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"Sie müssen Antrag stellen": Mazedonischer Visums-Agent an Schweizer Anwalt
Erst der Schmus, dann der Schwindel
Schweizer Anwälte, Treuhänder und Messeveranstalter im Visier ausländischer Visa-Betrüger
VON PETER KNECHTLI
Raffiniert getarnte Geschäftsleute aus dem Balkan haben eine neue Möglichkeit zur Erschleichung von Visa zur Einreise in die Schweiz entdeckt. Ins Visier nehmen sie Anwälte und Treuhänder, die sie mit lukrativen Aufträgen ködern.
Anfänglich war der junge Aargauer Anwalt Paul Wunder (Name geändert) nicht abgeneigt, das lukrativ scheinende Mandat anzunehmen, als ihn kürzlich ein Herr aus Mazedonien kontaktierte. Es ging um eine juristische Auseinandersetzung in der Schweiz mit einem Streitwert von immerhin 120'000 Franken.
Erst faxte der Auftraggeber einige geschäftliche Unterlagen und rief nochmals an. Doch dann wollte er rasch Nägel mit Köpfe machen: das Problem müsse im persönlichen Gespräch besprochen werden - in der Schweiz. Voraussetzung aber sei, so hielt er in gebrochenem Deutsch fest, dass sich der Schweizer Anwalt um die Erteilung eines Einreisevisums für die mazedonischen Klienten stark mache.
Im schlimmsten Fall haftbar
Anwalt Wunder weiss mittlerweile, was von solcher Art Geschäft zu halten ist: "Das ganze läuft darauf hinaus, dass das Mandat nur fingiert war und der Schweizer Anwalt als Gehilfe zur Erschleichung eines Einreisevisums missbraucht wurde." Im schlimmsten Fall könnte der Schweizer Jurist "noch für die durch den Einreisenden verursachten Kosten haftbar gemacht" werden.
Der Trick flog nämlich auf, als der Anwalt im Büro der Schweizer Bortschaft in Skopje auf den Hintergrund seines Mandaten stiess. Denn Frank Noll, in der Schweizer Vertretung in Skopje für Konsularisches zuständig, ist der als "Rechtsberater" agierende Visums-Agent aus mehreren weiteren Fällen bekannt. "Gesuche, die aus seinem Umfeld stammen, schauen wir besonders gut an", sagte Noll zur SonntagsZeitung. In seinem Land gebe es "mehrere solche Spezialisten", die angesichts 30prozentiger Arbeitslosigkeit und Auswanderungsdruck Hochkonjunktur haben.
Auch Messeveranstalter werden angesprochen
Ansprechpersonen seien aber neben Anwälten auch Schweizer Messeveranstalter, denen Visa-Empfehlungsschreiben abgerungen würden mit dem Versprechen, kauffreudige Kundschaft in die Messehallen zu schicken.
Ein Erlebnis mit ähnlichem Hintergrund hatte René Wetzel (48), ein Treuhänder aus Zug. Der europäische Partner des amerikanischen Offshore-Service-Büros "Feinstein, Finck, Blumenthal, Klezcmer" hatte in Schweizer Anzeigen ("Firmengründungen ohne Kapitalanzahlung") Geschäftskunden geworben. Einer, der anbiss, war der 28jährige Türke Tancer Bekar. Er beauftragte Wetzels Büro vergangenen Juni mit Aufgaben im Zusammenhang mit der angeblichen Realisierung eines Touristik-Projekts in der Türkei sowie der Mithilfe bei der Gründung einer Niederlassung in der Schweiz und beim Aufbau einer Offshore-Infrastruktur.
Auch der Zuger Treuhänder machte sich erst bei der Schweizer Botschaft in Istanbul für das von Bekar erbetene Visum für die Dauer von sechs Monaten stark. Als der Türke jedoch über die Touristikfirma auch noch ein Speiseölgeschäft zwischen dem Libanon und der Türkei finanzieren lassen wollte, recherchierte Wetzel bei der Schweizer Filiale der libanesischen Bank. Fazit: Die Dokumente waren gefälscht.
Robert Eugster vom Bundesamt für Ausländerfragen ist nicht erstaunt. "Wir kennen alle möglichen Manipulationen und Betrugsversuche. Der menschlichen Vorstellungskraft sind keine Grenzen gesetzt." Betroffen sind nach Angaben aus Anwaltskreisen vor allem jüngere Berufsleute, die den Verlockungen eines lukrativen Mandats eher erlegen als erfahrene Kollegen.
Bundesbehörden blieben passiv
Auch Treuhänder Wetzel hat seine Lektion gelernt. Nachdem er den Visums-Bluff der Bundesanwaltschaft gemeldet hatte, herrschte Funktstille: "Die Behörden sind nicht in Lage, solchen Machenschaften Einhalt zu gebieten." Von der Strafanzeige, die er gegen seinen Temporär-Klienten Bekar erhoben hatte, hat er seither nie mehr etwas gehört. Und der Visums-Antrag des falschen türkischen Geschäftsmannes wurde milde abgelehnt mit der Begründung, "dass der Genannte zur Zeit von der auf dem Einreisegesuch erwähnten Firma nicht mehr erwartet wird". Wetzel: "In einem solchen Fall werde ich nie mehr eine Anzeige erstatten."
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