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Dem Philosophischen nicht abgeneigt: Crossair-Chef Moritz Suter



Moritz Suter: "Ueber mich wird es nie eine Home-Story geben"

Interview mit dem Crossair-Chef über Höhenflüge und die Angst vor Abstürzen

Für Crossair-Chef Moritz Suter (55) ist Fliegen auch nach Jahrzehnten "nie zur Normalität geworden". Wenn er in der Luft die "dritte Dimension" spürt, kann er wie nirgends sonst "Gedanken entwickeln". Matthias Brunner sprach mit dem Luftfahrt-Pionier und passionierten Geniesser - ganz abgehoben von handfesten Debatten über den umstrittenen Ausbau des Crossair-Heimflughafens Basel-Mulhouse-Freiburg.

ONLINE REPORTS: Als wir bei der Crossair einen schriftlichen Lebenslauf über Moritz Suter anforderte, hiess es, es gäbe keinen. Ist denn Ihr Privatleben tatsächlich so geheim?

Moritz Suter: Lebensläufe werden entweder so abgefasst, dass sie sehr privat sind – was ich nicht will – oder es steht drin, in welchen Verwaltungsräten ich auch noch bin und was ich sonst noch so mache. Oft werde ich als Übermensch darstellt, was ich nicht bin. Ich bin ein Mensch wie alle anderen auch und möchte so bleiben, wie ich bin. Ich schätze es grundsätzlich nicht, wenn mein Privatleben zu sehr zum öffentlichen Leben wird, vor allem auch wegen meiner Frau und wegen meines Sohnes. Es wird deshalb auch nie eine Home-Story über mich geben.

Was bedeutet für Sie fliegen?

Suter: Das hat zunächst eine philosophische Bedeutung für mich: Die Freiheit, in eine Dimension zu gelangen, die dem Menschen von Geburt aus nicht zugänglich ist, sich auch in der Vertikalen zu bewegen. Fliegen ist für mich deshalb sehr stark mit dem Begriff Freiheit verbunden. Dann hat dieser Begriff natürlich auch geschäftliche Bedeutung für Crossair, Menschen von A nach B zu transportieren, zusammenzubringen und dadurch Kommunikation herzustellen.

Antoine de St. Exupéry hat das Fliegen zum Schreiben inspiriert: Wozu beflügelt Sie das Fliegen?

Suter: (Denkt eine Weile nach). Schon seit meiner Mittelschulzeit bin ich ein grosser Fan von St. Exupéry. Ich sammle seine Bücher und besitze selbst einige Originalmanuskripte von ihm. Ich habe auch schon zwei Bücher über ihn gesponsert. Er ist ein Mensch, der eine grosse Bedeutung in meinem Leben hat, und zwar im poetischen wie im philosophischen Sinn. Für mich ist sein Buch «Der kleine Prinz» nach wie vor einer der grössten Würfe der Weltliteratur. Es freut mich, dass dieses Buch heute so eine grossartige Renaissance erlebt. Das Spüren der dritten Dimension, dieser Möglichkeit, über die Landschaften zu fliegen und sie von oben her zu betrachten, regt mich im gedanklichen Sinne an. Nicht wie bei St. Exupéry, um zu schreiben, sondern um Ideen zu entwickeln. Fliegen wirkt auf jeden Fall anregend. Es haftet ihm auch immer noch etwas leicht Abenteuerliches an. Fliegen ist für mich nie zur Normalität geworden, sondern immer noch etwas Besonderes.

Die Crossair engagiert sich stark als Sponsor in unserer Region: Wie kommt denn überhaupt ein Global Player wie Sie dazu, sich um so lokale Angelegenheiten zu kümmern?

Suter: Die Crossair ist doch kein Global Player, wir sind eine kleine, mittelständische Regionalfluggesellschaft! Ich bin in meiner Denkweise nicht unbedingt ein grosser Freund dieser teilweise falsch verstandenen Globalisierung. Für mich ist gerade diese lokale Verwurzelung entscheidend. Der Mensch braucht Wurzeln, mit denen er seine Identität nähren kann. Es ist sehr wichtig, dass Unternehmen einen Teil ihres Geldes, das sie verdienen, wieder einsetzen, um ihr Umfeld zu pflegen. Es ist eine Investition in ein Umfeld, in welchem die Firma Crossair mitten drin steht. Wir unterstützen viele Projekte, nicht nur im Sport, sondern auch kulturell. Die Crossair zählt zu den wichtigen Sponsoren des neuen Schauspielhauses. Wir sind auch ein wichtiger Sponsor in diesem neuen Patronatskomitee zur Förderung des Kunstmuseums. Wir stiften Musikkompositionspreise, Musik- und Theateraufführungen und sind nach der UBS einer der grossen Aktionäre des FCB.

Die Crossair ist noch ein relativ junges Unternehmen. Spielt Sportsgeist bei der Crossair eine Rolle?

Suter: Sehr sogar, obwohl ich kein sportlicher Mensch bin. Ich versuche immer etwas sportliche Regelungen und Überlegungen in die Unternehmenskultur der Crossair einfliessen zu lassen. Beispielsweise ist es sehr wichtig, ein gutes Team zu haben. Deshalb ist mir der Mannschaftssport viel sympathischer als der Einzelsport, weil dabei Menschen zusammenwirken. Ich versuche den Sportsgeist im Geschäftsleben in einer Art einzubringen, dass man es nicht zu verbissen nimmt, sondern eben sportlich. Zum Sport gehört, dass man auch einmal verliert, und im Geschäftsleben ist dies genau gleich.

Haben Sie keine Angst vor dem Abstürzen, sei es mit dem Flugzeug oder mit Ihrem Unternehmen?

Suter: Es ist ja bekannt, dass Angst der schlechteste Ratgeber ist. Man kann ja auch nicht ständig mit dem Gedanken leben kann, dass wir eines Tages sterben werden. Das ist einfach eine Tatsache. Aber es ist auch eine Tatsache, dass einmal jede, aber auch wirklich jede Firma irgendwann einmal ausgelebt hat. Für mich ist etwas ganz anderes wichtig: Der Mensch hat die Tendenz, von der Vergangenheit positiv zu reden. Wenn wir in 30 Jahren wieder zusammenkämen, würden wir über die guten alten Zeiten reden. Also sind eigentlich diese tollen Zeiten immer jetzt. Nur muss man sie bewusst erleben. Für mich ist der Moment absolut entscheidend: Im Moment zu leben, das Leben zu geniessen, und versuchen, das Beste daraus zu machen. Was morgen passiert, das weiss ich grundsätzlich nicht.

Sie halten den Steuerknüppel im Cockpit der Crossair fest in Ihren Händen: Werden Sie ihn auch einmal an Ihre Crew abgeben und was würden Sie von ihr erwarten?

Suter: Ich werde dieses Jahr 56 Jahre alt. Da denkt man natürlich über solche Fragen ganz anders als vor zehn oder zwanzig Jahren nach. Ich habe mit einem wirklich guten Freund über dieses Thema gesprochen. Er hat mir zum Schluss gesagt: «Schau, den richtigen Zeitpunkt gibt es nie.» Aber man kann sagen, entweder man geht zu früh oder zu spät. Das Schöne ist, dass ich in der Crossair eine ganz hervorragende Mannschaft habe, sonst könnte ich diese Firma gar nicht betreiben. Deshalb mache ich mir da gar keine grossen Sorgen, ausser dass ich mir vornehme, nicht zu spät zu gehen. Eher mit der Tendenz früher zu gehen. Nach dem Motto: Man soll eine Party auf dem Höhepunkt verlassen. Natürlich ist ein Wechsel des Chefs immer ein gewaltiger Stress für das Unternehmen. Denn jeder Mensch ist ein Einzelfall. Der Spruch: «Jeder ist ersetzbar» ist ein absoluter Blödsinn. Denn niemand ist ersetzbar, weil eben jeder Mensch einzig ist. Wenn jemand anders kommt, wird dies viel menschlichen Stress auslösen, weil er vieles anders machen wird. Aber wenn die Unternehmenskultur positiv ist, ist sie auch in der Lage, einen derartigen Wechsel an der Spitze positiv zu gestalten.

Wie wird sich generell die Fliegerei weltweit in den nächsten Jahren entwickeln?

Suter: Auf der technischen Seite hat in den letzten 30 Jahren eine unglaubliche Entwicklung stattgefunden. Man baut heute Flugzeuge, die viel leichter und effizienter sind. Dafür gibt es zwei entscheidende Gründe: Zum ersten der wirtschaftliche Druck und zum zweiten interessanterweise der ökologische Druck. Der Ruf der Menschen nach weniger Lärm und weniger Schadstoffausstoss hat bewirkt, dass die Flugzeuge sehr viel weniger Treibstoff benötigen und dadurch weniger Schadstoffe ausstossen und leiser sind. Wenn ich sehe, was alles geforscht und entwickelt wird! Es wird davon gesprochen, dass die zukünftigen Triebwerke nochmals 40 bis 50 Prozent Energie sparen werden. Die Frage der Umweltverträglichkeit der Flugzeuge wird nochmals ganz grosse Schritte machen. Dies ist auch die richtige Grundlage, damit das Flugzeug auf mittleren und langen Strecken langfristig wahrscheinlich als umweltverträglichstes Transportmittel angesehen werden kann.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Luftwege zunehmend verstopft werden?

Suter: Diese immer wieder in den Medien aufgestellte Behauptung ist ein absoluter Blödsinn. Der Luftraum ist überhaupt nicht überlastet, nur absolut katastrophal verwaltet. Es bestehen enorme strukturelle Probleme. Nach der Liberalisierung des Flugverkehrs in Europa wurde es von verantwortlichen staatlichen Flugsicherungsanstalten unterlassen, die nötigen Anpassungen der Infrastruktur vorzunehmen. Da herrscht ganz dringend Nachholbedarf und ein politischer Entscheid ist nötig, die Flugsicherung zu privatisieren. Dies wäre auch ein wichtiger Beitrag an die Umweltverträglichkeit, denn die sinnlos langen Flugwege und Warteschleifen führen dazu, dass unnötig Tausende von Tonnen Kerosin verbrannt werden und dadurch Schadstoffe und Lärm erzeugen.

Sie haben mit der Crossair mit einem wahren Senkrechtstart abgehoben. Was für Höhenflüge möchten Sie sonst noch in Ihrem Leben gerne verwirklichen?

Suter: Ich stehe erst am Anfang! Eines unserer wichtigsten strategischen Projekte ist «Eurocross». Das ist für die Zukunft der ganzen trinationale Region von matchentscheidender Bedeutung, damit dieser Standort attraktiv ist. Der EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg ist von der Bedeutung her in der heutigen Zeit vergleichbar mit dem damaligen Bau der ersten Mittleren Brücke über den Rhein. Die Brücke der Zukunft ist der Flughafen, solange es Flugzeuge gibt. Der öffentliche Verkehr in der Luft hat meiner Meinung nach die grösste Zukunft. Jene der Bahnen sehe ich eher problematisch, da sie enorm viel Land verbrauchen.

Hegen Sie auch persönliche Ziele?

Suter: Ich habe vor kurzem den Augustinerhof an der Augustinergasse erworben, um da zu wohnen. Für meine Frau und mich ist dies ein entscheidender Abschnitt, nachdem wir über 30 Jahre in Zürich gelebt haben. Ich zähle mich nicht zu den fundamentalistischen Lokalpatrioten, aber ich liebe diese Stadt.

Interview: Matthias Brunner

 

8. April 1999

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