Foto © Ruedi Suter OnlineReports ![]() "Bäume können nicht weglaufen": Basler Baum-Lobby Ein - letztes? - Aufbäumen für die Basler Stadtbäume Das "Baum-Manifest" will die Stadtbevölkerung für die Notwendigkeit eines gesunden Baumbestands sensibilisieren VON RUEDI SUTER Einmal hier, einmal dort: Langsam aber sicher verliert Basel seine alten Baumriesen. Und die Jungbäume wachsen gar langsam nach. Das macht weh, aber nicht zu fest. Doch Bäume sind lebenswichtig, sogar für uns. Daran erinnert nun der Verein Ökostadt mit seinem neuen "Baum-Manifest". Ein schönes Dokument, doch fehlen griffige Forderungen. Und Politisierende, die für Bäume endlich Bäume ausreissen. Entsetzlich einsam und verloren steht sie inmitten dieser leblos-starren Glas- und Betonwelt. Wenn sich nur niemand an ihren beängstigend schiefen Stamm lehnt! Der Baum schräg gegenüber dem bolzengeraden BIZ-Turm könnte, so scheint es dem unbedarften Städter, jede Sekunde umkippen - und, Gott behüte, auf der pausenlos befahrenen Nauenstrasse ein paar Autos zerquetschen. Mit ein Grund, weshalb die zuständige Stadtgärtnerei die Schwarzföhre auf ihre Fäll-Liste setzte. Doch an "Pinus Nigra" wird vorläufig keine Kettensäge gesetzt. Vielleicht wird ihr sogar dereinst sachte ein stählernes Halteseil umgelegt. Lieber flotter FCB als ätzende "Baum-Nostalgie" Denn unterdessen hat sich die Stadtgärtnerei vom Verein Ökostadt Basel umstimmen lassen, diese letzte Erinnerung an die bedrängte Welt der Bäume im Triangel von Bahnhofpost, Hilton und BIZ-Bank stehen zu lassen. Die südländischen Schwarzföhren seien zähe Pflanzen und würden auf der Suche nach Wasser und im
Hierhin, auf die symbolische Höhe der Baumwurzeln, hatte Ökostadt Basel geladen, um anhand der geretteten Schwarzföhre wieder einmal die unsägliche Situation der Stadtbäume und ihre geradezu unheimlich verdrängte Bedeutung für das Wohlbefinden der Einwohnerinnen und Einwohner aufmerksam zu machen. Dass dies notwendig ist, zeigte nur schon die Präsenz von gerade mal drei Medienleuten. Nimmt man deren Zahl zum Massstab des Wesentlichen, wäre der FCB um ein Tausendfaches lebenswichtiger. Dabei wollte der in den letzten Jahren leiser gewordene Verein Ökostadt nur die Gunst der Stunde, sprich der eben überlebten Hitzewelle nutzen. "Ohne Bäume wäre es in Basel noch heisser geworden" "Ohne Bäume in der Stadt wären die letzten Monate noch heisser geworden. Unsere Bäume, die seit Jahren bereits im August ihre Blätter verlieren und damit ein gestörtes Gleichgewicht signalisieren, sind eben nicht einfach eine manipulierbare Dekoration", sagte Vereinspräsidentin Katja Hugenschmidt. Fachmann Rolf Dürig umschrieb die stressbedingten Leiden und die damit um Jahrzehnte verkürzte Lebenserwartung des Lebewesens Stadtbaum: Zu wenig freie Plätze und Raum, zu viele Abgase, Staub und Hitze, zu viele Verletzungen durch Bauarbeiten, Autoparkierer und das Aufreissen der Strassen, Wassermangel und Bodenverdichtung. Überdies kritisierte Dürig die ansonsten gelobte Stadtgärtnerei: "Die Bäume werden viel zu stark geschnitten, was zu Verstümmelungen und Krankheiten wie Pilzbefall führt. Man kann in der Stadt Bäume einfach wachsen lassen - aber man muss ihnen genug Platz geben." Kein Zweifel liess Dürig daran offen, dass der alte Bestand an grossen Bäumen ständig schrumpft und nicht innert nützlicher Frist zu ersetzen ist. Ein stattlicher Baumriese von weit über hundert Jahren kann mit seiner Ausstrahlung und seiner Kühl- und Filterfunktion nicht einfach mit Jungbäumchen ersetzt werden. So erleidet der für die Bäume ohnehin klaustrophobische Stadtkanton - trotz seines recht guten "Gesetzes zum
Die Ökostadt-Gruppe "Leben mit Bäumen" untersuchte auch, ob Bäume in den neu realisierten Grossprojekten Messe- und Bahnhofplatz angemessen berücksichtigt wurden. "Nein", gaben sich Sabine Wolff und Beat von Scarpatetti bitter enttäuscht. Das Recht des Baums sei offensichtlich zu wenig berücksichtigt worden. Bäume, diese für Menschen, Tiere, Luft und Gesundheit wichtigen Pflanzen, hätten bei diesen Grossüberbauungen nur einen optischen Wert. Kein Wunder: In den zuständigen Departementen seien die Bauleute gegenüber den "Baumleuten" immer noch in der Übermacht. Philosophisches "Baum-Manifest" - der politischen Biss fehlt Es sei einfach unfassbar, dass nicht jedes Bauprojekt wenigstens auf seine "Baumtauglichkeit" überprüft werde, meinte Scarpatetti mit einem Verweis auf die kalifornische Stadt Sacramento, wo der Energieverbrauch um ein Drittel reduziert werden konnte - dank der Verdunstungskälte einst gepflanzter Bäume, die heute als natürliche Klimaanlagen wirken. Die Sorge um den angegriffenen Baumbestand Basels liess den Verein Ökostadt Basel ein sogenanntes "Baum-Manifest" ausarbeiten. Mit diesem und verschiedenen Aktionen in der Zukunft soll die Bevölkerung für die Wichtigkeit der Bäume sensibilisiert werden. Herausgekommen ist ein philosophisches Manifest des Herzens und des guten Willens. Was ihm aber fehlt, ist der politische Biss, sind konkrete Forderungen, die umzusetzen sind - und die schon längst von den Grünen oder oder anderen, sich im Umweltbereich einsetzenden Parteien hätte thematisiert werden können. Ausgewachsene und junge Bäume nicht vergleichbar Die Verbindung zu einer entsprechend motivierten Partei müssen sich die heutigen Ökostadt-Verantwortlichen - im Gegensatz zur Gründergeneration nach der Brandkatastrophe in Schweizerhalle -
Was konkret gefordert werden könnte, erklärte ergänzend der frühere regionale WWF-Geschäftsführer Dieter Stumpf als einfaches Ökostadt-Mitglied und Inhaber des Öko-Beratungsbüros "StumpfmitStil" gegenüber OnlineReports: "Da ein ausgewachsener und gefällter Baum nicht mit einem frisch gesetzten Bäumchen verglichen werden kann, müsste man anstelle der heute angewandten Einzelbaumzählung von der Stadtgärtnerei die Erstellung einer Baumkronenvolumen-Statistik fordern. Eine solche gäbe ein ökologisch relevanteres Bild über die Bäume in Basel und ihre ökologischen Leistungen für Mensch und Natur als die heutige Baum-Erbsenzählerei." Zudem sähe Stumpf die Einführung eines neuen Ökolabels: "Für baum- und baummanifest-konform arbeitende, private Gartenbaufirmen - damit die Privatgartenbesitzer endlich die Wahl zwischen schneidewütigen und baumfreundlichen Baumpflegebetrieben haben".
29. August 2003 |
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© by Peter Knechtli