ECHO © Foto Ruedi Suter OnlineReports ![]() Klagt "Massaker an Urwaldbäumen" in Kamerun an: Belmond Tchoumba Satte Gewinne für den Schweizer Tropenholzhändler Fritz Jäggi Belmond Tchoumba, Umweltschützer aus Kamerun, reiste in die Schweiz und bat um Tropenholzverzicht VON RUEDI SUTER Fritz Jäggi, der grösste Tropenholzhändler der Schweiz, hilft die letzten Urwälder des westafrikanischen Staates Kamerun kahl zu schlagen. Diesen Vorwurf machen kamerunische Umweltschützer. Sie verweisen auf die rasante Zerstörung der Lebensgrundlagen von Mensch und Tier und fordern einen Dialog mit Jäggi. Doch dieser Sonderling in der helvetischen Holzbranche verschanzt sich in Kirchberg BE und will von allem nichts wissen. Er wirkt sanftmütig. Aber wenn er über die "Massaker an den Urwaldbäumen" seines Landes spricht, wird sein Blick streng. Und dann nimmt Belmond Tchoumba auch kein Blatt vor den Mund: "Für uns ist klar, dass die Schweizer Holzfirma Fritz Jäggi in Kamerun an der Zerstörung unseres Urwalds direkt mitbeteiligt ist". Auf Belmond Tchoumba Visitenkarte steht "Communitiy forestry Officer"; er ist Mitarbeiter des "Zentrums für Umwelt und Entwicklung" (C.E.D.) in Kameruns Hauptstadt Yaounde. Von dort war der schlanke Hüne im traditionellen Boubou-Gewand zuerst in die einstige Kolonialmacht Frankreich (immer noch grösste Abholzerin im Land) und dann in die Schweiz gereist, um auf die durch Korruption, Laisser-faire und Gewinnsucht beschleunigte Vernichtung von Kameruns Primärwäldern aufmerksam zu machen. Auch Helvetia könne da ihre Hände nicht in Unschuld waschen, sagt der Afrikaner. Kameruns Urwaldriesen werden auch in Koblenz zersägt Hierzulande werden insbesondere die Urwaldriesen Ayous (Abachi) und Sipo (Sapelli) zu Türen, Möbeln, Särgen und Besenstielen zersägt. Fritz Jäggi, grösster Tropenholzimporteur der Schweiz, sorgt für fliessenden Nachschub. Dieser wird per Schiff und Eisenbahn zum Grossteil aus Kamerun eingeführt. Kleinere Mengen kommen auch aus Kongo-Brazzaville. Jedenfalls stammen die mächtigen Stämme aus dem für seine einmalige Biodiversität berühmten Kongo-Becken. Händler Jäggi importiert jährlich zwischen 5'000 bis 10'000 Tonnen Rundholz in die Eidgenossenschaft. In der Sägerei Kappeler & Co AG im aargauischen Koblenz werden die Stämme geschnitten, an Schreinereien und Holzhändler geliefert und schliesslich an jene weiter verkauft, welche die eigentliche Macht über Leben und Sterben der tropischen Urwälder in den Händen halten: Konsumenten und Konsumentinnen. Korruption und die "Wald-Mafia" bringen die Urwälder effizient zum Verschwinden Denn so, wie Konsumierende den bedrohten Ökosystemen Kameruns zuliebe kein Tropenholz mehr kaufen sollten, so müsse Holzbeschaffer Jäggi als Grosshändler in Kamerun entschieden Einfluss auf die Holzkonzerne nehmen und nur noch FSC-zertifiziertes Holz einkaufen, schlägt Tchoumba vor. Nur: In Afrika gibt es noch keine nachhaltige, von unabhängigen Stellen zertifizierte Holzwirtschaft. Und in der Schweiz oder anderen Industrienationen fehlt immer noch jene längst geforderte Deklarationspflicht, die es den Konsumierenden erlauben würde, nachhaltig gewonnenes Holz vom Holz aus dem heute weltweit gängigen Raubbau in den Urwäldern zu unterscheiden. Das weiss der Kameruner, dessen Umweltorganisation vom Fastenopfer Schweiz aufgebaut wurde, natürlich auch: "Aber das Verhalten der Abholzer hängt von der Nachfrage und ausländischen Händlern wie Jäggi ab. In Kamerun gibt es, trotz guter Forstgesetze für die verbleibenden, vielleicht 18 Millionen Hektar grossen Wälder praktisch kein legal gefälltes Holz." Überall regiere die "Wald-Mafia" ("la Mafia forestière") , werde geschmiert und getrickst. "Das illegale Abholzen durch ausländische Firmen führt heute zu weit mehr Schäden als jenes der Siedler. Diese Konzerne sind der Krebs der Wälder und ihre von den Behörden ausgestellten Zertifikate sind gekauft." Jäggi legt den Hörer auf Doch just auf diese Zertifikate berufe sich Fritz Jäggi. Zudem stelle er sich als wohltätiger Arbeitgeber dar, obwohl er in Kamerun nicht einmal die Stämme zu Planken sägen lasse. Er, Tchoumba, und seine Organisation verlangten ja nicht den vollständigen Stopp des Holzschlags. Man wolle aber im "kollektiven Interesse der Menschheit" und natürlich im Namen der auf den Wald angewiesenen Pygmäen und aller Völker Kameruns sowie der einzigartigen Waldlandschaften im kamerunischen Kongo-Becken eine weitere Verwüstung des Landes verhindern - und mit Fritz Jäggi ins Gespräch kommen. Doch davon will dieser nichts wissen. Statt dessen verschanzt er sich an seinem Wohnort im bernischen Kirchberg und legt Medienleuten reflexartig den Telefonhörer auf. Nicht den Hauch einer Chance, ihm Tchoumbas Gesprächswunsch vorzutragen, zu seinen Praktiken Fragen zu stellen und ihm so auch die Möglichkeit zu geben, Falschinformationen richtig zu stellen und seine Sicht der Dinge darzulegen. Hierauf versuchte OnlineReports, das Jäggi zuvor alle Fragen schriftlich zukommen liess, mit einem weiteren Fax. Der mächtigste Tropenholzimporteur Helvetiens stellt sich tot Auszug: "Bitte vergessen Sie nicht: Damit haben Sie die Möglichkeit, Ihre Position im Internet so zu vertreten, dass sie auf Jahre hinaus nachgelesen werden kann." Überdies versprach die Redaktion aus Gründen journalistischer Fairness, bis zur Beantwortung der Fragen mit der Publikation noch zwei Tage zu zuwarten. Vergeblich - Jäggi stellte sich tot. Dasselbe Verhalten bei der Sägerei Kappeler in Koblenz, die dank Jäggis Aufträgen gut läuft und mit einer der letzten, speziell für tropische Urwaldriesen bestückten Blockbandsäge zu Diensten steht. Trotzdem bequemte sich Sägereimeister Peter Findling nicht ans Telefon. Das Abwimmeln übergab er seiner Sekretärin und liess hölzern ausrichten: "Das Tropenholz betrifft nur Herrn Jäggi und nicht uns". Was Fritz Jäggi früher mit schönfärberischer Kommunikation zu bewirken versuchte - blendende Geschäfte - , scheint er heute mit Schweigen erreichen zu wollen. Sicher ist: Der Holzhändler geriet schon 1995 wegen einer Inseratekampagne mit falschen Zertifikationsangaben in die Schlagzeilen. Dabei suggerierte Jäggi forsch, die Gesellschaft SGS (Société Générale de Surveillance S.A.) habe in Kongo-Kinshasa (Zaire ) von ihm eingekauftes Tropenholz als "umweltverträglich eingeschlagen" bezeichnet. Jäggis Praktiken verärgern selbst die Holzbranche Die Reaktion der SGS: "Es gibt keine nationale Forstbehörde für Umweltschutz in Zaire. Die SGS hat keine Aktivitäten bezüglich Kontrollen oder Zertifizierungen von Holz aus Zaire". Auch die im Holzlager von Kirchberg gehorteten und mit einem "SGS-Label" bestückten Stämme kämen nicht aus Zaire, stellte die Gesellschaft klar. Am 23. März 2000 stoppte Greenpeace in Koblenz eine Eisenbahnladung mit frisch ins Alpenland geschafften Tropenhölzern wegen "Raubbau an den letzten Urwäldern". Der Holzhandel müsse auch in der Schweiz auf FSC-zertifizierte Holzprodukte umstellen, forderten die Aktivisten. Pikant: Der grösste Teil der Ladung stammte von der kamerunisch-italienischen Firma SEFAC, die darauf wegen illegaler Aktivitäten zu einer Busse und einem dreimonatigen Fällstopp verurteilt wurde. Gegen Jäggis Treiben, das auch in der Holzbranche viele verärgert, kann selbst die Schweizer Holzhandelszentrale nichts ausrichten. "Wir haben keinen Einfluss auf ihn", bedauert Direktor Jörg Reimer das Verhalten des Ex-Mitglieds. Jäggi sei an keine Branchenorganisation mehr angeschlossen - ein Einzelgänger, der auf "niemand" mehr höre. Jedenfalls setzt Reimer "riesige Fragezeichen" hinter Gefälligkeitszertifikate, die in Afrika von "irgendeinem Ministerium schnell für ein paar Dollar ausgestellt werden". Das einzig seriöse Zertifikat für nachhaltig genutztes Tropenholz sei jenes des Forest Steward Council (FSC). Doch FSC-geprüftes Holz sei noch rar und genüge bei weitem nicht, die weltweite Nachfrage nach den billigen und qualitativ erstklassischen tropischen Harthölzern abzudecken. Die Macht liegt bei den Konsumenten und Konsumentinnen Doch diese Nachfrage ist es, beobachtete der Afrikaner Belmond Tchoumba , was zusehends den natürlichen Lebensraum der Bevölkerung in Hörweite der vorrückenden Bulldozer und Kettensägen zerstört. Neue Sorgen mache den Umweltschützern in Kamerun, dass zunehmend auch asiatische Holzkonzerne (speziell aus Malaysia) mit ihren rücksichtslosen Kahlschlagmethoden die Wälder flachlegen. Den Bäumen rücken daneben auch die Franzosen, Libanesen, Italiener, Holländer und Belgier zu Leibe. Das Umhauen der letzten Wälder Westafrikas könnten vor allem auch die Konsumierenden stoppen, hofft Belmond Tchoumba. Seine Bitte: "Fragt euch Schweizer und Schweizerinnen, woher das Tropenholz kommt, wie es gefällt wurde und ob durch sein Fällen nicht Umweltzerstörung und Elend hinterlassen werden." Wer da richtig hinschaue, nachdenke und sein Herz sprechen lasse, der finde zurzeit nur eine Antwort: "Ein Totalverzicht auf Tropenholz, das par exemple Monsieur Jäggi importiert hat".
8. Juni 2000 |
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