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"Gemäss Vertrag zu Ende gebaut": Süderweiterung am Investitionsobjekt EuroAirport


Basler EuroAirport wird zum Risikoposten

Gross-Investitionen, sinkende Passagierzahlen und rote Zahlen sind Krisen-Symptome: Zusätzliche öffentliche Beiträge nicht mehr ausgeschlossen


VON PETER KNECHTLI

Der Basler EuroAirport befindet sich in einem rasanten Sinkflug: Die Passagierzahlen brechen dramatisch ein, die Finanzlasten steigen und die Bilanz zeigt rote Zahlen. Die Perspektiven sind derzeit alles andere als rosig: Das Hub-Konzept ist gestorben, die Swiss zieht schleichend nach Zürich. Bleibt der Luftverkehr am Boden, will Verwaltungsrats-Vizepräsident Edi Belser langfristig zusätzliche staatliche Zuschüsse nicht ausschliessen. Die parlamentarischen Finanzprüfer werden allmählich hellhörig.

Der Blick auf den Basler Flughafen, auf elsässischem Boden gelegen, könnte aus einem Bilderbuch der Boom-Jahre stammen: Neues Bürogebäude, neuer Hangar und neues Parking am Hauptsitz der Swiss. Eine Autominute entfernt signalisieren sich in den Himmel reckende Kräne den grössten Expansionsschritt in der Geschichte des EuroAirports Basel-Mulhouse-Freiburg.

Starker Kontrast zwischen Sein und Soll

350 Millionen Franken verbaut der einzige binationale Flughafen der Welt seit Herbst 1998: Weit ausladende Terminals, ein Y-Fingerdock, das 24 Flugzeugen gleichzeitig Platz bietet, ein Wartesaal mit 400 Plätzen, Parkhäuser und Vorfahrten. Die französische Norderweiterung wurde am 28. November letzten Jahres eingeweiht, die schweizerische Süderweiterung ist noch im Bau. Anfang 2004 soll der Terminalausbau abgeschlossen sein und damit - gemäss offizieller Bewertung - "einer der besten Regionalflughäfen Europas" werden.

Doch die generöse Ausstattung kontrastiert bizarr mit der aktuellen Flaute im Basler Flugzentrum. "Der EuroAirport ist ein sterbender Flughafen", meint resigniert ein Swiss-Pilot. Auf dem Vorfeld herrschte früher ein Gedränge, dass Piloten auf Parkiermöglichkeiten warten mussten. "Heute ist gähnende Leere." Auch die Abfertigungshallen (Bild) bieten sich ausserhalb der Spitzen oft als Einöde dar, die auch im Parking- und Eingangsbereich zu beobachten ist.

Das aviatische Expansionsprojekt stammt aus einer Zeit, in der Moritz
Suter mit seiner Crossair das wachstumsorientierte Eurocross-Konzept als Plattform für schnelle Anschlussverbindungen entwarf und die Passagierprognosen anhaltend steil nach oben zeigten. Doch in den letzten zwei Jahren sank die Zahl der Flugreisenden um 20 Prozent auf gut drei Millionen. Das ist genau die Hälfte der Kapazität, die bald zur Verfügung steht. Gleichzeitig stieg die Zahl der Mitarbeitenden innerhalb eines Jahres von 6'840 auf 7'000.

Im Sinkflug befindet sich die Zahl der Destinationen, die innerhalb des vergangenen Jahres von 105 auf 86 schrumpfte. So fielen Göteborg und Alicante dem ersten Streichkonzert der Swiss zum Opfer. Reduziert wurden die Flüge nach Kopenhagen sowie jene von Bern und Lugano nach Basel.

"IG Luftfahrt" fordert: "Blitzartig mit andern verhandeln"

"Auch wir sind absolut im Ungewissen", klagt Flughafen-Sprecher Andreas Hatt. Mit Grund: Die neue Schweizer Airline mit ihrem Verkehrsanteil von gegen 50 Prozent ist ein Klumpenrisiko. Die Aussichten seien
Passagiere Prognosen
(in Mio.)
Passagiere real
(in Mio.)
1995 2,3
2000 3,1
2005 4
2010 5

1995 2,4
1996 2,4
1997 2,7
1998 3
1999 3,6
2000 3,8
2001 3,5
2002 3,1
unberechenbar wie kaum zuvor: Das Jahr 2003 könne Basel "noch einige Überraschungen bringen".

Im Interesse der regionalen Wirtschaft und des Standorts Basel müsse der Flughof im Dreiländereck jetzt "blitzartig" mit anderen Airlines wie der Lufthansa oder Billiganbietern ("besser als nichts") eine Direktflug-Ergänzung zur Swiss aufbauen, um ein Desaster zu verhindern, fordert Elisabeth Simonius, Präsidentin der Basler "IG Luftverkehr", in deren Vorstand sich pikanterweise noch vor kurzem der abgesägte Swiss-Marektingchef Arjen Pen befand. Seit sich die Swiss schleichend aus Basel zurückzieht, schwindet der Sukkurs in regionalen Luftfahrtkreisen. Wie vom Überlebenstrieb gepackt, erkennen Aviatik-Profis in einer möglichen Swiss-Bruchlandung bereits eine "Chance": "Dann würden Linien frei, die andere Anbieter nutzen können."

Ungebremster Optimismus im Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat markiert indes visionären Optimismus. Der Verkehrseinbruch habe nur "temporären Charakter" und sei "bald überwunden", fasst Airport-Direktor Jürg Rämi die Stimmung zusammen. Ohne erneuten Einbruch könne der Flughafen die Grossinvestition "gut verkraften". Gemäss Verwaltungsrats-Vizepräsident Edi Belser wird "fertig gebaut, was wir vertraglich vereinbart haben". Ein Baustopp sei nicht
"Es wird fertig gebaut,
was vertraglich vereinbart wurde."
vorgsehen, dagegen würden andere, nicht vertraglich gebundene Investitionen "auf ein sicherheitstechnisch und betrieblich sinnvolles Minimum reduziert".

"Planmässig unter Kontrolle" sind laut Hatt die Verzinsung und Amortisation der Darlehen in Höhe von rund 150 Millionen Franken. Auch in einer Baisse dürfe nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Ausbau auf einen Zeithorizont von 30 bis 40 Jahren ausgerichtet sei. Dennoch verdüstert sich der finanzielle Horizont: Der Selbstfinanzierungsgrad sank im Jahr 2001 um sechs auf 33 Prozent, der Betrieb schloss erstmals mit 1,2 Millionen Franken Defizit ab, das der Flughafen aus den eigenen Reserven decken konnte. Die noch nicht publizierte letztjährige Rechnung soll erneut im Minus liegen, der Flughafen spricht von einem "in etwa ausgeglichenen Ergebnis". Für dieses Jahr werde ein Wachstum von fünf Prozent erwartet. Was aber, wenn George W. Bush zum Irak-Krieg bläst und wachsende Terrorgefahr Geschäftsleben und Tourismus lahmlegt?

Unter Parlamentariern wächst Beunruhigung

"Diese Entwicklung ist beunruhigend", sorgt sich Daniel Wunderlin, der Präsident der grossrätlichen Finanzkommission. Da sich gemäss Staatsvertrag Basel-Stadt und der Bund sowie Frankreich in ein allfälliges
Defizit teilen müssten, will Wunderlin den Flughafen "verstärkt unter die Lupe nehmen". Denn allein die Swiss-
"Edi Belser schliesst neue Staatsbeiträge an den Basler Airport nicht aus."
Aktien, die Basel-Stadt kaufte, "um den Luftverkehr am Leben zu erhalten, sind ein Fass ohne Boden".

Erst langsam wachsen am Rheinknie Zweifel an der offiziellen Beteuerung im Zuge des 50-jährigen Jubiläums des Staatsvertrags im Jahr 1999, wonach der EuroAirport Investitionen seine Investitionen künftig aus eigenen Mitteln und ohne Staatszuschüsse finanzieren muss. Diese Prämisse mag Verwaltungsrats-Vize Edi Belser angesichts der generellen Unsicherheit jedenfalls nicht bekräftigen: Falls der Luftverkehr nachhaltig zurück gehe, sei "nicht ausschliessen, dass der Flughafen langfristig nochmals öffentliche Mittel braucht".

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ECHO

"Bald eine Bauruine mit TGV-Anschluss?"

Hätte man das baselstädtische Engagement zur Swiss-Gründung dem Souverän vorgelegt - die 30 Millionen Franken wären nicht gesprochen worden. Offenbar meint die Mehrheit der Politiker immer noch, sie habe mehr Weitsicht und Intelligenz als der normalsterbliche Bürger. Wake up! ist man geneigt zu rufen. Vom Flughafen Strasbourg kann man mit Ryanair inzwischen für etwa 75 Franken nach London retour fliegen, und hier in Basel tut man so, als werde dann alles nicht so heiss gegessen, wie's gekocht wird. Das Gegenteil scheint der Fall: JETZT müssten Politiker und Gremien rund um den Flughafen Basel-Mulhouse die Weichen stellen für die Zeit nach Swiss. Konsequenterweise heisst das die Aufnahme von Verhandlungen mit Easy-Jet und Ryanair, sonst ist der Zug bald abgefahren, und im Worst-case-Szenario der Flughafen bald eine Bauruine mit TGV-Anschluss. Politiker werden gewählt und berufen, um Tendenzen rechtzeitig zu erkennen, und nicht dafür, um mit Wehklagen logische Konsequenzen zu bedauern.

Karl Linder
Basel

3. Februar 2003

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