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© Foto zVg

"Auf bestem Weg": Menag-verstärkte Avesco-Energiebelegschaft

Einem Power-Haus geht die Energie aus

Menag-Gruppe: Die einstige Technologieführerin für Schweizer Blockheizkraftwerke ringt um ihr Überleben

VON MARC GUSEWSKI

Im Waldenburgertal verdichten sich alle Anzeichen, dass nicht nur die Tochterunternehmung Energie AG, sondern die ganze Menag-Gruppe in Niederdorf um ihr Überleben ringt: Teile der Belegschaft springen zur Langenthaler Firma Avesco über. Kurz nach dem spektakulären Zusammenbruch der Aescher Fassaden-Firma Schmidlin wäre das ein zweiter, herber Verlust für die Baselbieter KMU-Szene.

Die Rede ist vom bisher stets als gesund geglaubten Rest-Unternehmen der Menag-Gruppe, der 30 bis 40 Personen beschäftigenden Menag Service AG. Ohne diese würde auch die ihr aufgestülpte Menag-Holding ihres Sinnes beraubt. Bisher galt nur mehr die Tochter "Menag Energie AG" als liquidationsreif, wie OnlineReports bereits im Dezember berichtete.

Avesco übernimmt 30 Menag-Mitarbeiter

Der entscheidende Hinweis Anfang dieser Woche entstammt einem Kundenanschreiben der Langenthaler Bau- und Energiefirma Avesco AG, der früheren Ulrich Ammann AG, wonach ein "Grossteil" von Job-Bewerbern der Menag Service AG und der Menag Energie AG ins Anstellungsverhältnis übernommen wurde, um die "BHKW- und Notstrom-Aktivitäten inklusive Kundendienste markant" auszubauen. Danach werden "30 Mitarbeiter, davon ca. 20 Servicetechniker" in die Avesco-Sparte Energiesysteme eingegliedert. Diese Arbeiter erweitern die Dienstleistungen der Langenthaler um "Service, Support, Reparatur, Ersatzteile, Wartung und Unterhalt für alle bestehenden Menag-BHKW und Notstromanlagen", heisst es in dem auf Februar 2006 datierten und am Montag im Internet publizierten Dokument. Darüber hinaus sollen die "bestehenden Serviceverträge" übernommen werden.

Nach Einschätzung von Szene-Kennern dürfte damit das Los der Menag-Gruppe besiegelt und nur mehr eine Frage "von Monaten" sein. Trotz Mail- und Telefon-Anfragen war Avesco-Geschäftsleiter Stefan Sutter für OnlineReports nicht zu erreichen, bevor er in die Ferien entschwand. Seitens der Menag war weder Geschäftsführer Frits Arke noch Verwaltungsratspräsident Markus Schellhammer als Vertreter der Gründerfamilie erreichbar. Zieht man alle einigermassen verlässlichen Zahlen der Menag zusammen, dürften bei einer allfälligen Liquidation der Menag-Holding, die Avesco-Übernahmen eingeschlossen, 160 bis 180 Arbeitsplätze dahinfallen.

Mitarbeiter statt Abteilung übernommen

Wie OnlineReports aus gut unterrichten Kreisen erfuhr, sind dem überraschenden Vorgehen der Avesco konkrete Kontakte der beiden Firmen vorausgegangen. Demnach äusserte Avesco schon früh Interesse an einem integralen Kauf der Service-Abteilung. Dies scheiterte aber an "völlig unterschiedlichen" Preisvorstellungen, die seitens der Menag laut unabhängig voneinander angefragte Energieexperten "bar jeder Realität" waren. Gegenüber OnlineReports urteilte ein regionaler Branchenkenner: "Die Forderungen verkannten die Realitäten." Das Rennen um die Einzel-Übernahme der begehrten Menag-Mitarbeiter machte dann aber Avesco, die sich nach verlässlichen Informationen auch für ein Fortbestehen einer gewissen Anzahl Arbeitsplätze im Baselbiet einsetzt und nach geeigneten Stützpunkten Ausschau hält.

Hört man sich unter ehemaligen, zum Teil langjährig hoch motivierten Mitarbeitern um, zerstörte die aktuelle Menag-Eigentümerschaft - Familie Schellhammer, Abteilungsleiter Georges Lagiers sowie weitere, unklare Beteiligte - in der unmittelbaren Vergangenheit den letzten Rest Goodwill. Dies gipfelte nun offenbar im mehr oder weniger geschlossenen Absprung der Service-Abteilung zur Avesco. Der Katalog der Klagen ist lang: Keine oder nur mangelhafte, und "von oben herab erlassene" Informationen, wiederholte, durchsichtige Vertröstungen und Hinhaltungen, fristlose Freistellungen oder gar Rausschmisse bewährter, aber kritischer Mitarbeiter.

Mühe mit dem Chef

Anfang Februar wurde durch die Firmenleitung gar eine Familien-Holding aus Litauen als Retterin ins Spiel gebracht. Auf wenig Begeisterung stiess schliesslich die Auswechslung des als intern heftig kritisierten, vormaligen Geschäftsleiters und Menag-Miteigentümers Paul Gasser durch den Niederländer Frits Arke letzten Sommer, zu dem die Mitarbeiter aber auch keinen Zugang fanden. Arke hatte OnlineReports im Dezember Informationen auf Mitte Januar versprochen, die jedoch nicht eintrafen. Vor Weihnachten vermeldete er noch: "Alles auf dem besten Weg."

In ihren guten Zeiten beschäftigte das in der Schweiz führende Unternehmen für Blockheizkraftwerke (BHKW) - Erdgas-betriebene Motoren für die Strom- und Wärmeerzeugung - um 160 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen geschätzten Umsatz von 30 bis 35 Millionen Franken. 1970 gründeten der ins Waldenburgertal eingewanderte Rheinländer Hans Schellhammer und Max Schweizer aus Titterten die "Metallbau Niederdorf AG", die Menag, und machten sie durch die Übernahme der Winterthurer "Dimag Dieselmotoren AG" zum eigentlichen Power-Haus. Ihre Aggregate tun Dienst in Renommierbauten wie hiesigen Bankzentralen, aber auch in Kläranlagen und Armeebunkern, in Berlin zur Energieversorgung der SPD-Zentrale oder in der kühn gebauten Max-Schmeling-Halle.

Interesse an Blockheizkraftwerken zu spät?

Nach dem unerwarteten Hinschied der Gründer Hans Schellhammer (1998) und Max Schweizer (2001) schien es allerdings, als hätten die teilweise neuen Eigentümer den Draht zu ihrem Werk der Gründer verloren. Eine Fusion mit zwei ähnlich gelagerten Firmen kostete neu geschaffene Menag-Holding 2001 beträchtlich an Substanz, die für das Überleben im volatilen Energiemarkt fehlte. Dies gipfelte letzten Mai in der Nachlassstundung des Herzstücks, der Menag Energie AG, die Blockheizkraftwerke herstellte. Noch im vergangenen Jahr hatte diese Tochtergesellschaft den Innovationspreis beider Basel für eine besonders energieeffizientes BHKW zugesprochen erhalten. Nachdem die Energiepreise massiv steigen, erwarten Branchendienste bereits ein wieder erwachtes Interesse an Blockheizkraftwerken - vermutlich aber ist es für eine Rettung des Niederdörfer Unternehmens aus seiner verfuhrwerkten Situation zu spät.

7. März 2006

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