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Vorbemerkung: Die Nennung des vollen Namens des Angeschuldigten erfolgt in dessen ausdrücklichem Einverständnis

© Privatbild, OnlineReports, weitere Publikation ausdrücklich verboten

Weist Vorwürfe empört zurück: Angeschuldigter Politiker Samuel Wehrli, mit Tochter


Vorwurf sexueller Übergriffe gegen Baselbieter Politiker

Samuel Wehrli, Mitglied der Baselbieter CVP-Parteileitung, spricht von "Rufmord" und "Beugehaft"

VON PETER KNECHTLI

Während acht Wochen sass der Baselbieter CVP-Politiker Samuel Wehrli in Untersuchungshaft in Liestal. Grund: Verdacht auf sexuelle Verfehlungen an seiner heute 10jährigen Tochter. Der Angeschuldigte, der sich an OnlineReports wandte, weist die Vorwürfe entrüstet von sich und spricht von "Rufmord" und einer "Justizaffäre". Wie der Fall ausgeht, ist noch völlig offen.

Wie üblich ging der in Pratteln BL wohnhafte Samuel Wehrli (38) am Freitag, 7. Januar, seiner Arbeit als Financial Controller nach, als ihn die Polizei nachmittags um 15.15 Uhr am Arbeitsplatz abholte. Grund: "Sexuelle Handlungen mit Kindern, Vergewaltigung und Schändung". Wehrli verstand nach eigenem Bekunden die Welt nicht mehr: "Da bin ich im falschen Film."

Samuel Wehrli ist im Baselbiet kein Unbekannter. In seiner Wohngemeinde Pratteln wirkt er als Präsident der CVP-Einwohnerratsfaktion, sein Zwillingsbruder ist amtierender FDP-Gemeinderat. Auf kantonaler Ebene ist Samuel Wehrli Mitglied der kantonalen CVP-Parteileitung, als initiativer Parteidiener organisierte er letzten August in Pratteln das Ruth-Metzler-Fest. Einzelne interne Stimmen möchten gar, dass der sich dereinst um die Nachfolge der christdemokratischen Regierungsrätin Elsbeth Schneider bewirbt. Bei ihrer Wiederwahl letztes Jahr stand Wehrli ebenso an der Spitze des Wahlkampf-Teams wie bei den Nationalratswahlen vom vergangenen Herbst.

Anzeige durch Ex-Ehefrau

Angezeigt wurde Wehrli durch seine ehemalige Ehefrau, die sich von ihm 1992 hatte scheiden lassen und mit ihrer gemeinsamen Tochter Melissa* in einer Gemeinde des Kantons Zürich wohnt.

Laut Angaben des heute zehnjährigen Mädchens soll der Vater es bei der Wahrnehmung des Besuchs- und Ferienrechts seit 1996 "mehrmals am Geschlechtsteil ausgegriffen" (so die Liestaler Verfahrensleiterin Patrizia Krug in einem Dokument) haben. Seit Anfang letztes Jahres soll er auch mehrmals versucht haben, mit seinem Penis in die Scheide der Tochter einzudringen. "Einmal", so der Vorwurf, "sei ihm dies auch gelungen". Ebenso habe er das Mädchen mit Farbstiften am After belästigt und ihm Sex-Fotos zugeschickt.

Der Angeschuldigte dementiert energisch

Der angeschuldigte Wehrli, nicht vorbestraft, weist alle Vorwürfe pauschal zurück. Gegenüber OnlineReports beteuerte er in Anwesenheit seines Vaters: "Es ist nicht das Geringste vorgefallen." Was ihm hingegen in den letzten Wochen angetan wurde, sei "Rufmord, verbunden mit ernstester Bedrohung meiner psychischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Existenz", schrieb er am Freitag an Freunde und Bekannte. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das "unglaubliche Beschuldigungsgebilde" seiner Tochter mit der Unterstützung oder Manipulation Dritter zustande gekommen sei.

Entsprechend schwer sind die Vorwürfe, die Wehrli an das untersuchende Statthalteramt Liestal richtet: "Es war eine Beugehaft, um mir ein Geständnis abzuringen." Die Verfahrensleiterin habe ihm trotz geltender Unschuldsvermutung gleich nach der Verhaftung aufgefordert, er solle doch die ihm zur Last gelegten Taten gleich zugeben. Wehrlis Vater gegenüber soll ein Justizbeamter bemerkt haben: "Für das, was Ihr Sohn machte, erhält er Jahre."

Verfahren "korrekt geleitet"

Wehrli, am 1. März nach acht Wochen aus der Haft entlassen, hatte sich erfolglos mit mehreren Beschwerden gegen den Gefängnisaufenthalt gewehrt. Auch forderte er die Absetzung der Verfahrensleiterin - was Statthalter Daniel Spichty entschieden ablehnte. Das Verfahren werde "speditiv und korrekt" geleitet.

Die Aussagen der bisher vorliegenden Gutachten geben unterschiedliche Verdachts-Hinweise. Bei der Hausdurchsuchung konnte laut Angaben Wehrlis keinerlei belastendes Material gefunden werden. Auf dem Fixleintuch in Melissas Kinderzimmer wurden wohl Anhaftungen von Vater und Tochter, aber keine Sperma-Spuren gefunden.

Ein gynäkologisches Gutachten des Zürcher Kinderspitals beschreibt an Melissa Veränderungen, die "als Folge von sexuellen Übergriffen interpretiert" werden könnten, dafür allein aber "nicht beweisend" seien. Das Jungfernhäutchen weise "keine Einrisse" auf.

Klarer sind Experten-Aussagen der Basler Familien- und Erziehungsberatung darüber, wie glaubwürdig das Mädchen die behaupteten sexuellen Übergriffe in einer Video-Aufnahme geschildert hatte. Melissa, so das Gutachten, erweise sich gesamthaft als "aussagetüchtige Zeugin, deren Aussagen relevante und erlebnisgestützte Qualitätsmerkmale aufweisen".

"Nicht erfreulich" für die CVP

Ob Samuel Wehrli Schuld trifft oder nicht, muss das Gericht entscheiden, falls die Staatsanwaltschaft dereinst Anklage erheben wird. Laut Untersuchungsrichter Spychty werden die Akten "in einem bis zwei Monaten an die Staatsanwaltschaft überwiesen". Sowohl Spichty wie seine Verfahrensleiterin wollten zum hängigen Verfahren nicht Stellung nehmen.

Regierungsrätin Elsbeth Schneider erklärte gegenüber OnlineReports, sie habe Wehrli als "wertvollen Kollegen in der Partei" schätzen gelernt, privat kenne sie ihn nicht. Sie habe ihm zwar während der Untersuchungshaft einen Brief geschrieben mit dem Angebot "Wenn Du mich brauchst, bin ich für Dich da", doch habe sie nicht gewusst, dass er sich gleich neben ihrem Regierungssitz im Liestaler Untersuchungsgefängnis befinde. Der Satz habe sich auf ihre Vermutung bezogen, es gehe Wehrli gesundheitlich schlecht. "Der Fall ist für die Partei nicht erfreulich", ergänzte CVP-Kantonalpräsident René Merz, der den Angeschuldigten als "sehr aktives Parteimitglied" respektiert, ihn aber nicht zur Elite der Hoffnungsträger zählt. Zum Fall selbst wollten und konnten sich weder Schneider noch Merz äussern.

"Das ist nicht wieder gut zu machen"

Ausstehend ist ein psychiatrisches Gutachten, das Wehrlis Zurechnungsfähigkeit abklären und auch Antworten darauf geben soll, ob er die öffentliche Sicherheit gefährde. "Unglaublich!", reagiert der Betroffene. "Was die Untersuchungsbehörden mir angetan haben, ist nicht wieder gut zu machen."

Am Montag ist in Pratteln Einwohnerratssitzung. Samuel Wehrli wird hingehen.
________
* Name geändert


VORWÜRFE ECHO FALL WEHRLI
Zum Bericht über die Kontroverse um Politiker Samuel Wehrli

Ich bedauere, dass der Name eines Verdächtigen voll ausgeschrieben wird. Das ist eine neue Form des Prangers vor der Verurteilung. (16. April 2000)

Angeline Fankhauser
Binningen

 

Ich bin sehr erstaunt darüber, dass der angeschuldigte Mann mit vollem Namen und politischer Bezeichnung genannt wird. Nicht, dass ich das allfällige Verbrechen billigen möchte. Aber offenbar ist der Fall immer noch in Untersuchung. Und gerade bei dieser Anschuldigung ist meiner Meinung nach grösste Sorgfalt angebracht. Wie die objektive Wahrheit aussieht, ist in solchen Fällen wohl sehr schwer zu eruieren. Auch können die Grenzen fliessend sein. Aber genau deshalb bin ich der Meinung, dass die Namensnennung vor einem gerichtlichen Schuldspruch sehr heikel ist. Ich will niemanden in Schutz nehmen, auch das allfällige Vergehen nicht verharmlosen. Aber solch ein Artikel mit Nennung von Namen und Ämtern kann jemandem das Leben ruinieren. In dubio pro reo. (16. April 2000)

Oliver Vischer
Basel

 

Da ich die Hintergründe gut kenne, verstehe ich Samuel Wehrlis Beweggründe für die Veröffentlichung seiner Geschichte. Ein Mensch der sich nichts zu schulden kommen lassen hat, wehrt sich für seine Würde und sein Ansehen. (17. April 2000)

Yvonne Meier
Riehen

 

Mein Zwillingsbruder Samuel hat die schweren, gegen ihn gerichteten Anschuldigungen nicht begangen. Ich bin von seiner Unschuld überzeugt, wie auch von seiner Kraft und inneren Stärke, die schwierige Zeit zu überstehen. (17. April 2000)

Rolf Wehrli
Gemeinderat FDP, Pratteln

 

Missbrauch an Kindern ist das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Wer das tut, darf nicht geschont werden. Sollte aber eine geschiedene Ehefrau zu solch einer Aussage greifen, um sich vielleicht in irgendeiner Weise zu rächen, ist sie keinesfalls besser, als ein tatsächlicher Täter. Ich kann oder will nicht glauben, dass Samuel Wehrli zu solch einer Tat fähig ist. Ich hoffe für ihn, dass sich alles aufklären und zum Guten wenden wird. (17. April 2000)

Beatrice Restle
Mitglied der CVP Pratteln

 

Im Fall meines Bruders Samuel Wehrli sind sich verschiedene Personen der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst und überfordert. Wenn Frau Patrizia Krug als "relativ frisch gebackene" Juristin in einer derartig heiklen Situation als Verfahrensleiterin eingesetzt wird, frage ich mich, ob die vorgesetzte Stelle sich ihrer Verantwortung gegenüber jungen Berufsleuten bewusst ist. Vielleicht mag Frau Krug über gute juristische Kenntnisse verfügen, aber sicher vefügt sie für diese schwierige Angelegenheit noch nicht über die notwendige Reife und Lebenserfahrung. Mit dieser hätte Sie die stark entlastenden Gutachten, welche zu der Haftentlassung meines Bruders geführt haben, wohl in zwei und nicht in acht Wochen zusammengetragen. Vielleicht wäre es für Untersuchungsbeamte gut, als Teil ihrer Ausbildung auch einmal in der Zelle ausharren zu müssen, um sich über die Tragweite ihres Tuns im Klaren zu sein! (17. April 2000)

Peter Wehrli
Muttenz

 

was mich erstaunt, ist die tatsache, dass ein beschuldigter beim namen genannt wird, ohne dass eine "tat" bewiesen ist. dass samuel wehrli aber mit ausdrücklichem einverständnis die volle namensnennung wollte, zeigt eigentlich, dass er von seiner unschuld überzeugt ist. sollte sich herausstellen, dass diese anschuldigung ein später racheakt seiner geschiedenen ehefrau ist, der psychische stress muss enorm sein. vor allem in der heutigen gesellschaft ist es sehr schwierig, auch nach einer gewonnenen schlammschlacht wieder fuss zu fassen. ich hoffe für samuel wehrli, dass er diese schwierige zeit ohne gesundheitlichen schaden zu nehmen, überstehen wird. (17. april 2000)

peter schweizer
architekt, fotograf, mensch, pratteln

 

Bei allem Verständnis für die Situation von Herrn Wehrli möchte ich daran erinnern, dass es die Pflicht unserer Behörden ist, gravierenden Hinweisen dieser Art nachzugehen, und zwar schon im Interesse des Kindes. Die ganze Kampagne erweckt bei mir den Eindruck, dass das Opfer und die Untersuchungsbehörden zum Täter und Herr Wehrli zum Opfer gemacht werden. Es wird Sache des Gerichts sein, über Schuld oder Unschuld zu urteilen. Der ganze Medienrummel wird der Wahrheitsfindung sicherlich nicht dienen. Wenn Herrn Wehrli soviel an seinem Kind liegt, dann ist es für mich unverständlich, dass er sich mit seiner Tochter abbilden lässt und Einzelheiten aus den Gutachten zitiert.

Attila Balás
Ingenieur HTL, Liestal

 

Ich kenne Samuel und seinen Bruder Rolf Wehrli schon seit vielen Jahre und bin auch in Pratteln aufgewachsen. Diese Anschuldigungen sind absolut aus der Luft gegriffen, davon bin ich fest überzeugt. Das Schlimme ist nur: Auch wenn er, sofern es überhaupt zu einer Anklage kommen wird, freigesprochen wird, wird es doch sein ganzes Leben beeinflussen. Das ist genau das, was seine Ex-Frau möchte und auch erreicht hat. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wieviel Macht die Frauen in der heutigen Zeit mit dem Thema Sex haben. Ich wünsche Samuel viel Kraft, um das Ganze durchzustehen, und hoffe dass er weiss, dass viele Leute hinter ihm stehen.

Franziska S. Castioni
Vancouver B.C., Canada

 

Die Anschuldigungen haben bei mir tiefe Betroffenheit aber auch unzählige Fragen ausgelöst. Sämi gehört seit Jahren zu meinem Freundeskreis. Er hat sich aus meiner Sicht stets vorbildlich um seine Tochter bemüht. Zentrales Thema oft stundenlanger Gespräche war dabei auch die Sorge um das Töchterchen und das gestörte Verhältnis zur Ex-Frau. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich Sämi etwas zu schulden kommen liess. Ich wünsche ihm viel Kraft dafür, dass es ihm gelingt, seine Unschuld zu beweisen und dass er seiner Tochter auch in Zukunft der beste Vater sein kann.

Astrid van der Haegen
Sissach

 

Ich habe die schriftliche Erklärung von Herrn Wehrli gelesen. Die ganze Geschichte ist für alle Beteiligten sehr belastend. Ich hoffe, Eltern und Tochter erhalten nicht nur juristische , sondern auch psychologische Unterstützung für diese schwierige Zeit.

Konrad Stettbacher
Küsnacht ZH

 


- Samuel Wehrlis Erklärung vom 17. April 2000 vor dem Einwohnerrat Pratteln
und die Interpellation von CVP-Landrat Uwe Klein vom 22. Juni 2000
-
Obergutachten vom 28. Juni 2001 zum Fall Wehrli
- Vorschau auf Strafprozess vom Mai 2002
- Der Freispruch
- Der Kommentar
-
Staatsanwalt zieht Urteil an Kantonsgericht weiter
- Urteil des Kantonsgerichts (zweite Instanz)


REPORTS intern
Diesmal: Namensnennung
Noch nie in der dynamischen Entwicklung von ONLINE REPORTS hat ein Beitrag derart viele spontane Reaktionen ausgelöst wie der von uns öffentlich gemachte "Fall Wehrli". Die Baselbieter Justiz wirft dem Prattler CVP-Politiker vor, er habe seine Tochter vergewaltigt, was er entrüstet bestreitet. Viele Leserinnen und Leser hat irritiert, dass wir den Namen des Angeschuldigten publizieren, obschon er nicht verurteilt ist und ihm somit die Unschuldsvermutung zusteht.

Samuel Wehrli - als Politiker ohne Frage eine Person des öffentlichen Interesses - hat den Weg zu einen ihm vertrauensvoll erscheinenden Journalisten und auch den Weg an die Öffentlichkeit gesucht. Im Verlaufe der Recherche hat er der Frage, ob er namentlich zu seiner Sache stehe, auch ausdrücklich zugestimmt. Samuel Wehrli stand und steht zu dieser Abmachung, wie auch die Erklärung im Prattler Einwohnerrat zeigt.

Dass Leserinnen und Leser, die dies nicht wussten, besorgt reagierten, ehrt sie: Sie haben sensibel die Problematik der Namensnennung von Angeschuldigten in Untersuchungsverfahren erkannt. Obschon der Fall Wehrli in mehrfacher Hinsicht aussergewöhnlich ist, wird ONLINE REPORTS auch in Zukunft mit der Namensnennung im Stadium der Unschuldsvermutung äusserst zurückhaltend umgehen und die Persönlichkeitsrechte ebenso schützen wie die Quellen unserer Information.

Redaktion OnlineReports

16. April 2000

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