KOMMENTAR Foto © OnlineReports ![]() Kämpft gegen den "Scharia-Islam": Fundamentalismus-Gegnerin Eva Abt Mit unzimperlichen Mitteln gegen den "Scharia-Islam" Ein kaum bekannter Verein mit Sitz in Basel kämpft gegen den fundamentalistischen Islam VON BEAT STAUFFER Immer wieder macht ein von Basel aus operierender Verein von sich reden, der sich den Kampf gegen den "Scharia-Islam" auf die Fahnen geschrieben hat. Dieser "Verein contra Fundamentalismus" (VcF) stösst auf heftige Ablehnung bei den meisten Vertretern von muslimischen Glaubensgemeinschaften und bei Menschen, die sich im interreligiösen Dialog engagieren. Es gibt aber auch Stimmen, die auf die Wichtigkeit von kritischer Information über islamistische Bewegungen hinweisen. Die kleine, zierlich wirkende Frau ist für viele Muslime in der ganzen Schweiz ein rotes Tuch. Auch Vertreter interreligiöser Arbeitsgruppen und Diskussionszirkel verwerfen oft die Hände, wenn von Eva Abt und ihrem "Verein contra Fundamentalismus" die Rede ist. Schliesslich ist der Name von Eva Abt auch in den Leserbrief-Redaktionen von Schweizer Zeitungen alles andere als unbekannt: Mit grosser Hartnäckigkeit versorgt die Präsidentin des VcF die Medien mit Zuschriften über Themen, die ihr unter den Nägeln brennen. Dabei fährt sie oft grobes Geschütz auf und ist eher unzimperlich in der Wortwahl. Abt vermittle ein Zerrbild über den Islam und zementiere damit Jahrhunderte alte Vorurteile, werfen ihr die Gegner vor. Erfahrungen mit dem Khomeini-Regime Eva Abt ist sich diese Angriffe längst gewohnt, hat damit leben gelernt. Die Mutter von zwei erwachsenen Kindern und ausgebildete Primarlehrerin engagiert sich nun seit beinahe zehn Jahren für diese Sache, die ihr so viele Anfeindungen einbringt. Der persönliche Hintergrund für ihr Engagement, erklärt sie bei einem ausführlichen Gespräch, liege in einer familiären Konstellation, die sie in Verbindung mit dem Iran gebracht habe. In den neunziger Jahren habe sie auf diese Weise zahlreiche Iranerinnen und Iraner kennengelernt, die aus dem totalitären Khomeini-Regime geflüchtet waren. Während Jahren erteilte sie Flüchtlingen Deutschunterricht und kam dabei in hautnahe Berührung mit den im Iran praktizierten Unterdrückungs- und Terrormethoden. Damals, erklärt Abt heute, habe sie sich vorgenommen, gegen diese im Namen des Islam begangenen Verbrechen zu kämpfen und in der Schweiz über diese Dinge schonungslos zu informieren. Die Scharia rückt in den Vordergrund Einige Jahre lang führte Abt ihren Kampf allein. Sie sammelte systematisch Zeitungsartikel, Publikationen und andere Materialien, um die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu dokumentieren. Dabei interessierte sie sich besonders für die Frauenproblematik. 1996 gründete sie schliesslich zusammen mit ein paar Gesinnungsgenossen den bereits erwähnten Verein. Der VcF ist nach Aussage von Abt politisch neutral und zählt gegenwärtig etwa hundert Mitglieder aus der ganzen Schweiz, rund ein Viertel davon Muslime. Aus Sicherheitsgründen will Abt allerdings keine Namen von Mitgliedern bekannt geben. Während anfänglich die Dokumentation der systematischen Menschenrechts-Verletzungen im Iran im Vordergrund standen, trat in den letzten zwei Jahren zunehmend die Beschäftigung mit der "Scharia" in den Vordergrund: Das vor über 1'000 Jahren ausformulierte islamische Recht, das bekanntlich nur in wenigen islamischen Staaten konsequent angewendet wird. Die erste Begegnung mit diesen "reaktionären" Gesetzestexten, erklärt Abt, sei für sie ein einschneidendes Erlebnis gewesen. Fortan machte sie es sich zum Ziel, über den hierzulande kaum bekannten Inhalt der Scharia zu informieren. Damit rückten auch die islamistischen Gruppierungen, die weltweit die Anwendung der Scharia verlangen, in das Zentrum des Interesses. Abt erachtet es als wichtige Aufgabe, über das Wirken dieser Organisationen in Europa kritisch zu berichten. Ehrenamtliche Arbeit Die Arbeit im Vorstand des VcF und vor allem die Herausgabe des Mitteilungsblattes "Unverschleiert" nehmen praktisch die ganze Arbeitszeit von Eva Abt in Anspruch. Mehrere Stunden pro Tag, so erläutert sie gegenüber OnlineReports, studiere sie Literatur und Zeitschriften zum Thema - etwa die "Tehran Times" oder den "Morgenstern", eine deutsch-islamische Zeitschrift. Auch Internet-Recherchen gehörten mittlerweile zu ihrem täglichen Brot. Sie wäre "noch so froh", wenn diese wichtige Arbeit von anderer Seite gemacht würde, sagt Abt. Doch dies sei leider nicht der Fall. In Zukunft will sich der VcF nach Aussagen seiner Präsidentin noch mehr vernetzen, will vor allem mehr Lobby-Arbeit leisten. Ein Erfolgserlebnis für Eva Abt war die Einladung von Amnesty International anlässlich des Internationalen Frauentages im März 1998 in Paris ein Referat über islamischen Fundamentalismus zu halten. In der Schweiz, so Abt, werde der VcF hingegen nur wenig zur Kenntnis genommen und von gewissen Kreisen systematisch boykottiert. Eine Islam-feindliche Einstellung? Drei Vorwürfe werden immer wieder gegen den VcF vorgebracht: Der Verein sei prinzipiell anti-islamisch eingestellt, er verschliesse die Augen vor dem christlichen und jüdischen Fundamentalismus, und er sei in Tat und Wahrheit ein Propagandainstrument der iranischen Opposition. Christoph Baumann, Religionswissenschafter und Leiter von "Inforel", erachtet die Gleichsetzung von Kopftuch tragenden Frauen mit fundamentalistischem Islam als schlicht unzulässig. Derartige Vereinfachungen, wie sie Abt schon mit dem Titel "Unverschleiert" vornehme, seien äusserst problematisch. In der Tat geht Eva Abt mit gewissen heiklen, emotional aufgeladenen Begriffen wie "Heiliger Krieg" oder "Weltherrschaft" teilweise eher leichtfertig um. Ihr deswegen eine prinzipielle Islamfeindschaft zu unterstellen, erscheint aber fragwürdig. Zumindest im Mitteilungsblatt des VcF wird immer klar unterschieden zwischen dem Islam und dem, was die Integristen darunter verstehen. In Anlehnung an den in Göttingen lehrenden islamischen Professor Bassam Tibi verwendet Abt in diesem Zusammenhang konsequent den Begriff "Scharia-Islam". Ein zeitgemässer Islam, steht in einer Publikation des VcF zu lesen, sei hingegen sehr wohl vereinbar mit der westlichen Auffassung von Demokratie und Menschenrechten. Die Fixierung auf den islamischen Fundamentalismus ist für Abt schliesslich eine ganz praktische Frage. Sie sei nun einmal in ihrem Leben mit den schlimmen Auswirkungen des islamischen Fundamentalismus in Kontakt gekommen, und darüber wolle sie aufklären. Persönlich lehne sie aber auch die andern Spielarten des religiösen Extremismus entschieden ab. Abt ist nach eigenen Aussagen überzeugte Demokratin. Als Christin sei für sie nicht die Zugehörigkeit zu einer Religion, sondern die Selbstverantwortung entscheidend. Dennoch: Der Vorwurf der undifferenzierten Verwendung des Begriffs Fundamentalismus beziehungsweise sein ausschliesslicher Bezug auf den islamischen Kontext bleibt im Raum. Um seine Glaubwürdigkeit zu bewahren, müsste der VcF entweder seinen Namen ändern oder aber die anderen "Fundamentalismen" ebenfalls unter die Lupe nehmen. Weiter stellt sich die Frage, ob der VcF bei diesem schwierigen Thema nicht eine Zusammenarbeit mit Islamwissenschaftern suchen müsste. Was die Nähe zur iranischen Exil-Opposition betrifft, so streitet Abt nicht ab, dass dies in den ersten Jahren tatsächlich so gewesen sei. Doch mittlerweile gehe der VcF seinen eigenen Weg und habe sich generellen Themen - etwa den Menschenrechten - zugewendet, die mit dem Iran direkt nichts mehr zu tun hätten. Gespräch statt Ausgrenzung Abt räumt ein, dass ihre Arbeit durchaus Wasser auf die Mühlen der prinzipiellen Islam-Gegner lenken und damit Jahrhunderte alte Vorurteile gegenüber dem Islam zementieren könnte. Doch sie ist felsenfest überzeugt davon, dass "nur die Wahrheit den Islam schützen" könne. In diesem Punkt ist der selbsternannten Aufklärerin wohl recht zu geben. Nur durch offene Information über den Islam in all seinen Erscheinungsformen - auch den islamistischen Tendenzen - kann eine Basis für eine Verständigung gelegt werden. Schönfärberische Ausführungen und ausweichende Antworten führen dabei nicht weiter, sondern schaffen eher Misstrauen. Jüngstes Beispiel dafür ist der christlich-muslimische Dialog über Menschenrechte, der kürzlich im "Centre de l'église française" in Basel stattfand. Anstatt konkret über die islamische Auffassung von Menschenrechten zu debattieren, ergingen sich die beiden muslimischen Referenten in sehr allgemein gehaltenen Ausführungen über den Islam. Zu wünschen wäre ein Podium, an dem Vertreter des VcF ihre zum Teil provozierenden Thesen mit dialogwilligen Muslimen öffentlich debattieren könnten. Damit müsste der VcF aus seiner Anonymität heraustreten und sich auch selber kritischen Fragen stellen. Klar ist: Die Debatte um den Islam im europäischen Kontext steht noch ganz am Anfang.
Weitere Links zum Thema: - Interview mit dem französischen Islam-Kenner Gilles Kepel - Genfer Erziehungsdepartement suspendiert den reaktionären Muslim Hani Ramadan - Interview mit Ridha Ben Ayed, einem der prominentesten Islamisten der Schweiz 12. Dezember 2000 |
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