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VTR-Geschäftsführer Bruno Frauch: "Branche wird sich stark reduzieren"


Die Tankrevisions-Branche zittert

Liberalisierung der Oeltank-Kontrolle kann über 1'000 Stellen kosten

Im kommenden Jahr wird die Kontrolle der Oeltanks in der Schweiz stark liberalisiert. Die Revisionsbranche befürchtet massenhaften Stellenabbau.

Bruno Bächlin, Geschäftsführer der Tankrevisionsfirma Schneider-Kreienbühl AG in Reinach BL, sah keinen andern Ausweg mehr: "Ich habe sämlichen sechs Monteuren gekündigt und fünf von ihnen neue Verträge mit weniger Leistung und Lohn angeboten."

Andern Revisionsfirmen geht es nicht besser, einige dürften sogar bald die Segel streichen. Grund: Am 1. Januar 1999 tritt - ohne öffentliche Nebengeräusche, aber mit einschneidender Wirkung - die neue Bundesverordnung über den Schutz der Gewässer vor wassergefährdenden Stoffen (VWF) in Kraft. Kern der neuen Rechtsgrundlage ist eine starke Liberalisierung der Kontrolle von Kleintankanlagen für Heizöl und Diesel zwischen 450 und 4'000 Liter.

Zehn-Jahres-Kontrolle entfällt

Das Novum: Bei Neuanlagen entfallen, wenn sie den Voraussetzungen entsprechen, die Bewilligungspflicht und die Kontrolle im Zehnjahres-Rhythmus. Die Verordnung verlangt dem Besitzer nur noch Meldepflicht und eigenverantwortliche Selbstkontrolle ab. Selbst bestehende Anlagen können von der künftigen Revisionspflicht entlassen werden, wenn sie die in der Verordnung vorgegebenen technischen Bedingungen erfüllen.

Wie die Revisionsbranche die Liberalisierung übersteht, ist noch offen. In einem Kommentar an die Mitglieder liess die Spitze des Verbandes Schweizerischer Unternehmungen für Bau und Unterhalt von Tankanlagen (VTR) keine Zweifel offen: Die Branche, die heute noch 2'400 Personen beschäftigt, werde sich "kurz- bis mittelfristig stark reduzieren", schrieben Präsident Ruedi Grätzer und Geschäftsführer Bruno Frauch. Es sei möglich, so Frauch zur SonntagsZeitung, "dass viele Betriebe gar nicht überleben werden". Der Waadtländer SP-Nationalrat Pierre Aguet rechnet mit einer Entlassung von 1'000 Beschäftigten allein im privtwirtschaftlichen Teil der Branche.

Tank-Administrationen waren "überdimensioniert"

Dazu kommt ein Stellenabbau von mehreren hundert Beamten in kantonalen und kommunalen Abteilungen, die Tankanlagen verwalten. Laut Daniel Rickli von der Sektion Altlasten und Tankanlagen im Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) kam die Initialzündung zur Revision von den Vorstehern der Umwelt- und Gewässerschutzämter der Nordwestschweizer Kantone. Ihre Absicht sei es gewesen, die im Vergleich zu andern Umweltschutzaufgaben personell überdimensionierten Tank-Administrationen aus Kostengründen zu verkleinern.

Recherchen von
REPORTS unter staatlichen Kontroll-Profis an der Front zeigt breites Unverständnis - nicht nur unter solchen, die um ihren Job bangen. Vielmehr glauben sie, dass das Paragrafenwerk mindestens zwei gravierende Korrosionslöcher aufweist:

• Die Meldepflicht für nichtbewilligunspflichtige Anlagen erscheint als Alibiübung. Ein öffentlicher Tankkontrolleur glaubt, dass zahlreiche Betreiber dieser Pflicht nicht nachkommen werden: "Und was nützen den Kantonen Meldungen, wenn nicht mehr kontrolliert werden muss?"

• Die Eigenverantwortung, so die Zweifel, "wird auf die Dauer nicht funktionieren". Das schweizerisch hohe Niveau im Gewässerschutz sei in Gefahr: "Mittel- und langfristig wird es Schadenfälle geben, die man nicht im Griff hat." In 15 Jahren, glaubt ein gestandener Branchenkenner, "werden zahlreiche Anlagen vergammelt sein".

Revisions-Unternehmer Bruno Bächlin ist sogar davon überzeugt, dass es künftig "Schwarz-Anlagen nur so hageln wird". Immer wieder beteuere die Politik, kommenden Generationen eine intakte Umwelt hinterlassen zu wollen. "Was aber tatsächlich stattfindet, ist das genaue Gegenteil - ein knallharter Abbau."

Hauseigentümer nicht rechtzeitig informiert

Auf Kritik stösst auch die ungenügende Informationspolitik: Die zahlreichen Hauseigentümer mit Oeltanks zwischen 450 und 4'000 Litern, denen die Liberalisierung künftig weniger Kontrolle und mehr Selbstkontrolle bescheren wird, sind über den Systemwechsel bisher nicht informiert worden. Daniel Rickli vom Buwal bestätigte, dass seine Amtsstelle eine Informationsschrift plane. "Es ist allerdings nicht möglich, dass sie rechtzeitig fertig wird." Fest steht, dass die Betroffenen erst nächstes Jahr informiert werden, wenn die neue Verordnung bereits in Kraft sein wird.

"Auch wir wurden vom raschen Inkrafttreten der Verordnung überrascht", sagt VTR-Geschäftsführer Bruno Frauch. Die einzige Chance, den Uebertritt vom regulierten in den freien Markt ohne grössere Blessuren zu überstehen, sieht der Verbandsfunktionär nur in einer radikalen Offensivstrategie: "Wir müssen jetzt verkäuferisch tätig werden und unser hochstehendes fachliches Know-how unserer Kundschaft auf freiwilliger Basis anbieten."

23. November 1998

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