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"Kirche als Vorwand"

Der Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
Aktenzeichen: S 263.31/00 vs

Beschluss vom 12 Juni 2001

Das Strafverfahren gegen Susanne HALLER SIDLER

betreffend Rassismus zNa Housi Knecht begangen im Juni 2000 anlässlich der Kunstaktion "Mondo Novis" im Rahmen des Weltkinderfestivals wird eingesteIlt wegen Fehlens des Tatbestandes.

Der Anzeigesteller bringt vor, er sei aufgrund der beanstandeten Intervention von Susanne Haller Sidler beim OK des Weltkinderfestivais in Bezug auf seine Kunstaktion wegen seiner Zugehörigkeit zu Scientology diskriminiert worden. Dazu ist folgendes festzuhalten:

Die von Art. 251bis StGB mit Strafe bedrohte Handlung muss sich gegen Angehörige einer Rasse, Ethnie oder Religion richten. Unter Religion, welche im vorliegenden Fall zur Diskussion steht, wird dabei jede Überzeugung verstanden, die sich auf das Verhältnis des Menschen zum Göttlichen, zum Transzendentalen bezieht und weltanschauliche Dimensionen aufweist, wobei der Inhalt des Bekenntnisses nicht ausschlaggebend ist (Rehberg, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgerneinheit 2. Auflage Zürich 1996 S. 183 mit weiteren Hinweisen, Niggli, Rassendiskriminierung, Zürich 1996 S. 122 N. 470). Kerngehalt dieser Definition ist die ehrfurchtsvolle Beziehung (Iat. "religio") des Menschen zu Gott. Die Angehörigen der Religion müssen sich selber als Gruppe empfinden und von der übrigen Bevölkerung als solche aufgefasst werden.

Neben den traditionellen Religionen, welche ohne Zweifel in den Schutzbereich von Art. 261bis StGB fallen, gibt es weitere religiöse und quasi-religiöse Gruppierungen, unter denen es durchaus einige hat, welche sich als religiöse Gruppen im Sinne der genannten Bestimmung qualifizieren lassen. Daneben gibt es aber auch die sogenannten destruktiven Kulte, welche meist östliche esoterische und totalitäre Tendenzen aufweisen (NiggIi a.a.O. N. 474) und den Schutz des Art 261bis nicht in Anspruch nehmen können.

Erste Voraussetzung dafür, dass eine neureligiöse Gruppierung als "Religion" im Sinne von Art. 261bis StGB qualifiziert werden kann, ist die relative Unveränderlichkeit des Glaubensbekenntnisses (Niggli a.a.O. N. 476). Ausserdem muss es sich eindeutig um eine religiöse Gruppe handeln. Damit fallen Gruppierungen, die einer ausschliesslich psychologischen Weltanschauung huldigen, und solche, die unter dem Deckrnantel der Religionsgemeinschaft wirtschaftliche Interessen verfolgen, nicht unter die Rassismusnorm (Rehberg a.a.O. S. 183, Niggli, a.a.O. N. 477). Auf die Aufnahme des Begriffs "Weltanschauung" unter den Schutzbereich von Art. 261bis StGB hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet (Botschaft vom 2. März 1992, BBl 1992, Bd III S. 311). Schliesslich können im Lichte des dem schweizerischen Recht immanenten freiheitlichen Religionsbegriffs solche Vereinigungen, welche gegenüber ihren Mitgliedern irgendwelchen Zwang, auch im Sinne der Schaffung psychischer Abhängigkeiten, ausüben, keinen Schutz beanspruchen (Rehberg a.a.O. S. 193, Niggli a.a.O. N 470 und 478).

Kennzeichen der Scientology ist es, dass sie kein die einzelnen Mitglieder vereinigendes Dogma über die Existenz Gottes aufstellt. Sie versteht sich selbst als religiöse Philosophie und lehrt, dass sie nicht versuche, jemandes Glauben zu verändern oder ihn zum Verlassen der Religion, zu der er bereits gehöre, zu bewegen Die Vereinigung macht in ihrer Selbstdarstellung deutlich, dass es ihr nicht um die Schaffung einer neuen Religion, d.h. eines neuen Verständnisses des Menschen zum Transzendentalen geht, sondern dass vielmehr das Wesen des Menschen im Zentrum steht, dessen blosse Ergänzung ein in keiner Weise festgelegter Gottesglaube ist (vgl. "Katechismus der Scientology" in "Was ist Scientology?" Kopenhagen 1993, kurz "Scientology" S. 544). In dieser Selbstdarstellung fehlt es an der ehrfürchtigen Beziehung des Menschen zu Gott. Gerade darin unterscheidet sich Scientology von einer religiösen Gruppierung im gesetzlichen Sinne, da die Mitglieder einer solchen gerade ein in irgendeiner Norm ausgedrückter Gottesglaube verbindet.

Auch das von der Scientology zur Erreichung ihres Ziels, die Zivilisation auf eine höchste Stufe zu stellen, verwendete Auditing ("Scientology" S. 155) zeigt, dass sie eine auf psychologischer und nicht - im Sinne von Art. 261bis StGB - religiöser Ebene erfolgende Umgestaltung des Lebens ihrer Mitglieder - propagiert. Gemäss eigener Beschreibung von Scientology ist Auditing "eine einzigartige Form der persönlichen Beratung", "die dem einzelnen hilft, sein Leben neu zu überdenken und fähiger zu werden, dem, was er ist und wo er ist, ins Auge zu schauen".

Angesichts der allgemein bekannten aggressiven Anwerbungsversuche durch Scientologen u.a gegenüber Passanten auf öffentlichem Grund (vgl. u.a. Bundesgericht in seinem unveröffentlichten Entscheid vom 27.6.1995 i. S. W., wo die Rede davon ist, dass die Anwerbemethoden der Scientologen bekanntermassen diskutabel seien) wie auch gegenüber geistig Behinderten und wenig Bemittelten (vgl. BGE vom 14.12.1994 in Praxis 1994 Nr 2 S. 4), mit dem vorrangigen Ziel, die vom Gründer der Scientology verfassten Bücher zu verkaufen oder die Leute für die sehr teuren Auditing-Kurse zu begeistern, stellt sich ausserdem die Frage, ob es der Organisation tatsächlich um die Erreichung der genannten hehren Ziele geht oder ob nicht vielmehr unter dem Deckmantel der Religionsgemeinschaft rein wirtschaftliche Interessen verfolgt werden. Deutsche Gerichte (u.a. zitiert in Niggli a.a.O. N 477) haben diese Frage bejaht und klar festgestellt, der Scientology diene ihr Auftreten als Kirche zum Vorwand, wirtschaftliche Interessen zu verfolgen.

Scientology entbehrt ausserdem des Freiheitlichen. Auffallend ist der streng hierarchische Aufbau der Organisation (vgl. "Scientology" S. 225 ff). Im "Kredo eines guten und geschulten Managers" ist gar die Rede von "Untergebenen" ("Scientology", S. 501). Intensive Beeinflussung und strikte Kontrollen prägen die Tätigkeit der Organisation. Im bereits erwähnten Auditing fordert der Auditor von seinem "Untergebenen", dem "Preclear" (jemand, der in der Terminologie der Scientologen noch nicht clear ist) unbedingten Gehorsam ("Scientology", S. 326). Begeht das Scientology-Mitglied "Fehler, Vergehen, Verbrechen und Schwerverbrechen", so sind Strafen vorgesehen. Dabei besteht ein Vergehen z. B. in der fortgesetzten Unwissenheit über übergeordnete Richtlinien (vgl. "Einführung in die Ethik der Scientology" Kopenhagen 1988/1989, kurz "Ethik", S. 197). Ein Verbrechen begeht u.a., wer es versäumt oder sich weigert, eine direkte rechtmässige Anordnung eines Mitglieds des internationalen Vorstands auszuführen ("Ethik", S. 202).

Die Einschränkung des einzelnen Mitgliedes wird auch deutlich bei der von Scientology vorgegebenen Vorgehensweise gegenüber Personen, welche der Organisation feindselig gegenüberstehen. Hier muss das Mitglied gemäss Lehre der Vereinigung, um diese Situation zu lösen, "entweder den Antagonismus des anderen mit wahren Informationen über die Kirche handhaben oder - als letzte Möglichkeit, wenn alle anderen Versuche fehlgeschlagen haben - sich von dieser Person trennen", was als "Verbindung abbrechen" bezeichnet wird ("Scientology", S. 552).

Schliesslich scheinen Personen, die sich einmal mit einer ScientoIogy-Organisation eingelassen haben, oft Mühe zu haben, sich wieder von ihr zu lösen (vgl. BGE 125 I 384, E. 7). Wenn jemand sich öffentlich von Scientology abkehrt, begeht er nach deren Lehre ein "Schwerverbrechen" ("Ethik"‘, S. 208). Auch dies deutet auf das Vorliegen von Zwängen und psychischen Abhängigkeiten hin.

Scientology wirbt aggressiv für ihre Weltanschauung. Der "Kodex" schreibt seinen Angehörigen vor, die "Grösse und Stärke" der Bewegung auf der ganzen Welt anzuheben ("Scientology", S. 585). Dabei wird mit den Gegnern von Scientology nicht zimperlich umgegangen. Dies zeigt die im Buch "Ethik" unter dem Titel "die Verantwortlichkeiten von Führern" zu findenden Passage, wo die Rede davon ist, dass "einer seiner Feinde in der Dunkelheit dumpf aufs Strassenpflaster klatscht oder das ganze feindliche Lager als Geburtstagsüberraschung in riesigen Flammen aufgeht" ("Ethik", S. 270 f). Angesichts derartiger Äusserungen erstaunt es nicht, dass Scientology vom Bundesgericht im bereits zitierten Entscheid vom 14. Dezember 1994 als "vertrauensunwürdige Organisation" bezeichnet wird, vom Bayrischen Staatsministerium des Innern, als "eine verfassungsfeindliche Bestrebung" (München August 1997), die Bezeichnung von Scientology als "menschenverachtendes Kartell der Unterdrückung" von einem deutschen Gericht für zulässig erklärt wurde (Entscheid des 5. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31.5 1996) und ein weiteres deutsches Gericht in einem erst kürzlich ergangenen Urteil festhält, dass die Ziele von Scientology gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien (Urteil des Verwaltungsgerichts Saarland 8 K 149/00 vom 29.3.2001).

Zusammengefasst handelt es sich bei Scientology um einen vertrauensunwürdigen destruktiven Kult mit höchstens quasi-religiöser Bedeutung. Dabei ist nach ihrer eigenen Darstellung charakteristisch der neue Glauben an den charismatisch verklärten Gründer L. Ron Hubbard (nicht in traditioneller Weise an Gott), die autoritäre Führung und Kontrolle der klassifizierten Mitglieder (nicht die freie religiöse Betätigung in einer Glaubensgemeinschaft) und der durchdringende Anspruch, die einzig wahre Bestimmung des Menschen erkannt zu haben und zu lehren (nicht das Eingeständnis der bleibenden Fehler und Unvollkommenheit der menschlichen Natur). Damit erfüllt diese Organisation weder das Kriterium der Religiosität noch dasjenige des freiheitlichen Kerngehalts, welche - neben demjenigen der Stabilität, das hier nicht noch zusätzlich geprüft werden musste - kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine religiöse Gruppierung als Religion im Sinne des Art 261bis StGB gilt und deren Mitglieder sich auf diese Schutznorm berufen können. Es fehlt damit an der Tatbestandsmässigkeit.

Infolgedessen erübrigt es sich, auch gegen Hugo Stamm noch ein Verfahren einzuleiten.

Die Kosten gehen zu Lasten des Staates.

STAATSANWALTSCHAFT BASEL-STADT
lic iur D. Weissberg, Leitende Staatsanwältin

Mitteilung an:
- Susanne HalIer Sidler
- Housi Knecht (14.06.2001)

28. Juni 2001



ECHO

"Kein einziger Verstoss festgestellt"

Der Beschluss enthält etliche falsche Darstellungen über Scientology. Scientology ist eine religiöse Gruppierung. Dies wurde in der Schweiz von Bundesgericht, Bundesrat und anderen Stellen bestätigt. Scientologen haben ein gemeinsames Glaubensbekenntnis, in dem sie ihre Beziehung zum Schöpfer des Universums ausdrücken. Eine Sonntagsandacht findet wöchentlich statt, mit Besinnung auf die Kernaussage, dass der Mensch ein geistiges Wesen ist, dass er im Grunde gut ist und dass er sich durch Studium und Seelsorge von den irdischen Fesseln befreien kann. Dass Scientologen aggressiv anwerben, ist eine subjektive, aber falsche Einschätzung. Nach Inkrafttreten des eigens hierfür in Basel gemachten Gesetzes wurde kein einziger Verstoss gegen das Gesetz festgestellt. Scientologen verbreiten aktiv ihre Religion, halten sich aber an die hierfür aufgestellten Regeln und auch an die Gesetze des Landes oder Kantons. Eine als "Beweis" aus dem Zusammenhang herangezogene Textstelle hat überhaupt nichts mit Missionierung zu tun, sondern ist eine Analyse über den Führungsstil von Simon Bolivar und Manuela Saenz.

Kontakte auf der Strasse werden nicht mit dem vorrangigen Ziel, Bücher oder Dienste zu verkaufen und Gewinn zu erzielen, gemacht. Der ideelle Charakter der Scientology Kirche wurde zum Beispiel im Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim vom 12.12.2003 und des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin vom 6.1.1997 bestätigt.

Dass Scientology des Freiheitlichen entbehrt, wird mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten erklärt. In Wirklichkeit verhilft Scientology dem Einzelnen zu mehr Freiheit, Freiheit von Zwängen, irrationalen Handlungen und Unvernunft. Das Verhältnis zwischen Gemeindemitglied und Seelsorger basiert auf Vertrauen, Kompetenz und dem Wunsch, den geistigen Zustand einer Person zu verbessern. Wie sich der Seelsorger (Auditor) zu verhalten hat, kann im Auditoren-Kodex nachgelesen werden. Dass ein Gemeindemitglied sich von Freunden oder Angehörigen trennen muss, wenn es die Beziehung zu diesen nicht in Ordnung bringen kann, stimmt nicht. Die Entscheidung eines Mitglieds, sich von jemand anderem zu trennen, ist zwar möglich und ist sein freies Recht, beruht aber immer auf seiner eigenen Selbstbestimmung.

Auf der ganzen Welt erhalten Scientology-Kirchen und deren Mitglieder Anerkennung für ihre Mithilfe in der Gemeinde und den Einsatz zum Wohl der Gesellschaft. Scientology wurde in Ländern wie Schweden, USA, Italien und Spanien als Religion anerkannt, hat also nicht eine quasi-religiöse Bedeutung.

Um das Wesen der Scientology zu erfassen, kann man nicht einfach Textstellen aus der Primärliteratur wahllos herausgreifen und interpretieren. Genaues Hinschauen, Besuche in der Kirche oder auf den Websites von Scientology und Gespräche mit praktizierenden Mitgliedern sind nötig, um sich ein Bild zu machen.

Annette Klug
Pressesprecherin Scientology Kirche
Basel

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