihren Anflügen von Blauäugigkeit zum Trotz - nicht nur auf den Bisherigen-, sondern auch auf den Frauen-Bonus zählen. Das sind Trümpfe, die schwer zu knacken sind bei einer Kandidatin, die immerhin keine silbernen Löffel gestohlen hat.

Dennoch ist die Kandidatur Albrecht nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wird er einen politisch sehr offenen Wahlkampf führen und sich nicht in die rechte Ecke drängen lassen - wo er nicht hingehört -, und falls die Linke die Konkurrenz-Kandidatur auch nur ansatzweise unterschätzt, dann dürfte ihm zumindest ein Achtungserfolg sicher sein. Immerhin wird Andreas Albrecht in der politischen Öffentlichkeit dieser Stadt dann so bekannt sein, dass andere Ämter locken könnten. Schon bald stehen Regierungsratswahlen vor der Tür.

Peter Knechtli

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20. September 2006


  > ECHO

"In Anita Fetz habe ich eine zuverlässige Partnerin"

Es hat Tradition, dass die Bürgerlichen den Ständeratssitz nicht kampflos der SP überlassen. Diese Kandidatur mit dem mangelnden Leistungsausweis der amtierenden Ständerätin zu begründen, ist auch nichts Neues. Anita Fetz verdient es jedoch, dass ihr Leistungsausweis nicht auf die medienwirksamen Themen wie Kampfhunde und Waffenmunition reduziert wird.
 
Als Sozial- und Familienpolitikerin bin ich darauf angewiesen, dass im Ständerat die Themen, die mir wichtig sind und für die ich mich eingesetzt habe, weiterverfolgt und kompetent begleitet werden. In Anita Fetz habe ich eine zuverlässige Partnerin. Sei es bei der Invalidenversicherung oder bei den Kinderzulagen: Anita Fetz hat jeweils unsere Positionen mit viel Engagement vertreten. Wenn der Ständerat in der ersten Sessionswoche den Betrag für die Anstossfinanzierung von Kinderkrippen und Tagesschulen um 80 Millionen Franken gekürzt hat, dann lag das nicht an Anita Fetz, sondern daran, dass der Ständerat bürgerlich und männlich dominiert ist.
 
Darüber hinaus habe ich den vergangen Monaten wiederholt erlebt, wie Anita Fetz sich mit viel Energie für die Erhöhung des Rahmenkredits für Bildung, Forschung und Innovation eingesetzt hat. Sie tut dies, weil ihr die Bildung als unsere wichtigste Ressource am Herzen liegt. Sie tut dies aber auch, weil sie die Bedeutung der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Universität Basel für unsere Region kennt.

Wenn der Vorstoss von Anita Fetz zu der Taschenmunition medienwirksam ist, heisst das noch lange nicht, dass dieser Vorstoss nicht wichtig ist. Jede Tötung, die dadurch möglich wird, dass die Munition zuhause aufbewahrt wird, ist eine zuviel.
 
Anita Fetz ist eine engagierte Politikerin die sehr viel Energie und Kraft in ihre Arbeit steckt.

Silvia Schenker
Vizepräsidentin SP Schweiz
Nationalrätin
Basel



"Anita Fetz scheut sich nicht, heikle Themen anzupacken"

Ich fühle mich von Anita Fetz in Bern sehr gut und kompetent vertreten. Eine mutige Politikerin, die sich nicht scheut, heikle Themen anzupacken. Für mich steht jetzt schon fest, dass sie meine Stimme haben wird – und dies mit Überzeugung.

Brigitte Hollinger
Basel



"Wie viele Supertypen wurden dem Volk schon schmackhaft gemacht!"

Sehr geehrter Herr Gassmann, Sie meinen also allen Ernstes, Andreas Albrecht vertrete "die gesamte Basler Bevölkerung". Da bin ich und mit mir viele Basler mal gespannt, wie er dieses Kunststück vollbringen will, alle Städter von rechts bis links vertreten zu wollen. Diesen Spagat hat meines Wissens in der Politik noch niemand fertig gebracht. Da müsste man erstens prophetische Fähigkeiten besitzen und zweitens sich zudem als Parteimensch öfters selbst verleugnen, was wiederum die Parteien zu verhindern wissen. Nun, vor den Wahlen wird halt immer gross auf den Putz gehauen. Wie viele Supertypen wurden dem Volk schon schmackhaft gemacht und wie viele Enttäuschungen mussten diese schon erfahren! Es wird auch diesmal so sein, die Stimmbürger werden wieder das kleinere Übel wählen, weil sie dieses schon kennen.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Welche Akzente hat Anita Fetz in Bern für Basel gesetzt?"

Nun ist mit Andreas Albrecht also der bürgerliche (Gegen-) Kandidat für die Ständeratswahl vom nächsten Jahr gefunden. Und seine Wahl war diesmal weder eine Kompromiss- noch eine Zangengeburt. Vielmehr setzt sie ein Zeichen für eine neue Zusammenarbeit unter den bürgerlichen Parteien. Dies ist sicherlich einerseits der überzeugenden Persönlichkeit von Albrecht, aber auch den diversen Flurbereinigungen innerhalb der SVP, die sich nun zu einem valablen Partner der bürgerlichen Mitte mutiert hat,  zuzuschreiben.

Dass der SP-Präsident Thomas Baerlocher vor Andreas Albrecht "keine Angst" hat und auch "nicht in Panik zu verfallen" gedenkt, muss für all seine Genossen cool und beruhigend wirken. Schwieriger dürfte aber trotzdem die Beantwortung der Frage werden, welche Akzente die als so "kompetent" gepriesene Anita Fetz in Bern für Basel gesetzt hat, und wie es mit ihrer Kompetenz im Fall "Pro Facile" stand, die ja bekanntlich zum Verlust des Bankrat-Sitzes führte.

Dazu kommt, dass der Anspruch der SP, als grösste Partei Basels den Ständeratssitz quasi automatisch seit "Urzeiten" zu besetzten, nicht legitim ist, solange die Partei nicht mehr als 50 Prozent der Stimmen gewinnt. Bei uns entscheidet nämlich zum Glück immer noch die Mehrheit der Stimmbürger/innen und nicht eine einzelne Partei, wer gewählt wird. Mit Andreas Albrecht erhalten die Wähler/innen eine hervorragende und kompetente Persönlichkeit zur Wahl, um Basel in Bern wieder den Stellenwert zu geben, den es verdient.

Heiner Vischer
Riehen



"Anita Fetz kämpft für die Region Basel"

Alles spricht dafür, unsere Ständerätin Anita Fetz für eine weitere Amtszeit zu wählen. Anita Fetz hat sich in der laufenden Legislatur engagiert für die Region Basel eingesetzt. Sie kämpft mit Strategie und Enthusiasmus in Themenbereichen, die für Basel existentiell sind: Bildung, Forschung, Gesundheit, Arbeitsplätze und Förderung der KMU. Anita Fetz hat in Bern auf die Arbeitsplatzverluste in der Region Basel hingewiesen, setzte sich daneben für eine koordinierte Spitzenmedizin in der Schweiz ein, forderte Transparenz bei Krankenkassenprämienerhöhungen, setzte sich bei der Finanzierung der Euro 08 für mehr Bundesmittel ein und sorgt ausserdem dafür, dass Basel nicht nur als "reicher" Kanton im Ständerat wahrgenommen wird, sondern auch die Probleme eines Stadtkantons aufgezeigt werden. Zudem bringt sie in den männerlastigen Ständerat immer wieder Frauenthemen ein, wie die Forderung den Frauenanteil in gewissen Studiengängen zu erhöhen oder Massnahmen gegen die häusliche Gewalt durch die Wegschliessung der Taschenmunition.

Damit all diese Forderungen weiterhin im Gespräch bleiben und aktiv vertreten werden, ist es unabdingbar, Anita Fetz für eine weitere Legislatur nach Bern zu schicken!

Tanja Soland
Basel



"Andreas Albrecht vertritt die gesamte Basler Bevölkerung"

Mit Andreas Albrecht hat das Basler Stimmvolk eine ausgezeichnete Wahl-Alternative zu Anita Fetz. Anders als Fetz bin ich überzeugt, dass Andreas Albrecht nicht einseitige Parteiinteressen in Bern vertreten wird, sondern sich bewusst ist, dass er in Bern die gesamte Basler Bevölkerung vertreten wird. Dass er dazu fähig ist, hat er eindrücklich als Präsident der grossrätlichen Bau- und Raumpanungskommission bewiesen. Die Basler Bevölkerung kann deshalb mit gutem Gewissen Andreas Albrecht zum Basler Ständerat wählen!

Stephan Gassmann
Grossrat und Fraktionspräsident CVP
Basel




PAPST-ZITAT


© Foto by OnlineReports

Der falsche Weg zur Ächtung religiöser Gewalt

Auch Tage nach der umstrittenen Rede von Papst Benedikt XVI. ist die islamische Welt noch nicht zur Ruhe gekommen. Wut und Empörung über die islamkritischen Äusserungen des katholischen Oberhirten machen sich weiterhin Luft, und die Versuche von beiden Seiten, die Lage zu beruhigen, sind bis heute weitgehend erfolglos geblieben.

Wie auch beim Karikaturenstreit gehen dabei die gemässigten Stimmen im Chor der Heisssporne und Fanatiker unter. Einer der bekanntesten islamischen Prediger, Yussuf al-Kardawi, ruft via TV zu einem immerhin gewaltfrei gemeinten "Tag des Zorns" auf, eine türkische Partei will den Papst anlässlich seines im November vorgesehenen Türkei-Besuchs verhaften lassen und vor ein türkisches Gericht stellen, und die irakische Terrorgruppe Ansar as-Sunna droht gar mit Anschlägen auf den Pontifex in Rom. Fast originell wirkt demgegenüber der Vorschlag des ältesten Sohnes von Libyens Staatschefs Muammar al-Gaddafi, der Papst solle sich zum Islam bekehren und auf solche Weise Abbitte tun für seine verächtlichen Worte. "Ich rufe ihn nicht auf, sich zu entschuldigen, aber ich rufe ihn auf, die Wahrheit zu erkennen und dann Muslim zu werden", sagte Mohammed al-Gaddafi laut dem deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in der Hauptstadt Tripolis.

Dieser offenbar ernst gemeinte Vorschlag, aber auch die anderen Forderungen und Reaktionen offenbaren die mentale Verfassung, in der sich ein Teil der islamischen Welt bis heute befindet und die ein partnerschaftliches Zusammenleben mit anderen Religionsgemeinschaften oft schwierig macht. Dennoch ist an dieser Stelle klar festzuhalten: Diese Aussage über den Islam, die Papst Benedikt anlässlich einer Vorlesung an der Universität Regensburg öffentlich kund tat, hätte er als Oberhirte der katholischen Kirche so nicht tun dürfen. Dabei spielt keine Rolle, dass er bei der einen Äusserung, welche die weltweite Empörung ausgelöste, einen byzantinischen Kaiser aus dem 14. Jahrhundert zitiert hat.

Es ist undenkbar, dass Benedikt dieses in der Tat extrem harte Zitat blauäugig verwendet hat. So bleiben im Moment nur zwei mögliche Erklärungen für den Fehlgriff des Oberhirten aus Rom, der gemäss katholischer Lehre eigentlich unfehlbar sein sollte: Entweder war sich der Papst als Medienfigur par excellence der Sprengkraft dieses Textes nicht bewusst. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob er die Voraussetzungen für dieses Amt tatsächlich erfüllt. Im andern Fall muss davon ausgegangen werden, dass der Papst die muslimische Welt mit Absicht provozieren wollte oder dass er im Islam tatsächlich eine Religion erblickt, die, wie der byzantinische Kaiser in seiner Frage andeutete, "nur Schlechtes und Inhumanes" auf die Welt gebracht hatte.

Sollte dies zutreffen, würde allerdings die Glaubwürdigkeit des Vatikans bezüglich des interreligiösen Dialogs auf dem Spiel stehen. Denn ein solcher Dialog macht nur Sinn mit einer Religionsgemeinschaft, der man eine prinzipielle Wertschätzung entgegenbringen kann.

So gesehen ist die muslimische Empörung über den höchsten katholischen Würdenträger nachvollziehbar und verständlich. Inakzeptabel ist hingegen die Art und Weise, in der sich diese Empörung einmal mehr manifestiert. Wer auf verletzende Aussagen nur mit Drohungen, Erpressungen oder gar mit der Ermordung unschuldiger Menschen reagiert, hat in der Tat ein grundsätzliches Problem. Genau dieses Thema der religiösen Legitimation von Gewalt, die auch im Christentum während Jahrhunderten an der Tagesordnung war, stellte im Prinzip den Kern der päpstlichen Rede dar, die nur wenige in ihrem vollen Wortlaut zur Kenntnis genommen haben.

Dieses Thema anzugehen, ist gerade auch für die islamische Welt, in der ein als militärischer Kampf verstandener Dschihad noch weit herum Akzeptanz findet, von grösster Wichtigkeit. Die Reaktionen aus Istanbul, Kairo oder Karatschi lassen leider erkennen, dass bis zur prinzipiellen Ächtung von religiös motivierter Gewalt noch ein weiter Weg zu beschreiten ist.

Beat Stauffer

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20. September 2006


  > ECHO

"Lieber eine Kirche als eine Moschee mit Minarett"

Der Papst hat doch nur die Stimmung widergegeben, die bei uns im Westen seit 9/11 gegenüber dem Islam herrscht. Möglicherweise war sein Zitat unglücklich, besser er hätte geschwiegen. Auf der anderen Seite gibt er doch nur unterschwellig seine Meinung kund: Islam? Nein Danke! Genau so denken nicht wenige, auch ich betrachte viel lieber eine Kirche als eine Moschee mit Minarett.

Eric Cerf
Basel 



"Ist Herr Blocher der richtige Adressat?"

Zuerst Gratulation zu dieser messerscharfen Analyse, Herr Stauffer, sie passt zu Ihren anderen Abhandlungen zu ähnlichen Themen. Eine Frage an Herrn Thommen sei hier doch erlaubt: Sind sie sicher, dass Herr Blocher der richtige Adressat ist, anderen Ländern die Leviten zu lesen, was sie zu tun oder zu lassen haben? Er selbst hat ja im eigenen Land die grösste Mühe, kritische Stimmen über ihn in Form von Karikaturen zu akzeptieren, dies sogar unter Androhung von Gerichten. Ebenso hat er scheinbar seiner Schwester Judith Giovannelli-Blocher, einer bekannten Gegnerin seines Asyl-Gesetzes, verboten, in der nächsten "Cafe Bâle"-Sendung mitzuwirken. Bei diesem Thema wäre eine personelle Glaubwürdigkeit sehr wichtig.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Wo bleiben die Toleranz-Offensiven in den islamischen Ländern?"

Es darf vermutet werden, dass der neue Papst einen ehrlichen Dialog will. Einen, in dem Fragen bezüglich Menschenrechte, Trennung von Staat und Religion, Gleichberechtigung (und nicht nur Gleichwertigkeit), Gewaltmonopol sowie Religionsfreiheit im Islam (Todesstrafe für Apostaten) nicht länger ausgespart werden.
 
Der Vergleich zwischen den Wellen im Westen über die Papst-Äusserung und denjenigen über die massive antisemitische und antiwestliche Propaganda in den arabischen Medien spricht Bände. Warum wird diese Propaganda kaum gezeigt? Zu erschreckend? Empfohlen sei hier der Dokumentarfilm "Obsession" (www.obsessionthemovie.com).
 
Das Argument, dass man den Islamisten keine "Munition" liefern sollte, überzeugt auch nicht. Sie werden sogar bei selbstzensurierender Sprachreinigung immer etwas finden (auch ohne aus dem Kontext zu reissen), solange die Welt nicht islamisiert ist. Meinungsfreiheit, Frauen im Bikini, Bier trinkende Männer, Schweinsbratwürste, Kreuz in der Nationalfahne, usw. usw.
 
Hat sich schon jemand Gedanken über die Sprengkraft von hetzenden Koran-Versen in Kombination mit Aussagen wie "der Koran enthält Allahs handlungsweisenden Worte/Lebensanweisungen" gemacht? Muslimische Aussagen, dass diese Verse nicht mehr gültig und auch nicht Allahs Worte sind, können kaum gefunden werden. Die islamistische Propaganda-Offensive ist zigfacher intensiver.

Wo ist die Gegenoffensive der oft erwähnten tolerant-friedlichen Mehrheit? Es ist doch ihre Religion, die ihnen nach ihren Aussagen sehr viel bedeutet, deren Deutung immer mehr von Islamisten übernommen wird. Wo sind die vielen Aussagen, dass die Koranverse, auf welche sich die Terroristen berufen, nicht mehr gültig und auch nicht Allahs Worte sind? Wo sind die Offensiven in den islamischen Ländern, nichtmuslimische Minderheiten als freie, gleichberechtigte Bürger zu behandeln und nicht als zweitklassige Dhimmis mit soviel weniger Rechten, dass ihr kollektives Überleben wirtschaftlich, gesellschaftlich und kulturell kaum ermöglicht wird?

Andy Wolf
Muttenz



"Politiker müssen 'mores' reden"

Beat Stauffer gelingt der Kommentar-Spagat zwischen dem christlichen Stellvertreter Gottes und den moslemischen Stellvertretern Gottes. Da hat in Rom einer gemerkt, dass er nicht alleine ist. Allerdings haben uns die moslemischen Stellverteter auch klar gemacht, was sie unter "Demokratie" verstehen, nämlich das Volk auf die Strassen zu bringen, um die Interessen der Prediger zu vertreten - also gerade umgekehrt wie im Abendland!

Es wird in Zukunft wichtig sein, dass Politiker mit diesen Stellvertretern "mores" reden. Ob hier mit den Vereinspräsidenten von Emigranten oder als "Führer" von Gläubigen zuhause. Dies sei auch Bundesrat Blocher ins Pflichtenheft geschrieben, wenn er denn nach Istanbul pilgert! Es reicht nicht, hier in der Schweiz "Asylanten zu verwalten". Die Migrations-Ursachen sind auch bei ihnen zuhause zu "ermitteln".

Peter Thommen
Basel



PRATTLER DREIFACH-MORD

Der gefährliche Komfort
des Schweigens

Grauenhaft, was sich am Abend des 4. Juli 2003 in einer Wohnung am Haldenweg 3 in Pratteln ereignete. "Eine Hinrichtung", nannte es der Baselbieter Strafgerichtspräsident Adrian Jent in der Urteilsbegründung. Verletzt über den verheimlichten Liebesentzug löschte der damals 46-jährige Mustafa Dilenc drei Leben aus und verletzte seine frühere Geliebte schwer.

Richter Jent befragte den Angeklagten intensiv in eine Richtung, deren Ziel bald erkennbar wurde, und er sprach in einer Sprache und aus einem Weltbild, die Dilenc weitgehend fremd waren: Über "Emotionen", über "Liebe", über "Verletztheit". Die Antworten des geständigen Täters blieben meist stumpf und knapp. Emotionen konnte er weder zeigen noch verbal ausdrücken. Unter welchen Umständen Dilenc in der Türkei verheiratet wurde, weshalb und mit welchem Motiv er in der Schweiz Asyl suchte, wie er abgewiesen wurde und sich offenbar durch Heirat mit einer Schweizerin hier sesshaft machte, wie schlecht er nach 15 Jahren Aufenthalt Deutsch sprach und wie wenig ihn dieses Indiz berührt - darüber wollte der Richter leider herzlich wenig wissen. Die Aussagen hätten etwas mehr Klarheit geschaffen in der Frage, wie ein Mensch dazu kommen konnte, wegen einer Liebesbeziehung drei Menschen umzubringen und zwei weitere psychisch zu ruinieren.

Was geschah in diesem Gerichtssaal, auf dieser Anklagebank, auf der ungerührt ein Mann sass, an dessen Händen das Blut von drei Menschen klebt? Er erhielt eine gerechte Strafe, die wohl keine und keinen der fünf Richterinnen und Richter lange zweifeln liess: Lebenslänglich.

Ist damit dem Zweck der Strafjustiz Genüge getan? Der Vorsitzende Jent gab eine ausführliche, differenzierte und kluge Begründung dafür, weshalb der türkische Staatsangehörige Mustafa Dilenc sein Leben in vier Wänden absitzen muss, bis er ein alter Mann sein wird. Es war eine Begründung, die gesellschaftspolitisch weit über diesen isolierten Fall hinaus von Bedeutung ist. Der Mörder hat mit seinem Blutbad unfassbare Schuld auf sich geladen. Aber - und diese Einschränkung hat Jent sehr deutlich herausgearbeitet - er war nicht allein. Er fühlte sich erst als Liebhaber, dann als Verschmähter und schliesslich als "Hund", den seine Freundin am Arm des neuen Liebhabers spazieren führte.

Die Freundin, die bis heute ihr psychisches Gleichgewicht nicht wieder gefunden hat, spielte mit dem späteren Mörder: Sie pflegte andere Beziehungen, noch während sie ihm ihre Liebe bekundete. Das ist strafrechtlich nicht von Bedeutung und erklärt auch keinerlei Schuld an der schrecklichen Tat, wie das Gericht festhielt. Aber nicht alles, was das Gesetz nicht verbietet, ist frei von Abgründen. So die fatale Absenz des Bewusstseins dessen, was Jent "Beziehungs-Dynamik" nannte. Sowohl Dilenc wie seine Schweizer Freundin sprachen nicht über die Verwerfungen, die sich in ihrem Innersten abspielten. Ein offenes Gespräch über den Weg der Liebe wäre möglich gewesen - auch mit einem Mann, der im Gericht auf eine Dolmetscherin angewiesen war. Statt dessen liessen sich die beiden einst Verliebten gegenseitig im falschen Glauben - bis zum jähen Ende.

Hier fand der Richter die Verbindung zu uns Anderen: Das Unvermögen, einerseits über sein Innerstes offen zu reden und sich anderseits mit den Unabwendbaren abzufinden, ist ein Anspruch, an dem sich die Zivilgesellschaft seit jeher abmüht. Wir alle kennen die Verlockung und Komfort des Schweigens: Wie einfach kann es sein - und wie gefährlich.

Ein faires Gerichtsverfahren soll den Angeklagten der gerechten Strafe zuführen oder ihn freisprechen. Ein Urteil kann aber immer auch Aussenwirkung haben und Besinnung und Reflexion bewirken. Hier hat das Gericht eine vielleicht unterschätzte Funktion, die in dem Mass an Sinn gewinnt, in dem sie über die geschützte Umgebung des Gerichtssaals ausstrahlt.

Die Bluttat von Pratteln ist weder fass- noch unter irgend einem Titel entschuldbar. Aber sie lässt Lehren und Erkenntnisgewinn zu. Dazu hat das Gericht mit seiner Begründung beigetragen.

Peter Knechtli


19. August 2006


WIESE-TUNNEL

Mit solcher Politik
ist es zu früh zu spät


Der Weiler Oberbürgermeister Wolfgang Dietz verfolgte vergangene Woche auf der Zuschauertribüne, wie der Basler Grosse Rat über die Resolution zur Unterstützung des Projekts eines Wiese-Tunnels diskutierte. Danach sagte er, die Debatte habe "keine inhaltlich neuen Aspekte" ergeben.

Diese Aussage erstaunt. Noch in der Sonderdebatte über die Zollfreistrasse vom März letzten Jahres wollte das Basler Parlament nichts von einem Tunnel wissen, wie ihn die neugewählte Basler Regierung den deutschen Behörden anbot, um so doch noch einer weit umweltschonenderen, wenn auch deutlich teureren Variante der Zollfreistrasse zum Durchbruch zu verhelfen. Auch wenn die zur Verabschiedung einer Resolution nötige Zweidrittelsmehrheit nicht erreicht wurde, bekannte sich nun eine klare Mehrheit desselben Parlaments zur Tunnel-Lösung, die von der öffentlichen Hand das Kantons Basel-Stadt und von Privaten finanziert würde. Dieses Abstimmungsergebnis markierte einen klaren Stimmungsumschwung im Basler Parlament. Zudem gaben die Gegner einer offenen Linienführung ihren Widerstand auf und stellten sich hinter die Tunnel-Variante. Auch der ökologische Fundamental-Widerstand war vom Tisch. Keine neuen Aspekte?

Dem Stadtoberhaupt von Weil ist zuzubilligen, dass es - nicht zuletzt auch auf Druck seiner Bewohner und Wählerinnen - auf eine verbindliche Lösung seines Verkehrsproblems drängt. Dass für Herrn Dietz aber nur die unbestritten veraltete offene Linienführung in Frage kommt, ist auch Ausdruck eines ebenso veralteten politischen Sachzwang-Denkens: Es ist ein bürokratisch reglementiertes Weltbild, in dem Wunder nicht stattfinden können, weil sie darin nicht vorgesehen sind.

Wenn sich dereinst die politischen Entscheidungsträger(innen) der Regio zur Eröffnung der "Zollfreien" versammeln werden, dann wird in den Reden das jahrezehntelange Ringen um Projekt und Linienführung ein Thema sein. Die Feier würde aber einem Bauwerk gelten, das in dieser Version von einer Mehrheit der Basler Bevölkerung abgelehnt wird. Ob unter den teilnehmenden Schweizer Behörden Feststimmung aufkommen wird, darf heute schon bezweifelt werden.

Das pragmatische, mutlose "Nein" aus der badischen Nachbarschaft birgt auch mehrere Risiken. Wenn der "Schlipf" durch den Bau ins Rutschen kommt oder das Grundwasser verdreckt wird, wie Kritiker befürchten, dann dürfte mit unangenehmen und kostenträchtigen Fragen an die deutschen Bauherren gerechnet werden. Der noch grössere Schaden dieser Sachzwang-Politik liegt im Grundsätzlichen: Dass sie ein Projekt durchpaukt, das nie ein Gemeinschaftswerk werden und sein wird, sondern ein Symbol der Unfähigkeit, unmöglich Geglaubtes mit gutem Willen gemeinsam möglich zu machen.

Die wohl härteste Belastungsprobe in der Geschichte der baslerisch-badischen Zusammenarbeit dürfte nach jetzigem Stand der Entwicklung nicht zur beidseitigen Befriedigung bestanden werden. Die gern gerühmte "Modellregion Europas" wird zur Region der Sachzwänge: Gebaut wird, nicht weil das Wiese-Ufer bereits irreversibel betoniert wäre, sondern weil es angeblich "zu spät" ist. Zu spät wozu?

Man halte sich die andere Perspektive vor Augen: In einigen Jahren würde der "Phoenix"-Tunnel feierlich eröffnet, die Regio-Politiker könnten eine geschichtsträchtige grenzüberschreitende Problemlösung par excellence vorweisen und neuen partnerschaftlichen Projekten ungeahnten Schwung verleihen. Statt dessen hinterlässt die Absage aus dem Badischen den schalen Beigeschmack eines Machtkampfes ("den Baslern zeigen wir's mal"), der kaum geeignet ist, den gegenseitigen Vertrauensverlust gut zu machen. Im Gegenteil: Die Spuren des Misstrauens werden die dringend nötigen partnerschaftlichen Beziehungen auf Jahre hinaus subkutan belasten - dauerhaft fest- und sichtbar gemacht im oberirdischen Betonstreifen entlang der Wiese.

Bei allem Verständnis für die Ungeduld auf deutscher Seite erstaunt zudem, dass sie die Vision eines zusammenhängenden Landschaftsparks scheinbar für unerheblich einstuft. Eine solche Geringschätzung liegt aber keineswegs im Interesse des Dreiländerecks rund um Basel: Intakte Erholungszonen in einem dicht besiedelten Raum werden in den nächsten Jahrzehnten eine enorme Wertsteigerung erfahren und in der Freizeitgesellschaft des Werkplatzes Regio basiliensis zum einem zentralen Attraktivitätsfaktor werden. Daran müsste auch die südbadische Ecke ein eminentes Interesse haben. Dass ihre politischen Exponenten diesen Entwicklungsansatz ausser Acht lassen, zeigt konzeptionelle und visionäre Defizite exemplarisch auf.

Wenn selbst das Jungfraujoch Rekord-Ozonwerte meldet und Teile der Alpen wegzubrechen beginnen, macht dies deutlich, wozu es möglicherweise tatsächlich "zu spät" ist.

Peter Knechtli


3. Juli 2006


  > ECHO

"Lärm-Emissionen entfalten ihre maximale Wirkung"

Gratulation an Peter Knechtli für diesen fundierten und berechtigterweise sehr nachdenklichen Kommentar! Nebst den konkreten Fragen des Bauens in einem "Schlipfgebiet" (sic!), das zudem in einer Grundwasserzone liegt, ist ein positives Miteinander in der Region von grösster Bedeutung. Mit der von verschiedenen Exponenten vertretenen sturen Haltung ist dieses aber gefährdet.

Und es gibt einen weiteren Punkt, der erstaunlicherweise noch gar nie erwähnt wurde: Am gleichen Tag, an dem im Grossen Rat eine Resolution zur Unterstützung der neuen Tunnelvariante abgelehnt wurde, wurde ein Planungsanzug betreffend Lärmschutz entlang der A2 in Basel überwiesen - dort soll unter anderem mit enormem Aufwand ein Teil der A2 auf Stadtgebiet überdeckt werden.

Ein paar Kilometer weiter wird aber eine "Fast-Autobahn" so gebaut, dass die Lärm-Emissionen ihre maximale Wirkung entfalten können (der Lärm von einer Brücke her verbreitet sich über ein viel weiteres Gebiet) - und das notabene in unmittelbarer Nähe zu einem für Lörrach städtebaulich hochinteressanten Gebiet, in das zur Zeit massiv investiert wird ("Stettenfeld"). Ich frage mich, ob sich da gewisse Leute nicht wie die sprichwörtlichen Schildbürger verhalten.

Patrick Hafner
Grossrat und Bürgerrat
Basel


STADT-ERNEUERUNG

Stadt-Casino? Messeplatz?
Mittelmass sprengen!

Wird die Museums-Stadt Basel selbst ein Museum? Haben "Verhinderer" die Macht über die Stadt-Entwicklung übernommen? Ist die Stadt-Entwicklung von demokratischen Entscheidungsprozessen getragen oder Folge einer rüden Durchsetzungsstrategie?

Die Diskussion, wie sie derzeit in Basel rund um das neue Stadt-Casino, die Teilüberdachung des Messeplatzes, die Aufstockung des Museums der Kulturen läuft, geht in eine falsche Richtung. Sie ist geprägt vom teilweise verletzten Stolz jener, die Neues bauen möchten, durch jene, die sich nach der Erfahrung der "Multiplexkino"-Ablehnung auf eine "sichere Volksmehrheit" berufen, Stadt-Architektur am gesunden Volksempfinden messen oder in Bausch und Bogen verdammen, was an neuen Ideen auf den Tisch kommt.

Wie im Fussball melden sich auch in der Frage der Stadterneuerung massenweise Experten zu Wort, die verächtlich von "Klotz" oder gar von "Hakennase" reden, wenn sie den Hadid-Entwurf des Stadt-Casinos meinen, oder mit der Messeplatz-Passage gleich auch den Weltuntergang beschwören.

Nun ist fraglos unbestritten, dass öffentlich finanzierte oder teilfinanzierte städtebauliche Vorhaben des Segens einer Mehrheit der stimmberechtigten Steuerzahlenden bedürfen: Die Finanzierenden bestimmen im demokratischen Rechtsstaat, ob ein Projekt gebaut wird oder nicht. Aber sie verantworten dann auch, was sie entschieden haben. Darum müssen die Bau-Promotoren die Sympathie der heutigen Skeptiker gewinnen. Dies geht nur mit Offenheit, Transparenz und Fairness.

Dieselben Ansprüche sind aber auch an die Skeptiker zu richten. Unfair ist beispielsweise die Idee, das neue Stadt-Casino am Barfüsserplatz müsse mit Profilstangen "plastisch" gemacht werden. Das ist ein klare Killer-Forderung mit der durchschaubaren Absicht, den Entwurf so rasch wie möglich zur Makulatur zu machen. Ein mit Konzepten, Funktionen und Materialien sorgfältig entwickeltes Grossprojekt mit Dachlatten anschaulich machen zu wollen, entblösst nur seine Geringschätzung: Ein städtisches Kulturzentrum ist kein Geräteschuppen. Das einzig richtige Vorgehen ist die animierte virtuelle Visualisierung, die das Projekt aus jeder erdenklichen Perspektive authentisch abbildet, neue Passanten-Ströme simuliert und so einen Eindruck gibt, was hier zur Debatte steht.

Die "Wolke" von Zaha Hadid fasziniert. Dieses Konzert-Zentrum mitten in der Stadt setzt in Basel einen kraftvollen, zukunftsgerichteten Akzent, von gemeinnützigen Promotoren vorangetrieben, die eine nachhaltige kulturpolitische und nicht eine kommerzielle Absicht verfolgen. Diesem Projekt wäre die breite kollektive Begeisterung zu wünschen, die seit geraumer Zeit die Basler Fussball-Elf von Einsprecherin Gigi Oeri geniesst.

Kritisch sind in der Basler Stadtentwicklungs-Debatte auch jene Fragen, Widersprüche und Fallstricke, die nicht im gebotenen Mass im öffentlichen Rampenlicht stehen. So beispielsweise das latent vernehmbare, aber von niemandem offen - und vor allem: öffentlich - formulierte Unbehagen vor einer Herzog&deMeuronisierung der Stadt, die schleichende Metamorphose der denkmalgeschützten Basler Bahnhofshalle in einen unerträglichen Verkaufs- und Rummelplatz - offensichtlich ohne vernehmbare Kritik der Denkmalschutzbehörden. Fragwürdig ist auch die nicht ganz uneigennützige Kritik der Messeturm-Architekten an der Messeplatz-Überdachung durch ihre Konkurrenz - wie wenn der Hauptzweck dieses eleganten Turms darin bestünde, vom Claraplatz her in voller Ausdehnung wahrgenommen zu werden. Oder ein ganz kleines, aber besonders hässliches Beispiel: Kaum begrünt eine - selbstverständlich während Jahren umkämpfte - junge Linde das feine Plätzchen vor der Hauptpost, wird es durch eine Litfass-Säule vollgestopft. Heimatschutz, Denkmalschutz? Denkste!

Gleichzeitig fehlt Basel - trotz einiger punktueller architektonischer Lichtblicke - seit Jahrzehnten der grosse bauliche Wurf an stark exponierter Stelle, der weit über die Region hinaus ausstrahlt, erfreut, für Debatten sorgt. Im Mai 1990 erlitt die Calatrava-Brücke über den Rhein (als neue Wettsteinbrücke) zum Bedauern vieler Schiffbruch an der Urne. Was seither steht, kennen wir: Eine funktionale Konstruktion mit der ästhetischen Ausstrahlung eines Hosensacks. Doch die Geschichte widerholt sich: Heute wird hingebungsvoll am Entwurf eines neuen Stadt-Casinos herum gemäkelt. Plötzlich feiert der Schrebergarten-Look am Barfüsserplatz ebenso Urständ wie die Liebe zum alten Messe-Kopfbau.

Dabei stellt sich die Frage, wo die Kultur-Engagierten, die Kulturschaffenden, die Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker mit ihrem Engagement bisher geblieben sind - jetzt, wo es um eine sehr bedeutende langfristige kulturpolitische Entscheidung geht? Sind sie sich überhaupt dessen bewusst, dass hier ein eminentes Bau-Werk entstehen könnte, für das die Casino-Gesellschaft - ja! - Dankbarkeit verdient?

Die Kritiker der aktuellen Gross-Projekte pauschal als "Verhinderer" darstellen, ist dabei weder in dieser Form zutreffend noch Erfolg versprechend. Ihre Argumente sollen auf den Tisch und ernst genommen werden. Aber von den Kritikern muss ebenso die Bereitschaft erwartet werden können, auf sachliche Argumente einzugehen, Mut zu Neuem zu zeigen und den Gestaltern ein Mindestmass an Vertrauen entgegen zu bringen. Hier werden nicht wunderschöne Strassenzüge nieder gerissen, hier wird das Stadtgesicht der Zukunft gestaltet.

Aber mit pauschaler Ablehnung von allem, was an städtebaulicher - nicht strassenbaulicher! - Erneuerung zur Diskussion gestellt wird, verkommt Basel mehr und mehr zum Ort, dessen Gesicht sich am Mittelmass orientiert und die real existierende Wettsteinbrücke zum Mass aller Dinge macht.

Peter Knechtli


20. Juni 2006


  > ECHO

"Basler Millionen sind legendär und werden es bleiben"

Was ist eine Million? Die meisten von uns wissen es nicht. Obwohl wir dauernd darüber lesen. Und bei Abstimmungen darüber entscheiden.

Eine Million für das Casino, die Uni oder die Zollfreistrasse sind ganz unterschiedliche Millionen.

Am Casino treffen sich die eingesetzten und selbsternannten Experten. Vor allem architektonisch und schattenwürfig. Das Puppenmuseum, ein ehemaliges Teppichgeschäft, droht angeblich dunkel zu erkalten. (Der Rasen im Joggeli hat übrigens auch zuwenig Licht. Er wird deswegen laufend ersetzt. Nobody cares. Gruss an Frau Oeri.)

Die Uni ist eine der Geldmaschinen der Region. Aber das Baselbiet, vor allem aufwärts, kämpft um jede halbe Milion, die es den Städtern nicht gönnt, obwohl es den grössten Anteil an Studenten stellt. Am Schluss haben die Doktorn ja doch ein Hüsli in Oberwil oder Reinach, also was soll der Aufwand, sie auszubilden?

Für die Zollfreistrasse kriegen wir ohne Tsunami und ohne Hungersnot und ohne Landminen und ohne Mädchenbeschneidung in wenigen Tagen zehn Millionen Spenden zusammen, damit ein idiotischer Tunnel eine jahrzehntelang idiotische Verkehrspolitik mit den Nachbarn tiefbaumässig honoriert.

Basler Millionen sind legendär und werden es bleiben.

Ich habe letzte Woche meiner Freundin die beiden Picassos gezeigt, die 1967 durch ein Volksfest gekauft werden konnten. Das Kunstmuseum erwähnt diesen Aspekt mit keinem Wort.

Gott, geht es uns gut! Hier leidet man auf höchstem Niveau.

Urs Eberhardt
Basel


BASLER PENSIONSKASSEN-REFORM

Eva Herzogs "grosse Koalition"

Noch ganz deutlich liegen uns die hämetriefenden Kommentare ihrer politischen Gegner in den Ohren: Jetzt, so hiess es nach ihrer Wahl zur Regierungsrätin, müsse Eva Herzog am Beispiel des Schulden-Vehikels "Basler Pensionskasse" zeigen, was sie könne. Jetzt soll sie die Verbände des Staatspersonals, deren Mitglieder ihr zur Wahl verholfen haben, vom sozialmonetären Aderlass überzeugen.

Nach einigen langen Monaten der Hintergrundsarbeit legte die linke Kassenwartin einen Vorschlag vor, der ihre Voraus-Kritiker Lügen straft: Eine Pensionskassen-Reform, die Merkmale aus dem gesamten politischen Spektrum trägt, und die angesichts der Dringlichkeit ihrer Umsetzung beträchtliche politische Realisierungs-Chancen hat.

Dies ist allerdings bei weitem nicht nur Eva Herzogs Verdienst, sondern vor allem auch jenes der bürgerlichen Regierungsparteien, die der Finanzdirektorin mit ihrer grundsätzlichen Zustimmung zu den "Eckwerten" in einer Art unter die Arme griffen, die politisch Gold wert ist: Ihre Feuertaufe scheint Eva Herzog mit einem Gesellenstück zu bestehen, das ihr bei der Wiederwahl in gut zwei Jahren Gunst und Stimmen eintragen wird. Gerade so gut hätten sich Liberale, Freisinnige und CVP auf die Strategie einschiessen können, der SP-Finanzdirektorin die Reform mit Sperrfeuer zu vermiesen, um dann die Wahlbehauptung zu belegen, sie bringe zur Führung des Finanzdepartements nicht die nötigen Voraussetzungen mit.

Dass die bürgerliche Allianz dies nicht getan hat, ist ihr hoch anzurechnen. Sie liess sich angesichts der Dringlichkeit - offensichtlich in vollem Bewusstsein - in Eva Herzogs "klugen Pakt" ("Basler Zeitung") einspannen: In eine Kabinettspolitik, die schon vor der parlamentarischen Beratung die Generallinie des Erfolgs disponiert.

Diese Art, Probleme zu lösen, ist zwar aus demokratischer Optik nicht ganz unproblematisch, da im "Pakt" der Parteien zahlreiche weitere Interessengruppen nicht gleichwertig mitreden können und damit gewissermassen aussen vor bleiben. Doch sie zeigt ein Modell auf, das weit über das Problem-Projekt "Basler Pensionskasse" von Bedeutung ist: Wie schnell auch im demokratischen Staat Lösungen gefunden werden können.

Denn nicht nur die staatliche Verwaltung, wie oft bemängelt, hat ein Effizienz-Problem, auch die parlamentarische Politik ist in diesem Spittel krank. Wer die Debatten in den Landrats- und Grossratssälen verfolgt, wundert sich oft über die lähmenden Sprech-Orgien, die längst keine Debatten mehr sind, wenn Volksvertreter stur vorbereitete Manuskripte transkribieren ohne sich in einen Diskurs einzulassen, sich dem Vorredner der Vorrednerin anschliessen oder nur deshalb eine Vorlage bekämpfen, weil sie aus der falschen politischen Ecke kommt. Das Mass an Phrasendrescherei, ideologischen Grabenkämpfen und Profilierungssucht kommt einer Energieverschleuderung gleich, die zuweilen unerträglich ist.

Politik folgt nicht den Regeln der Marktwirtschaft, aber die Regeln der Marktwirtschaft sind auch in der Politik nicht a priori falsch. Politische Geschäfte haben zwar in einem gewissen Sinn Monopol-Charakter und neigen daher zu Betulichkeit, aber sie sind ebenso "Produkte", die in Konkurrenz zu andern politischen Systemen stehen und deren Behandlungs-Art letztlich die Qualität des Staats-Managements ausmacht.

Die "grosse Koalition", mit der Eva Herzog derzeit das Pensionskassen-Paket schnürt, kann selbstverständlich weder die real vorhandenen Interessen-Gegensätze einebnen noch in der Alltagspolitik erbitterte Kämpfe verhindern. Aber sie markiert bei allen berechtigten Einwänden einen Systemwechsel, der in der Basler Politik - und in der Politik schlechthin - künftig ebenso wegweisend wie erfolgversprechend sein kann: Die Überwindung des alten Block-Denkens zugunsten trag- und damit mehrheitsfähiger Lösungen. Ein hoher Anspruch, aber letztlich ein unermesslicher Gewinn für das ganze Staatswesen.

Peter Knechtli


11. Mai 2006


  > ECHO

"Es ist das Verdienst der seinerzeitigen Legislative"

Werter Herr Hürlimann, es geht nicht um die Art der Vermögensverwaltung. Oder ist Ihre Behauptung: Die Frau Finanzministerin beschlösse seit ihrem Amtsantritt persönlich, wie die Gelder der Pensionskasse investiert würden? Wohl kaum! Es geht um das seit Jahrzehnten bestehende, "strukturelle Defizit" der Pensionskasse des Basler Staatspersonals. Das Ergebnis davon, des Deltas also zwischen von den Versicherten kassierten Renten und den - ihrer- und unsererseits - bezahlten Prämien sowie des kumulierten technischen Zinses auf den Beiträgen ist die ordentliche Überschuldung, vornehmer: "Deckungslücke". Ergänzt um das ausserordentliche Ergebnis in der Form des kumulierten Investitionsergebnisses, abzüglich des kumulierten technischen Zinses, auf dem investierbaren Kapital ergebend die Netto-Überschuldung von, Frau Herzog zufolge, 1,3 bis 1,8 Milliarden.

Die Luxus-Leistungen zu Gunsten der Versicherten - in der Form der Rentenhöhe, der Rentendauer und den überproportionalen Arbeitgeberbeiträgen - sind, was meiner Ansicht nach die unbegründete Privilegierung der Basler Staatsangestellten darstellt. Das ist nicht ihre Schuld, sondern das Verdienst der seinerzeit aktiven Legislative.

Patric C. Friedlin
Basel



"Sollen die Staatsangestellten die Folgen tragen?"

Wie sich Herr Friedlin ständig in den Adressaten seiner Belehrungen irrt!

Belehrung bräuchten, wenn schon, der ehemalige liberale Vorsteher des Finanzdepartementes und jene Herren, die als Verwalter, nicht als "Besitzer" jenes von den Staatsangestellten von Basel-Stadt schlicht und einfach durch ihre Arbeit und deren Entlohnung erwirtschafteten Pensionskassenvermögens spekulative "Performance" getrieben haben. Ausser diesen Herren hat nämlich keine Staatsangestellte, kein Staatsangestellter ausserhalb der gesetzlich und arbeitsrechtlich ganz genau formulierten Abläufe (Rente, Hypotheken) Zugriff auf das Riesenvermögen, das bis weit in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein (abgesehen von Ausnahmen, etwa den "Küderli"-Millionen seligen Angedenkens, die Herr Friedlin und die Liberalen verschämt verschweigen, denn der damalige Finanzdirektor war ja auch einer der ihren) durchaus sorgfältig gemanagt wurde. Die Folge der bösen Taten einiger verantwortungsfern handelnder "Verwalter" sollen in den Augen von Herrn Friedlin jene tragen, die durch ihre Arbeit, ihre Lebensleistung, ihren Einsatz das Funktionieren der Kommune gewährleisteten.

Merke: Basel-Stadt hat keineswegs eine neoliberale Wählerinnen- und Wählermehrheit. Nebenbei sei es bemerkt: Die Schweiz auch nicht. Und Deutschland auch nicht. Italien ebenfalls nicht. Von Frankreich zu schweigen. Und so weiter. Wohl doch überall und unfassbar das Werk einer ganz und gar verdorbenen "Linken"!?

Alois-Karl Hürlimann
z.Zt. Berlin



"Nicht die Staatsangestellten haben den Schlamassel fabriziert"

Karl Linder hat wahrscheinlich bewusst verschwiegen, dass es in Basel viele populistische Stimmen gibt, die eine vom ihm vorgeschlagene Kreditaufnahme fast verunmöglichen, weshalb diese Lösung politisch auch nicht machbar ist. Und Patric C. Friedlin sei wieder mal in Erinnerung gerufen, dass es nicht die Staatsangestellten waren, die diesen Pensionskassen-Schlamassel fabrizierten. Damals war eine bürgerliche Regierungsmehrheit im Amte. Das wird leider sehr gerne verdrängt und vergessen.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Privilegierung der Staatsangestellten wird zur Staatsdoktrin"

Zu dieser Einschätzung kann und darf man nicht schweigen, wird doch der rein informelle Lösungsansatz einer Hand voll Regierungs- und Grossräte gnadenlos zu einem "fertigen Lösungsvorschlag einer bahnbrechenden grossen Koalition" hochstilisiert. Um zu verstehen, dass dem nicht so ist, studiere man bitte die unmissverständlichen Stellungnahmen der Handelskammer und der Liberalen auf OnlineReports!

So begrüssenswert und so löblich der Wunsch Peter Knechtlis nach parteipolitisch breit abgestützten, sachpolitisch soliden Lösungen ist - die Annahme, bezüglich staatlicher Basler Pensionskasse gäbe es einen sachpolitisch soliden Ansatz, der von einer grossen Parteien-Koalition gestützt würde, ist grundfalsch! Dass Frau Herzog das Plazet des VPOD hat, überrascht hingegen nicht. Denn der Vorschlag macht die anmassende Privilegierung der Staatsangestellten - versus der sie besoldenden Steuerzahlern, zu den direkten finanziellen Lasten der Steuerzahler - auf ewig zu offizieller Basler Staatsdoktrin!. Die in sich unschlüssige Abwicklung der Pensionskassen-Überschuldung von 1,3 bis 1,8 Milliarden Franken bewirkte, zusätzlich zu den ökonomisch bereits illusorischen ordentlichen Leistungen, ausserordentliche Aufwendungen von annuell bis zu 115 Millionen Franken (Amortisation und Zins zu Marktkonditionen).

Die Annahme, dieser Betrag würde den Staatsangestellten seitens ihrer Volksvertreter auf der Linken langfristig zugemutet, ist nicht nur unbedarft, sondern blanke Utopie!

Patric C. Friedlin
Basel



"Die Medien hinterfragen dieses Spiel selten bis gar nicht"

Politik ist häufig, wie auch hier, die Fähigkeit, eine komplexe Problematik am Schluss als gute zu verkaufen. Polit-Marketing nennt sich das. Hätte der Kanton die Hälfte der Deckungslücke einfach à fonds perdu bezahlt und damit mehr Schulden aufgehäuft (diese auch auf dem Kapitalmarkt aufgenommen), wäre es rechnerisch auf genau dasselbe herausgekommen: Die Zinsen der investierten Summe. Es gehört zum Rüstwerk der Politikers, Konzepte vorzulegen, welche sich weniger schlimm anhören. Das muss man wohl akzeptieren. Die Medien hinterfragen dieses Spiel selten bis gar nicht. Auch damit muss man sich abfinden.

Karl Linder
Basel




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