Montage © OnlineReports Fragen nachträglich eingefügt: Umstrittenes Interview des Kommissionsberichts Neue Runde im Liestaler Spital-Streit: Arcoplan fordert Berichtigung Bau- und Planungskommission suggerierte Interview mit nachträglich eingesetzten Fragen VON PETER KNECHTLI Der Streit um die Kostenüberschreitung bei der Sanierung des Kantonsspitals Liestal geht in eine neue Runde: Die Basler Architekturfirma Arcoplan fordert eine Berichtigung der Vorlage der landrätlichen Bau- und Planungskommission. Grund: Der Bericht enthält ein Interview, das so nie geführt worden war. Die Kommission benutzte Arcoplan-Unterlagen und setzte die Fragen dazu nachträglich ein. Selbst unmittelbar vor den Festtagen kehrt im Streit um die Kostenüberschreitung bei der Sanierung des Kantonsspitals Liestal keine Ruhe ein. Grund ist der lange erwartete Bericht der landrätlichen Bau- und Planungskommission zu diesem brisanten Geschäft, bei dem es letztlich um die Verantwortung der Bau- und Umweltschutzdirektorin Elsbeth Schneider geht. Sie hatte bei der Behandlung der letzten Kostenüberschreitung im Februar 1999 dem Parlament versprochen, solches werde sich nicht wiederholen. Am kommenden 10. Januar stehen im Landrat erneut 18 Millionen Franken Nachtrags- und Zusatzkredite für den Spitalbau zur Diskussion. "Möglicherweise strafrechtliche Fragen" Als Arcoplan-Chef Ulrich Raeber dieser Tage den Kommissionsbericht studierte, traute er seinen Augen kaum: Dem dreiseitigen Bericht mit allgemeinen bekannten Erläuterungen folgt ein 17-seitiger Anhang in Interviewform ("Fragen- und Antwortenkatalog"), in dem sowohl Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) wie Arcoplan abwechselnd auf konkrete Fragen antworten. Pikant daran: Nur bei den Fragen 30 bis 36 handelt es sich um authentische Antworten auf Antworten, die Arcoplan an der Kommissionssitzung vom 16. August gestellt worden waren. Alle andern Antworten entnahm Kommissionspräsident Karl Rudin der 20-seitigen Dokumentation "Zusammenfassung der (wichtigsten) Standpunkte der Architektin mit Beilagen", die Arcoplan der Kommission abgegeben hatte. Offenbar hatte Kommissionspräsident Rudin die Fragen dazu dieser Tage
Für Arcoplan ist dieses Vorgehen unhaltbar: In einem Schreiben an die Landeskanzlei vom 22. Dezember bittet das erbittert kämpfende KMU, gegenüber sämtlichen Adressaten dieses Berichts - Landratsmitglieder, Medien, und Internet - "um eine unverzügliche Veröffentlichung" einer "Richtigstellung" - verbunden mit einem Rückzug und Neufassung des Kommissionsberichts. Die Richtigstellung soll deutlich machen, dass die im Anhang des Kommissionsberichts veröffentlichten Fragen "der Arcoplan nie zur Stellungnahme zugestellt" worden seien. Es handelt sich bei den "Antworten Arcoplan" um "selektive und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate" aus dem der Kommission abgegebenen Unterlage. Arcoplan fordert, dass der Bericht der Bau- und Planungskommission "zurückgezogen und in den kommenden Tagen in überarbeiteter Form neu veröffentlicht" werde. Das von der Bau- und Planungskommission gewählte Vorgehen sei "fragwürdig und verletzend, ganz zu schweigen, von den zahlreichen rechtlichen (einschliesslich möglicherweise strafrechtlicher) Fragen, die hier aufgeworfen werden". Die Kommission hat einen Papierberg mit Inhaltsmaus geboren Der Bau und Planungskommission kann nicht vorgeworfen werden, sie habe sich mit dem Streit-Objekt Kostenüberschreitung sowie insbesondere mit dem Verantwortlichkeits-Krieg zwischen der Bau- und Umweltschutzdirektion und der Basler Architekturfirma Arcoplan ungenügend auseinander gesetzt. Insbesondere Kommissionspräsident Rudin und sein Vize Remo Franz haben sogar noch versucht, das für den Kanton so der so kostspielige Schiedsgerichtsverfahren abzuwenden und zwischen den Parteien zu vermitteln.
Wer den Kommissionsbericht nun durchliest und Erkenntnisgewinn erwartet, wird enttäuscht: Die Kommission gibt ihre offensichtliche inhaltliche Überforderung an den Landrat weiter, ohne dies klar zu deklarieren. Dass beide Seiten Fehler begangen haben - dies die einzige handfeste Bewertung - ist nun wirklich ein Gemeinplatz. Und was die Landräte mit dem 17-seitigen Fragen- und Antwortenkatalog anfangen sollen, aus dem schon die Kommission kein Fazit zu ziehen vermag, ist vollends schleierhaft. Der Bericht ist ein Beleg getaner Arbeit, aber keine wirkliche Entscheidungshilfe. Vergeblich sucht man darin eine kritische Auseinandersetzung mit der Regierungsvorlage, die ein KMU offensiv in den Dunstkreis krimineller Machenschaften stellt, ohne selbstkritisch auf offensichtliche eigene Fehler einzugehen. Die Kommission scheint sich an diesem Vorgehen nicht zu stören. Ermittlungsfähigkeit hat nachgelassen Es geht hier nicht darum, der einen oder andern Partei das Wort zu reden. Es bleibt offen, ob sich Grundlegendes geändert hätte, wenn das Interview der Parlamentarier mit den beiden Parteien authentisch geführt worden wäre. Doch eine Erkenntnis schafft der Kommissionsbericht: Parlamentarische Arbeit tritt zunehmend an Ort. Die Regierung trat in ihrem Bericht in einer selten klaren Form die Schuld mehr oder weniger pauschal an die Auftragnehmer ab. Von der Bau- und Planungskommission wäre zu erwarten gewesen, dass sie sich mindestens zu Form, Inhalt sowie zur Berechtigung der pauschalen Anschuldigungen äussert. Schliesslich ist sie nicht nur eine Spezialkommission, sondern auch Teil der parlamentarischen Oberaufsicht. Auch wäre ein Kommentar über die Umstände, unter denen die Vermittlungsbemühungen der Kommissionsspitze gescheitert waren, angebracht gewesen. Wer im letzten Vierteljahrhundert die politische Arbeit im Baselbiet verfolgt hat, stellt fest, dass die parlamentarische Investigations-Fähigkeit eklatant nachgelassen hat. Man denke nur an messerscharfen Arbeiten, die Abgeordnete wie Rudolf Andreatta oder Christine Baltzer abgeliefert haben. An ihnen sind heutigen Rapporte zu messen. Schon in den ersten Januar-Wochen soll im Landrat über die Spitalkredite entschieden werden. Niemand glaubt im Ernst daran, dass es sich die Damen und Herren Landräte zum erstrangigen Ziel machen werden, den Kommissionsbericht über die Fest- und Feiertage seriös durchzuackern. So bleibt der parlamentarische Report das, was sich die Regierung nur wünschen konnte: Eine Alibi-Übung. 23. Dezember 2001 |
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© by Peter Knechtli