Fotos © OnlineReports, zvg "Stillosigkeit": Entmachteter Crossair-Chef Moritz Suter Hoffnung nach dem Schock über Moritz Suters Grounding Basler Finanzminister kündigt baldige Nordwestschweizer Kandidatur für neuen Crossair-Verwaltungsrat an VON PETER KNECHTLI Nach dem Schock über die Kaltstellung von Crossair-Gründer Moritz Suter kann in der Region Basel wieder Hoffnung aufkommen: Der Basler Finanzdirektor Ueli Vischer kündigte gegenüber OnlineReports in "in den nächsten Tagen" eine Nordwestschweizer Kandidatur für den neuen Crossair-Verwaltungsrat an. Gemessen an den Verlautbarungen scheint die Region Basel zum Aufstand bereit: Der Steuerungsausschuss um den Zürcher Rainer E. Gut hatte die Flughafen-Region Basel bei der Zusammensetzung des neuen Crossair-Verwaltungsrates jäh übergangen. Vor allem: Er hat Moritz Suter, Gründer und Noch-Präsident der Basler Regionalfluggesellschaft, per Schleudersitz aus dem Machtzentrum der künftigen nationalen Fluggesellschaft katapultiert. Crossair-Sprecherin spricht von "Stillosigkeit" "Unverständlich", wüteten die Regierungen beider Basel. "Mit absolutem Unverständnis, ja mit Empörung" und "Entrüstung" reagierten die Wirtschaftsverbände auf die "unakzeptable Machtdemonstration" und den "skandalösen Angriff auf den Wirtschaftsstandort Basel". Hans Rudolf Gysin, Baselbieter FDP-Nationalrat und Direktor der kantonalen Wirtschaftskammer, zu OnlineReports: "Der Steuerungsausschuss hat die
Kaum zuvor hatten sich Regierung und Wirtschaftsverbände am Rheinknie so geschlossen des verbalradikalen Arsenals bedient. Auch im Volk brodelt es: Spontan zürnen Bürger, die Steuern nicht mehr zu bezahlen, bis Klarheit über die neue Firma herrsche. Andere bezeugten in OnlineReports-Leserbriefen gegenüber Crossair-Kapitän Suter bittere Solidarität ("Der Mor(itz) hat seine Pflicht getan"). Selbst in der Stimme von Crossair-Sprecherin Ruth Züblin ist noch immer die "Verwunderung" über die "Stillosigkeit" spürbar, mit der die Gut-Gruppe Suters Grounding besiegelt hatte. Im Personal, so Züblin, seien schon Stimmen laut geworden, die "dagegen etwas machen" wollten. Basel witterte aviatische Morgenluft Die emotionale Eruption ist nachvollziehbar: Die Region Basel, die sich als randständige Schicksalsgemeinschaft versteht und bis vor wenigen Tagen aviatische Morgenluft witterte, fühlt sich ausgerechnet vom Zürcher Filz, der für das Swissair-Debakel verantwortlich sei, über den Tisch gezogen. Klarer als je zuvor ist heute der regionalpolitische Verteilungskampf zwischen Zürich und Basel nachvollziehbar, der von allem Anfang an diese Ebene des Seilziehens um die neue Fluggesellschaft dominierte. Als die Gewitterwolken über der Swissair aufzogen und sich die Zürcher Regierung noch bedeckt hielt, eröffnete die Basler Exekutive öffentlich den Streit um die Erbteilung der Swissair-Restposten. "Eigentlich müssten
Doch derzeit scheint die zweitgrösste Wirtschaftsregion der Schweiz die Zwei auch auf dem Rücken zu tragen. Zürich erwies sich als durchsetzungsfähiger: Pralle 300 Millionen Franken schoss der Kanton in die neue Gesellschaft ein, Basel-Stadt gerade mal 26 Millionen. Chancenlos blieb die Basler Regierung mit der Forderung, in Rainer Guts Strategieorgan mitzuwirken. Auf die Basler Seite schlug das Pendel kurz aus, als der Crossair-Verwaltungsrat die neue Geschäftsleitung ausschliesslich mit firmeneigenen Managern bestückte und Swissair-Kader nur für die zweitoberste Führungsebene vorsah. Den entscheidenden Schlag führte die Gut-Gruppe aber diese Woche mit der Entfernung des Firmengründers Suter: CEO André Dosé hat es jetzt mit einem Aufsichtsgremium zu tun, das ihm weitgehend unbekannt ist, und in dem er vor allem nicht auf den vertrauten Link zu seinem Ziehvater zählen kann. "Basel hat keinen Einfluss auf Wirtschafts-Establishment" Ungeteilt ist die Empörung in Basel allerdings nicht - nur schweigen die meisten, die der Logik der Dinge bisher nichts abgewinnen konnten. Klartext über den "absurden Kantönligeist" spricht der PR-Berater Manfred Messmer: Es gebe in Basel einen Klatsch- und Insider-Zirkel ("absolute Inzucht") , der sich für das "Zentrum der Welt" halte, ohne aber in Bern und im Schweizer Wirtschafts-Establismeht wirklichen Einfluss zu haben. Solcher Chauvinusmus trübe den klaren Blick auf das Gesamte: "Es geht hier um eine schweizerische
Regierungssprecher Felix Drechsler verhehlt die Gemütslage nicht: "Man ist ausgesprochen unglücklich über den Gang der Dinge. Er gibt zu grösster Besorgnis Anlass." Die Region um den im Elsass gelegenen EuroAirport könnte "an Bedeutung verlieren und der Wirtschaftsstandort Basel arg in Mitleidenschaft gezogen" werden. Die sonst rührige "IG Luftverkehr Vereinigung pro EuroAirport" hält sich bedeckt, ihre Vorsitzende und Noch-Crossair-Vizepräsidentin Elisabeth Simonius ist unerreichbar. Finanzdirektor Vischer kündigt Nordwestschweizer Kandidatur an Beobachter schliessen nicht aus, dass jetzt angesichts der neusten Voraussetzungen die 26 Millionen Franken Kantonsbeitrag in Frage gestellt werden könnten. Der Basler Finanzdirektor Ueli Vischer betonte jedoch, dass dieser Betrag "ohne Bedingungen gesprochen" worden sei - allerdings auf der Grundlage, dass das neue Unternehmen seinen Sitz in Basel und Zürich haben werde. Dennoch steht eine Beruhigung der Volksseele in Aussicht: Gegenüber OnlineReports kündigte Vischer an, dass der noch nicht komplettierte Verwaltungsrat "auf jeden Fall eine Anreicherung" mit einer Persönlichkeit aus der Nordwestschweiz erfahren werde: "Das wird in den nächsten Tagen ohne Zweifel so weit kommen", sagte Vischer, ohne Namen zu nennen. Dabei soll der Bewerber "nicht als Repräsentant der Region, sondern aufgrund seiner eigenen Fähigkeiten" vorgeschlagen werden.
11. November 2001 |
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© by Peter Knechtli