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TÜRKEI

"Hurensöhne" kann Europa nicht brauchen

Auf den ersten Blick ein erstaunliches Phänomen: Türkische Staatsangehörige fuhren am Mittwochabend mit Schweizer Fahnen durch die Strassen Basels und feierten ausgelassen, dass die Schweiz mit Hängen und Würgen die Teilnahme an der Fussball-Weltmeisterschaft in Deutschland schaffte.

In Istanbul ging es weniger friedlich zu: "Hurensöhne" hiess es auf Plakaten, mit denen die Schweizer Profi-Kicker nach den Zollschikanen begrüsst wurden. Im Stadion herrschte eine vorkriegsähnliche Stimmung: Münzen, Eier, Feuerzeuge, Flaschen und dergleichen mehr flogen gegen die Schweizer Delegation, Mannschaft und Trainer mussten das Spielfeld fluchtartig verlassen, in den Katakomben kam es zu ernsthaften Tätlichkeiten. Statt ausgelassene Freude über eine denkwürdige sportliche Mannschaftsleistung blieb den Schweizer Akteuren die nackte Angst vor Übergriffen.

Auch die Schweizer Kicker und ihre Fans sind nicht alle Engelchen. Das wissen wir. Was aber der türkische Fussballverband, die Mannschaft und das Publikum hier boten, war auch unter den rauhen Sitten des kommerziellen Profi-Sports ein ethisches Delikt.

Doch mehr Schaden als die Schweizer Fussball-Virtuosen nahm letztlich die Türkei selbst: Auf den Bildschirmen rund um den Globus präsentierte sich das Land von der miesesten Seite, fern von der viel gerühmten Gastfreundschaft. Plastisch wie kaum zuvor liessen die Bilder erahnen, wie die offizielle Türkei mit ihrer Minderkeit der Kurden umzugehen versteht, wenn hiesige Medien gleichzeitig von anhaltendem "Staatsterrorismus" und "Todesschwadronen" ("Basler Zeitung) gegen die Menschen im Osten des Landes berichten.

Mag der türkische Ministerpräsident Erdogan noch so von sanften Zugeständnissen gegenüber den Kurden säuseln. "Das ist alles nur Geschwätz", sagen in der Schweiz ansässige Kurden, "in Wirklichkeit fährt er mit Panzern gegen unserer Dörfer und Städte vor".

Wir haben am Fernsehen nur die eine türkische Realität erlebt. Die Bilder mögen nicht repräsentativ und eine Schade für alle jene gastgebeden Landsleute sein, die mit der geballten Aggression nichts zu tun haben wollen. Doch die offizielle Türkei hat diese Bilder mit zu verantworten und damit auch die schmutzige Visitenkarte, die ein als "Hölle" (so ein Transparent im Stadion) inzeniertes Fussballstadion prägte.

Fernseh-Bilder transportieren Emotionen und so erhält der Sport plötzlich eine brisante Note: Wie hält es eine Nation, die von sportlichem Fair-play keine Ahnung zu haben scheint, mit politischem Fair-play - und wie hält sie es mit ihren unterdrückten Minderheiten? Ist der Beitritt einer derart fanatisierbaren und feindschaftlich erscheinenden Nation in die Europäische Union zu verantworten?

Schon sind wir mitten in den Pauschal-Verdächtigungen. Es gibt auch die besonnene Türkei, die liebenswürdigen Türken - und es gibt vermutlich sehr gewichtige geostrategische Gründe, die Türkei in den europäischen Verbund zu integrieren. Aber die hässliche Fratze rund um die Sport-"Hölle" von Instanbul hat das Vertrauen in die stolze Nation am Bosporus nicht gestärkt.

Der zweite Blick lohnt sich: Bei den erwähnten türkischen Staatsangehörigen, die auf Schweizer Strassen Schweizer Fahnen schwenkten, handelte es sich um Kurden.

Peter Knechtli


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18. November 2005

  > ECHO

"Ausgestossen werden kann zur Märtyrer-Rolle führen"

"Gebt dem Fussball, was des Fussballs ist und der Politik, was ihre Sache ist". Mit anderen Worten. Ausschreitungen gehören dort und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln geahndet, wo sie passiert sind. Die Ebene der Politik ist eine andere. Dass die Türkei zu Europa gehört und in die EU aufgenommen werden soll, steht für mich ausser Zweifel, auch wenn wir dazu ja nichts zu sagen haben. Wer sich ausgestossen, unerwünscht fühlt, wird in eine möglicherweise aggressive Märtyrer-Rolle gedrängt. Das gilt für Individuen und für Kollektive. Im Übrigen haben wir alles Interesse daran, zu den bei uns lebenden Menschen türkische Abstammung Sorge zu tragen. Also, die Ausschreitungen mit den möglichen Konsequenzen klar verurteilen und die Beitrittsfrage dort lösen, wo sie hingehört.

Beatrice Alder
Grossrätin Grünes Bündnis
Basel



"Deutlicher Grad an Hass und Verachtung"

In der Tat entstand ein politischer "Rückschlag". Ein "Rückschlag" in dem Sinne, als jene, die sich der Illusion hingaben, à la longue funktioniere alles, so lange man den "Minderen" die unverstandene Vision nur oktroyiere, nun erkennen durften, dass dem in der realen Welt - in jener der Menschen also, die integriert, die vereint, die zusammengeführt werden sollen - so schlicht nicht ist. Der Grad des Hasses, der Verachtung, der in die ganze weite Welt hinaus ausgesandt wurde, machte in klarster Sprache deutlich, dass man auch dort eine "Zwangsintegration" nicht will. Zu hoffen bleibt, dass dies nun endlich auch von den Entscheidungsträgern der EU erkannt wird. Der erste Schritt scheint insofern getan, als das Deutsche Aussenamt nicht mehr von einem "ins Historische Entrückten" okkupiert wird. Obwohl die CDU faktisch eine Richtlinienkompetenz nicht wird ausüben können, hat sie zumindest ein Vetorecht - das ist eine gute Entwicklung.

Patric C. Friedlin
Basel



"Die SVP kann der EU nicht vorschreiben, wen sie aufzunehmen hat"

Über das Verhalten einiger türkischer Fussballnationalspieler, zahlreicher sogenannt Offizieller des türkischen Fussballverbandes, einiger türkischer Medienvertreter und so weiter muss man sich nun nicht mehr echauffieren. Das hat unter anderem Herr Knechtli in seinem Kommentar sinnvoll erledigt. (Vielleicht sollte man sich in diesem Zusammenhang aber immerhin auch noch an das nicht zu überhörende Pfeifkonzert schweizerischer "Fans" anlässlich des Abspielens der türkischen Nationalhymne im "Stade de Suisse" erinnern.)

Mich wundert nun aber, wie jemand wie Herr Thüring hier kategorisch feststellt, dass die Türkei nicht in die EU gehöre. Es scheint, dass die SVP nebst dem Isolationskurs, den sie der Schweiz via AUNS per Initiative aufzuzwingen versucht, der EU auch gleich noch vorschreiben will, wen sie nicht aufzunehmen habe. Herr Thürings Sorgen um die EU sind ein Amusement der exquisiten Art. Es ist anzunehmen, dass "die" EU - etwa die Kommission, der Ministerrat, die Mitgliedsstaatenregierungen, deren Parlamente und überhaupt alle EU-Menschen - ausserordentlich beeindruckt sind von der weitsichtig angelegten Sorge um "Europa" und was wegen asiatischer Verquickung nicht dazu gehört, welche der Sekretär der SVP von Basel-Stadt in aller Öffentlichkeit vornimmt.

Alois-Karl Hürlimann
Berlin



"Türkische Führung lotet nur aus, wie weit siehe gehen kann"

Wenn die Türken unsere Nationalmannschaft als Hurensöhne bezeichnen muss man annehmen dass sie den Rest der Schweiz in die gleiche Ecke stellen. Anscheinend sind wir für gewisse türkische Kreise eine Nation von Hurensöhnen. Da wir Schweizer ihre Sprache nicht verstehen und die Rassismus-Strafnorm nicht für ansässige Ausländer gilt, haben wir keine Chance, uns zu wehren. Zwischen der Türkei und der Schweiz bestehen seit langem politische Spannungen, jetzt kommen die Spannungen beim Sport hinzu. Die Türken haben längst erkannt dass wir eine schwache Nation sind mit einer noch schwächeren politischen Führung. Mit solchen Aktionen wie beim Fussballmatch wird von der türkischen Führung nur ausgelotet, wie weit man gehen kann. Denn das ganze Desaster wurde vermutlich von ganz oben geplant und ausgeführt. Irgendwann wird sich die Türkei endgültig dem strengen Islam zuwenden. Dieses Gemisch aus Islam und übertriebenen Nationalstolz wird dann die Zündschnur für neue Konflikte in Europa sein. Sollte dies zutreffen wie vermutet, dann haben wir ihn ein paar Jahren ein gewaltiges Problem mit der inneren Sicherheit. Denn Dank der laschen Einwanderungspolitik durch unsere schwache politische Führung, leben etliche Wölfe im Schafspelz unter uns.

Philipp Hurni
Basel



"Willkommen in der EU!"

Das war ja wieder mal beste Werbung in eigener Sache, was wir in den letzten Tagen von der Türkei zu sehen bekamen. Schlägernde Spieler, Zuschauer und Ordnungskräfte sowie Verfolgungswahn, Realitätsverlust und unfaires Verhalten sondergleichen. Dieses Land hat wahrlich eine tolle Kultur und Mentalität! Da kann man nur sagen: Willkommen in der EU ...

Basil Kroepfli
Allschwil



"Es dauert noch Generationen, bis diese Türkei in Europa ankommen wird"

Ich verstehe nichts von Fussball und habe demzufolge auch die Live-Berichterstattung nicht gesehen, erst in den nachfolgenden Nachrichtensendungen habe ich von den "faustrechtlichen" Auseinandersetzungen Kenntnis genommen. Man kann einerseits nur hoffen, dass der Weltfussballverband als oberstes sportgerichtliches Gremium genügend Funktionäre vor Ort hatte, um diese penible Angelegenheit sauber abzuklären. Andererseits, ich habe wiederum die in der "Tagesschau" gezeigten Bilder vom "Empfang" der Schweizer Nationalmannschaft vor Augen, meine ich, dass es noch Generationen dauert, bis diese Türkei in Europa ankommen wird.

Peter Knechtli trifft den Nagel auf den Kopf: Der politische Schaden dürfte vermutlich noch grösser sein als der sportliche. Die einfältigen Äusserungen des türkischen Sportministers und des Trainers der türkischen Nationalmannschaft deuten jedenfalls in diese Richtung.

Albert Augustin
Gelterkinden



"Lieber jetzt hellhörig werden als später bös zu erwachen"

Nun ist es auch für den nicht sehr politisch interessierten Bürger nachvollziehbar, warum die EU zögert, die Türkei ohne Vorbehalt als Vollmitglied zu integrieren. Da hat sich dieses Land einen sehr schlechten Dienst erwiesen. Peter Knechtli hat schon Recht: Der politische Schaden dürfte grösser sein als der sportliche. Abgesehen davon, dass sich die ganze Geschichte nicht dazu eignet, die Ausländerfeindlichkeit zu reduzieren. Die EU kann darüber eigentlich nur froh sein, lieber jetzt hellhörig werden als später bös zu erwachen, hat sie doch reichlich andere Probleme, die gelöst werden sollten.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Die Türkei ist grösstenteils kein europäisches Land"

Auch mich haben die Ereignisse bestürzt und schockiert. Offenbar wurde unseren Schweizer Natihelden blanker Hass, rohe Gewalt und Respektlosigkeit entgegengebracht. Unverständlich ist, dass die FIFA nicht schon viel früher reagiert hat. Die Unsportlichkeit der türkischen Fans, Ordnungskräfte und Verbandsvertreter ist schon seit vielen Jahren bekannt und es kam schon sehr oft zu sehr wüsten Szenen. Mit harter Hand sollte nun die FIFA lange Spielsperren gegen die Rädelsführer (dazu gehört für mich auch deren Trainer) verhängen und die Nationalmannschaft sowie alle Vereinsmannschaften der Türkei für mindestens vier Jahre von allen internationalen Wettbewerben ausschliessen. Nur so können solch unschöne Szenen verhindert und gemassregelt werden.

Daraus sollte nun, bei allem Unverständnis, kein Politikum gemacht werden. Die Türkei hat ein Problem mit Menschenrechten und erwiesenermassen auch mit der Demokratie. Dies kann aber in keinem Zusammenhang mit diesen Ausschreitungen stehen. Dennoch steht für mich ein EU-Beitritt ganz grundsätzlich nicht im Raum, da die Türkei (grösstenteils) kein europäisches Land ist und es auch nie sein wird.

Joël A. Thüring
Grossrat SVP
Basel



MUSLIME-STUDIE


© Foto by OnlineReports

Muslime in der Schweiz: Vorschnelle Entwarnung

Vor wenigen Tagen wurde in Bern eine neue Studie über Muslime in der Schweiz vorgestellt. Darin wurden "Identitätsprofile, Einstellungen und Erwartungen" von "durchschnittlichen" Muslimen in unserem Land untersucht. Das Ergebnis der Studie ist in mancherlei Hinsicht bemerkenswert: Auch bei den Muslimen existiert eine "schweigende Mehrheit", die in vielen Punkten anders denkt und empfindet als ihre offiziellen und allzu oft selbst ernannten Vertreter. Von extremistischen Haltungen scheinen die hierzulande lebenden Muslime, schenkt man der Studie Glauben, nicht sehr angetan zu sein.

Dieses Resultat ist auf den ersten Blick erfreulich. Es stützt Beobachtungen von ausgewiesenen Kennern der Materie die schon seit Jahren darauf hinweisen, dass die offiziellen Muslim-Vereinigungen nicht für sich in Anspruch nehmen können, tatsächlich eine Mehrheit der hierzulande lebenden Muslime zu vertreten. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Basler Muslim-Kommission. Der Befund stützt aber auch das vor und einem Jahr gegründete "Forum für einen fortschrittlichen Islam" (FFI), das all den Musliminnen und Muslimen eine Stimme geben will, die sich für ein offenes, moderates Verständnis des Islam einsetzen.

Vor voreiligen Schlussfolgerungen aus der Studie muss allerdings gewarnt werden. Denn zum Einen ist die Datenbasis der Muslim-Studie äusserst schmal. Gerade mal mit 30 Menschen islamischen Glaubens haben die beiden Forscher ausführliche Gespräche geführt. Auf dieser Basis ein generelles Fazit über die Befindlichkeit der Muslime in der Schweiz abzuleiten, ist zumindest fragwürdig.

Mindestens so problematisch ist auch die Auswahl der befragten Personen. Obwohl mehr als die Hälfte aller in der Schweiz lebenden Muslime aus dem Balkan stammen, gehören nur neun der Befragten zu dieser Gruppe. Umgekehrt repräsentieren die neun Befragten aus arabischen Ländern nur einen Anteil von rund fünf Prozent der Schweizer Muslime. Daraus ergibt sich, dass die befragten Personen die Schweizer Muslime in ihrer Zusammensetzung überhaupt nicht repräsentieren.

Ein Fragezeichen ist auch in einer anderen Hinsicht anzubringen: Intellektuelle Muslime, die ein kritisches Verhältnis haben gegenüber ihrer eigenen religiösen Tradition, kommen in der Studie kaum zu Wort. Jeder Beobachter der muslimischen Szene weiss aber, dass solche Menschen auch in der Schweiz existieren, wenngleich sie sich aus nahe liegenden Gründen nur selten zu Wort melden. Der Anspruch der Studie, die Gesamtheit der muslimischen Community in der Schweiz abzubilden, wird dadurch in Frage gestellt.

Was schliesslich die Neigung zu extremistischen Haltungen betrifft, so wäre eine tüchtige Portion Skepsis am Platz. Denn es ist sehr fraglich, ob Personen mit einem solchen Profil überhaupt an derartigen Studien teilnehmen würden. Dies hat der Autor einer kürzlich in Deutschland erschienenen Studie ("Determinanten des Terrorismus"), die sich mit Radikalisierungstendenzen unter arabischstämmigen Studenten in Deutschland befasst, ehrlicherweise gleich zu Anfang klar herausgestrichen.

Auf die Frage, wie hoch das Risiko des islamischen Extremismus in der Schweiz zu veranschlagen ist, haben die beiden Forscher zudem bloss eine sehr allgemein gehaltene Antwort parat. Sie lautet: Ein Risiko existiert, es ist aber als sehr gering einzustufen. Angesichts der Radikalisierung junger Muslime in ganz Westeuropa wird diese Antwort nicht alle kritischen Stimmen beruhigen.

Fazit: Auch gegenüber dieser – zweifellos sinnvollen - Studie ist eine Portion Skepsis durchaus angebracht. Nur weil sie das Etikett "wissenschaftlich" trägt und von einer Eidgenössischen Kommission in Auftrag gegeben worden ist, ist sie nicht über alle Zweifel erhaben.

Die Autoren haben an der Medienpräsentation gewisse Schwachstellen eingeräumt und hoffen auf eine weitere, breiter angelegte Studie. Für das Publikum, das an solchen Fragen interessiert ist, gilt bis auf Weiteres: Wir wissen immer noch sehr wenig über die Muslime, die in unserem Land leben.

Beat Stauffer


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4. November 2005

  > ECHO

"Wir müssen Muslime ansprechen und kennen lernen"

Weil wir tatsächlich wenig wissen über die Muslime in der Schweiz, wäre zu bedenken, dass sie unsere Nachbarn sind und wir sie ansprechen und kennen lernen müssen. Die Skepsis von Beat Stauffer der Studie gegenüber ist berechtigt. Sie muss aber begleitet sein von einem ernsthaften Bemühen, den direkten Kontakt zu suchen. Da wünschte ich mir von Beat Stauffer auch konkrete Anregungen und journalistische Unterstützung.

Xaver Pfister
Basel



GUIDO A. ZÄCH

Der Wohltäter und der Fleck auf der weissen Weste

Der Paraplegiker-Arzt Gudio A. Zäch zog mit einer ganzen Armada auf die Anklagebank: Mit vier Anwälten - davon zwei persönlichen -, einem mit unterstützenden Parteigutachten beauftragten Rechtsprofessor, einer PR-Frau, Auftrags-Buchschreibern und einer privaten und persönlichen Gefolgschaft. Heute Montag verurteilte ihn nach dem Basler Strafgericht auch das Appellationsgericht zu 16 Monaten Gefängnis bedingt.

Wer den Prozess mitverfolgte, kann der entschlossen, aber wenig kommunikativ wirkenden Staatsanwältin in einem Punkt Recht geben: Zäch zeigte nicht die Spur von Einsicht. Er schwieg diesmal beharrlich und liess die Rechtsanwälte für sich kämpfen, worüber der Gerichtsvorsitzende in seiner Begründung Bedauern äusserte. Doch es war mit Händen zu greifen: Von seinen Anhängern vergöttert, fand sich Zäch als Schweigender in einer Rolle, in der andere die Regeln bestimmen, in keiner Weise zurecht. Es schien während des Prozesses oft so, als wähne sich Zäch in einer fremden Welt. Oder, wie es Richter Fischer treffend sagte: "Man hatte das Gefühl, er habe nicht begriffen, weshalb man ihm den Prozess macht."

Es sei erneut in keiner Weise bestritten, dass Zäch für die Paraplegiker ein Segen ist: Für sie hat er Grossartiges geleistet und ihre Dankbarkeit ist nachvollziehbar, so lange sie nicht die Züge der Unterwerfung annimmt und die Solidarität nicht in Sektenartigkeit umschlägt. Das ist die eine Wirklichkeit.

Daneben legte sich Zäch aber mit der Errichtung seines Paraplegiker-Imperiums auch eine andere Wirklichkeit zurecht: Er baute sich planmässig ein scheinpluralistisches, völlig intransparentes Konglomerat auf, in dem nur einer den Ton angab - Zäch - und er glaubte noch reichlich naiv, damit in Einklang mit der modernen Unternehmensethik zu stehen. Er war, abgesichert durch eine geradezu groteske Funktionskumulation, der alleinige Machthaber und perfekte Wissensträger, der alle andern zu gutmeinenden Statisten degradierte. Die Folge war, dass er nach Meinung der Gerichte Gönner-Gelder ohne überzeugende Beschlüsse auch dorthin fliessen liess, wo sie nicht hin gehörten - in seinen eigenen Sack.

Von Einsicht indes keine Spur. Mit seinen rüden Attacken gegen die Gerichte demonstrierte Zäch eine autoritäre Rechtsauffassung, die heute nach der Urteilsverkündung im entlarvenden Satz gipfelte: "Das Gericht war stärker als das Recht."

Man muss sich einmal diese Konstellation vorstellen: Hier die schicksalsgetroffenen Para- und Tetraplegiker, die einen begnadeten Mentor ihrer Sorgen und Nöte fanden - dort das Alphatier Zäch, der die Bedürfnisse der an Rollstühle gefesselten Menschen äusserst wirkungsvoll stillte - und damit gleichzeitig auch sein überstarkes Ego bediente. In diesem psychologischen Milieu halfen beide beiden in perfekter Harmonie: Zäch den Patienten und die Patienten Zäch. Nur: Zäch ist der Bestimmende und die Paraplegiker die Abhängigen.

Unter Bedingungen, in denen er seinen Geltungsdrang weit gehend uneingeschränkt ausleben konnte, verlor Zäch indes seine Beziehung zur Realität. Mit kritischen Aspekten seines Wirkens konnte er schlecht umgehen. OnlineReports machte die entsprechende Erfahrung bei den Recherchen um die "Villa Zäch" in Zofingen, die eigentlich zum Zweck der Bildung einer Wohngemeinschaft für Paraplegiker an die Gönnervereinigung verkauft worden war. Offensichtlich profitierten vom "System Zäch" auch viele. Wie sonst ist es zu erklären, dass ihn während vieler Jahre kein Vorwarnsystem von massloser Selbstdarstellung, Ämterkumulation und Verfilzung abhielt.

Umgeben von einem Geist der Bewunderung und der fortwährenden Bestätigung betrachtete Doktor Zäch sein segens- und spendenreiches Wirken zunehmend auch als Legitimation dafür, vor dem Gesetz Privilegien in Anspruch nehmen zu dürfen. Denn die grösste Gefahr für Zächs phänomenale Millionen-Spendenmaschine ist der Fleck auf der weissen Weste. Der verträgt sich nicht mit dem Bild eines Arztes, der als Wohltäter in die Geschichte eingehen möchte.

Doktor Zäch wird darum nichts unversucht lassen, die Urteile der beiden Basler Gerichtsinstanzen durch das Bundesgericht umstossen zu lassen. Das ist sein gutes Recht. Wird "Lausanne" die Rehabilitation des Arztes herbeiführen, ist sein Triumph perfekt: Dann war Zäch stärker als das Gericht, das stärker war als das Recht.

Peter Knechtli


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24. Oktober 2005

  > ECHO

"Eine Stiftung für Stiftungsvorsitzenden?"

Sollte man nicht davon ausgehen können, dass das Geld, welches die Gönner der Paraplegikerstiftung einbezahlen, den Patienten zugute kommt? Scheinbar gibt es zu wenig querschnittgelähmte Leute. Nur so kann ich mir erklären, dass Millionenbeträge in die Taschen des Stiftungspräsidenten geflossen sind. Ein guter Grund, aus diesem Verein auszutreten.

Roger Schüpbach
Basel



"Managerfallschirme sind viel teurer"

"Selbstbedienung" aus Spendengelderkassen wird von Basler Gerichten offensichtlich bestraft. Wenn sich Manager aus Kassen von Aktiengesellschaften, Beispiel ABB, mit x-fach höheren Beträgen für "goldene Fallschirme" (man sagt auch "Abfindung") bedienen lassen, ist das gemäss Zürcher Staatsanwaltschaft strafrechtlich irrelevant. Stand Zäch vielleicht vor dem "falschen" Gericht? Es wird höchst interessant sein, wie sich das Bundesgericht zu diesem Fall äussern wird.

Hans Zumstein
Itingen



"In der Strafjustiz besteht eine ziemliche Interpretationsbreite"

Zäch ist gerichtlich quasi demaskiert worden. In einem Rechtsstaat ist dies der Lauf der gerechten Dinge. Unwohl ist mir bei diesem prozessualen Vorgehen persönlich trotzdem. Warum wird einem Zäch der Prozess gemacht, den aber viel gefrässigeren und oft absolut zerstörerisch handelnden Haien im unübersehbaren Meer der Alphatiere nicht? Anders gefragt: Weshalb verbeisst sich die baselstädtische Strafjustiz derart in einen Fall, dessen tatsächliche Grössenordnung andern Orts nicht einmal die Portokasse ausmacht? Ich denke diesbezüglich nicht bloss an jene schweizerischen Bankenmanager, die sich seit Jahrzehnten als "Hüter" von Raubgeld aus der ganzen Welt mit der Folge von Hungertod, allgemeinem Elend und Analphabetismus betätigen. Ich denke auch an Leute, die mit ihrem Geld aus rein egoistischen Gründen bloss spekulativ umgehen und dabei Tausenden die Arbeitsplätze weg"rationalisieren".

Natürlich ist mir bekannt, dass schweizerische Strafgesetzte solches Verhalten nicht "erfassen". Was dieses Strafrecht erfasst und was es nicht erfasst, wird für mich bei Betrachtung der Inhalte bei Zächs Geldgeschichten eine bedenkenswerte Fragestellung. Zudem ist mir aufgefallen, dass die zweite Instanz dort, wo die erste Instanz Strafen ausgesprochen hat, teilweise Freisprüche verkündet, während sie dort, wo die erste Instanz freigesprochen hat, teilweise Strafwürdiges entdeckt hat. Daraus schliesse ich: Es besteht offensichtlich eine ziemliche Interpretationsbreite, was die laut Staatsanwaltschaft "schweren" Verfehlungen des Herrn Zäch betrifft.

Schliesslich: Zäch hat in einem Land, wo der Geld-Egoismus sowohl politisch als auch sozial verstanden weitherum die einzige Richtschnur ist, für eine Minderheit einen Lebensplatz mitgeschaffen, oft auch mit erst einmal unangenehm auffallendem Einsatz. Ich ziehe diesen Egoismus jenem eines Blocher, eines Vasella oder eines Ospel und so fort bei weitem vor.

Alois-Karl Hürlimann
Berlin



"Zäch hätte längst zurücktreten müssen"

Ein ausgezeichneter Kommentar, der ins Schwarze trifft. Herr Zäch lebt vermutlich in einer anderen Welt, völlig abgehoben. Das zeigt schon sein dünkelhafter Auftritt vor Gericht und dann der eigenartige Personenkult mit einem Buch der Lobpreisung, das womöglich auch aus Spendengeldern finanziert wurde. Wer sich derart autokratisch aufführt und nonchalant mit Spendengeldern umgeht, hätte eigentlich schon längst den vollständigen Rücktritt vollziehen müssen.

Albert Augustin
Gelterkinden



"Einiges klargestellt"

Besser kann mans nicht formulieren. Dankeschön, dass Sie da einiges klargestellt haben.

René Wetzel
Zug



POLITIKER-RATING

Politiker-Rating als Volks-Belustigung

Hallo, Walter Jermann (CVP), endlich aufwachen! Maximilian Reimann (SVP) und Jean Henri Dunant (SVP), gibts euch überhaupt noch? Christian Miesch (SVP), Stumpen jetzt weglegen und endlich arbeiten! Johannes Randegger (FDP), es ist noch nicht Rücktrittstermin zweite Dezemberwoche 2006. Caspar Baader (SVP) - und Sie wollen Bundesrat werden? Silvia Schenker (SP), Sie sind fünfmal unbeliebter im Volk als Ihre Parteikollegin Susanne Leutenegger-Oberholzer (SP), die sich zu einer wahren Volkstribunin entwickelt hat ...

Spass beiseite. Die "Basler Zeitung" hat, ganz im "Spiegel"-Stil mit Figürchen wie Zinnsoldaten auf Stimmensäulen, ein Politiker-Rating veröffentlicht. "1'400 Leser haben eine Siegerin bestimmt", heisst es da grossflächig zur Bewertung der Bundesparlamentarier vom Juranordfuss.

Was ist die Siegerin wert? Nichts. Denn "die Umfrage ist nicht repräsentativ", wie die Zeitung gleich selbst deklariert. Ich habe selbst auch eine nicht repräsentative Umfrage gestartet, die zu folgendem Ergebnis führte:

1. Claude Janiak (SP)
2. Hans-Rudolf Gysin (FDP)
3. Maya Graf (Grüne)
4. Christian Miesch (SVP)
5. Remo Gysin (SP)
6. Hans Fünfschilling (FDP)
7. Caspar Baader (SVP)
8. Sivia Schenker (SP)
9. Rudolf Rechsteiner (SP)
10. Anita Fetz (SP)
(ferner liefen)

Was sind solche Zufalls-Umfragen, die mit Mobilisierung angeheizt und mit Mehrfach-Antworten manipuliert werden können, wert? Auch nichts. Nicht einmal die repräsentativen Umfragen haben einen Wert - ausser für jene, die sie gegen Bezahlung durchführen. Ich misstraue diesen vorweg genommenen Ergebnissen abgrundtief. Die bangen Gesichter und die frappante Ratlosigkeit nach den deutschen Wahlen haben die Umfrageinstitute blamiert, die während Monaten reihenweise falsche Tendenzen als Fakten verkauften.

Solche "Rankings" bedienen nichts weiter als eine an Fakten desinteressierte Instant-Gesellschaft, die nur noch einen Kick will: Voraus-Ergebnisse - ob sie zutreffen oder nicht, ist völlig egal. Diese Gesellschaft würde ohne weiteres auch erfundene Meldungen gierig verschlingen - Hauptsache, sie konsumieren sich unterhaltsam und sie dienen der Zeit-Vernichtung.

Nun ist natürlich richtig, dass Volksvertreter öffentlich bewertet werden dürfen und bewertet werden müssen. Es kann zutreffen, dass Nationalrat Jermann als Niete erscheint, Randegger vor allem die Novartis-Interessen bedient, Silvia Schenker bisher wenig zur Reputations-Bildung unternommen hat und Baader spröde und hart wirkt. Sind sie deswegen tatsächlich Nieten? Wer ist in den Hintergrundgesprächen dabei, beim Lobbying unter vier oder mehr Augen, bei der Überzeugungsarbeit am Wirtshaustisch? Ist Anita Fetz einfach deshalb eine erfolgreiche Lobbyistin, weil sie selbst ein Communiqué mit der Betreffzeile "Erfolgreiches Lobbying von Ständerätin Fetz zur Spitzenmedizin" verschickt?

Wir Medienschaffende sind meist nicht dabei, aber nahe dran. Eine ausführliche, sorgfältige und kritische Annäherung an eine Politikerin oder einen Politiker wäre der richtige Weg und der Meinungsbildung dienlich. Beliebige Leser-"Rankings" sind mediale Publikumsbindungs- und Unterhaltungs-Tools - auf Kosten derer, die als Protagonisten herhalten müssen.

Peter Knechtli


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6. Oktober 2005

  > ECHO

"Eine etwas zu einfache Kritik an den Kritikern"

Der Kritik von Herrn Bachmann an den Kritikern des BaZ-Ratings ist wohl etwas zu einfach ausgefallen. Die Präsentation unserer Vertreter in Bern in der BaZ war nämlich längst nicht so fehlerfrei, wie es den Eindruck machte. Wesentliche Funktionen, die einzelne der beschriebenen Parlamentarier in Bern erfüllt haben oder erfüllen, und die für jede Einschätzung ihrer Arbeit gewiss sehr wichtig gewesen wären, wurden ganz einfach "vergessen", etwa bei Hans Fünfschilling. Es wurde zum Beispiel nicht gesagt, dass Hans Fünfschilling Mitglied der Finanzdelegation ist und diese sehr wichtige Kommission in der Berichtsperiode präsidiert hat. (Die Finanzdelegation gilt bekanntlich nicht nur als zeitlich aufwändigste Kommission, sondern sie ist auch das einzige derartige parlamentarische Gremium mit abschliessenden Entscheidkompetenzen). Bei einem Nationalrat wurde zudem erwähnt, dass er Vizepräsident der OSZE-Delegation sei, aber bei Hans Fünfschilling wurde nicht erwähnt, dass er sogar Präsident dieser Kommission ist. Wer also nur die BaZ las, konnte sich wegen solcher Pannen wohl nur schwerlich ein eigenes, unabhängiges Urteil als Voraussetzung für eine Wahl bilden.

Hans Fünfschilling hat mit seinem Einsatz in mehr parlamentarischen Kommissionen als alle anderen Kollegen in der Region wahrgemacht, was er im Wahlkampf versprochen hat. Er wolle dem Parlament nicht mit persönlichen Vorstössen mehr Arbeit verursachen, sondern er werde mithelfen, die hängige Arbeit zu erledigen. Das hat er getan, und das ist ihm hoch anzurechnen.

Peter Tobler
Präsident FDP Baselland
Reinach



"Das köstliche Entsetzen von Mazzotti, Messmer & Co."

Im Prinzip hat Peter Knechtli ja Recht. Man soll Umfragen misstrauen. Zum Beispiel dem Leser-/User-Feedback in Online-Foren. Mit Verlaub: Ich zähle hier bisher zwölf Wortmeldungen (inklusive den geschätzten Peter Knechtli). Im baz-Rating haben immerhin 1'400 Leute mitgemacht. Alles Deppen? Selbst wenn wir unterstellen, dass der eine oder andere die technischen Barrieren überhüpft oder seine Grossmutter zur digitalen Stimmabgabe mobilisiert hat - das Resultat ist in der Summe gewiss weniger trügerisch als das köstliche Entsetzen von Mazzotti, Messmer & Co., das uns unbeleckt jeder Detailkenntnis in OnlineReports entgegen schwabbert. Den Unterschied macht womöglich der Umstand, dass baz-LeserInnen die baz auch wirklich lesen, bevor sie ihren Senf abgeben. Das Leser-Rating war nämlich der Abschluss einer mehrteiligen baz-Serie zur Halbzeitbilanz unserer Nordwestschweizer Parlamentarier. 

Wenn Peter Knechtli also festhält, "eine ausführliche, sorgfältige und kritische Annäherung an eine Politikerin oder einen Politiker wäre der richtige Weg und der Meinungsbildung dienlich", so spricht er mir aus dem Herzen und umschreibt exakt, was unser Schweiz-Ressort vor diesem Leser-Votum in aller Ausführlichkeit und in erfreulich kritischer Haltung getan hat.

Ivo Bachmann
Chefredaktor "Basler Zeitung"
Basel



"Mich hat der Podest-Platz gefreut"

Ob die Siegerin nun etwas wert ist oder nicht, wie Peter Knechtli meint, gefreut hat mich der Podest-Platz der Leserinnen und Leser trotzdem. Und das vor allem aus einem Grund: Da ich derzeit familiär mit Krankheitsfällen absorbiert bin, hatte ich von der Befragung gar keine Kenntnis genommen und schon gar nichts organisiert. Umso erstaunter war ich dann über den Spitzenplatz.

Und zum Kommentar im Online-Report: So viel Emotionalität, wenn's nichts wert ist, und nur weil nicht die oder der "Richtige" an der Spitze sind, erstaunt da schon etwas.

Susanne Leutenegger-Oberholzer
Muttenz



"Zuviel 'Deutschland' gesoffen?"

Der ganze Medienrummel vor und nach den kürzlichen Bundestagswahlen in Deutschland hat eines ganz klar gezeigt: Die Medien berichten nicht mehr darüber, was ist, und auch nicht darüber, was die Bevölkerung eigentlich denkt und erwartet. Vielmehr haben die Medien abgehoben und vor allem darüber berichtet, was sie selbst glaubten, dass sein müsse.

Nun könnte man noch hoffen, die BaZ habe daraus gelernt und wolle wieder das Ohr am Volk haben. Das wäre ja schön. Aber eine methodisch so fragwürdige und technisch so lächerliche Umfrage lässt kaum auf den angesprochenen Lerneffekt hoffen. Deshalb unterstelle ich einmal ganz kalt, dass die BaZ in raffiniert kaschierter Form das irrige Spiel der deutschen Medien für sich bei uns weitergespielt hat. Und bis zum allfälligen Beweis des Gegenteils freue ich mich an den schönen Herbsttagen.

Rudolf Mohler
Oberwil



"Es gibt ein günstiges Hilfsmittel"

Gegen den neusten BaZ-illus gibt es ein uraltes günstiges Heilmittel, bei dem Sie weder Arzt noch Apotheker fragen müssen. Ganz einfach AB-bestellen!

Bruno Mazzotti
Riehen



"Diese Art Umfragen ärgert"

Diesem Kommentar bzw. dieser Wertung ist einfach nichts mehr hinzuzufügen. Sie entspricht ganz und gar meiner persönllichen Einschätzung - und meinem Ärger nicht nur über diese, sondern auch die sonstigen Online-Umfragen der BaZ zu allen möglichen, mehr oder weniger weltbewegenden Tagesfragen. Jede Stimme zählt? Meine jedenfalls nicht - weil ich sie einfach nicht abgebe!

Gisela Traub
Basel



"Man wird offenbar bescheiden in den Ansprüchen"

"Wir als Zeitungsmacher fühlen uns durch die Resonanz der Leserumfrage als politisches Medium bestätigt", schreibt Benedikt Vogel in seinem heutigen BaZ-Tageskommentar. Na ja. 1'400 Nennungen (davon, wie wir wissen, auch mehrere durch die gleiche Person) bei 210'000 Lesern (laut Wemf), das macht 0.66 Prozent. Der Kommentar nennt das eine "überwältigende Teilnahme". Man wird offenbar auch hier bescheiden in den Ansprüchen.

Balz Engler
Basel



"Zu viele Belanglosigkeiten"

Da ich zwar nur eben in Berlin sitze, wo eine BaZ aber trotzdem nicht ohne weiteres aufzufinden ist, und wenn schon, dann meistens eine veraltete, gestrige, bekomme ich über Ihren wunderschönen Ranking-Artikel eine weitere nachträgliche Begründung dafür geliefert, dass ich das BaZ-Abo nicht mehr erneuert habe. Der Belanglosigkeiten sind es nun einfach zu viele geworden.

Alois-Karl Hürlimann
Berlin

"Nach dem wonnigen Schritt zum authentischen Journalismus ..."

Peter Knechtli trifft den Punkt, wenn er sagt: "Solche Rankings bedienen nichts weiter als eine an Fakten desinteressierte Instant-Gesellschaft, ...". Traurig, aber wahr. Schlimmer ist, dass die BaZ, nach einem wonnigen Schritt hin zu authentischem Journalismus, nun offenkundig keine Hemmung hat, sich als eine an Fakten desinteressierte Zeitung zu outen. Das ist nicht mehr nur traurig, das ist ein Skandal!

Patric C. Friedlin
Basel



"Mein Favorit erhielt von mir drei Stimmen"

Sie geben die korrekte Antwort! Mein erster Gedanke beim BaZ-Aufruf zur Teilnahme an diesem Ranking: Ist das tatsächlich das neue BaZ-Niveau, das uns schon lange "verkauft" wurde. Statt fundiertem Inhalt werden Säulen mit Figürchen präsentiert. Und ich kann es ja gestehen: Mein Favorit erhielt von mir drei Stimmen, die wegen unterschiedlicher IP-Adressen auch sicher gezählt wurden. Soviel zum Thema "Umfrage".

Erwin Schönholzer
Basel



"Das ist nichts als Showtime"

Ich habe gestern die Geschichte kurz überflogen und heute ebenso kurz einen Blick aufs Treppchen geworfen. Das ist nichts als Showtime. Ich bin insofern verärgert, als ich für diesen Mist auch noch Abogebühren bezahlen muss. Was will man uns damit sagen? Was sollen wir Leser mit diesem Infotainment anfangen? Warum wird bei den knappen Redaktionsmitteln für eine solche Sache derart viel Manpower verpulvert? An wen richtet sich diese Information - an politisch uninteressierte Nichtleser oder an die verlorenen 10'000? Da bringt mir das Interview im Tagi mit Bundesrat Merz einiges mehr. Verzichte auf ein eigenes Ranking.

Manfred Messmer
Basel



"Gefragt wären Inhalte und kompetente Arbeit"

Kompliment für die mutige und kritische "Medienschelte". Obwohl meine freisinnigen Kollegen bei der BaZ-Manipulations-Umfrage nicht so schlecht abgeschnitten haben, stelle ich mir die Frage über den Wert solcher Umfragen. Nicht Inhalte und kompetente Arbeit sind gefragt, sondern subjektiv gefärbte Medientauglichkeit. Resultate und beschwichtigende Aussagen aus dem BaZ-Artikel sind so Wischiwaschi und nicht greifbar wie dies der Politik oft vorgeworfen wird. Dass sich die BaZ durch die "hohe" Zahl von 1'400 Teilnehmenden als politisches Medium bestätigt fühlt, mag ich ihr gönnen. Aber das kann’s wohl noch nicht gewesen sein. Ich als Leser habe einen höheren Anspruch an die Medienschaffenden. Wählerinnen und Wähler hoffentlich auch.

Michael Herrmann
Vizepräsident FDP Baselland
Gelterkinden



"Politiker vom Big Brother-Wahn eingeholt?"

Bravo Peter Knechtli. Ihre Aussagen sind die Realität und können nur unterstützt werden. Ich habe mich selber auch gefragt, ob unsere Politiker nun auch vom "Big Brother- bzw. Starsearchwahn" eingeholt wurden.

Jan Walder
Basel



BASELBIETER HANFGESETZ

Das Ende des Zickzack-Kurses

Dass die Baselbieter Justiz- und Polizeidirektorin Sabine Pegoraro den Ausgang der Abstimmung über das Hanfgesetz "erfreut" zur Kenntnis nahm, ist verständlich: Über 67 Prozent der Stimmenden billigten ein Paragrafenwerk, das den Verkauf von Hanfprodukten verbietet, die als Betäubungsmittel eingesetzt werden können. Das Gesetz ist eine Folge der Hanfläden, die vor einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden schossen - auch im Einzugsbereich von Schulhäusern.

Mit der Gesetzesvorlage zog die Regierung die Notbremse: Es war die Reaktion darauf, dass Schüler gleich scharenweise bekifft in die Schulstunde schlenderten und Hanfwolken immer mehr Bereiche des öffentlichen Lebens einnebelten. Dass der völlig enthemmte Cannabis-Konsum selbst durch Primarschüler auch Beobachtern ins Auge stach, die dessen Entkriminalisierung positiv gegenüber stehen, ist unbestritten.

Aber ein Gesetz, das Hanfanbau von über zehn Pflanzen melde- und kontrollpflichtig macht und somit vor allem die Hanfladen-Inflation im Visier hat, kann nicht mehr als eine letzten, verzweifelten Versuch staatlichen Handelns betrachtet werden, gesellschaftliche Probleme zu lösen: Es ist das Zeichen einer gemeinschaftlichen Überforderung, nachdem alle Appelle an selbstverantwortlichen Umgang mit Cannabis nicht zum gewünschten Erfolg führten, sondern das Gegenteil bewirkten: Immer unverfrorener glaubten insbesondere Jugendliche, mit einer "Tüte" durch die Welt spazieren zu müssen.

Dieses Gesetz ist aber auch Ausdruck eines beispiellosen behördlichen Zickzack-Kurses: Da plädierten Chefärzte zu Recht für einen liberalen Umgang mit dem Wirkstoff THC bei gesundheitlich-therapeutischer Anwendung, da rangen sich selbst SVP-Politiker zu einer Liberalisierung des Cannabis-Konsums durch ("was ist schon so ein Jointli?") - und dann legt die Regierung ein Gesetz vor, das den zügellosen Hanf-Handel bändigt. Woran sollen sich Eltern bei derart extrem wechselnden drogenpolitischen Grosswetterlagen bei der Erziehung ihrer Kinder noch halten?

Das Gesetz vermittelt ambivalente Gefühle: Einerseits führt es in der Tat, womit insbesondere die Jung-Parteien ihre Nein-Parole begründeten, zu einer - beschränkten - Aufblähung des bürokratischen Apparats. Zudem kann das Entstehen von Schwarzmärkten und das Ausweichen der Konsumierenden in andere Kantone nur auf eidgenössischer Ebene gelöst werden. Zum andern hat schon die Gesetzesberatung Hoffnung auf beschränkte Wirkung entfaltet: Das enthemmte Paffen in Bahnwagen, Restaurants und Einkaufsstrassen hat merklich nachgelassen. Der Illusion, dass deswegen im Baselbiet insgesamt weniger gekifft wird, sollten wir uns allerdings nicht hingeben.

Peter Knechtli


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25. September 2005

  > ECHO

"Cannabis kann die Gesundheit von Jugendlichen ruinieren"

Es ist tatsächlich so, wie im Kommentar festgestellt wurde, je weniger dem bestehenden Gesetz Nachachtung verschafft wurde, desto frecher wurden die Händler und die Konsumenten. Das ist überall und immer so. Wir brauchen Gesetze als Leitplanken, und wer sich nicht daran hält, muss bestraft werden. Die Schäden, die durch Cannabiskonsum im frühen Jugendalter verursacht werden, sind immens. Der Steuerzahler darf sie bezahlen, die Mafia freuts. Im Gegensatz zum herkömmlichen Medienbild sind Hanfhändler und Produzenten keine netten und weltfremden Idealisten, sondern gehören einer internationalen Mafia an, die gut vernetzt ist. Das hat die Aushebung der Produktionsstätten im Tessin gezeigt, obwohl der "Arzt" Nussbaumer vor Gericht, Gott sei Dank erfolglos, die Rolle als Retter der Menschheit spielen wollte. (Artikel über die Drogensituation im Tessin können bei mir bezogen werden.) Im übrigen läuft schon lang ein wissenschaftlicher Versuch mit THC als Heilmittel. Er muss bei der Swiss Medic eingereicht werden. Bis jetzt habe ich noch nichts von umwerfenden Resultaten gehört. Cannabis ist und bleibt eine Droge, die die Gesundheit besonders von Jugendlichen für immer ruinieren kann.

Alexandra Nogawa
Basel



BASLER BÜRGERRATSWAHLEN

Herr Herzig (SVP), Sie waren der Matchmaker!

Die Wahl-Mechanik in Basel wiederholt sich: Die Linke eilt von Sieg zu Sieg - schöner könnte sich SP-Kantonalpräsident Beat Jans seinen Rücktritt gar nicht vorstellen. Er geht - gemessen an Mandatsgewinnen - als einer der erfolgreichsten Polit-Präsidenten in die Basler Parteiengeschichte ein. Keine Frage: Was sich gestern Dienstagnachmittag im Basler Stadthaus abspielte, war eine kleine Revolution: In der Exekutive der Basler Bürgergemeinde haben die bürgerlichen Parteien ihre traditionelle Mehrheit verloren. Die SP mit drei Sitzen und die DSP mit einem Sitz bilden nun eine theoretische Mitte-links-Mehrheit im siebenköpfigen Bürgerrat.

Das Ergebnis ist schmerzlich für die bürgerlichen Parteien: Sie mussten, nach den Ständeratswahlen von 2003 und den Grossrats- und Regierungsratswahlen, erneut eine schmerzliche Schlappe einstecken. Die Freisinnigen haben mit Christophe Haller sogar, was in der Bürgergemeinde Seltenheitswert hat, die Abwahl eines amtierenden Bürgerrats zu beklagen.

Doch machen wir uns nichts vor: Der markante Linksrutsch hat mindestens teilweise eine künstliche - oder deutlicher: eine sträflich fahrlässige - Ursache, die mehr als einen Tag Schandbank verdient: Weil ausgerechnet SVP-Vertreter Oskar Herzig an der Wahlsitzung fehlte, kam es nicht nur zum historischen Wechsel der Mehrheitsverhältnisse, Herzigs Absenz vermieste auch noch der eigenen Partei den Einzug in den Bürgerrat. Wäre es mit Herzigs Präsenz zum Patt von 20 zu 20 Stimmen gekommen, hätte ein weiterer Wahlgang oder das Los entschieden. Mit seiner Absenz wurde er zum Matchmaker. Die SP müsste Herrn Herzig unverzüglich ein sozialistisches Rosen-Bouquet zukommen lassen.

Dabei wurde die SVP nicht müde, bürgerliche Wahl- und Abstimmungsschlappen mit ihrer Isolation von den drei klassischen Parteien FDP, LDP und CVP zu erklären und sich als Erfolgs-Garantin für bürgerliche Mehrheiten anzubieten. Und jetzt, da es erstmals seit den Ständeratswahlen wieder zu einem bürgerlich-taktischen Schulterschluss mit der Blocher-Partei kam, war es ein abwesender SVP-Parlamentarier, der das krachende Desaster verursachte. Dieser schier unglaubliche Flop dürfte das Vertrauen der bürgerlichen Strategen in die Allianz-Fähigkeit der SVP kaum stärken. Da nützen alle billigen Ablenkungs-Versuche nichts, der SP nun Macht- und Raffgier vorzuwerfen: Was sich im Stadthaus ereignete, spiegelte zumindest eher die realen politischen Kultur- und Kräfteverhältnisse als sie in der vergangenen Legislatur herrschten - mit einer einzigen SP-Frau im siebenköpfigen Bürgerrat.

Es wäre aber falsch, aus dem Linksrutsch zu schliessen, in der Bürgergemeinde mache sich in den nächsten sechs Jahren der Sozialismus breit: Die SP verfügt über keine Mehrheit in der Bürger-Regierung. Zwar hat die Rechte eine erfolglose Allianz mit der SVP geschlossen und die Linke eine erfolgreiche mit der von den Bürgerlichen verschmähten DSP. Doch verlässlich ist auch die rein taktische Mitte-links-Absprache nicht: DSP-Bürgerrat Felix Eymann, mit Hilfe von SP und Grünen gewählt, ist nun einmal kein ausgebuffter Linker, auch wenn ihn offenbar gewisse bürgerliche Strategen im Bürgerrat à tout prix verhindern wollten. Er wird das Zünglein an der Waage spielen, auch von der bürgerlichen Minderheit stark umworben werden und nicht einfach linker Mehrheitsbeschaffer sein.

Für die drei Vorsitzenden der bürgerlichen Parteien ist die neuerliche Flop mit dem SVP-Schulterschluss besonders bitter. Aus ihrer Basis werden sie nun wohl einiges zu hören bekommen. Selbstkritische Reflexion ist jetzt nötiger denn je. Denn letztlich sind FDP, Liberale und CVP gefangen in einem verzweifelten Überlebenskampf. Zu viele Parteien ihres Spektrums ringen um eine schrumpfende Wählerschaft. Eine Einbindung der starken SVP führt aber bestenfalls zur Nivellierung statt zur Ausbildung der Profile. Hier liegt das wahre Problem der bürgerlichen Parteien - und nicht in den Pampers der Wahlwerbung.

Peter Knechtli


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7. September 2005

  > ECHO

"Wurde die bürgerliche Allianz von der SVP übernommen?"

Interessant, die Denkschemen von Herrn Thüring und Frau Zanolari. "Dank funktionierender Zusammenarbeit", bei 50 Prozent der Stimmen, die Wahl verloren. Bisher wertete ich solch doch recht unübliche Statements aus der Basler SVP stets als Aktivum der bürgerlichen Allianz aus CVP, FDP, LDP. Doch nun kommt das in unserem Namen daher! Frau Iselin, Herr Lehmann, Herr Schweizer - hätten Sie die Gnade kund zu tun, ob die bürgerliche Allianz autonomer Partner nur drei Monate nach ihrer Errichtung Opfer einer feindlichen Übernahme seitens von Herrn Thüring, Frau Zanolari & Cie. wurde?

Patric C. Friedlin
Basel



"Die bürgerliche Zusammenarbeit hat funktioniert"

Die immer wieder despektierlichen Kommentare der Medienvertreter zur bürgerlichen Zusammenarbeit sind unhaltbar. Tatsache ist, das Volk hat gewählt und dies gilt es zu respektieren. Seit den Nationalratswahlen wird die Linke von Wahlen zu Wahlen gestärkt. Ein Grund dafür ist auch die Bevölkerungsentwicklung in Basel-Stadt. Kein Medienvertreter analysiert, weshalb die SVP Baselland bei den letzten Wahlen zur stärksten Kraft wurde und vermutlich bei den nächsten Wahlen weiter zulegen wird. Ungenügende Schulen, zu hohe Steuern, Gebühren und Abgaben, Dreck, wohin man schaut, und eine Schickaniererei des Autofahrers veranlassen bürgerliche Wähler zum Verlassen der Stadt Basel. Keiner der Medienvertreter analysiert die vielen Einbürgerungen und die erstaunlich hohe Zahl von gewählten Migrantinnen und Migranten, welche links wählen und auch schon zur Abwahl von linken Mandatsträgern geführt hat.

Das Positive an diesem unseligen Dienstag im Bürgergemeindrat ist die Feststellung, dass die bürgerliche Zusammenarbeit funktioniert hat. Verständlich, dass die mehrheitlich auf links getrimmten Medien diese Tatsache nicht wahrhaben wollen. Eine geschlossene bürgerliche Zusammenarbeit wird von den Medien gar nicht goutiert. Damit würde sich nämlich das Blatt zu Gunsten der Bürgerlichen wenden.

Angelika Zanolari
Präsidentin Basler SVP
Basel



"SVP zeigt, wie zuverlässig sie ist"

Peter Knechtli trifft mit seiner Analyse den Nagel auf den Kopf. Es scheint, dass die Spitzen der bürgerlichen Parteien, nicht nur mit Blindheit, sondern sogar mit Dummheit geschlagen sind.

Da ist das Debakel mit der Ständeratswahl noch nicht ausgestanden, verstehen es die bürgerlichen Führungskräfte nicht, mit einer überzeugenden Kandidatin und einem entsprechenden Wahlkampf, die bürgerliche Mehrheit im Regierungsrat zu halten. Dafür regiert jetzt ein grüner Allgemeinarzt im Justizdepartement und versucht sich auch noch als "Aussenminister". Die linke Historikern verteilt schon als zukünftige Finanzchefin die Goldmillionen, bevor diese in der Kasse sind, ans notleidende Staatspersonal. Und bei dieser Ausgangslage kommt den bürgerlichen Parteispitzen die Wunderidee, das Wahlglück mit der viel geschmähten SVP zu versuchen.

Offenbar haben noch nicht alle Bürgerlichen begriffen, was den Wahlerfolg der SVP ausmacht. Es sind nicht so genannt bürgerliche Wähler, sondern Wähler, die mit der bestehenden (Un-)Ordnung nicht zufrieden sind. Ich behaupte, dass die wenigsten SVP-Wähler das Parteiprogramm und die Ziele der SVP Führer kennen.

Wie zuverlässig die Exponenten der SVP sind, zeigt die Abwesenheit von Oskar Herzig und damit die Nutzlosigkeit, zu meinen, mit dieser Partei könne die bürgerliche Mehrheit gerettet werden.

Bruno Honold
Basel



KMU-INITIATIVEN

Die Bürokratie stand
sich selbst auf den Füssen

Es war wie eine wundersame Fügung: Kaum hatte sich der Baselbieter FDP-Nationalrat Hans Rudolf Gysin als Ständeratskandidat und "Integrationsfigur" ins Spiel gebracht, erwies ihm das Volk die Referenz: Mit einer Deutlichkeit, die ihresgleichen sucht, stimmte das Baselbiet einer Gesetzes- und einer Verfassungsinitiative zu, die - grob zusammengefasst - die kleinen und mittleren Unternehmen von Papierkram und Schlangestehen vor Amts-Schaltern entlasten sollen.

Dass der Direktor der Wirtschaftskammer Baselland schon immer ein Flair für das "gesunde Volksempfinden" hatte, ist nichts Neues. Neu ist aber - wie das jüngste Abstimmungsergebnis belegt -, dass er nicht nur seine rechte und bürgerliche Klientel bedient, sondern dass er ein Unbehagen aufnimmt, das fast die ganze Bevölkerung teilt und das weit über den KMU-Bereich hinaus geht: Formular-Krieg, Amtsschimmel und Papierberge, die sich wie von selbst erneuern. Wenn staatliche Bürokratie mit ein Grund ist, dass strampelnde Kleinunternehmen den Überlebenskampf nicht schaffen, dann ist Alarm-Grund gegeben. Das haben auch die Grünen begriffen, die - ein bemerkenswertes politisches Novum - erstmals in ihrer Geschichte zu Gysin-Initiativen die Ja-Parole ausgegeben haben.

Der Gross-Erfolg der beiden Volksbegehren darf deshalb als Beleg einer weit verbreiteten Ablehnung staatlicher Formular-Begeisterung gewertet werden. Es braucht wenig Fantasie zur Annahme, dass die nun dokumentierte hohe Popularität des Bürokratie-Stopps auch andere Kantone dazu beflügelt, der anti-bürokratischen Baselbieter Proklamation zu folgen. Doch auch damit nicht genug: Gysin selbst will jetzt auf Bundesebene Remedur schaffen.

Dabei dürfte er sogar weiterhin auf die Unterstützung der Baselbieter Regierung zählen können, die schon die beiden kantonalen Initiativen zur Annahme empfohlen hat. Nur muss die Frage erlaubt sein, weshalb es Gysin brauchte, um eine KMU-freundlichere Politik zu fordern - und vor allem: Weshalb kam die klar dominant bürgerliche Regierung nicht selbst auf die Idee? War es fehlende Nähe zur KMU-Basis, war es fehlende Kreativität - oder gar beides? Offenbar steht sich die Bürokratie zuweilen selbst auf den Füssen.

Sicher ist heute schon, dass das klare Votum des Volkes dem Baselbiet zu einem Standortvorteil für KMUs verschafft - noch besser, wenn der moderne Halbkanton sein Formularwesen auch Privaten gegenüber noch stärker optimiert. Allerdings sind auch die Bedenken der SP aufzunehmen: Der Bürokratie-Stopp darf nicht als Legitimation für Wildwuchs im Bauen und Rückschritt im Umweltschutz herangezogen werden. Denn auch berechtigte ökologische Anliegen und eine nachhaltige Gewerbe-Politik sind ohne Zweifel langfristige Standortvorteile.

Peter Knechtli


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5. Juni 2005

  > ECHO

"Noch weitere Projekte könnten vereinfacht werden"

Dass wir viel zu viele Gesetze haben gehe ich mit Hans Rudolf Gysin völlig einig. Der grosse Erfolg der KMU - Initiativen am letzten Wochenende hat gezeigt, dass beim Volk ein grosses Bedürfnis nach einer Vereinfachung von administrativen Abläufen besteht.

Es gibt noch weitere Projekte auch auf Bundesebene welche vereinfacht werden könnten. Ich denke da an eine Vereinfachung der Steuererklärung (Flattax). Das schweizerische Steuersystem ist geprägt durch 26 kantonale Steuergesetze, einem Bundessteuergesetz und einer für Normalbürger nicht mehr überblickbaren Fülle von Verordnungen und Weisungen. Diese Flut unterschiedlicher Regeln sowie die daraus entstehende Kompliziertheit führen dazu, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger ungerecht behandelt fühlen.

Ein weiterer Schritt wäre eine Schulharmonisierung. Mit einer Bildungsoffensive könnten die Lehrpläne aller Schulstufen harmonisiert werden. Unterrichtsmaterial und Lernziele sollten in der ganzen Schweiz identisch sein. Es könnten einheitliche Bewertungssysteme (Noten) für alle Schülerinnen und Schüler und eine Qualitätssicherung eingeführt werden.

Die Hochpreisinsel Schweiz ist in aller Munde. Jährlich gehen den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten aufgrund von Importbeschränkungen, geschlossenen Märkten, immer noch vorhandenen Kartellen und Monopolen Milliarden Franken an Kaufkraft verloren. Diese Phänomene schützen zwar die Gewinne von Händlern und marktmächtigen Unternehmen, bestrafen aber die Konsumentinnen und Konsumenten.

Die FDP Schweiz hat diese Themen in ihrer Aktion "Avenir radical" anlässlich einer Landsgemeinde in Stans öffentlich präsentiert. Es ist zu hoffen, dass es noch mehr Gysins gibt, welche diese Projekte mit vollem Elan auch in die Tat umsetzen werden!

Heinz Jäggi
Buus



GYMNASIUM LIESTAL

Schmid-Besuch: Beide Seiten begingen Fehler

Es geschah vor gut einer Woche am Gymnasium Liestal. Ein Schüler versuchte Reporterlis zu spielen - und lief in den Hammer der Schulleitung. Er hatte in einem anonymen Flugblatt ("Liestaler Landbote") Rektor Guy Kempfert scharf angegriffen, weil er Bundespräsident Samuel Schmid unter beträchtlichem Medienaufgebot in seine eigene Wahlkursklasse eingeladen hatte, während sämtliche anderen Gymnasiasten das Nachsehen hatten. Im Kern, so die Botschaft, sei es dem Rektor nur um eine "mediale Selbstinszenierung" gegangen.

Die Kritik an Kempfert, die OnlineReports publik machte, blieb nicht lange im Raum: Umgehend - nach einer Unterredung mit der Schulleitung - widerrief der Schüler unter Preisgabe seiner Identität den Inhalt des Flugblatts und erklärte darin die Angelegenheit für erledigt. Rektor Kempfert überliess die "Richtigstellung" also dem Schüler, auf die Fragen von OnlineReports reagierte er nicht.

Nun ist Guy Kempfert nicht ein Durchschnitts-Rektor, sondern ein sehr initiativer, ein sehr fähiger und ein durchaus nicht öffentlichkeitsscheuer Schulleiter. Tu Gutes und sprich darüber, scheint sein Motto zu sein. Sein Gymnasium hat einen ausgezeichneten Ruf. Seine Arbeit verdient unseren Respekt.

Doch beim Schmid-Besuch hat Kempfert geschnitzert. Es kann nicht angehen, dass der Bundespräsident eine Schule besucht und sich einer Klasse - jener des Rektors - stellt, während der Rest der Schülerinnen und Schüler davon kaum weiss oder sich gar fragen musste, was die Limousine und die dunkel gekleideten Herren vor dem Gymnasium sollen. Ob auch der gesamte Lehrkörper und die Baselbieter Kantonsregierung über den Schmid-Besuch hinreichend informiert waren, muss im Moment offen bleiben.

Nun darf nicht unerwähnt bleiben, dass der "Landbote"-Autor böse Fehler gemacht hat: Er griff Kempfert, erstens, anonym und, zweitens, nicht nur sachlich an, sondern in einer Weise, die umgehend zur Strafanzeige wegen Persönlichkeitsschutz-Verletzung hätte führen können. Anonyme Angriffe sind in unserer Diskurs-Kultur feige. Und als "ironisches Pamphlet" lässt sich ein Flugblatt in der Tonart des "Landboten" nicht beschönigen. Das ist das Eine.

Es gibt aber auch das Andere. So verunglückt Form und Inhalt des "Landboten" waren, so zumindest diskutabel dürfte der nicht persönlichkeitsverletztende Kern der Botschaft sein. Der Autor drückte aus, was hinterher andere dachten. Offenbar liess der Rektor den "Landbote"-Verfasser mitten aus einer Unterrichtsstunde allein vor einer Schulleitungs-Runde vortraben, um ihm auch eine Lektion in Strafrecht zu erteilen und ihn zum öffentlichen Widerruf des "Landboten" zu verpflichten.

Angelegenheit erledigt? Keine Frage, der Schüler hat eine deutliche Warnung verdient. Aber der gewählte Lösungsweg ist äusserst unbefriedigend: Die Schulleitung schweigt zu einer Frage, die - wie der Schmid-Besuch selbst - von öffentlichem Interesse ist. Guy Kempfert sollte jetzt nicht nur Eloquenz, sondern Kommunikationsfähigkeit beweisen. Das sind zwei verschiedene paar Schuhe. Ein Rektor, der seiner öffentlichen Schule viel Gutes angedeihen lässt und positives Medien-Rendement geniesst, sollte jetzt, da einmal ein Windchen weht, die Umstände des schon fast konspirativen Schmid-Besuchs erklären, statt auf stumm zu schalten.

Geschätzter Herr Kempfert, treten Sie aus der unheimlichen Stille. Leben Sie aktive Kommunikation vor. OnlineReports bietet Ihnen hiermit als Gast-Autor umfassend Raum für Ihre persönliche Darstellung an.

Peter Knechtli


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29. Mai 2005

  > ECHO

"Jetzt sitzen Sie selber auf der Verliererseite"

Sie irren! Ein einzelner Schüler gegen den "Rest der Welt" (sprich Schule). So geht das nicht! Er sollte sich vorher sich überlegen, was er tut und was sein Tun bewirken kann. Weder die Schule noch der Rektor haben es verdient (und nötig), sich zu rechtfertigen. Weil es nicht zu rechtfertigen gibt. Ihre Berichterstattung war viel zu wenig recherchiert. Jetzt sitzen Sie halt (leider) selber auf der Verliererseite. Schade, das Sie mit so wenig Fingerspitzengefühl an das Thema (sofern es überhaupt eines ist) herangegangen sind. Boulevard haben wir ja doch schon genug.

Walter Christen
Langenbruck



BASLER BÜRGERGEMEINDE

"Die Basler Bürgergemeinde."
Wie bitte?

Es gibt in Basel Institutionen, die schon jede Beisitzer-Mutation wie ein Weltereignis vermelden. Es gibt aber auch wichtige Institutionen, die sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit wirken - und die Distanz zu ihr vielleicht auch bewusst suchen. Zur ihr gehört die Basler Bürgergemeinde. Mit ihrer Arbeit in den Bereichen Soziales und Gesundheit, den Einbürgerungen, der Aufsicht über die mächtige Christoph Merian Stiftung, Zünfte und Gesellschaften übt sie eine Funktion aus, die tatsächlich "alle etwas angeht", wie ein Wahl-Slogan in Erinnerung ruft.

Doch die Bürgergemeinde ist im öffentlichen Bewusstsein ein Nobody. Stünden nicht alle sechs Jahre Wahlen an - sie würde nicht einmal von einer Minderheit der politisch sensiblen Bevölkerung zur Kenntnis genommen. Die Bürgergemeinde ist faktisch eine Geschlossene Gesellschaft.

Dabei kommt es sowohl in der Regierung wie im Parlament der Bürgergemeinde zu Auseinandersetzungen bis hin zur faktischen Oppositionspolitik, die sich gemessen an der Heftigkeit mit jenen in Kantonsregierung und Grossem Rat durchaus messen lassen. Trotz ehren- und nebenamtlicher Tätigkeit von Exekutive und Legislative dürfen sich Leistung und Struktur der Bürgergemeinde ohne Scham sehen lassen.

Wenn nun ab er führende Exponenten der Bürgergemeinde die sinkende Bereitschaft von Stadtbürgern beklagen, insbesondere in der Exekutive einen Dritteltags-Job zu 8'000 Franken im Jahr zu leisten, dann müsste sie sich ungeschminkt die Frage stellen, was sie zur verstärkten Wahrnehmung und Transparenz ihrer Institution beigetragen hat. Es reicht heute nicht mehr aus, zu warten, bis sich beispielsweise Journalisten um die Traktandenliste kümmern. Auch eine Website, und sei sie noch so informativ, muss beworben werden, wenn sie öffentliche Wirkung erzielen will.

Dass in den vergangenen Jahren ein reger Austausch zwischen Bürgergemeinde und Medienschaffenden stattgefunden hat oder zumindest eine Begegnung zur Abklärung der gegenseitigen Bedürfnisse, ist dem Schreibenden nicht bekannt. Diesbezüglich ist der Grosse Rat dem Bürgergemeinderat um Nasenlängen voraus. Er fördert mit spürbarem Goodwill die Medienarbeit, indem er besseren Zugang zu Personen, Geschäften, Traktanden und Sitzungen ermöglicht. Die Folgen werden nicht ausbleiben.

Auch die Bürgergemeinde sollte auf parlamentarischer wie exekutiver Ebene der grossrätlichen Offensive folgen. Nicht jede Agenda des 40-köpfigen Parlaments hat öffentliche Relevanz. Aber immer wieder kommt es zu Geschäften, die im sich verschärfenden Wettbewerb um medien-öffentliche Relevanz eine berechtigte Chance haben. Diesen Gedanken sollten auch die Fraktionen sensibler als bisher verfolgen und eine eigene Medienstrategie entwerfen. Zahlreiche Formen, Möglichkeiten und Instrumente, die politische Arbeit ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu prägen, sind vorhanden. Nur sollten sie nicht weiter brach liegen.

Peter Knechtli


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24. Mai 2005


BASLER ABSTIMMUNGEN

Ein Triumph für die Basler Regierung

Die Basler Regierung darf mit Fug und Recht die Korken knallen lassen: Was sie heute Sonntag erlebte, ist ein Triumph, der sich so nicht allzu bald wiederholen wird. Alle vier heiss umstrittenen Abstimmungsvorlagen hiess das Volk mit unterschiedlicher, aber klarer Deutlichkeit gut: Die BVB-Reform und das Gesetz über den öffentlichen Verkehr, das Gastgewerbegesetz und die Zonenplanänderung im Bereich der "Erlenmatt" (ehemaliges "DB-Areal").

Der Ausgang des Urnengang ist überraschend und konnte in dieser Klarheit kaum vorausgesagt werden: Ging es nach der veröffentlichten Meinung, hätte gut und gern eine oder mehrere Vorlagen scheitern können.

Das Volk zeigte sich indes kompromisslos erneuerungs- und reformfreudig wie schon lange nicht mehr. Obwohl es im Vorfeld der Abstimmungen öfters so klang, sind die Ergebnisse allesamt keine Katastrophe. Die deliberalisierte "Polizeistunde light" ist eine ausgewogene Regelung von zwei Ansprüchen, die sich nicht ohne Einbussen in Einklang bringen lassen: Das Ruhebedürfnis der städtischen Wohnbevölkerung und das Aktionsbedürfnis der Kulturschaffenden im urbanen Raum. Hier muss von den entscheidenden Ämtern viel Fingerspitzengefühl erwartet werden; eine moderate Unzufriedenheit beider Lager wäre wohl etwa das richtige Mass zur Erhaltung einer lebendigen Kulturstadt.

Auch die BVB-Reform und das ÖV-Gesetz öffnen nicht die Schleusen für eine baldige Privatisierung der staatlichen Basler Verkehrsbetriebe (BVB). Vielmehr bieten die Paragrafenwerke die Grundlage für grössere betriebswirtschaftliche Flexibilität in einer veränderten Grosswetterlage. SP-Regierungsrat Ralph Lewin hat mehrmals fast mit seinem Ehrenwort beteuert, dass - auch nicht hintergründig - eine BVB-Privatisierung aus den Gesetzen nicht abgeleitet werden könne und dürfe. Dies hat die Bevölkerung so verstanden - und die Regierung wird gegebenen falls auf das Versprechen zu behaften sein.

Am erstaunlichsten ist das klare Ja der Basler zur Zonenplanänderung "Erlenmatt" und Baudirektorin Barbara Schneider wird in den kommenden Nächten wohl besser schlafen als während des Abstimmungskampfes. Die Gegner der derzeit grössten Wohn- und Gewerbeüberbauung in Basel-Stadt brachten zum Teil bedenkenswerte finanzielle und städtebauliche Argumente in die Debatte ein. Aber sie kamen zu spät. Behauptungen und Gegenbehauptungen wirkten im Abstimmungskampf verwirrend. Welche Argumente historisch richtig sind, wird sich erst zehn oder zwanzig Jahren zeigen: Wenn die "Erlenmatt" die versprochene moderne Stadtsiedlung für arrivierte Steuerzahlende geworden sein wird - oder eben nicht.

Ein Aspekt dieses Urnengangs ist besonders bemerkenswert: Obschon Basel kürzlich eine mehrheitlich links-grüne Regierung gewählt hat, hat das Stimmvolk dieses Wochenende eher bürgerlich-liberal entschieden. Das Volk vermag offensichtlich immer noch differenziert zu entscheiden. Auch da ist von einem Absinken in links-grüne Verelendung, wie es der verschärfte bürgerliche Oppositionskurs neuerdings suggeriert, nicht die Spur.

Peter Knechtli


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27. Februar 2005

  > ECHO

"Politik genauer und differenzierter betrachten"

Es war wohl vor allem die grosse Glaubwürdigkeit von SP-Regierungsrat Ralph Lewin, welche zu dem klaren Resultat bei den BVB-Vorlagen führte. Auch SP-Politiker haben sich übrigens für zwei Ja bei den BVB-Vorlagen eingesetzt, entgegen den VPOD-Parolen. Von Effekthascherei oder Gestotter der SP zu reden, geht daher voll daneben. Was die Versprechen von Ralph Lewin wert sind, wird sich erst zeigen, wenn dereinst ein anderer Regierungsrat für die BVB zuständig sein wird. Es wird aber Aufgabe des VPOD bleiben, sich für faire Arbeitsbedingungen und einen starken, gut funktionierenden Service public einzusetzen und das Verscherbeln von Staatseigentum zu verhindern. Den VPOD im Zusammenhang mit der Pensionskasse als Rosstäuscher und Falschspieler zu bezeichnen, ist eine üble Sache, nachdem die Finanzverwaltung bei der Pensionskasse durch fahrlässige, hochriskante Spekulationen mehr als zwei Milliarden in den Sand gesetzt hat, zu Lasten der Versicherten und der Steuerzahler. Im Gegensatz zu Dieter Behring laufen die Verantwortlichen des PK-Schlamassels noch frei herum und haben schon wieder lukrative Jobs. Man sollte die Politik vor dem Kommentieren genauer und differenzierter betrachten.

Otto Kunz-Torres
Mitglied SP und VPOD
Basel



"Politische Mitte hat gewonnen"

Gewonnen hat die politische Mitte. Verloren haben die Rechts- und Linkskonservativen. Die Parteien sollen sich diese Lektion hinter die Ohren schreiben. Die SP Basel Stadt soll das zudem ein Mahnfinger sein. Mit Effekthascherei sind nicht genügend Stimmen zu gewinnen. Sich vom VPOD treiben lassen, ist auch keine gute Politik. Das heisst zum Beispiel, dass für die Pensionskasse unserer Staatsangestellten nun endlich das Beitragsprimat eingeführt werden muss.

Pascal Marchal
Basel



"Rosstäuschern und Falschspielern den Tarif erklärt"

Endlich ist eine Lügenkampagne des VPOD und seiner von ihm gesteuerten Vasallen gescheitert. Das Volk scheint doch kein linkes Stimmvieh zu sein. Das letzte Mal - bei der Pensionskassen-Abstimmung - konnte der VPOD noch mit viel Geld, falschen Zahlen und Lügengeschichten eine knappe Mehrheit für sich gewinnen, diesmal ist den Rosstäuschern und Falschspielern der Tarif erklärt worden. Das ist gut für Basel und lässt die eine oder andere Hoffnung aufkeimen - trotz links-grüner Mehrheit im Regierungsrat. Bin ja gespannt, wie es bei der staatlichen Pensionskasse weitergeht. Da muss dringend eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Das ist zum Glück auch einigen Linken mit Durchblick und Verantwortungsbewusstsein klar.

Edwin Tschopp
Basel



"Erlenmatt-Ja war nicht so überwältigend"

Mit scheint wichtig zu sein, hervor zu heben, dass die Zustimmung zur "Erlenmatt" so überzeugend nicht war, wie man sie nun darlegt. Die zwei ebenfalls komplexen Vorlagen vom 28. November letzten Jahres - NFA und NFO - wurden in Basel bei gleicher Stimmbeteiligung mit 75 bzw. 80 Prozent angenommen Seit gestern ist amtlich, dass schockierende 36 Prozent der Basler für in höchstem Masse nationalistische und sozialistische Propaganda empfänglich sind. Die Interessenemeinschaft FDP-DSP-SD-SVP und Susanne Haller forderte bekanntlich nichts Geringeres, als die Verstaatlichung von Privateigentum und dies zu dem Zwecke, "Ausländer" davon abzuhalten, einen fairen Anteil am - möglichen - Gewinn zu erhalten. Mir scheint es just aus diesem Grunde eminent wichtig zu sein, die Sachen akzentuiert beim Namen nennen. Mit prägnanten, unmissverständlichen Voten und Kampagnen ... nicht mit Fastenweihen oder Ähnlichem.

Patric C. Friedlin
Basel



"SP sollte weg vom politischen Gestottere"

Die lauten Neu-Oppositionstöne stammen  meiner Geräuschquellen-Analyse nach vom Freisinn, nicht von den Liberalen. Und diese "Opposition" war ja nun expressis verbis gegen die "Erlenmatt"-Vorlage - stimmig vereint mit der "neuen" SVP. Insofern hat "die" Opposition also nicht gewonnen, wie Frau Iselin etwas gar pathetisch verkündet, sondern schlicht und einfach eine von zwei sich offenbar als "die Opposition" verstehenden Parteien als "gefährlich" für die Stadtentwicklung herausgehobene Projektabstimmung  verloren.

Dass die SP die BVB-Abstimmungsvorlagen zur Verwerfung empfahl, konnte ich mir nur dadurch erklären, dass die Parolenfasserinnen und Parolenfasser der Partei die Texte nicht gelesen hatten. Dass die gleiche SP dann aber ausgerechnet dem Gastgewerbegesetz, welches endlich ein wenig Ordnung in einen, auch arbeitsrechtlich betrachtet, Sauhaufen bringen soll, nicht zustimmen wollte, konnte auch nur deshalb geschehen, weil dieselben Parolenfasserinnen und Parolenfasser wohl, statt die Gesetzestexte zu lesen, einseitg ausgefertigten modischen "Analysen"  von sogenannten "Kulturmenschen" gefolgt sind.

Es ist an der Zeit, dass die SP-Führung statt mit allerhand beliebigem Geschwätz über Urbanität, Kultur  oder über "Regierungsmehrheit" sowie mit personalpolitischen Fehlentscheiden  und dergleichen mehr "Profil" im medialen Skandalzirkus  zu zeigen, sich endlich mit politischer Arbeit für den Stadtstaat  beschäftigt. Der Bildungssektor im weitesten Sinn, vor allem seine Finanzierung, um ein Beispiel zu nennen, lädt  geradezu fordernd zu intellektueller Anstrengung ein. Schlecht gehandhabte Personalquerelen oder auch eine unkritische Orientierung an gewissen Behauptungen  des VPOD ergeben keine mutige oder gar zukunftsweisende "Mehrheitspolitik", sondern blosses politisches Gestottere.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Schärferer Ton bringt positive Resultate"

Ihr Kommentar veranlasst mich zu einer persönlichen Bemerkung: Die Parteiversammlung der Liberalen hat als eine der ganz wenigen Parteien die heutige Entscheidung des Basler Souveräns vorweggenommen, und zwar auf der Basis der von Ihnen so treffend formulierten Güterabwägungen. Das heutige Resultat ist aber noch kein Anlass, den Triumph vorbehaltlos der heute amtierenden Regierung an den Hut zu stecken, tragen doch die Vorlagen noch die Handschrift des bürgerlich dominierten Vorgängerteams. Das sollte festgehalten werden, damit wir nicht in Geschichtsklitterung verfallen. Der von Ihnen beklagte schärfere Ton unserer Partei in der Opposition hat vielleicht gerade zum heutigen insgesamt positiven Resultat beigetragen. Entscheidend wird auch in Zukunft sein, dass wir eine erkennbare Linie verfolgen, damit der Souverän sich stets vor Entscheiden auf eine vollständige Palette von Argumenten abstützen kann. Die SP, deren Grossratsfraktion dem Gastwirtschaftsgesetz noch zugestimmt hatte, ist mit ihrer anschliessenden Nein-Parole auf Schleuderkurs geraten und prompt beim Souverän gescheitert. Besonders froh sind wir Liberalen heute darüber, dass dem seit Jahrzehnten übermächtigen VPOD bei den ÖV-Vorlagen endlich einmal die rote Karte gezeigt worden ist. Die "Erlenmatt"-Vorlage schliesslich stellt eine besonders grosse Herausforderung an alle bei der Realisierung des Projekts Involvierten dar. Es wird besonders wichtig sein, dabei das Vertrauen der Einwohnerschaft Kleinbasels zu gewinnen, bei der erhebliche, zum Teil verständliche, Vorbehalte und Ängste vorhanden sind.

Maria Iselin
LDP-Präsidentin
Riehen



CHEMIEMÜLLDEPONIEN

Greenpeace - die private Umweltbehörde?

Wir haben es in diesen Tagen wieder erlebt - beileibe nicht zum ersten Mal: Greenpeace weist mit einer Aktion auf "hochtoxischen Giftmüll" in der elsässischen Deponie Le Letten hin - die Basler Chemiekonzerne betonen, dass "weder für Mensch noch Umwelt irgend eine Gefahr besteht". Das Muster repetiert sich in allmählich tumber Regelmässigkeit.

Sowohl der Hinweis auf "fahrlässigen Umgang" mit der Umwelt wie auch das stereotype Dementi macht es Medienschaffenden schwer - und der Öffentlichkeit noch schwerer: Diese Expertenmeinung behauptet das Eine, jene das Andere. Dieser Zustand ist unerträglich. Entweder ist das, was Greenpeace von der Erdoberfläche spatet, Gift oder es ist Vanille-Eis. Wir warten auf die kompetente Behörde, die in diesem Abnützungskrieg endlich Klartext spricht.

Neuerdings dokumentiert Greenpeace zwar Aussagen von Basler Umwelt-Chefbeamten, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen - und die Greenpeace-These stützen. Aber keine Frage, die Basler Umweltbehörden haben im Elsass nichts zu suchen. Und es darf ihnen sogar unterstellt werden, gegen Schlendrian auf wilden Chemiedeponien längst interveniert zu haben, befänden sich diese auf ihrem Hoheitsgebiet. Keine Frage auch, dass die Chemiekonzerne ihren eigenen Rhythmus beanspruchen, bevor sie Sanierungs-Millionen in alten Müll investieren.

So froh aber die Gesellschaft darüber sein kann, dass Aktivisten von Greenpeace den Fingen auf wunde Flecken industrieller Produktion legen, so bedenklich ist, dass es der Umweltorganisation überhaupt noch gelingen kann, haarsträubende Zustände aufzudecken. Wer spielt überhaupt noch welche Rolle? Ist Greenpeace die inoffizielle Umweltbehörde geworden, während sich die dafür vorgesehenen - und gewählten - Verantwortlichen um ihre Überwachungsaufgabe drücken? Ist es den staatlichen Verfügungsgremien sogar ganz angenehm, wenn eine private und hochprofessionell organisierte Stosstruppe wie Greenpeace an der Front das Grobe erledigt?

Mindestens die französischen Ökologie-Autoritäten müssen sich die Frage gefallen lassen, wie Aktivisten in Schutzanzügen im offenen Gelände frei zugängliche potenziell höchst gesundheitsgefährdende Altlasten wegschaufeln, während sie sich seit Jahren als unfähig erweisen, einen verantwortungslosen Zustand rigoros beseitigen zu lassen.

Auch die "Interessengemeinschaft Deponiesicherheit" der Chemiekonzerne wird in absehbarer Zeit sichtbare Zeichen einer Sanierungsbereitschaft zeigen und ihrem Namen Inhalt statt nur Etikette verleihen müssen. Denn eines ist sicher: Der Widerstand gegen geduldete giftige Schutthalden wird mehr und mehr auch schweizerische Politiker und Exekutiv-Gremien erfassen. Nicht auszumalen die Situation, wenn die private Umweltschutzbehörde Greenpeace dereinst in der Lage sein würde, Gift auch in Mensch oder Tier nachzuweisen.

Peter Knechtli


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23. Februar 2005

  > ECHO

"Herr Gygli, Sie würden staunen!"

Lieber Herr Gygli, es ist Ihr gutes Recht, etwas in Frage zu stellen, was Ihnen nicht in den Kopf will. Leider vermisse ich bei ihren Kommentar den Hinweis, dass wir ständig über eine für alle Seiten unbefriedigende Situation in Sachen Chemiedeponien diskutieren müssen, die erwiesenermassen seit Jahren besteht. So kann man ihre Aussage nicht ernst nehmen. Übrigens, fragen Sie mal beim Umweltschutzamt Baselland nach, die besitzen eine Katasterliste für Chemiedeponien in der Nordwestschweiz und dem nahen Elsass. Sie würden staunen.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Stimmen die Angaben von Greenpeace überhaupt?"

Es wäre ja nicht das erste Mal, dass Greenpeace mit falschen Angaben ein Riesentheater ausgelöst und dann am Schluss alles mit mit einer irgendwie guten Absicht gerechtfertigt hätte.

Urs Gygli
Basel



"Nötig wäre eine grenzüberschreitende Gegen-IG"

Dem Kommentar von Peter Knechtli ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Es ist wirklich nur noch unerträglich, wie seit Jahren Gutachten mit Gegengutachten beantwortet werden, wie die von den Verursacherfirmen alimentierte IG Deponiesicherheit (der Name kann ja nur zynisch interpretiert werden, denn welche der immer und immer wieder angeprangerten Deponien kann denn allen Ernstes als "sicher" bezeichnet werden) die Situation verwaltet und beschönigt, statt wirklich aktiv zu werden, und wie Gemeinden und Kantone als Einzelkämpfer agieren, statt endlich eine grenzüberschreitende Gegen-IG zu bilden! Die Katze beisst sich andauernd in den Schwanz, und wir sollten das arme Tier endlich daran erinnern, dass es auch Zähne und Krallen hat.

Gisela Traub
Basel



"Verurscher waren die Unternehmen, nicht die Behörden"

Ich erinnere mich an aargauische, an jurassische (aus kantonalbernischen Zeiten stammende), auch an südbadische respektive hochrheinische und natürlich an elsässische Giftmüllskandalnachrichten. Die Erinnerung geht dabei keineswegs einen langen Weg in graue Vorzeiten, sondern ist frisch und durchaus abrufbar vorhanden. Das heisst: Die Basler Chemie hat rund um Basel herum schlicht Sauereien veranstaltet, zu denen sie immer noch nicht "offensiv" oder meinetwegen auch nur "wahrheitsgetreu" steht. Staatliche Behörden mögen da zusätzlich ihren Aufgaben nicht gerecht geworden sein. Verursacher aber waren nicht diese Behörden, sondern die Unternehmen. Es sind die Unternehmen, welche unsereiner Giftrisiken, die seit Jahrzehnten bekannt sind, aussetzen. Ungefragt selbstredend.

Zur Erinnerung: Die FDP und die SVP wollen Greenpeace zur Zeit an den Kragen, indem sie das sogenannte Verbandsbeschwerderecht abschaffen oder mindestens bis zur Unwirksamkeit entschärfen wollen.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



WEF-DEMO

Regeln gelten auch für WEF-Gegner

Unschöne Bilder, hässliche Szenen am Samstagnachmittag auf dem Basler Barfüsserplatz. Eine kleine Schar Anti-WEF-Demonstranten, eine massive Übermacht an Polizeikräften. Ein überkantonales Heer an Ordnungshütern war aufmarschiert, um zu verhindern, dass es in der Basler Innenstadt zu Eskalationen mit massiven Sachbeschädigungen kommt, wie andere Beispiele zumindest befürchten liessen.

Es kam nicht so weit. Es blieb bei der in grotesker Übermacht aufmarschierten Staatsmacht, bei der Einkesselung von ein paar hundert Demonstranten und bei einigen Verzeigungen.

Doch worüber diskutieren wir heute: Über das WEF? Über die teilweise ebenso groteske Art, wie der moderne Adel im Alpen-Dorf Hof hält und sich in Luxus über Armut zelebriert? Über Möglichkeiten, wie Armut und Ungerechtigkeit in der Welt beseitigt oder zumindest vermindert werden könnten? Darüber, ob Globalisierung schädlich ist oder gar nützlich sein könnte? Wie ein Netz von dezentralen Sozial-Foren geschaffen werden könnte? Nein, wir diskutieren wieder einmal über einen Polizeieinsatz, den "Polizei-Staat", die "Abschaffung der freien Meinungsäusserung".

Das ist Mumpitz. In der Tat wirkte das Polizeiaufgebot gemessen an der relativ geringen Zahl Manifestanten kafkaesk. Möglicherweise hat sie die Anzahl Teilnehmer überschätzt. Es war aber richtig, dass die Polizei die Demonstration nicht zuliess.

Demonstrationen auf öffentlichem Grund sind bewilligungspflichtig. Das weiss jedes Kind. Das wussten auch die WEF-Kritiker. Aber sie verzichteten darauf eine Bewilligung einzuholen. Soll die Polizei nun zuschauen, wie sich eine Manifestation ohne gesetzlichen Rahmen entsteht und möglicherweise in Verwüstungen endet? Nein, die Polizei soll klare und für alle geltende Regeln für die Durchführung von Demos jeder Art aufstellen und gleiche Massstäbe anlegen. Hier eine unbewilligte Demo zu tolerieren und dort eine zu verbieten ist ein garantiertes Misserfolgs-Rezept.

Wenn es den WEF-Gegnern mit ihrer Basler Aktion um Publizität gegangen ist, haben sie ihr Ziel rundum erreicht. Doch von Aufklärung und Debatte keine Spur: Statt einer - durchaus wünschbaren - Auseinandersetzung über den WEF-Kult blieben nach dem kalten Samstag bloss Frustration und einige Verzeigungen zurück. Das ist jämmerlich: Von den WEF-Gegnern werden intelligentere und phantasievollere Veranstaltungen erwartet - dies insbesondere in einer Stadt, die der WEF-Problematik gegenüber durchaus zugänglich ist.

Peter Knechtli


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(31. Januar 2005)

  > ECHO

"In Wahrheit geht es um Aeggschen und Medien-Publizität"

Chapeau zu diesem eindeutigen Kommentar. Ich kann nicht verstehen, weshalb die Schreiberzunft nach solchen Ausschreitungen (fast) immer von Demonstrationen und Manifestationen schreibt. In Tat und Wahrheit geht es dem Kern dieser Organisatoren um "Aeggschen" und Publizität in den Medien. Wie sonst können die konfiszierten "Utensilien" erklärt werden? Und so genannte "Winkeladvokaten" erdreisten sich gar nach einem verhinderten Chaotenzug, Polizeikräfte mit Anzeigen zu belästigen, bloss weil einige der Chaoten oder Mitläufer nicht mit Samthandschuhen angefasst wurden. Das eigentlich Bedauernswerte an der ganzen Geschichte sind die Kosten für diesen massiven Polizeieinsatz: Einmal mehr muss der Steuerzahler für die Abwendung eines Saubannerzuges durch bewohntes Gebiet blechen. Was zum Teufel hat dies mit der immer wieder -und vor allem aus der rot-grünen Ecke- beschworenen "Demonstrationsfreiheit" zu tun?

Hans Zumstein
Itingen



"'Speakers corner' wäre eine prüfenswerte Idee"

Frau Beatrice Alder stellt eine prüfenswerte Idee in den Raum: Den "speakers corner" (wie er richtig heisst, befindet sich zwar im Hyde Park, trägt aber eben den erwähnten Namen!). Warum nicht einmal die Woche mitteilungsbedürftigen Zeitgenossen eine Kiste hinstellen, zum Beispiel auf dem Barfüsserplatz, direkt oberhalb des Brunnens, und sie frei sprechen lassen. Und ihre Anliegen, Sorgen, Probleme dem Publikum mitteilen. Zeitlich eingeschränkt. In einem noch festzulegenden Rahmen. Kostet nichts (ausser der Kiste) und erspart vielen möglicherweise den Psychiater.

Theo Degen
Röschenz



"Polizei wollte sich nicht übertölpeln lassen"

Herrn Knechtli ist zu gratulieren, dass er nicht in das Kriminellenversteher-Geschwätz der Linken und der BaZ einstimmt. Es ist genug kaputt gemacht worden in den letzten Jahren, von linken Schlägern, lokalen und holländischen Fussball-Rowdys etc. Hat die Linke schon vergessen, dass das letzte Mal irre Autonome mit Säure auf die Polizei losgangen sind? So ist gut zu verstehen, dass die Polizei sich diesmal nicht wieder übertölpeln lassen wollte. Lieber eine kafkaeske Situation als flächendeckend kaputte und geplünderte Läden und verletzte Passanten und Polizisten.

Edwin Tschopp
Basel



"Ein mobiler Hyde Park Corner"

Danke für diesen ausgewogenen Kommentar. Ein "Tolgge" bleibt allerdings im Heft des Vorstehers des Sicherheitsdepartementes und all jener, die diese hoffentlich einmalige "Polizeidarbietung" (Zitat Thüring) unterstützen. Wer zeigte damals nicht mit dem Finger auf die Zürcher Polizei (auch der Vorsteher des Basler Sicherheitsdepartements gehörte dazu?! Und jetzt dies! Was machte Sie, Herr Schild, und all die anderen Befürworter dieses völlig inadäquaten Polizeieinsatzes eigentlich so nervös? Es kann doch nicht Sinn der Erziehung zur Demokratie sein, dass das Demonstrationsrecht mit Füssen getreten wird. Wie wärs mit einem mobilen Hyde Park Corner für solche Gelegenheiten?

Beatrice Alder
Basel



"Oft nur pure Lust auf Zerstörung"

Der Einsatz der Polizei war auch in diesem Mass gerechtfertigt. Die Ereignisse der letzten Jahre rund um das WEF und die Demos in Bern und Zürich haben bewiesen, dass man nicht vorsichtig genug sein kann. Wer weiss, ob es ansonsten nicht zu einer Eskalation gekommen wäre? Wer gibt uns die Sicherheit, dass nicht unsere halbe Stadt demoliert worden wäre, wenn nicht die Polizei mit einem so grossen Aufgebot ausgerückt wäre? Oftmals ist es ja so, dass der Sinn und Zweck solcher Demonstrationen nur in der puren Lust auf Zerstörung enden. Dass dies verhindert wurde, ist erfreulich. Hierfür kann und soll es niemals zu wenig Polizeikräfte geben, die Sicherheit unserer Stadt und der Bewohner geht vor, dieser Sicherheit muss in angemessenem Rahmen Rechnung getragen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Basler Polizei nicht eine einmalige "Darbietung" abgeliefert hat, sondern auch in Zukunft mit grösserem Aufgebot sich den Demonstranten gegenüber stellt.

Joël A. Thüring
Grossrat und Sekretär Basler SVP
Basel



FCB

Fan-Verhaftung: Es ist die blanke Überforderung

Statt im "Hardturm" ist im Bahnhof Zürich-Altstetten Endstation für 427 FCB-Fans, die letzten Sonntagnachmittag gern am Match Grasshoppers Club gegen FC Basel mitgefiebert hätten. Die Polizei liess den Zug stoppen und führte die "zum Teil gewaltbereiten Fans" ab. Die Zürcher hatten ihr Spiel ohne die übliche wilde Zerstörungsorgie zum Ausklang, die Polizei bedauerte, "dass auch korrekte Fans ...", in Basel machte sich kollektive Fassungslosigkeit breit.

Der FC Basel erstattet mit verbalem Getöse Anzeige gegen die Polizei, CVP-Präsident und Präsident des Fanprojekts, Markus Lehmann macht seinem Ärger über den Polizeieinsatz Luft, Lehrer demonstrieren Entrüstung über den skandalösen Anschauungsunterricht in Sachen Rechtsstaat und Demokratie. Die Zürcher frohlocken: Den bösen Baslern haben wir's gezeigt. Ruhe in der Stadt. Wir haben die Richtigen gepackt.

Tatächlich stellen wir fest: Militante FCB-Fans haben in Zürich vor nicht allzu langer einen so miesen Eindruck hinterlassen, dass sich das Basler Stadtmarketing grün und blau ärgern dürfte. Und der Vorzeigespieler Murat Yakin sagte wörtlich: "Wenn die Fans Krawall machen wollen, sollen sie. Das ist nicht unser Thema." Anderseits hat die Zürcher Polizei einen Einsatz von der Sorte geleistet, den wir in der Schweiz lieber nicht als Referenz für künftige Problemlösungen im Spitzenfussball sähen.

Wer hat recht? Weder die Zürcher Polizei noch die Basler Entrüstungs-Protagonisten. Wir haben es hier mit einem regelrechten Schauspiel der Überforderung auf beiden Seiten zu tun. Es geht hier längst nicht mehr um Sport an sich. Es geht um aufbrechende gesellschaftliche Probleme, um jugendliche Verwahrlosung und letztlich möglicherweise um einen wirtschaftlichen Status-Kampf in der Standort-Hierarchie. Das Debakel vom Sonntag war eine bilaterale Kapitulationserklärung: Das Geständnis, dass beide Seiten auf die Gewalt-Eskalation keine taugliche Antwort haben, sondern allenfalls als De-eskalation getarnte Rezepte zu deren Förderung.

Die Folge kann nur eines sein: Der nächste Krawall kommt bestimmt. Dann nämlich, wenn sich die Brutalo-Fans bemüssigt fühlen, aufgrund des weit gehenden Persilscheins der FCB-Leitung Rache an - auch einheimischen! - Ordnungshütern, an beliebigen Einkaufsstrassen, einer halben Auswärts-Stadt oder der Zugeinrichtung der SBB zu nehmen. Fest steht, dass die FCB-Fanpolitik von nachhaltigen Erfolgen noch weit entfernt ist. Das zeigt sich daran, dass die Taten von Chaoten zunehmend mehr zu reden geben als die Kicker-Künste ihrer Stars.

Der FCB hat einen Teil seines Erfolgs der grossartigen Unterstützung seiner zahlreichen Supporter zu verdanken. Aber den Beweis, dass er die kleine Minderheit gewaltbereiter Produzenten von Basler Negativ-Schlagzeilen entschlossen in die Schranken zu weisen gewillt ist, hat die Clubleitung bisher nicht erbracht. Fan-Projekt hin oder her. Und das Ausbleiben einer klaren Ausgrenzung von Gewalttätern scheint ein Indiz dafür zu sein, dass es die Clubleitung auch mit ihnen nicht vergraulen möchte. Endstation Zürich-Altstetten.

Peter Knechtli


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(8. Dezember 2004)

  > ECHO

"Private überlassen den 'unsauberen Teil' dem Staat"

Integrierender Teil hochbezahlten, hochlukrativen Profifussballs ist eine Minderheit chaotischer "Fans". In anderen Ländern weiss man mit solchen Minderheiten umzugehen, ohne die Mehrheit der Geniesser zu vergraulen. In anderen Ländern tut man dies in menschenrechtskonformer Art und Weise, von den Begünstigten des "Big Business" Fussball, also privat finanziert.

Die Probleme der Zeit heissen: Verarmung, Extremismus, Chaotismus! Diese Probleme werden in der vormals hyper-ordentlichen, hyper-moralischen Schweiz zunehmen. Es ist die verdammte Pflicht der fürstlich honorierten Event-Organisatoren (Clubs, Spieler, AGs aller Art), die Kosten für eine situationsangemessene Sicherheit aller Match-Besucher und aller Anwohner und aller irgendwie Tangierten zu gewährleisten. Denn es ist ein Grundrecht aller in der Schweiz Anwesenden, willkürfrei behandelt zu werden. Die Schweizer Behörden agieren völlig hilflos, die Privaten zocken ab und überlassen den "unsauberen Teil" einem völlig überforderten Staat.

Patric C. Friedlin
Basel



"Zürich hat die passende Antworte gegeben"

Was sich FCB-Fans seit Jahren überall in schweizerischen Städten erlauben, hat meiner Ansicht nach in Zürich endlich eine adäquate Antwort gefunden. Es fehlte noch, wenn ganz Basel für die Schlägertrupps und Zerstörungsfanatiker quasi die Hand ins Feuer legen müsste, bloss, weil man eben Basler ist und als solcher, weil FCB-Fan, Schläger, Alkoholiker, Halbverrückter zu sein hat respektive zu sein hätte.

Ich habe diese Art "Fans" einmal unfreiwillig als Zugpassagier zwischen Bern und Basel erlebt - in einem fahrplanmässig verkehrenden Zug. Es war eine anderthalbstündige Zumutung, es wurde in die Wagengänge gekotzt, es wurden Bierflaschen herumgeschossen, es wurde in den Nichtrauchern gequalmt und es wurden Zugpassagiere bedroht, körperlich angegangen, einige Frauen nicht bloss verbal belästigt usw. Es war kein einziger "Fan" da, der eingegriffen, der eben "Fanpolitik" betrieben hätte. Anderntags las ich in der BaZ stirngerunzelte Holprigkeiten über die Berner Polizei und einen Satz über "einige" gewalttätige FCB-Fans. Diese "Fans" sind inzwischen Hundertschaften, und sie sind häufig keineswegs erwachsen.

Das Geschrei über "Kinder", die da angeblich stundenlang festgehalten worden wären, übertönt die einzig berechtigte Frage, die in diesem Zusammenhang gestellt werden müsste: Wo waren denn die Eltern dieser Kinder? Viele dieser formidablen Eltern wissen nämlich nie, was ihre Kids an den Wochenenden so treiben. Sie wissen angeblich nicht, dass diese Kids sich vollaufen lassen, dass sie kiffen, was es das Zeug hält, dass sie nichts zu tun wissen und deshalb zu Gewaltausbrüchen neigen.

Bevor da eine nicht existente "Rechtsstaatskrise" herbeigeredet wird, sollte man endlich die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder in die nachhaltige Diskussion aufnehmen.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Warum griff nicht schon die Basler Polizei ein?"

Da ich im Baselbiet wohne und in Zürich arbeite, verfolge ich die Berichterstattung zu der Behandlung der Fussballfans vom letzten Wochenende mit zweierlei Optik.

Ich frage mich, ob es nicht möglich wäre, eine ähnliche Aktion, wie sie nun die Polizei in Zürich durchgeführt hat, bereits in Basel durchzuführen. Dann könnte nämlich die Polizei in Basel alles richtig machen und die "richtigen" = gewaltbereiten Fans eliminieren und müsste dies nicht den Zürchern überlassen und sich dann darüber beklagen. Wenn der FCB und die Polizei entsprechend zusammenarbeiten, sollte das Aggressionspotenzial der Basler Fans bereits vor Ort behandelt werden, und nicht die Massnahmen anderen, eigentlich unbeteiligten Stellen überlassen werden!

Die Aussage von Murat Yakin beweist, dass es der FCB nicht allzu ernst meint und seinen Fans weiterhin freien Auslauf lassen wird. Ich begrüsse, dass dies dann halt im Notfall von anderen Instanzen unterbunden wird. Eine solche Aussage eines hochbezahlten Profis ist der Beweis dafür, dass mit Geld alleine nicht allzu viel erreicht wird. Auch hier bedarf es intensiver Massnahmen. Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, haben eine Vorbildfunktion und diese dürfen sie nicht einfach vergessen.

Erika Bachmann
Lausen



"Die FCB-Führung hätschelt die dekadente Muttenzer Kurve"

Natürlich, die Zürcher Polizei war überfordert, echte Fans von den Krawallmachern zu unterscheiden. Sie konnte und wollte dies nicht, was unter rechtstaatlichen Gesichtspunkten verwerflich ist. Allerdings will und kann dies die FCB-Führung seit Jahren nicht. Sie bewundert und hätschelt die dekadente Muttenzer Kurve (hört sie eigentlich die primitiven Sprüche und Gesänge nicht?) und verzichtet ihr zuliebe gar auf beruhigende Sitzplätze. Arbeitet sie wirklich mit der Polizei daran, gegen die Muttenzer Kurve so zu verfahren, dass diese sich mittelfristig wie der übrige St. Jakobpark zu benehmen weiss, oder ist sie nach wie vor "stolz" auf diese Fans? Genügt es ihr, ab und zu einem besonders Auffälligen Stadionverbot zu erteilen oder möchte sie nicht lieber dazu tendieren, generell die Stimmung in jenem Sektor weniger aggressiv zu gestalten? Brauchen echte Fans einen therapeutischen Sozialarbeiter oder gehören sie nicht beim ersten Delikt angezeigt?

Mit dem jetztigen "Vorgehen" kann leider nicht verhindert werden, dass jeder rotblaue Schal mit Krawall in Verbindung gebracht wird.

Peter Bächle
Basel



"Murat Yakins Aussage ist skandalös"

Der Basler Vorzeigespieler Murat Yakin sagte wörtlich: "Wenn die Fans Krawall machen wollen, sollen sie. Das ist nicht unser Thema." Diese Aussage, die ich auch in den Medien gehört habe, ist skandalös, und zeigt mir, dass der FCB nicht gewillt ist, diese Chaoten, die keine FCB-Fans sein können, auszugrenzen.

Felix Schäfli
Hersberg



"Politisch skandalöse Begründung"

Überforderung - das ist der richtige Begriff. Im Übrigen bin ich mit dem Kommentar nicht einverstanden. Der FC Basel hat sich immer und jetzt wieder deutlich genug von jeder Form von Gewaltanwendung durch sogenannte Fans distanziert. Ich glaube nicht, dass er noch mehr machen kann, als er tut. Ein Fanprojekt zu unterstützen, ist das Gescheiteste, auch wenn das nicht sofort Erfolg bringt. Aber die Verfolgung von Strafhandlungen ist Sache der Polizei, nicht eines Vereins.

Krawallmachen ist zu verurteilen. Polizeieinsatz ohne Beachtung der Verhältnismässigkeit ist auch zu verurteilen. Beides macht der FCB und hat mit beidem Recht. Dass die Entrüstung über ein verfehltes Vorgehen der Polizei grösser ist als über die Saubannerzüge von besoffenen Fans, ist zutreffend. An die Polizeileitung und insbesondere an ihre politische Vorsteherin (ich schäme mich dafür, dass sie Mitglied der SP ist) sind höhere Ansprüche zu stellen, was die Beachtung des Rechts angeht, als an Jugendliche, die auf der Suche nach ihrer Identität sind. Und das Prinzip der Verhältnismässigkeit ist ein ganz entscheidendes Rechtsprinzip.

In höchstem Mass bedenklich ist zudem die irreführende Information durch die Zürcher Polizei. Am Sonntag hat man behauptet, der Polizeieinsatz sei von gewalttätigen Aktionen der Fans im Zug und im Bahnhof provoziert worden, und man hat den Eindruck erweckt, es seien überwiegend gewalttätige Fans festgehalten worden. Nachdem sich beides als - völlig - falsch erwiesen hat, musste man am Montag korrigieren, weil man da wieder falsche Eindrücke erweckte, musste man am Dienstag nochmals korrigieren. Wenn Jugendliche die Sachverhalte übertrieben darstellen, ist das zu verstehen. Wenn Behörden falsch informieren, ist das eine Ungeheuerlichkelt.

Hahnebüchern und politisch ein Skandal ist die gleichbleibende Begründung: Dadurch, dass es zu keinen Ausschreitungen gekommen sei, sei die Aktion gerechtfertigt. Niemand hat etwas dagegen, wenn die Polizei Leute verhaftet, welche Krawall machen. Das ist eine der Aufgaben der Pollizei, dafür zahlen wir Steuern. Aber eine Einkesselungsstrategie, die sich einfach gegen alle Matchbesucher richtet, die man erreichen kann (weil sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angereist sind), darf man nicht dulden. Und man sollte sie auch dann nicht verständnisvoll kommentieren, wenn man zur älteren Generation gehört, die sich eine andere Art von Jugendbewegung erhofft, als sie da in Erscheinung tritt.

Bernhard Bonjour
Liestal



NEUE BASLER REGIERUNG

Die historische Wende:
Basel wird rosarot

Das Kalkül der rot-grünen Wahlstrategen ist voll aufgegangen. Ihre Parteien marschierten, wie von OnlineReports vermutet, ohne jeden Stolperer durch. Für die Basler Sozialdemokraten und die grüne Allianz von Basta und Grünen geht die Sonne auf, wie sich SP-Präsident Beat Jans nach dem ersten Wahlgang erhoffte. Basel steht vor einer historischen Wende: Das tendenziell linke Parlament erhält nun auch eine rot majorisierte Regierung.

Es gibt gar nichts zu deuteln: Die links-grünen Parteien haben in Basel-Stadt eine wachsende Basis gewonnen, während die "traditionellen" bürgerlichen Parteien mitten in einem Entwertungsprozess stehen und galoppierend an Bedeutung verlieren. Und es ist keine Frage, dass allein die 28 Prozent Wähleranteil, die FDP, CVP und Liberale gemeinsam erzielen, keine Regierungsmehrheit mehr rechtfertigen. So gesehen ist die links-grüne Wende die logische und gerechte Entsprechung des Willens der Wählenden.

Weder in den Zeiten der "Kaiseraugst"-Besetzung noch nach dem Brand von Schweizerhalle schaffte die Linke eine Regierungsmehrheit. Aber jetzt, nachdem die mehrheitlich bürgerliche Regierung - gemessen an Zürich - moderate Sparpakete schnürte, erhält sie die Quittung: Sparkurs und Sozialabbau sind zumindest in Basel, das bürgerliche Exponenten mit vorliebe als "VPOD-Staat" klassieren, nicht mehrheitsfähig. Dass mit dem unideologischen Arzt Guy Morin einem erklärten Gegner und Temporär-Besetzer der Zollfreistrasse die Wahl gelang, ist ein Indiz dafür, dass auch dieses anachronistische Strassenbau-Projekt an der Urne nicht den Hauch einer Chance haben wird.

Mit Guy Morin, der im Verlaufe des Wahlkampfes an Souveränität sichtlich zulegte, und der zierlichen, aber bei Bedarf resoluten Historikerin und erfahrenen Politikerin Eva Herzog ziehen zwei junge Kräfte in die Regierung ein, denen Intelligenz, Sachverstand und Visionskraft zugebilligt werden darf. Es ist zu hoffen, dass nun das Gejammer über das darnieder liegende Basel verstummt und die zahlreichen Kräfte sich gegenseitig unterstützen, die Neues und Gutes leisten in dieser Stadt.

Ohne Zweifel geht der 28. November 2004 in die Annalen der Basler Geschichte ein. Es muss aber der Fairness halber gesagt sein: Eine Schlappe hat Mike Bammatter nicht gezogen; er kam Morin mit gut tausend Stimmen Rückstand bedrohlich nahe. Hingegen sticht das Argument nicht, er habe nur wegen der verflixten leeren zweiten Zeile auf dem Wahlzettel verloren. Hätte Hans Martin Tschudi seine Kandidatur nicht zurückgezogen, hätte er Bammatter Stimmen abgezogen, die nun diesem zufielen.

Angesichts dessen, dass er in einer grösseren Öffentlichkeit so gut wie unbekannt war, hat Bammatter bemerkenswert gut abgeschnitten. Weshalb sich die drei bürgerlichen Parteien für einen relativ unbekannten Kandidaten entschlossen, ist noch immer nicht begreifbar, auch wenn die Pipeline an wahltauglichem Regierungsnachwuchs bedenklich dünn ist. Heute erscheint als wahrscheinlich, dass die amtierende Grossratspräsidentin Beatrice Inglin-Buomberger als eine Art weiblicher Jörg Schild der CVP neben dem Profil auch die überparteiliche Akzeptanz gehabt hätte, um die bürgerliche Mehrheit zu retten. Der freisinnige Machtanspruch einer Zweiervertretung in der Regierung hat sich als fatale Machtdemonstration erwiesen.

Allerdings geht Basel auch mit Schneider, Herzog, Lewin und Morin nicht zu Grunde. Denn mit einer 4:3-Mehrheit wird in einer Schweizer Kantonsregierung keine Revolution stattfinden. Vielmehr wird die Mehrheit versuchen, mit der bürgerlichen Minderheit gemeinsame Lösungspakete zu schnüren. Jedenfalls ist diesem Quartett einiges an Kreativität, Goodwill und Durchsetzungskraft zuzutrauen. Eine rote Politik wird es in Basel aber nicht geben, bestenfalls eine rosarote. Und die rot-grüne Mehrheit wird in den kommenden vier Jahren auch Wählerinnen und Wähler enttäuschen, die heute in Begeisterung ausgebrochen sind.

Viel Zeit, ihre Wahlversprechen umzusetzen, bleibt der Mehrheit nicht: Sie muss insbesondere die schwierigen Probleme der Staatsfinanzen und der Partnerschaft mit dem Baselbiet erkennen, anpacken und lösen. Sonst wird der Sieges-Jubel der vorweg genommene Kater in vier Jahren sein. Denn darüber sollten sich die Wahlsieger keine Illusionen machen: Die Zahl der Argus-Augen, die die links-grüne Politik in Basel verfolgen wird, steigt mit dem heutigen Tag sprunghaft. Und der Wahlkampf 2008 hat schon begonnen.

Peter Knechtli


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(28. November 2004)

  > ECHO

"Diese Wahlen waren ein klares Votum für eine transparente politische Linie"

Sehr geehrter Herr Heuberger, im Volk hat die Divergenz in politischen Grundsatzfragen in den letzten Jahren zusehends zugenommen. Auch wenn dies aufgrund der daraus resultierenden gesellschaftlichen Spaltung ("Röschdigraabe") sicherlich keine wünschenswerte Entwicklung ist, wird sie sich auch künftig nicht so einfach stoppen lassen. Die damit verbundene politische Polarisierung hat nun mal zur Folge, dass der "goldene Mittelweg" für immer weniger Menschen wirklich zufriedenstellend ist. Eine Entwicklung, welche die politischen Opportunisten der traditionell Bürgerlichen leider verpasst haben. So sind auch die Gross- und Regierungsratswahlen ein klares Votum für eine transparente und klare politische Linie, wie sie die Linke, aber auch die SVP, welche als einzige bürgerliche Partei keine herben Verluste einfahren musste, betreibt.

Tommy Frey
Basel



"Konsens ist sinnvoller als Verbohrtheit"

Sehr geehrter Herr Joel A. Thüring, scheinbar alles, was nicht nach SVP aussieht, ist des Teufels. Das zeugt von wenig Demokratie- und noch weniger von Konsensverständnis und ist eigentlich der Hauptgrund, dass Ihre Partei in Basel nicht wählbar ist. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis auch die letzten ihrer Gefolgsleute merken, dass dies mit den heutigen Parteiexponenten auch nicht ändert. Den anderen Parteien wird’s recht sein. Ich erwarte nun nicht, dass Sie plötzlich Einsicht zeigen, da müssten Sie ja über den eigenen Schatten springen. Demokratie und Konsens ist in der Politik für alle Parteien unbequem, aber immer noch sinnvoller als Verbohrtheit.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Bammatter-Ergebnis muss Bürgerlichen zu denken geben"

Der Erfolg der Linken ist beträchtlich, aber es gilt doch die Relationen zu wahren. Schon in der Amtsperiode 1996 bis 2000 gehörten der Regierung drei SP-Mitglieder und drei Bürgerliche an. Dazwischen stand der DSP-Mann Hans Martin Tschudi. Ob er ein "Linker" oder ein "Rechter" war, ist umstritten. Unbestreitbar aber ist, dass es in dieser Amtsperiode immer wieder Regierungsentscheide mit 4:3 für die linkeren Standpunkte gegeben hat, vor allem wenn es um Personalangelegenheiten und soziale Anliegen ging. Dass nun anstelle des DSP-Mannes ein bisher selbständig erwerbender Arzt der Grünen angehört, ist gewiss eine Akzentverschiebung. Nun aber bereits Horror-Szenarien zu malen, ist sicher fehl am Platz und bestätigt nur die destruktive Lust vieler bürgerlicher Politiker, unseren Kanton schlecht zu machen.

Noch ein Wort zur leeren Linie, die Mike Bammatter den Regierungssitz gekostet haben soll. Vor vier Jahren kämpften drei bisherige Regierungsräte um die zwei verbleibenden Sitze, Tschudi allein auf einer Zweierliste gegen die zwei SP-Frauen Schaller und Schneider. Hier lag den Bürgerlichen offenbar noch daran, dem etwas bürgerlicheren Bewerber zur Wahl zu verhelfen. Trotz leerer Linie gelang dies auch. Dass es bei Bammatter nicht gelang, muss den Bürgerlichen zu denken geben.

Urs Engler
Bettingen



"Bürgerliche Seite macht seit Jahrzehnten etwas falsch"

Aber die Erkenntnis, dass die bürgerliche Seite seit Jahrzehnten etwas falsch macht, werter Herr Iselin, diese Erkenntnis ist weder in vergangenen Jahrzehnt, noch am vergangenen Wochenende gereift!

Patric C. Friedlin
Basel



"Trend zur Polarisierung zwischen städtischen Zentren und ihrem Umfeld"

"Wir werden die Welt nicht verändern." Kein Kommentar zum Ergebnis der baselstädtischen Gesamterneuerungswahlen könnte treffender die Grundhaltung der obsiegenden Mehrheit des Souveräns in unserem Kanton beschreiben, denn im Hintergrund schwingt dabei die Vorstellung von Voltaires Candide: "Tout va pour le mieux dans le meilleur des mondes" ("Alles steht zum Besten in der Besten aller Welten") mit. Parteien und PolitikerInnen, die den Zustand und die Zukunftschancen der schönsten aller Welten, nämlich Basel, mit etwas kritischerem Blick beurteilen, sehen sich angesichts dieses angestrengt fröhlichen linkskonservativen Konsenses in die Rolle alttestamentlicher Propheten gedrängt. Ob im Zuge der eben wieder modisch gewordenen öffentlichen Zurschaustellung von Frömmigkeit in den nächsten Jahren das Volk eher wieder ein Sensorium für die Warnrufe der im Herbst 2004 geschlagenen bürgerlichen Parteien entwickeln kann, ist allerdings ebenso ungewiss wie die Frage, ob diese bürgerlichen Parteien – oder was von Ihnen übrig bleibt -  ihre Botschaft wirkungsvoller vermitteln können als dies bisher der Fall war.

Wenn die linksgrüne Mehrheit ihren angekündigten Kurs hält, dürfen wir uns weiterhin auf Abwanderung von mittelständischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aus dem Stadtkanton gefasst machen. Der Verlust an Steuersubstrat durch Abwanderung von natürlichen Personen mag teilweise durch die Verlagerung von Firmensitzen in den Stadtkanton nach dem Muster der Straumann AG wettgemacht werden, aber Bürgerinnen und Bürger, die mit ihrer physischen Person für dieses Staatswesen einstehen, können durch juristische Personen nicht ersetzt werden.

Zu einem massiven Handicap wird die linkskonservative Grundhaltung von Regierung und Parlament in der Frage der Abgeltung von Zentrumsleistungen auf bilateraler interkantonaler Ebene werden. Nach der Annahme des Neuen Finanzausgleichs und der neuen Finanzordnung des Bundes wird der Kanton Basel-Landschaft, der auf Bundesebene zum Nettozahler wird, noch weniger Interesse als je zuvor haben, einem durch den aufgeblasenen Verwaltungsapparat träge gewordenen Stadtkanton finanziell unter die Arme zu greifen. Die linksgrüne Mehrheit wird sich mit intensiven Verteilungskämpfen konfrontiert sehen, und es ist nicht anzunehmen, dass sie ihre treue, im Wesentlichen mit  Steuergeldern finanzierte Klientel vor den Kopf stossen wird.

Die Resultate dieses schweizerischen Wahlherbstes haben einen starken Trend zur Polarisierung zwischen städtischen Zentren und ihrem Umfeld aufgezeigt. Während die daraus resultierenden Konflikte in Flächenkantonen wie Zürich und Bern auf innerkantonaler, parlamentarischer Ebene und schliesslich auch vom Souverän ausgetragen - und abgetragen - werden können, fehlt dem Stadtkanton Basel ein solches staatsrechtliches Instrumentarium. Die daraus resultierenden Streitereien zwischen Basel-Stadt und Baselland  – zwischen linksgrünen Gutmenschen und rechtsnationalen Kraftmenschen – werden hüben und drüben viel politische Kraft verschleissen. Die Parlamente beider Basel werden deshalb gut beraten sein, durch Intensivierung der interparlamentarischen Kontakte und durch eine Synchronisierung der Agenden wenigstens Rauchsignale auszutauschen, die zeigen, dass die Anliegen des Partnerkantons ernst genommen werden.

Dass all dies mit einem Regierungsrat Mike Bammatter als Go-Between leichter geworden wäre, ist eine Erkenntnis, die bei einer Mehrheit der Wählerinnen und Wähler an diesem Wochenende noch nicht gereift war.

Hans Ulrich Iselin
Riehen



"LDP und FDP müssen fusionieren"

Ich gehe davon aus, dass die SP und die Grünen heute einen Dankesbrief nach Bern geschickt haben. Dort regiert im Bundesrat ihr bester Wahlhelfer: Christoph Blocher. In den Niederungen der Tagespolitik angekommen, wird Links-Grün jedoch sehr rasch feststellen, dass "anti-etwas" noch kein Regierungsprogramm ist. Da geht es um den Topf mit Geld, der verteilt werden kann. Das geht nur mit einer gesunden Portion Pragmatismus. Das zentrale Thema von Links-Grün in den nächsten vier Jahren wird demnach sein, wie man die eigene Klientel enttäuscht, ohne dass sie es merkt.

Wenn also Kulturschaffende also ernsthaft damit rechnen, nun nicht mehr um jeden Rappen kämpfen zu müssen, wird es spätestens 2006, wenn sich die Sparschraube in diesem Bereich zu drehen beginnt, ein enttäuschtes Erwachen geben. Wenn die Grünen ernsthaft davon ausgehen, dass sich die neue Regierung beispielsweise zu einer Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern durchringen wird, dann werden auch diese Wähler frustreiche Momente erleben. Und wenn irgend jemand glaubt, man/frau werde mit höheren Steuern, die man "den Reichen" abknöpft, die Bildungslandschaft vom Kindergarten bis zur Uni aufmöbeln, dann wird auch diese Klientel sehr rasch feststellen, dass eine links dominierte Regierung nichts anderes tun kann, als "bürgerliche" Politik zu machen. Was übrig bleibt, ist, jede kosmetische Übung als grundsätzlichen Richtungswechsel zu verkaufen.

Für die bürgerlichen Parteien ist die Ausgangslage, die der Wahlsonntag geschaffen hat, sehr komfortabel. Sie können sich jetzt nämlich in aller Ruhe zunächst einmal mit sich selbst beschäftigen. Dass heisst, es kann jetzt darüber gestritten werden, was denn eigentlich bürgerliche Politik sei. Die nicht mehr zu rettende Absteigerpartei LDP kann ihre Position zum Freisinn klären und unabhängig von der persönlichen Meinung ihres Regierungsrates in den nächsten vier Jahren die Weichen für eine gemeinsame Zunft mit der FDP stellen. Auch wenn das schmerzt.

Das Beispiel DSP zeigt jedoch deutlich, wie die Launen eines Regierungsrates innert Stunden eine Partei an den Rand des Abgrunds bringen können. Zumal dann, wenn nicht das eigene Lager, sondern die Wähler des politischen Gegners über Wohl und Wehe dieses Regierungsratssitzes entscheiden. Eine neue, mit klugen Köpfen verstärkte FDP, stark auch durch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, wäre dann die optimale Ausgangslage für die Wahlen in vier Jahren. Den Part der rechten Polteri-Partei kann mangels Attraktivität für kluge Köpfe auch künftig der SVP überlassen werden, was strategisch auch nicht schlecht ist. Basel zeichnet sich nun mal durch eine gute Portion Vernunft aus, besonders im bürgerlichen Lager.

Manfred Messmer
Basel



"Herzliche Gratulation an die Polit-Architekten Herzog & de Morin"

Herzliche Gratulation entbiete ich dem neuen Basler Polit-Architekturteam "Herzog und de Morin"! Die neue Regierungsmehrheit verspricht, uns aus dem selbstdeklarierten Jammertal der Bürgerlichen hinauszuführen hin zu einem Basel, welches nicht nur aus Wirtschaft und Finanzen, sondern vielmehr aus Lebenskultur und Zukunftsfähigkeit besteht.

Dieter Stumpf-Sachs
Basel



"Der Bevölkerungsschwund hat bürgerliche Wurzeln"

Wie man überall hören und lesen konnte, sind im Kanton Basel-Stadt seit 1950 die so genannten "Bürgerlichen" mit einer Regierungsratsmehrheit am Werk gewesen. Seit etwa 1965 nimmt die Bevölkerungszahl des Kantons Basel-Stadt kontinuierlich ab. Waren es in den mittleren sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts noch über 240'000 Kantonseinwohner, so sind es heute noch knapp 180'000. Die markante Bevölkerungsabnahme fand statt in der "Herrschaftszeit" der bürgerlichen Mehrheit.

Wie kommt nun ein Herr René Schmidlin aus Riehen dazu, die Bevölkerungsstatistik von heute wegen der neuen Regierungsmehrheit quasi "anhängen" zu wollen, während er kein Wort über den Bevölkerungsschwund in der Zeit der bürgerlichen Mehrheit in Parlament und Regierung verliert? Das zeigt, wie geradezu lächerlich in sogenannt bürgerlichen Kreisen argumentiert wird. Von Faktenkenntnis keine Spur!

Nur nebenbei sei es bemerkt: Die seit inzwischen 14 Jahren rot-grün regierte Stadt Zürich hat in ihrer Regierungszeit namhafte weltweit operierende Firmen in ihre Stadt geholt. Sie hat Budgets vorgelegt und eingehalten, die sich, vergleicht man sie mit dem "bürgerlich" regierten Kanton Zürich, nicht nur hervorragend ausnehmen, sondern auch realistisch und substanziell richtig gehandhabt worden sind. Dasselbe gilt für die Stadt Bern und für die Stadt Lausanne - und ist jeweils in den bürgerlich dominierten Kantonsregierungen der Städte ganz anders.

Also: Realitäten ansehen, nicht irgendwelche dümmlichen Phrasen dreschen.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Jetzt können die Bürgerlichen Oppositionspolitik betrieben"

Nun hat Basel eine linke Regierung und ein linkes Parlament. Die Linken haben zusammen mit den extremen Linken gewonnen. Daran sind auch die Bürgerlichen schuld, die nicht geschlossen für ihren Kandidaten eingestanden sind. Diese Wende ist eigentlich gar nicht so schlecht für Basel, das immer röter geworden ist. Wenn nun die Linken glauben, sie könnten noch mehr Steuern einfordern, so haben sie die Rechnung sicher ohne den Wirt gemacht. In diesem Fall werden Firmen ihren Sitz verlegen und bürgerliche Stimmbürger werden Basel verlassen. Nun haben die Bürgerlichen erstmals Gelegenheit, eine gute Oppositionspolitik zu betreiben und müssen nicht mehr Rücksicht auf die Regierungsmehrheit nehmen.

Felix Schäfli
Hersberg



"Linke Parteien machen menschlichere Politik"

Wen wunderts, wenn langsam immer mehr bürgerliche Wähler aus dem Mittelstand rot-grün wählen, zumal die Profite der Wirtschaft ausschliesslich durch Manager abgesahnt werden, deren Appetit keine Grenzen mehr kennt. Der Mittelstand kann kaum mehr den Besitzstand halten und wird finanziell mehr und mehr ausgeblutet, ja sogar bei den Renten beklaut. Die Schere zwischen arm und reich wird nun auch in der Schweiz immer ausgeprägter und in diesem Notstand vertrauen sich mehr und mehr Wähler der menschlicheren Politik linker Parteien an.

Jakob Weber
Riehen



"FDP, CVP und Liberale sollten endlich Nägel mit Köpfen machen"

Nicht wirklich überraschen kann, dass es ein politisch gänzlich Unbekannter - den die PR-Strategen mit einer avantgardistischen Pampers-Kampagne in einer Art und Weise positionierten, die offenkundig nicht zielführend sein konnte -gegen einen privat wirtschaftenden, erfahrenen und charismatischen Arzt und Basler Politiker verloren hat. Anstatt in jenes unselige, seit neun Jahren - mit der Ausnahme von Christoph Eymanns, auch er ein Mann ausserordentlichen Charismas - wonnig praktizierte Lamentieren zu verfallen, sollten sich die "bürgerlich-liberale" FDP, die "liberal-soziale" CVP und die "liberal-liberalen" Liberalen zu einer Zäsur zurückziehen und nun endlich programmatische und strukturelle Nägel mit Köpfen machen. Sie sollten sich des gemeinsamen Nenners nicht nur erinnern, sondern sich expressis verbis dazu bekennen.

Und, wer weiss, vielleicht geht gar Urs Schweizer in sich und hinterfragt seine eigenwillige Art der "Konsensfindung". Tut er dies schonungslos selbstkritisch, so würde er ohne Zweifel zum Schluss kommen: Die Zeit ist reif, Hanspeter Gass Platz zu machen. Dann könnte man in der Tat über neue Formen der Zusammenarbeit sprechen, die hingegen ganz bestimmt sicher nicht "Fusion" heissen werden!

Patric C. Friedlin
Basel



"Linker Erfolg auch dank Eingebürgerten"

Wer nicht hören will, muss fühlen. Das Resultat ist die Fortsetzung der Nationalratswahlen. Bereits damals wurde klar, dass die traditionellen Bürgerlichen nicht mehr mehrheitsfähig sind. Bei einer Zusammenarbeit mit der SVP wäre wohl schon bei den Nationalratswahlen alles anders gekommen. Sie hätten den Sitz von Frau Wirz nicht an die Linke verloren. Solang Leute in diesen drei Parteien von politischem Kalkül reden und nicht rechnen können, jegliche strategische Zusammenarbeit verweigern in der irrigen Meinung sind, sie seien die Besten, so lange werden die traditionellen Bürgerlichen weiter reduziert.

Es ist zu hoffen, dass die Vernunft siegen wird und sie sich in den nächsten vier  Jahren von den Linken klar abgrenzen, statt die SVP zu bekämpfen. Die SP kann eben unterscheiden zwischen politischem Kalkül und Sachgeschäften. Wobei nicht zu vergessen ist, dass die SP diese Wähleranteile nicht zu letzt auch dank den Eingebürgerten realisiert hat. Ein gefährliches Spiel, das die SP und das Grüne Bündnis betreiben. Dieses wird sich in wenigen Jahren als Bummerang erweisen und ihre Wähleranteile schrumpfen lassen. Dann nämlich, wenn diese flügge geworden sind und ihre eigenen Parteien haben werden. Diese werden, dann ganz bestimmt bürgerlicher als die SVP sein und es wird heissen: Frauen zurück an den Herd.

Angelika Zanolari
Präsidentin SVP
Basel



"Die Zukunft wird die Linke schnell einholen"

Ich bin mit Ihnen einverstanden, dass die rote Regierung auch nur mit Wasser kochen wird. Dass Sie aber Herr Morin als "unideologisch" bezeichnen, scheint mir doch sehr mutig. Vielleicht wird er in der Realität der Politik sich etwas zurückhalten, es ist mindestems zu hoffen. Einverstanden bin ich jedoch, dass die neue Regierung sehr viele Wähler enttäuschen wird, die realisieren müssen, dass linke Politik auch nicht Wunder vollbringen kann, sondern sich an der (finanziellen) Realität ausrichten muss. Ich bin nur gespannt, wie sich die Steuerkraft der Bevölkerung entwickeln wird, denn die absolute Anzahl der Einwohner sagt noch nichts über deren Steuerkraft aus. Und da seh ich schwarz, sehr schwarz.

Zwar habe ich keine Freude an diesem Wahlergebnis, aber wenn ich sehe, dass ein SP-Finanzkommissionspräsident bezüglich der Pensionskasse des Staatspersonals absolut bürgerliche Meinungen vertritt, so bin ich zuversichtlich, dass die in die Verantwortung genommene SP von den nicht ideoligisch agierenden Politgrössen in Schranken gehalten wird und sich die gemässigten SP-Politiker in Zukunft durchsetzen.

Ein Vorteil hat die linke Mehrheit: Die Sparpakete werden leichter realisierbar sein und wer glaubt, dass nun nicht mehr gespart wird oder werden muss, der verkennt, dass die vernünftigen SP-Politiker schon längst die Notwendigkeit von Sparpaketen eingesehen haben. Und nachdem alle Sparpakete einvernehmlich von der Regierung beschlossen wurden, wird es auch in Zukunft keine "revolutionären" neuen Sparvorschläge geben. Die Realität wird die Linke (aber speziell die Grünen) schnell einholen.
 
Es wird in Zukunft auf alle Fälle spannend in der Basler Politik und ich bin überzeugt, dass sich das Wahlergebnis auch in der Bevölkerungsstatistik niederschlagen wird.

René Schmidlin
Riehen



"Wahlversprechen jetzt einlösen"

Die Sozialdemokraten und die Grünen müssen nun zeigen und in die Tat umsetzen, was sie dem Volk in diesem Wahlkampf versprochen haben. Ich bin gespannt, wie wir die kommenden vier Jahre mit der linken Mehrheit in Regierung und Parlament bewerkstelligen können. Ich werde genau hinschauen und mit meinen Parteifreunden in vier Jahren Bilanz ziehen. Jetzt müssen die rot-grünen Architekten "Herzog und deMorin" an die Säcke. Ausreden gibt es kein mehr.

Michel-Remo Lussana
Basel



"Das bürgerliche trauerspiel ist bezeichnend"

Analog der Mehrheit im Parlament, haben nun also die Sozialisten auch die Mehrheit in der Regierung. Es wird spannend, denn nun müssen die rot-grünen Parteien endlich beweisen, was sie können. Die vollmundigen Versprechungen werden kaum eingehalten werden können, die Linken werden unseren Kanton noch mehr versozialisieren und damit die Wirtschaft und den gesamten Kanton schwächen, wie dies bereits in den vergangenen vier Jahren der Fall war. Nun aber stehen sie in der Verantwortung, sie müssen endgültig Farbe bekennen.

Ich bin überzeugt, dass der Nebel sehr schnell wieder aufziehen und das Volk im Jahre 2008 dieser verfehlten Politik die rote Karte zeigen wird. Das bürgerliche Trauerspiel ist bezeichnend für die Verfassung von FDP, LDP und CVP. Einmal mehr wurde es verpasst, der Linken gemeinsam Paroli zu bieten, man wünschte sich auch dieses Mal eine "SVP-freie Zone". Dies ist ihnen nicht gelungen, sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht und müssen nun ihre Konsequenzen ziehen. Es bleibt zu wünschen, dass die konservativen Kräfte insbesondere von FDP und LDP ihre Haltung überdenken und sich aus den Krallen der "Linken und Netten" lösen. Verfolgt man die baselstädtische Politik aber genauer, wird man diese Hoffnung wahrscheinlich schon bald wieder aufgeben müssen.

Joel A. Thüring
Basel



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