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Die Schweizer Wirtschaft boomt
- beim CO
2-Ausstoss

WWF-Studie zeigt, dass der betriebliche Klimaschutz seit der Kyoto-Klimakonferenz weiterhin im Argen liegt

Von Ruedi Suter

Die Schweizer Wirtschaft schafft es ohne politischen und gesetzlichen Druck nicht, ihre CO
2-Ausstösse zu reduzieren. Dies die Folgerung der neusten WWF-Studie "Was hat Kyoto bei der Schweizer Wirtschaft bewirkt?". Pünktlich zu dem in Buenos Aires bis 13. November dauernden Klimagipfel fordert der WWF für die Schweiz "ein starkes CO2-Reduktionsgesetz", die Einführung einer ökologischen Steuerreform sowie die gezielte Förderung erneuerbarer Energieträger.

Was hat das 1997 in Kyoto ausgehandelte Klimaprotokoll mit dem Festlegen von Zielen zur Reduktion oder Limitierung der Emissionen von sechs Treibhausgasen für Industriestaaten in der Schweiz geändert? "So gut wie nichts!" stellt der WWF jetzt fest. Dieser wichtige erste Schritt zur Erfüllung der UNO-Klimakonvention (COP4) sei von den Schweizer Unternehmen nicht oder kaum gemacht worden.

Die Umweltorganisation stützt sich auf eine von ihr bei der Fachhochschule beider Basel in Auftrag gegebene Studie mit der Frage: "Was hat Kyoto bei der Schweizer Wirtschaft bewirkt?". Die daraus gewonnene Kernerkenntnis: Keines von den 41 untersuchten Unternehmen habe die Reduktion der CO
2-Emissionen zu einem "nachprüfbaren Unternehmensziel" erklärt. Ausserdem würde sich nur eine Minderheit der Firmen überhaupt die Mühe machen, in ihren Umweltberichten Angaben über CO2-Ausstösse zu veröffentlichen.

Und im Vergleich zur 1997 durchgeführten Vorstudie ("Ist die Wirtschaft für Kyoto gerüstet?") seien auch die Prioritäten im Klima- und Energiebereich unverändert geblieben. Die Verbesserung der Enegie-Effizienz und das Energiesparen hätten gegenüber der CO
2-Reduktion wiederum eindeutig Vorrang gehabt.

“Kein Verlass auf die Wirtschaft“

Die neusten Erkenntnisse über das phlegmatische Verhalten der Unternehmen bei der CO
2-Eindämmung lässt nun den WWF mit der Öko-Peitsche knallen. Ingo Buse, Projektleiter Klima und Energie beim WWF Schweiz: "Für uns zeigt das Ergebnis der neusten Studie einmal mehr, dass im Rahmen der Klima- und Energiepolitik auf freiwillige Massnahmen der Wirtschaft kein Verlass ist und bestenfalls zögerliche Fortschritte feststellbar sind. Ohne einen verbindlichen politischen und rechtlichen Rahmen wird sich das in der Klimakonvention verankerte Ziel einer Trendumkehr der CO2-Emissionen nicht erreichen lassen."

Ökologische Steuerreform nötig

So verlangt denn der WWF drei Aktionen:

• Klare, verbindliche Zielsetzungen und ein starkes CO
2-Reduktionsgesetz. Das gegenwärtige Ziel, diese Emissionen gegenüber den 1990er Niveau bis 2010 um zehn Prozent zu reduzieren müsse wesentlich höher gesetzt werden. Und die Kompetenz zur Einführung des Gesetzes sei dem Bundesrat (und nicht dem Parlament) zu übertragen.

• Die Einführung einer ökologischen Steuerreform, die als wichtiger Schritt in Richtung einer zukunftsweisenden nationalen Klima- und Energiepolitik betrachtet werden könne.

• Die gezielte Förderung erneuerbarer Energieträger, wozu der vom Nationalrat vorgeschlagene Energieabgabebeschluss (EAB) das geeignete Mittel sei, ohne jedoch mit der Einführung in einen Topf geworfen werden dürfe.

Rasche Ratifizierung notwendig

Auf internationaler Ebene hat der WWF für die Klima-Verhandlungen in Buenos Aires drei Hauptforderungen auf Lager: Die Annahme einer "Buenos Aires-Initiative", welche die rasche Ratifizierung des in Kyoto ausgehandelten Klimaprotokolls zum Ziel hat. Dann die Beschränkung der Anrechenbarkeit mit flexibilisierenden Massnahmen im Ausland erzielter Emmissionsreduktionen auf die heimischen Reduktionsziele auf maximal 30 Prozent. Und schliesslich die Überprüfung der längerfristigen Zielsetzungen der Klimakonvention (Trendumkehr steigender CO
2-Emissionen, Ausarbeitung eines Arbeitsplanes bis 2001).

Peter Hasler, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, wollte sich zur Untersuchung nicht äussern: "Für die aufgeworfenen Fragen ist ausschliesslich der Vorort zuständig."


Stellungnahme des Vorort

"Die Wirtschaft ist gewillt, ihren Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgase zu leisten"

Der Spitzenverband der Schweizer Wirtschaft unterstützt das CO
2-Gesetz als wirtschaftsverträgliches Konzept der internationalen Klimapolitik. Es stellt den Beitrag der Schweiz zur Erreichung der international eingegangenen Verpflichtung zur Reduktion der klimarelevanten Gase dar.

Das Ziel, die CO
2-Emmissionen gegenüber dem 1990er Niveau bis 2010 um 10 Prozent zu reduzieren, geht weiter als das der meisten anderen Vertragstaaten. Die Schweiz ist zudem international das einzige Land, welches bereits heute über ein wirksames innenpolitisches Instrument verfügt, um diese Reduktionen zu erreichen. Dies war nicht zuletzt dank der konstruktiven Mitarbeit und Unterstützung der Schweizer Wirtschaft möglich.

Mittlerweile haben rund 60 Staaten des Protokoll unterzeichnet. Wegen dem Widerstand der USA ist es zur Zeit aber sehr unwahrscheinlich, dass das Klimaprotokoll von Kyoto in naher Zukunft in Kraft treten kann. Trotz dieser Entwicklung und der Tatsache, dass die Schweiz nur 0,3 Prozent der CO
2-Emissionen der Industrieländer zu verantworten hat, war und ist die Schweizer Wirtschaft gewillt, ihren Beitrag zur Reduktion der klimarelevanten Gase zu leisten. Es ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz aber entscheidend, dass die definitive Einführung einer allfälligen CO2-Lenkungsabgabe im Gleichschritt mit ähnlichen klimawirksamen Massnahmen unserer wichtigsten Aussenhandelspartner (gemäss Länderliste im Annex 1 der Klimakonvention) erfolgt. In diesem Sinne ist der nationalrätliche Beschluss der Version des Ständerates im bevorstehenden Differenzbereinigungsverfahren vorzuziehen.

In der Schweiz produzieren der Verkehr und die Haushalte über die Hälfte der klimagefährdenden Gase. Der Anteil der Industrie beträgt lediglich 15 Prozent. (5 Prozent in der Produktion und 10 Prozent durch den Energieverbrauch).

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, dass das Reduktionsziel primär durch energie-, verkehrs-, umwelt- und finanzpolitische, sowie durch freiwillige Massnahmen der Wirtschaft erreicht werden soll. Im Falle der Zielverfehlung kann als subsidiäres Instrument immer noch die CO
2-Lenkungsabgabe eingeführt werden.

Ein so konzipiertes Gesetz hat erhebliche Vorwirkungen, wie anhand der Verordnung über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCV) gezeigt werden kann. Dies gilt umsomehr, als es im ureigenem ökonomischen Interesse der Unternehmen ist, den technischen Fortschritt zur ständigen Verbesserung der Energieeffizienz zu nutzen. Der "Energiesparausweis" der Schweizer Industrie ist dementsprechend eindrücklich (vgl. Abbildung 1 in: Vorort (Hrsg.): Energiesteuern und Ökologische Steuerreform, Zürich 1998).

Die teilweise anzutreffende Skepsis gegen freiwillige Massnahmen der Wirtschaft als sinnvolles und wirkungsvolles Instrument der Umweltpolitik sind deshalb nicht gerechtfertigt. Bestehen klare Rahmenbedingungen und entsprechende Anreize (wie etwa die Möglichkeit, sich durch vertragliche Vereinbarungen mit den Umweltbehörden von der CO
2-Abgabe befreien können), sind sie ein unentbehrliches Instrument innerhalb eines marktwirtschaftlichen Instrumenten-Mixes.

Zur objektiven Beurteilung bracht es aber eine verlässliche Datenbasis, die leider auch im CO
2-Bereich bisher nicht besteht. Die Wirtschaft ist gewillt, ihren Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgase zu leisten. Sie begrüsst deshalb ausdrücklich, dass es die Bundesämter mittlerweile an die Hand genommen haben, eine statistisch solide Datenbasis zu schaffen. Dies wird die Diskussion versachlichen.

Mit der Zustimmung zu einem griffigen CO
2-Gesetz (mit dem subsidiären Instrument einer Lenkungsabgabe) ist für die Wirtschaft aber die konsequente Ablehnung aller Vorstösse verbunden, die eine generelle Verteuerung der Energie zum Inhalt haben.

Die Wirtschaft ist bereit, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, sie wehrt sich aber gegen eine sogenannte ‘Ökologische Steuerreform’, die primär eine fiskalische Zielsetzung hat und in der Schweiz eine neue Subventionswirtschaft aufbauen will.

Hingegen kann, soweit für die Erreichung umweltpolitischer Ziele notwendig und sinnvoll, das Fiskalsystem vermehrt durch emissionsorientierte Lenkungsabgaben ergänzt werden. Darüber hinaus sind die einzelnen Einnahmen- und Ausgabenpositionen des Staates nach ökologischen Kriterien zu durchforsten und wo nötig anzupassen. Schliesslich sollte sich der Staat auch beim öffentlichen Beschaffungswesen vermehrt von ökologischen Kriterien leiten lassen. Einen allfälligen Einbezug von Energie- und Ressourcensteuern lehnt der Vorort hingegen ab. Eine "Ökologisierung des Steuersystems" mit einer Energiesteuer in Zentrum führt nicht zur Ausschüttung der versprochenen "doppelten Dividende" (mehr Umweltschutz und mehr Arbeitsplätze), sondern zu einer Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Volkswirtschaft.

2. November 1998

 

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(c) by Peter Knechtli