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Offizielles Communiqué

© Fotos by OnlineReports

"Moment des Vollzugs gekommen": Weiler Oberbürgermeister Wolfgang Dietz

"Wirklich gute Nachbarschaft sieht anders aus"

Mehr Fragen als Antworten an der Sondersitzung des Basler Grossen Rates zur Zollfreistrasse

VON PETER KNECHTLI

Keine grundlegende Annäherung der Standpunkte brachte die Sondersitzung des Basler Grossen Rates zur umstrittenen Zollfreistrasse heute Samstagmorgen. Als kompromisslos befürwortende Votanten eingeladen waren auch die politischen Spitzen von Lörrach und Weil am Rhein.

Eine randvoll besetzte Besucher-Tribüne (Bild), ein relativ gut besetztes Basler Ratsplenum und peinlich aussetzende technische Infrastruktur waren die äusseren Merkmale der von Grossräten aus dem links-grünen Lager verlangten Sondersitzung von heute Samstagmorgen. Seltenheitswert hatte der Auftritt der hartnäckig auf einen Bau der über Schweizer Gebiet drängenden politischen Spitzen der beiden Grenz-Städte Lörrach und Weil am Rhein.

Basler Angebote seien "Schein-Alternativen"

Während die Lörracher Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm die politisch-juristischen Argumente kompromisslos, aber sachlich begründete, erlaubte sich das Weiler Stadtoberhaupt Wolfgang Dietz erwartungsgemäss einen deutlich schärferen Ton. Für die beiden deutschen Städtevertreter steht fest, dass der Staatsvertrag um die Zollfreistrasse "jetzt erfüllt werden muss". Anders als die Basler Regierung meint, sei das Projekt "nicht veraltet", führte Heute-Bluhm aus. Vielmehr erfüllte ein Baubeginn das Gebot des "Vertrauensschutzes" und gegen Politikverdrossenheit: "Wir wollen und müssen das Projekt weiterführen."

In seinem spitzen Votum ("Wirklich gute Nachbarschaft sieht anders aus") widersprach Wolfgang Dietz der Meinung des deutschen Bundesrechnungshofes, die Strasse sei eine reine Städteverbindung. Vielmehr sei die "Bundesstrasse" das letzte Stück der Verbindung vom Feldberg ins Rheintal, über die "nur der Bund bestimmen kann". Beim Ufergehölz handle es sich überdies nicht um Auenwald und die von der Basler Regierung in den letzten Tagen unterbreiteten Angebote - Optimierung des Projekts als Tunnel unter namhafter Basler Beteiligung oder ein Kompensionsgeschäft im Bereich des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs - wiesen die deutschen Behördevertreter als "Schein-Alternativen" (Dietz) zurück. Die Tunnel-Variante sei schon "vor Jahren" als grundwassertechnisch untragbar verworfen worden. Zudem: Ein neuer Projektbeginn "wäre für uns ein politisch-juristischer Alptraum". Dietz: "Der Moment des Vollzugs ist jetzt gekommen."

"Verhandlungs-Verweigerung ist staatsvertragswidrig"

Der neue Basler Justizminister Guy Morin stellte in einer persönlichen Bemerkung die Gegenfrage: "Was habt ihr gegen die Klimaerwärmung unternommen?" Und er hielt fest, dass es die deutsche Seite sei, die "nicht gewillt ist, Verhandlungen auszunehmen", wie es der Staatsvertrag im Falle gravierend veränderter Verhältnisse vorsieht. Auf beidseitige Einigkeit stiess das Plädoyer der Basler Baudirektorin Barbara Schneider, die "Massstäblichkeit der Diskussion" zu erkennen und nicht auch den Blick auf zahlreiche weitere gut funktionierende grenzüberschreitende Projekte wie die S-Bahn zu trüben.

Allerdings machten zwei Experten-Statements deutlich, dass das Projekt doch noch grundlegende Fragen aufwirft und Risiken beinhaltet. Auf ungelöste Probleme des Gewässerschutzes und Rutsch-Gefahren wies der frühere Basler Kantonsgeologe Professor Peter Huggenberger hin. Die Juristin Susette Biber-Klemm kam zum Schluss, dass das jüngere Berner Artenschutz-Abkommen des Europarats, das "auch die Erhaltung von Lebensräumen verlangt", über dem Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz stehe. Zumindest müsse diese Frage noch geklärt werden. Michael Raith, Gemeindepräsident der Standortgemeinde Riehen und Befürworter der "Zollfreien", forderte eine "dauerhafte Entlastung" seiner Kommune vom motorisierten Individualverkehr. Und Heinz Reust, der die hängige "Wiese-Initiative" vertrat, warf den deutschen Repräsentanten vor: "Wer Verhandlungen verweigert, handelt staatsvertragswidrig."

Klima-Verbesserung beim Mittags-Mahl?

Das Fazit: Die Sondersitzung verlief würdig, brachte aber keine sichtbare Annäherung der Standpunkte, sondern zeigte vielmehr auf, dass trotz langer Projektdauer noch viele Fragen ungeklärt sind. So machte der frühere Riehener Gemeindepräsident Gerhard Kaufmann gegenüber OnlineReports darauf aufmerksam, dass der Hügel "Schlipf" - an dessen Fuss die Strasse vorgesehen ist - zwingend gegen Rutschgefahr gesichert werden müsse, was weitere Eingriffe in Privateigentum und gerichtliche Instanzenwege zur Folge haben werde. Zu kurz kam aus Zeitgründen die Fragerunde: Viele der 30 eingereichten Fragen konnten zum sichtlichen Ärger der übergangenen Parlamentarier nicht beantwortet werden. Wie weit sich die parzielle grenzüberschreitende Verhärtung beim anschliessenden gemeinsamen Mittagessen lockerte und ob dabei klimatisches Tauwetter anzog, entzieht sich unserer Kenntnis.

Interview mit Professor Martin Schubarth



> OFFIZIELLES COMMUNQUE

Der Basler Regierungsrat und die südbadische Nachbarn bekräftigen ihr beiderseitiges Interesse an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit trotz unterschiedlicher Auffassungen in Basel-Stadt und Südbaden zur Zollfreien Strasse

Gemeinsame Medienmitteilung des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt, des Regierungspräsidiums Freiburg i. Breisgau, des Landratsamtes Lörrach sowie der Städte Lörrach und Weil am Rhein

Vor dem Hintergrund der ausserordentlichen Sitzung des Grossen Rates zur Zollfreien Strasse hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt am 3. März in einem informellen Gespräch mit Vertretern der deutschen Nachbarn einen mündlichen Vorschlag zur Zollfreien Strasse unterbreitet. Dabei hat er einen substanziellen Beitrag des Kantons zur Realisierung einer Strassenführung in einem durchgehenden Tunnel oder - bei einem Verzicht auf den Bau - als Kompensation zu Gunsten einer wesentlichen Verbesserung des grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehrs in Aussicht gestellt. Die deutschen Gesprächspartner bekräftigten demgegenüber ihre Erwartung, dass die Basler Regierung an der Erfüllung des bestehenden Staatsvertrages aktiv mitwirkt. Sie verwiesen insbesondere auf die Zuständigkeit der Vertragspartner in Bern und Berlin für alle Änderungsbegehren zum Staatsvertrag. Das bestehende Projekt wird deshalb auch aus Basler Sicht weiterverfolgt. Beide Seiten unterstrichen zudem die vorrangige Notwendigkeit einer gutnachbarlichen Zusammenarbeit und bekräftigten ihren Willen, sich zum Wohl der trinationalen Region Basel für die zahlreichen und vielfältigen grenzüberschreitenden Vorhaben weiter zielstrebig und mit Nachdruck zu engagieren.

Eine Delegation des baselstädtischen Regierungsrates unter der Leitung von Regierungspräsident Ralph Lewin hat sich am 3. März mit Vertretern aus der südbadischen Nachbarschaft zu einem informellen Gespräch über das weitere Vorgehen bei der Zollfreien Strasse in Basel getroffen. Zur baselstädtischen Delegation gehörten neben dem Regierungspräsidenten Regierungsrätin Barbara Schneider, die Regierungsräte Jörg Schild und Guy Morin, sowie der Präsident der Standortgemeinde Riehen, Michael Raith. Die deutschen Gesprächspartner waren der Präsident des Regierungsbezirks Freiburg, Sven von Ungern-Sternberg, der Landrat des Landkreises Lörrach, Walter Schneider, sowie die Oberbürgermeisterin von Lörrach, Gudrun Heute-Bluhm und der Oberbürgermeister von Weil am Rhein, Wolfgang Dietz.

Der Regierungsrat bestätigte seine mehrfach und unmissverständlich geäusserte Haltung, die staatsvertraglichen Abmachungen einzuhalten. Er machte aber auch ein weiteres Mal deutlich, dass er das bestehende Projekt als nicht mehr zeitgemäss und insbesondere ökologisch schlecht beurteilt. Er hat darum die frühere, von Basel-Stadt seinerzeit abgelehnte, Tunnelvariante rechts der Wiese aus geologischer und ökologischer Sicht neu beurteilt. Er ist dabei zum Schluss gekommen, dass diese mit der heutigen Technik machbar sei und im ökologischen Bereich Verbesserungen bringe, was aber im Detail noch nachgewiesen werden müsste. Er hat sich deshalb bereit erklärt, sich an den Mehrkosten einer solchen Lösung massgeblich zu beteiligen. Dieses Vorgehen würde allerdings eine Änderung des Staatsvertrages bedeuten und darüber hinaus neue Verfahren bedingen mit den entsprechenden Möglichkeiten des Rechtsbehelfs. Als Alternative zum Bau der Zollfreien Strasse wäre der Regierungsrat auch bereit, einen gleichwertigen Beitrag als Kompensation zugunsten einer massgeblichen Verbesserung des grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehrs zu beantragen.

Der Regierungsrat machte deutlich, dass er auf die im Zusammenhang mit der Zollfreien Strasse durchzuführenden Rechtsverfahren und deren zeitlichen Ablauf absolut keinen Einfluss hat. Es sei ohne weiteres möglich, dass diese den zugesicherten Bau der Strasse noch auf längere Zeit hinausschieben könnten. Mit seinem Vorschlag wolle der Regierungsrat einen Ausweg aus dieser unbefriedigenden Situation suchen und damit seine Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit als Partner bei diesem Projekt unter Beweis stellen.

Die deutschen Gesprächspartner fanden es sehr positiv, dass der Gesprächsfaden von Basel wieder aufgenommen wurde. Sie gaben Ihrer Erwartung Ausdruck, dass die Basler Regierung unabhängig von den laufenden Rechtsverfahren ihrer Handlungspflicht vollumfänglich nachkommt und an der Erfüllung des bestehenden Staatsvertrages aktiv mitwirkt. Sie stellten überdies klar, dass sie über keinerlei Verhandlungsmandat für die Zollfreie Strasse verfügen und die auf eine Änderung des bestehenden Staatsvertrages hinzielenden Vorschläge der Basler Regierung über die Bundesregierung in Bern an die deutsche Bundesregierung als Vertragspartner gerichtet werden müssten.

Die südbadischen Nachbarn nahmen deshalb auch lediglich zur Kenntnis, dass die baselstädtische Regierung nochmals einen Vorschlag zugunsten der seinerzeit verworfenen, jetzt aber von Basler Seite neu beurteilten Variante unterbreitete.

Die verschiedenen Rechtsverfahren, mit denen der vom Regierungsrat zugesicherte Baubeginn immer wieder verzögert werde, seien aus Sicht der deutschen Nachbarn zwar bedauerlich, würden jedoch im guten Demokratieverständnis respektiert.

Das zwischen den deutschen und Schweizer Nachbarn streitige Einzelprojekt dürfe aber nicht den Blick darauf verstellen, dass es eine Fülle von grenzüberschreitenden Ideen, Vorhaben und Projekte im beiderseitigen Interesse gebe, die zum Nutzen der beiderseitigen Bevölkerung weiterhin angegangen und umgesetzt werden müssten.

Die Basler Regierung und ihre deutschen Gesprächspartner stellten fest, dass eine Annäherung der beidseits unterschiedlichen Auffassungen zur Bewertung der Zollfreien Strasse nicht erreicht wurde. Sie betonten gleichzeitig den gegenseitigen Respekt vor der jeweiligen Haltung. Verbindlicher Massstab sei jedoch die Vertragstreue zwischen den deutschen und Schweizer Partnern.

Für die deutschen und Schweizer Nachbarn hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wie bisher auch in Zukunft einen hohen Stellenwert. Die im gemeinsamen Interesse liegenden zahlreichen, vielfältigen und grossen Nutzen stiftenden grenzübergreifenden Projekte sollen zielstrebig weiterverfolgt werden. Das Wohl und die Zukunft der trinationalen Region Basel werden im Besonderen in dieser Zusammenarbeit gesehen.

Das Gespräch in Basel fand in offener, fairer und freundschaftlicher Atmosphäre statt; es hat die Positionen gegenseitig verständlich gemacht und die Basis für die weitere fruchtbare Zusammenarbeit gelegt, indem es neues Vertrauen geschaffen hat.

Basel, 12. März 2005

12. März 2005

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  > ECHO

"Eine rot-grüne Desinformations-Politik"

Da versucht eine Bauverhinderungs-Regierungsrätin ein staatsvertraglich vereinbartes Strassenbauprojekt mit allen Mitteln zu verhindern, und anerkennt andererseits das Recht der deutschen Nachbarn auf Erfüllunmg der vertraglichen Vereinbarungen.

Schlecht informierte Grossräte argumentieren einmal mehr zum Thema Zollfreistrasse ohne zu wissen, dass eine Grossratskommission all die sogenannt neuen Vorschlage und Tunnel- Strassenführungsvarianten mit dem Bericht Nr. 8383 (publiziert am 20.1.1993) eingehend behandelt hat.

Unbekannt scheint auch die in diesem interessanten Bericht festgehaltene Antwort des Bundesrates auf eine einfache Anfrage des damaligen Nationalrats Weder vom 19.6.1992 die wie folgt lautet: "Die im Vertrag festgelegte Linienführung ist unter Würdigung aller Aspekte, insbesondere denjenigen des Umwelt- und Gewässerschutzes die beste. Allfällige künftige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Verkehr haben auf den Durchgangsverkehr kaum Einfluss. Das Projekt zollfreie Strasse ist nicht veraltet oder überflüssig." Soweit die Antwort des Bundesrates.

Die Bauverhinderungstaktik von Frau Regierungsrätin Barbara Schneider - eine erste Schadenersatzforderung wegen des verfügten Baustopps in der Höhe von ca 500'000 Euro steht in Aussicht - wird die Basler Steuerzahler noch teuer kommen. Wie locker der neue grüne Justizminister mit den nicht vorhandenen Basler Steuer-Millionen umgeht, wenn er mit einem "substanziellen zweistelligen Millionenbetrag" den Bau der Zollfreistrasse verhindern will, lässt für die Zukunft Schlechtes ahnen.

Dass die Gegner des Strassenbaus einerseits rechtsmissbräuchlich alle juristischen Tricks anwenden (wer bezahlt all die Juristen und Richter?) und dazu dem Stimmbürger mit der "Wiese-Initiative" vorgaukeln, damit könne ein nicht vorhander "Auenpark" geschützt werden, ist typisch für die grün-rote Desinformations-Politik.

Bruno Honold
Basel



"So kann man mit uns Baslern im Ländle auch Geld verdienen"

Wenn Argumente fehlen oder menschliche Vernunft etwas anderes zu sagen pflegt, ist es üblich geworden, zu versuchen, den Bürger über die Angst in die Knie zu zwingen. So ist es nicht verwunderlich, dass das Argument Schadenersatz in Millionenhöhe (!) mehr und mehr bei der "Zollfreistrasse" ins Feld geführt wird. Hat denn Deutschland bis heute die erteilten Aufträge an die Baufirmen nicht widerrufen? So kann man mit uns Baslern im "Ländle" natürlich auch gut Geld verdienen: Druck machen und gleichzeitig wirkungsvoll von "wirklich gute Nachbarschaft sieht anders aus" reden.
 
Vergessen wir nicht: Unsere Regierungsmitglieder und die politischen Vertreter der Parteien haben sich zu lange zu wenig ernsthaft um das Thema Zollfreistrasse und die Argumente der Gegner gekümmert. Erst seit Herr Vosseler durch seine Aktionen eine politische Gegenstärke entwickelte, wird das Thema "Zollfreie" so heftig diskutiert und überhaupt wahrgenommen. Das Wort "Staatsvertrag" wird dabei grundsätzlich als etwas Heiliges stilisiert. Gleichzeitig macht uns jedoch die Wirtschaft vor, dass es klug sein kann, sich mit dem einfachen Argument einer "veränderten Ausgangslage" nicht mehr an einstmals abgegebene Versprechen zu halten.
 
Tatsache ist, dass die verantwortlichen Personen offensichtlich Fehler bei den Bewilligungsprozessen gemacht haben. Wenn diese Fehler nun zu Schadenersatzforderungen führen, so kann man die Verantwortung dafür nicht an die "Zollfreie"-Gegner abwälzen. Das wäre etwa damit vergleichbar, wenn wir all jene Folgekosten (temporäre Begrünung, Studien für Verbesserungsmöglichkeiten etc.) für die Fehlplanung unseres Bahnhofplatzes denjenigen Fussgängern anlasten wollten, welche sich täglich in irgendeiner Weise mit dieser Katastrophe auseinander zu setzen haben und sich mit Recht darüber negativ äussern.

Martin Stumpf
Riehen



"Die 'paar Meter' sind Tropfen, die den Stein höhlen"

Die parteiische Tagesmoderation dieser ausserordentlichen Grossratssitzung konnte den Eindruck, dass sich die Befürworter der raschen Verwirklichung der umstrittenen Zollfreistrasse auf das technokratische Terrain zurückziehen, um sich der entscheidenden Frage nicht stellen zu müssen, nur bestätigen. Die entscheidende Frage ist die nach Leben oder Büro- und Technokratie. Immer wieder wird euphemistisch von den "paar wenigen Metern Strasse" geredet. Dass aber die "paar Meter" einer der Tropfen, die bekanntlich den Stein höhlen sind, wird geflissentlich verdrängt. Jedes Zeichen, das gegen die Zerstörung der Grundfesten unseres Lebens gesetzt wird, ist ein Stück Hoffnung für die Zukunft. Das Angebot von Basel zum Ausbau des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs wird mit der Begründung, dass das keine Alternative zur Strasse sei, abgelehnt. Natürlich fahren Autos nicht im Tram, aber deren Insassen.

Beatrice Alder
Grossrätin Grünes Bündnis
Basel



"Die rot-grüne Revolution war ein Sturm im Wasserglas"

Mit grossem Tamtam geisterte in den letzten Tagen in den Basler Medien die Nachricht herum, dass Regierungsrat Morin des Rätsels Lösung gefunden hat und den deutschen Vertretern einen Alternativvorschlag unterbreiten konnte, welcher kaum abzulehnen ist. Entsprechend gespannt waren denn heute auch alle auf den Vorschlag. Fazit: Ein völlig überforderter und wenig dossierbelesener Regierungsrat Morin, welcher mit dem Vorschlag eines Tunnels und/oder der Ausdehnung einer Tramlinie nach Weil (notabene auf Kosten des Kantons BS - also des Steuerzahlers) kläglich gescheitert ist. Es scheint, dass die seit den Wahlen herrschende "rotgrüne Revolution" mehr als nur ein Sturm im Wasserglas war und man langsam wieder auf den Boden der Realität zurückfindet. Auch Herr Morin sollte nun endlich einsehen, dass man Verträge nicht zu brechen hat, Staatsvertrag bleibt Staatsvertrag! Es bleibt zu hoffen, dass nun endlich zügig voran geschritten wird und dass die Bauarbeiten (es handelt sich lediglich um knapp 700 Meter!) bald beginnen können. Die Schadenersatzforderungen, welche bereits heute bei bald einmal einer Million Schweizer Franken liegen werden, werden mit Morins Vorschlägen, welche zu Verzögerungen führen, nur unnötig erhöht.

Joël A. Thüring
Grossrat und Parteisekretär SVP
Basel



"Es braucht kein Strassenstück durch den Auenwald mehr"

Herr Friedlin, so einfach, wie Sie es darstellen, ist diese Angelegenheit einfach nicht. Es handelt sich
a) um Rechtsfragen auf internationaler Ebene,
b) um Rechtsfragen auf nationaler und lokaler Ebene und schliesslich
c) um die Frage nach der Notwendigkeit der Strasse.

Zu a):
Hinlänglich klargelegt wurde auch hier in OnlinReports (zwei Artikel von Herrn Knechtli und im Interview mit Professor Schubarth) der Vertragspassus, wonach bei Veränderungen sachlicher Natur vor Baubeginn der Strasse Neuverhandlungen zwischen Deutschland und der Schweiz notwendig werden können. Das ist zwischen Staaten halt so. Verträge gelten nicht ewig, sondern allenfalls bis zu deren Novellierung oder deren Verwirklichung.

Zu b):
Wenn die von Ihnen so bezeichnete "Demokratie ad absurdum" in Basel in diesem Fall vor 30 Jahren gespielt hätte, existierte die ganze Auseinandersetzung heute gar nicht. In diesem Fall wurde immer über die Köpfe der Bewohnerschaft des Stadtkantons  hinweg gehandelt. Da war auch von Seiten ehemaliger baselstädtischer Regierungen immer eine gehörige Portion Arroganz mit im Spiel (Handelnde in Basel war jene Regierung, die uns beispielsweise  die Fehlleistung Wettsteinbrücke oder den Bauabrechnungsskandal "Kantonsspital", einen langjährigen Dauerbrenner,  eingebrockt hat).

Zu c)
Wenn der Weiler Oberbürgermeister Dietz vor dem Grossen Rat erklärt, dass das Strassenstück "Bundesstrasse" sei und den direkten Weg vom Feldberg zur Rheintalebene darstelle, ist das einfach Humbug. Die Lücken-Autobahn stellt diese Verbindung vier- bis sechsspurig schon längst (seit bald 25 Jahren!) lückenlos her. Da braucht es keinerlei Strassenstück im Auenwald. Zudem ist die Verbindung Feldberg-Rheintal auch in Richtung Rheinfelden durch die gleiche Autobahn gewährleistet - in Kürze ist die direkte Verbindung mit dem schweizerischen Autobahnnetz fertig erstellt.

Nun wird es halt noch allerhand politische und rechtliche Auseinandersetzung geben, bis diese unnötige Strasse endlich aus Abschied und Traktanden gefallen sein wird.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Ein Schrecken ohne Ende"

Anlässlich der grossrätlichen Sondersession wurde last but not least der Ansatz in die Debatte eingebracht, der Nägel mit Köpfen verspricht. Konkret: Gemäss der Basler Regierung sollen die Basler mit wohl mehr als 100 Millionen Franken die Zeche für den Erhalt des Status Quo bezahlen. Es ist gut, dass der zentrale Punkt doch noch zur Sprache kommt. Nämlich, ob die Basler bereit sind, x Millionen pro Baum (?!) zu bezahlen, um ein paar Bäume zu erhalten, ohne sie einige Meter um-zupflanzen. So absurd die Frage auch sein mag: Der Souverän sollte zügig darüber befinden können, um der schweizerischen Demokratie ad aburdum endlich ein Ende zu bereiten. Wie der Weiler Oberbürgermeister richtig feststellte: In Basel werden schon bald die ersten Schadensersatzansprüche fällig 580'000 Euro. Gewiss ist also, dass es rein finanziell ein Schrecken ohne Ende gewesen sein wird.

Patric C. Friedlin
Basel



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