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"Wieder eine Familie werden": Swiss-Präsident Peter Bouw, CEO André Dosé
Swiss gliedert Regionalflotte in "Swiss Express" aus
Von der 20-prozentigen Kostenreduktion sind die ehemaligen Crossair-Piloten betroffen: Sie rechnen mit weiteren Entlassungen
VON PETER KNECHTLI
Die Fluggesellschaft Swiss liegt im Überlebenskampf und Chef André Dosé greift zu drastischen Sparmassnahmen: Die Regionalflotte, die mit der früheren Crossair identisch ist, soll in die Tochterfirma "Swiss Express" ausgegliedert werden und Kosten von 20 Prozent einsparen. Die betroffenen Piloten rechnen damit, dass es zu weiteren Entlassungen kommt, während die ehemaligen Swissair-Piloten durch die Auslagerung kaum tangiert sind.
In einer Mischung zwischen Untergangs-Dramatik und Optimismus zeigten sich Swiss-Verwaltungsratspräsident PieterBouw und Konzernchef André Dosé am Freitagmorgen an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz in Basel, an der das neuste Swiss-Massnahmenpaket verkündet wurde. Ein Grounding sei "kein Thema", die Swiss verfüge über ausreichend Liquidität - 861 Millionen Franken am Ende des ersten Quartals und 500 Millionen Franken zu Ende dieses Jahres, aber: "Wir können nicht bloss auf ein Wunder hoffen", sagte Bouw in der Überzeugung, den Turnaround aus eigener Kraft schaffen zu können.
Die Ein-Marken-Strategie erlitt Schiffbruch
Die jüngsten Beschlüsse des Verwaltungsrates treffen aber die die ehemaligen Crossair-Piloten hart: Ihre Flotte wird in die Tochtergesellschaft Swiss Express ausgegliedert mit dem Ziel, die Kosten um 20 Prozent zu senken, aber dennoch ein Netzwerk mit Umsteigeplattformen zu bieten. Die Swiss Express, die
"Wieder sind die früheren Crossair-Piloten klar die Haupt-Betroffenen." |
keine eigene Streckenverantwortung trägt, soll einen eigenen Verwaltungsrat und eine eigene Geschäftsleitung haben und durch Björn Näf geführt werden. Projektleiter ist Swiss-COO Manfred Brennwald. Ob der Firmensitz von Swiss Express in Basel bleibt, wollte Dosé nicht zusichern; der Entscheid sei noch nicht gefällt. Ebenso sei ein detaillierter Businessplan erst in Vorbereitung. Noch offen sei auch die Frage, mit welcher Liquidität das neue Unternehmen, aus dem "wieder eine neue Familie" entstehen könne, ausgestattet werden soll. Auch zu einem möglichen Stellenschnitt wollte sich Dosé nicht konkret äussern. er räumte in einem Nebensatz aber einen grundsätzlichen Irrtum ein: "Die Ein-Marken-Strategie hat nicht funktioniert." Das heisst ausgedeutscht: Das integrierte Swiss-Konzept ist gescheitert.
Regional-Piloten rechnen mit weiteren Entlassungen
In krassem Gegensatz zu Dosés Zurückhaltung geht David Bieli, Präsident der von ehemaligen Crossair-Mitarbeitern gebildeten Gewerkschaft "Swiss Pilots", fest davon aus, dass es im Regionalflugverkehr erneut zu Entlassungen kommen werde. Bieli sprach gegenüber OnlineReports von einer "Salamitaktik" der Swiss-Führung. Es sei unmöglich, unter den ohnehin schlechter bezahlten Ex-Crossair-Piloten 20 Prozent Kosten einzusparen, ohne gleichzeitig Stellen abzubauen. Angesichts dieser Ausgangslage sei die Stimmung im Pilotenkorps "auf dem Nullpunkt". Die Piloten-
"Die Stimmung im Pilotenkorps ist mittlerweile auf dem Nullpunkt." |
Gewerkschaft setzt auf den Gerichtsentscheid vom kommenden Dienstag, an dem über ihre Lohnforderung entscheiden wird.
Gespart werden soll laut Dosé nicht nur im Regionalflugverkehr, vielmehr sollen die Lohnkosten unternehmensweit um 10 Prozent von einer Milliarde auf 900 Millionen Franken gesenkt werden. Das Swiss-Top-Management sei, so Dosé, "mit dem guten Beispiel voran gegangen", indem es eine sofortige freiwillige Kürzung seines Salärs um 14 Prozent beschlossen habe.
Swiss will besser kommunizieren
Als Grund für die einschneidenden Massnahmen nannte Dosé die Einflüsse der Lungenkrankheit Sars und des Irak-Kriegs, die der gesamten Airline-Industrie zu schaffen machten. Das defizitäre Regionalfluggeschäft hänge mit dem drastischen Einbuch der Märkte in Europa Mitte November letzten Jahres und insbesondere dem aggressiven Auftritt der Billiganbieter zusammen. Der Gruppenverlust im
"Ich bin zuversichtlich, dass das Jahr 2004 cash-positiv sein wird." |
ersten Quartal liegt in dreistelliger Millionenhöhe, die Entwicklung im zweiten Quartal ist laut Swiss "äusserst schwierig abzuschätzen".
Trotz wachsender Kritik an seiner Person und seiner Politik zeigte sich Dosé wie immer zuversichtlich: Er sei zuversichtlich, dass die Swiss "im Jahr 2004 cash-positiv wird". Nicht ohne eine Spur Selbstkritik forderte er mehr Vertrauen der Öffentlichkeit gegenüber dem Unternehmen und seitens des Personals gegenüber der Geschäftsleitung. Dabei gelte es aber auch, die eigene Kommunikationspolitik zu verbessern. "Wir sind in einem Überlebenskampf, aber er ist nicht aussichtslos", sagte Dosé und bat - eher ungewöhnlich - auch die zunehmend ungnädigen Medien um mehr Unterstützung.
Will es Moritz Suter nochmals wissen?
Kein Thema war an der Medienkonferenz, inwieweit Swiss mit dem Aufbau einer
regionalen Konkurrenz- Airline
in Basel rechnet. So meldete die "Basler Zeitung" am Freitag etwas
konkreter, was OnlineReports schon am 2. März
berichtete: Crossair-Gründer Moritz Suter scheint eine neue Regionalfluggesellschaft
mit Sitz am Basler EuroAirport gründen und sozusagen die alte Crossair
auferstehen lassen zu wollen. Darauf hoffen zahlreiche Swiss-Piloten, die
jetzt in die Swiss Express ausgegliedert werden sollen leidenschaftlich.
Was dies sowohl ökonomisch wie vor allem auch personell bedeutete,
lässt sich im Moment nur erahnen. Für Hochspannung und Gesprächsstoff
rund um die Swiss bleibt jedenfalls weiterhin gesorgt.
REAKTIONEN |
Basler Regierung: "Hoffen auf "neue Impulse für EuroAirport"
"Die Swiss hat heute die Gründung einer eigenständigen Tochterfirma für den Regionalverkehr angekündigt. Die für den Luftverkehr zuständigen Departemente der Kanton Basel-Stadt und Basel-Landschaft erhoffen sich von der Gründung der "Swiss Express" neue Impulse für den EuroAirport. Sie erwarten, dass der Flugplan dem grossen Marktpotenzial der trinationalen Region am Oberrhein wieder gerecht wird.
Die beiden Basel erhoffen sich von der heute angekündigten Gründung der "Swiss Express" eine Stärkung des regionalen Luftverkehrs ab dem Flughafen Basel-Mulhouse. Die zuständigen Departemente der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft gehen davon aus, dass dieser Schritt dem Regionalverkehr der Swiss zu deutlich mehr Handlungsspielraum verhilft. Im Weiteren bauen sie darauf, dass "Swiss Express" mithelfen wird, dass sich das innereuropäische Flugangebot auf dem EuroAirport wieder gesund entwickelt.
Mit der Schaffung der neuen Gesellschaft besteht die Chance, an die erfolgreiche Crossair-Strategie eines kostengünstigen, kundennahen und flexiblen Europanetzes anzuknüpfen. Die beiden Basel sind sich sicher, dass eine eigenständige Regionaltochter die Kosten- und Gebührenvorteile des EuroAirports mit seiner optimalen Infrastruktur und Lage erkennt und auszunutzen weiss. Sie zählen daher darauf, dass das neue Unternehmen den Flugplan ab Basel-Mulhouse wieder in einer Weise verdichtet, die dem Marktpotenzial des zweitgrössten Wirtschaftsraums der Schweiz und seiner trinationalen Region gerecht wird. Selbstverständlich sind diese Angebote auch attraktiv und offensiv zu vermarkten. Schon aus Kostengründen erwarten die Kantone, dass die neue Gesellschaft den Firmensitz in Basel haben wird."
Basler CVP: "Sitz muss in Basel sein"
"Basel hat ein grosses Interesse an einer gesunden Swiss: Es handelt sich um die schweizerische Fluggesellschaft, die ausserdem ihren Sitz in Basel hat. Wichtiger für Basel sind aber ausgezeichnete Verkehrsbeziehungen ab dem EuroAirport. Die Basler Chemie, ebenso die Speditionsunternehmen wie die meisten weiteren Firmen aus dem Dienstleistungsbereich unserer Region sind auf regelmässige, direkte Flugverbindungen zu allen europäischen Zentren ab dem eigenen Flughafen angewiesen. Das Potential für ein dichtes Netz ist vorhanden. Die CVP Basel-Stadt unterstützt in diesem Sinn auch die Schaffung einer neuen Tochter für den Regionalflugverkehr, hat aber diesbezüglich verschiedene Erwartungen:
Die swiss express muss sich um ein ausgebautes Liniennetz ab Basel bemühen, das Potential ist vorhanden.
Die neue Gesellschaft soll ihren Sitz in Basel haben. Dies schafft, beziehungsweise erhält Arbeitsplätze in der Region. In der Umgebung des EuroAirport lässt sich die Firma auch kostengünstiger führen als andernorts.
Die swiss express hat die Hochpreispolitik der Swiss ab Basel aufzugeben. Flugreisen ab Basel dürfen a priori nicht teurer verkauft werden als ab anderen Schweizer Flughäfen.
Die CVP Basel-Stadt erwartet vom Regierungsrat die konsequente Umsetzung einer auf eine optimale Erschliessung unseres Wirtschaftsstandortes ausgerichteten Verkehrspolitik."
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ECHO
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"Meine schlechten Erfahrungen mit Swiss"
Am 3. Dezember 2002 wollte ich mit einem Freund nach Sao Paulo, Brasilien fliegen. Wir erwarben unsere Flugtickets für den Flug mit Swiss International Air Lines bei Globetrotter und bezahlten je 1'750 Franken Als es soweit war, konnte mein Freund aus geschäftlichen Gründen erst später nachreisen. Er liess den Flug sausen und kam eine Woche später mit einer anderen Gesellschaft nach. Später, als wir in Brasilien waren, haben wir den Rückflug verschoben und mussten dafür je 200 Franken zahlen. Dies war uns bekannt und wir waren einverstanden.
Die Überraschung kam, als wir am Flughafen in Sao Paulo einchecken wollten. Swiss wollte von uns 660 US$ für Übergewicht, das sind fast 1'000 Franken! Wir waren natürlich nicht damit einverstanden, da ich mit den selben Gepäckstücken und dem gleichen Gewicht zurückflog, mit dem ich in der Schweiz abgeflogen war. Ich hatte also schon beim Hinweg zuviel Gewicht, wurde aber nicht darauf hingewiesen. In Zürich wurde mein Gepäck anstandslos angenommen und in Sao Paulo soll ich jetzt plötzlich dafür bezahlen?! Was soll das? dachte ich und reklamierte. Es half aber nichts, die Dame bestand darauf, dass wir bezahlen oder je einen Koffer dort lassen. Da wir nicht so viel zahlen wollten, waren wir also gezwungen, ein Gepäckstück zurückzulassen. Weil wir unsere Kleider brauchten, mussten wir unsere Fallschirmausrüstungen im Wert von 20'000 Franken in Brasilien lassen!
Später auf der Kreditkartenabrechnung kam zum Vorschein, dass die 200 Franken Gebühr, um den Flug zu verschieben, in US$ abgerechnet wurden und aus einer Kursschwankung ein höherer Betrag entstand. Schliesslich wurden unsere Meilen auf unserem TravelClub-Konto nicht gutgeschrieben. Er sei nicht mit Swiss hingeflogen, war die Begründung bei meinem Kollegen. Ich hatte meine Boarding-Karte nicht mehr.
Ist das die neuste Taktik von Swiss? Mit Übergewicht hinfliegen lassen und für den Rückflug abzocken? Ich bezahle jedenfalls nie wieder mehr Geld für einen genau so schlechten Service wie bei anderen Fluggesellschaften.
René Gressly
Steffisburg BE
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2. Mai 2003
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