© Foto OnlineReports ![]() "Pressefreiheit würde massiv eingeschränkt": TeleBasel-Chef Willy Surbeck Beschwerde-Erfolg für Basler Sittenpolizist Beschwerdeinstanz rüffelt TeleBasel wegen Bericht über umstrittenen Nachtclub-Besuch von Marcel Grand VON PETER KNECHTLI Eine Beschwerde des Basler Sittenpolizei-Chefbeamten Marcel Grand gegen TeleBasel hat die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio Fernsehen (UBI) gutgeheissen. Der Basler TV-Sender hatte berichtet, Grand habe sich von einer Nachtclub-Managerin in ein Konkurrenzlokal einladen lassen, das mit dem Chefbeamten auf Kriegsfuss steht. Offiziell heisst es, Grand habe das Lokal in "klar amtlichem Auftrag" aufgesucht. Soviel zum Sachverhalt: Sittenfahnder Marcel Grand, Leiter der "Fachgruppe 7" im Basler Polizeidepartement, hatte sich am 23. Oktober letzten Jahres in Begleitung von Irina Franz, der russischen Managerin des benachbarten Lokals "Happy Night", im konkurrierenden "Club 14" aufgehalten. In welcher Funktion der Chefbeamte das Lokal aufsuchte, ist nicht ganz klar: Laut Polizeisprecher Klaus Mannhart war er "klar in amtlichem Auftrag" unterwegs, die "Happy Night"-Chefin erklärte im Filmbeitrag jedoch, sie habe Grand "zu einem Mineralwasser eingeladen". Während des Besuchs habe die "Happy Night"-Chefin Bierdeckel gegen die "Star-Artistin Maryna" (clubeigene Einschätzung) geworfen - was die Managerin bestätigt - und mit dem Chefbeamten - was vehement bestritten wird - Zärtlichkeiten ausgetauscht. Massivste Vorwürfe gegen Sittenpolizisten Nach diesem Abend reichte Peter Senn, der Geschäftsführer des "Clubs 14" beim Basler Polizeidirektor Jörg Schild eine Beschwerde wegen "Geschäftsschädigung" ein. Darin erhob er massive Vorwürfe gegen Grand und die polizeilichen Bewilligungsbehörden - so wegen angeblichen Nötigungen, Korruption und Bestechung sowie Amtsgeheimnisverletzungen. In einem knapp viermütigen Beitrag berichtete der Basler TV-Sender TeleBasel am 11. November mit Namensnennung Grands und Verwendung eines Standbilds und der Textmarke "Unsittlich?" über den "Streit im Rotlichtmilieu" (Schlagzeile). Gegenstand des Berichts waren allerdings nicht die strafrechtlich relevanten Vorwürfe Senns an die Behörden, sondern die Tatsache und die Umstände des Chefbeamten-Besuchs im "Club
Der Bericht kam Grand in den falschen Hals: Er greife in "unzulässiger Weise" in seine Privatsphäre ein und habe die Persönlichkeitsrechte verletzt. Es habe "kein öffentliches Interesse" bestanden, die nicht präzisen Anschuldigungen des Nachtclubbetreibers in einem Fernsehbeitrag auszuschlachten. Der beanstandete Beitrag sei "unausgewogen, tendenziös und nicht objektiv" gewesen, monierte Grand und reichte am 9. Januar dieses Jahres bei der UBI Beschwerde ein. "Sachgerechtigkeitsgebot und Sorgfaltspflicht verletzt" Der jetzt veröffentlichte und begründete Entscheid heisst Grands Beschwerde gut. Der beanstandete Beitrag in der Nachrichtensendung "7 vor 7" habe die Programmbestimmungen verletzt. TeleBasel wird überdies aufgefordert, der Beschwerdeinstanz innert 60 Tagen seit Eröffnung dieses Entscheids Bericht über die getroffenen Vorkehren zu erstatten. Kernbegründung des Medien-Gerichts: Weil im Rotlichtmilieu-Beitrag "lediglich untergeordnete, wohl kaum strafrechtlich relevante Vorwürfe" gegen den Beschwerdeführer erhoben werden, seien auch die "Voraussetzungen für eine Nennung des Namens und der Ausstrahlung seines Bildes nicht gegeben". Von den "schwerwiegenden, gegebenenfalls wohl strafrechtlich relevanten Vorwürfen" sei im Beitrag nicht die Rede. Damit habe TeleBasel das "Sachgerechtigkeitsgebot" verletzt. Indem zudem "zentrale Fakten unerwähnt" blieben, habe der Sender auch journalistische Sorgfaltspflichten verletzt. TeleBasel geht vor Bundesgericht Wie Chefredaktor Willy Surbeck ("Ich stehe auch heute noch hinter dem Beitrag") gegenüber OnlineReports erklärte, wird TeleBasel den Entscheid der UBI "nicht akzeptieren" und ihn mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechten. Zwar übe die Beschwerdeinstanz keine Strafjustiz. "Falls sich jedoch künftig Justizbehörden solchen Argumentationen der UBI anschliessen sollten, würde die Pressefreiheit in der Schweiz massiv eingeschränkt. Berichterstattung über Konfliktfälle an der
Gründe dafür, Marcel Grand nicht mit Namen und Bild zu identifizieren, sieht Surbeck nicht: "Er ist eine öffentliche Person, weil er bereits früher in dieser Funktion mit seinem Bild im Basler Fernsehen aufgetreten ist." Zudem hätten Grand wie Senn im "Club 14" am fraglichen Abend "öffentlich und vor Zeugen ihre Meinungsverschiedenheiten miteinander ausgetragen". Somit habe "die Anonymität des Leiters der Basler Sittenpolizei seit dem 23. Oktober 2001 gar nicht mehr existiert". Grand will sich zu seinem Auftrag im Nachtclub nicht äussern Gegenüber OnlineReports zeigte sich Marcel Grand "erfreut" über das Urteil. Die Umstände des "Club 14"-Besuchs - der nach Grands Aussagen "zu fünft" erfolgte - bleiben somit schwierig zu klären. Weder mochte Grand seinen dienstlichen Auftrag zu konkretisieren, noch zur Einladung durch die "Happy Night"-Managerin Stellung nehmen: "Aus dienstlichen Gründen darf ich keine weitere Auskunft geben." Grand sagte einzig, es seien in jenem Stadtgebiet "Vorermittlungen getätigt" worden. Privat suche er nie Nachtlokale auf, schon gar nicht solche, mit denen er beruflich zu tun habe. Aufgrund des Entscheids sei "davon auszugehen", dass er Schadenersatzforderungen stellen werde. Strafrechtlich oder personalrechtlich relevantes Verhalten konnte Grand nicht nachgewiesen werden. Dies ist das Fazit einer Untersuchung, die ein ehemaliger Strafgerichtspräsident im Auftrag des Polizeidepartements im Anschluss an Senns Beschwerde durchführte. Schild erwägt Rotationssystem für sensible Fahdnungsbereiche Allerdings kommt Grand intern auch nicht ungeschoren davon: In einem Brief an den "Club 14"-Chef zeigt Polizeidirektor Jörg Schild Ende März Verständnis dafür, dass Senn Grands Besuch in Begleitung der Konkurrenz als "Provokation" empfand. Und weiter: "Aufgrund der bestehenden Spannungen zwischen Ihnen und der Geschäftsführerin des 'Happy Night' einerseits und den diversen Kontakten zwischen Ihnen und dem Fahndungsdienst im Zusammenhang mit unbewilligten Tänzerinnen anderseits muss dieses Vorgehen von Herrn Grand als problematisch bezeichnet werden." Schild kündigte auch an, "selbstverständlich" Abläufe,
Auf Anfrage von OnlineReports erklärte Jörg Schild, das Vorgehen sei "augenscheinlich nicht sehr geschickt" gewesen. Es zeige sich hier einmal mehr, "dass Mitarbeitende der Polizei, die mit besonders exponierten Bereichen wie dem Rotlichtmillieu befasst sind, auch besonders umsichtig und zurückhaltend zu agieren haben". Deshalb habe er persönlich "den Auftrag erteilt, dass diesem Aspekt in der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden in verstärktem Masse Aufmerksamkeit geschenkt wird". Zudem wünscht Schild, "dass auch geprüft wird, ob sich in besonders heiklen Arbeitsgebieten nicht ein Rotationssystem bezüglich eingesetzten Mitarbeitenden aufdrängt". "Club 14"-Angestelle erschossen Mit welchen Mitteln im Rotlichtmilieu gefochten wird, wurde erst vor wenigen Wochen deutlich: Im "Club 14" wurde eine Angestellte erschossen und Senn selbst durch einen Schuss verletzt. Vom Täter fehlt jede Spur. Die Akteure im Rotlicht-Streit
Kommentar 23. Mai 2002 |
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