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"Verkaufsverhandlung auf höchstem artistischem Niveau": Strategie-Berater Urs Eberhardt


"Der gemeinsame Nenner ist das Fusionieren"

Ein geheimes Strategiepapier enttarnt die Protagonisten der neuen Crossair als "reine Fusionstruppe": Kommt es zu einer neuen Auflage des gescheiterten Alcazar-Plans?

VON PETER KNECHTLI

Kaum haben die eidgenössischen Räte die Milliardenhilfe an die neue Crossair bewilligt, tauchen böse Zweifel auf: Was als "nationale Airline" mit massiven öffentlichen Mitteln aufgebaut wurde, könnte schon bald in einer europäischen Allianz oder gar in einer Fusion aufgehen. Dies geht aus einem Geheimpapier an die Basler Regierung und einige parlamentarier hervor, das OnlineReports zugespielt wurde. Nicht der Betrieb einer Schweizer Airline sei das langfristige Ziel des neuen Verwaltungsrates, sondern ihr Verkauf ins Ausland. OnlineReports konfrontierte den Verfasser mit seinen Thesen: Den Basler Politikberater Urs Eberhardt.

Im Bestreben, seine künftige Belegschaft mit einem Wir-Gefühl zu beflügeln, trat Crossair-Chef André Dosé am Freitag auf dem Flughafen Zürich vor 2'000 Swissair-Angestellte und rief ihnen zu: "Unsere Behörden ... wollen, dass unser Land auch weiterhin eine eigene nationale Airline hat. Dieses Ziel wollen wir gemeinsam erreichen und zusammen unsere Zukunft bauen."

"Ich erkannte nichts, was Sinn machte"

An diese Marschrichtung mag Urs Eberhardt (45) nicht glauben. Der frühere Werber und heutige Politik-Berater arbeitete im Gefolge des Swissair-Debakels für die Regierung des Kantons Basel-Stadt, mit einem Anteil von vier Prozent zweitgrösster Crossair-Aktionär.

Als der Steuerungsausschuss um Rainer W. Gut seine ersten Vorschläge zur Zusammensetzung des neuen Crossair-Verwaltungsrates unterbreitete, war Eberhardt nach eigenem Bekunden erst platt: "Ich erkannte nichts, was beim ersten Anblick Sinn macht." Darauf habe er "gutwillig" nach dem Know-how dieser sieben Leute für die
Der neue Verwaltungsrat besteht aus Finanz- und Fusionsspezialisten.“
Zukunft der neuen Airline gesucht: "Da merkte ich schnell, dass der gemeinsame Nenner von mindestens vier der sieben Namen das Fusionieren ist."

Ausser dem designierten Präsidenten, dem früheren KLM-Chef Pieter Bouw, habe er keine Persönlichkeit gefunden, die vom Airline-Geschäft auch wirklich etwas versteht. Selbst Bouw, der sich mit dem Northwest-Airlines-Deal vor mehr als einem Jahrzehnt selbst als "Erfinder der Airline-Allianzen" profilierte, sei nicht der Mann, der die neue Crossair langfristig als autonome Schweizer Fluggesellschaft positionieren wolle. Der französisch-schweizerische Doppelbürger Jacques Aigrain war weltweiter Chef für Merger & Acquisition bei JP Morgan. Der Amerikaner Philip H. Geier habe als Präsident und CEO die weltgrösste Kommunikations- und PR-Firma Interpublic "aus einer Reihe von Agentur-Networks zusammengeführt". Auch der Jurist Urs Rohner, Chef der Mediengruppe ProSieben-Sat.1, habe sich als "Fusionsspezialist" geoutet. Klare Finanzspezialisten sind Peter Siegenthaler als Chef der eidgenössischen Finanzverwaltung und der Tessiner Banker Claudio Generali.

Eberhardt folgert daraus: "Ein Verwaltungsrat dieser Zusammensetzung strebt nicht den Betrieb einer Airline, sondern eine gutes M&A-Design an. Da geht es "offensichtlich um eine Verkaufsverhandlung auf höchstem artistischen Niveau".

Kommt eine Neuauflage des gescheiterten Fusions-Projekts von 1993?

Die These, dass der neue Verwaltungsrat seinen Fokus auf eine rasche finanziellen Grossverschiebung ausrichtet, hätte auch eine historische Parallele: Sowohl Rainer E. Gut als SAirGroup-Verwaltungsrat wie Pieter Bouw waren zentrale Protagonisten des Fusionsprojekts Alcazar von Swissair, KLM, SAS und AUA, das 1993 an der Wahl des amerikanischen Partners scheiterte. Gut möglich, dass eine neue Variation von Alcazar,
Rainer E. Gut und Pieter Bouw waren zentrale Alcazar-Protagonisten.“
die beispielsweise KLM und British Airways ins Spiel bringt, schon bald von sich reden machen wird. In einem Interview mit der SonntagsZeitung bestätigte der designierte Präsident Pieter Bouw diese Tendenz: "Wir müssen eine ganze Reihe von Allianzen aufbauen." Bouw nennt Allianzen mit einer amerikanischen Airline, "dann mit einer in Südostasien, und schliesslich müssen wir die Möglichkeiten in Europa analysieren." Ausser den drei bestehenden Allianzen - Oneworld, Star Alliance und Skyteam - gebe es die Möglichkeit, "eine vierte zu bilden". Denn "die KLM oder Alitalia suchen auch Partner".

Strategieberater Eberhardt ist überzeugt, dass Gut und UBS-Präsident Marcel Ospel "nichts anderes im Sinn haben, als möglichst schnell aus diesem Debakel und dieser Verantwortung herauszukommen". Falls es der neuen Gesellschaft wirklich gelinge, billige Passagierkilometer zu produzieren, dann werde die neue Airline mit dem "Super-Brand Swissair und Europas bestem Regional-Carrier extrem attraktiv".

Eine wie auch immer geartete Fusion - ob mit KLM, British Airways oder Alitalia - könnte für die Investoren durchaus lohnend sein. Eberhardt: "Das Fatale aber sind die 1,5 Milliarden Franken Staatsgelder als Überbrückungshilfe. Denn es gibt dann keine nationale Airline mehr" - wie sie André Dosé eben noch beschworen hat.

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Das Geheimpapier: "Eine reine Fusionstruppe"

Der vom Steuerungsausschuss um Rainer E. Gut vorgeschlagene Verwaltungsrat der neuen Crossair sei eine "reine Fusionstruppe", heisst es in einem Geheimpapier an die Basler Regierung und einige Parlamentarier, das OnlineReports zugespielt wurde. Das Strategiedokument wurde vom Basler Politikberater Urs Eberhardt verfasst und äusserst sich zu den sieben bekannten Namen wie folgt:

Pieter Bouw: Perfekte Übergangslösung. In seinen letzten zehn Arbeitsjahren vor der Pensionierung praktisch nur mit Fusionen/Allianzen beschäftigt. Nach der Integration behält er sicher gern den irrelevanten, gut bezahlten Job und kommt zwei- dreimal jährlich berichten. Hält Dosé bei Laune, bis man den ohnehin nicht mehr braucht.

Jacques Aigrain: Wie alle SwissRe-Leute vor allem ein blitzschneller und rück-sichtsloser Rechner. Ist mit seinem Job vollst ausgelastet. War vorher M & A-Boss bei JPMorgan. Spricht für einen Einsatz im Integrationssprint und die bestmögliche Sicherung der SwissRe-Einlagen in der neuen Airline.

Philip H. Geier: Versteht von Werbung und Marketing weit weniger (bzw. gar nichts) als vom Fusionieren von Agenturgruppen und parallel Ruhigstellen bzw. Kombinieren von Grosskunden. Hat die Interpublic-Gruppe aus einer Reihe von Agentur-Networks zusammengeführt. Hat Drähte in alle Chefetagen von Industrie und Medien. Verliess die Bühne vor Einsetzen der New Economy. Hat wohl auch keine Ahnung von den Zukunftsprozessen.

Urs Rohner: Ist sogar nach eigenem Bekunden ein Fusionsspezialist, der eher überraschend in die Medienwelt kam. Allerdings hat er bei der Kirch-Gruppe ... weniger mit Medien und Rezipienten, sondern mehr mit Firmenkonstruktionen und Geldverschiebung zu tun.

Peter Siegenthaler: Gehört eigentlich gar nicht in den VR, weil er dort nicht die Interessen des Bundes wahrnehmen darf, sondern die des Unternehmens wahrnehmen muss. M.a.W. Soll die Nachrichtenlage während der Integration/Fusion für den Bund aus erster Hand sichern und allenfalls Signalraketen abschiessen. Für einen nachhaltigen VR bräuchte es einen emeritierten Verwaltungs- oder Politprofi.

André Kudelski: Vorzeige-Unternehmer und Alibi-Romand. Als Nestlé-VR sicher in Gut-Hand. Hat in den letzten Wochen eine x-Milliarden-Spekulation um Pay-TV in den USA gespielt und vorderhand gewonnen, was ihn 180% absorbieren dürfte. Lediglich zum Unterschreiben im VR.

Claudio Generali: Alibi-Crossairler und -Tessiner. Das ganze Airline-Business hat mit dem Tessiner Bank-Kerngeschäft überhaupt nichts zu tun. Auch nur zum Unterschreiben da.


18. November 2001

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