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Basler Zoo-Direktor Peter Studer hält an drei Elefanten aus südafrikanischer Zähmung fest


Basler Zoo-Leitung attackiert "Tierrechts-Fundamentalisten"

Basel hält am Import von drei südafrikanischen Elefanten fest

VON PETER KNECHTLI

Noch nie in der Geschichte des Zoologischen Gartens Basel hat eine Tierbeschaffung die internationalen Gemüter so erregt wie die drei südafrikanischen Elefanten. Die Dickhäuter sind in einer südafrikanischen Zähmungsstation ins Schussfeld der Kritik internationaler Tierschützer geraten. Jetzt schoss die Basler Zoo-Direktion zurück und warf den Gegnern Fundamentalismus und falsche Behauptungen vor.

Eine Woche lange hatte eine Delegation des Basler Zoologischen Gartens die schweren Vorwürfe über die Umstände der Zähmung in einer Station in Skeerpoort, 85 Kilometer nordwestlich von Johannesburg, überprüft. In dieser von einer privaten Trägerschaft geführten Einrichtung werden derzeit 30 vier- bis achtjährige, halberwachsene Elefanten aus dem Tuli-Reservat in Botswana im Rahmen eines Pilotprojekts an das Leben in Unfreiheit und mit Menschen-Kontakt gewöhnt. Drei dieser Elefanten wurden - zu einem vertraulichen Preis gesponsert von Migros - dem Basler "Zolli" angeboten, der die Chance mangels Nachwuchs in europäischen Zoobeständen gern packte.

Tierschützer laufen Sturm

Doch zur Reise nach Basel kommt es vorläufig nicht. Südafrikanische Tierrechtsorganisationen, später auch der Schweizer Tierschutz, liefen gegen die Umstände der Zähmung Sturm. Allein die Dokumentenflut auf dem Internet gibt einen Eindruck davon, wie sehr das Elefanten-Projekt von Skeerpoort die internationalen Gemüter erregt. "Seit zehn Tagen können wir nicht mehr arbeiten, wir sind durch die Kontroverse völlig blockiert", meinte ein Basler Zoo-Kurator gegenüber REPORTS. Unter den Kritikern befinden sich auch weltbekannte Elefantenexpertinnen wie Cynthia Moss, Daphne Sheldrick oder Joyce Poole. Aber auch die halboffizielle Nationale Gesellschaft für den Schutz vor Tierquälerei Südafrikas (NSCPA) stimmte in den Chor Zähmungsgegner ein. Dagegen unterstützen Umweltschutz-Organisationen wie der WWF Südafrika und weitere Organisationen das Projekt.

Der Streit um die Elefanten ist mittlerweile in einen Glaubenskriegs ausgeartet. Die Kritiker werfen den südafrikanischen Tierhändlern vor, die Dickhäuter gegen die Gesetze der Natur von ihren Herden zu kidnappen und mit brutalen Methoden zu domestizieren. Zoologische Gärten entpuppten sich als Profiteure dieser traumatisierenden "Entführung".

Der Zolli-Direktor: "Wir würden uns freuen"

Auf Anfragen, ob der Basler Zoo unter dem immensen internationalen Protest am Import der gezähmten Rüsseltiere festhalte, gab sich Direktor Peter Studer bisher zurückhaltend. Am Mittwoch nun - nach Rückkehr einer Delegation, die sich vor Ort informierte - gab er zusammen mit Kaderleuten seine Haltung preis: "Wir würden uns freuen, die Jung-Elefanten zu erhalten", sagte Studer an einer Pressekonferenz in Basel. Die Abklärungen vor Ort hätten keine Aspekte zutage gefördert, die einen Verzicht auf das Migros-Geschenk nahegelegt hätten. Wann allerdings die Lieferung erfolge, könne er nicht sagen. Dies sei nicht zuletzt auch davon abhängig, in welchem Ausmass sich die südafrikanischen Gerichtsinstanzen mit den Klagen der Gegner ("Tierquälerei") werden befassen müssen.

Die Argumentation, die Direktor Studer, Tierarzt Jürg Völlm, Zootierarzt Olivier Pagan sowie der Kurator der Säugetiere, Gerry Guldenschuh, vor dem Medien vermittelten: Bei den Gegnern handle es sich vor allem um fundamentalistische Tierrechts-Organisationen oder selbsternannte Experten bis hin zu verschrobenen Aktivisten, die "aus Tieren Vegerarier machen wollen", die jetzt aus allen Rohren schiessen. Die deutsche Tierärztin Sybille Quandt verfolge gar eigene wirtschaftliche Interessen, indem sie von Abschüssen verschonte ein- bis zweijährige Jungtiere nach Deutschland verkaufe, sagte Guldenschuh.

Bei Inspektion "klinisch sauber"

Die Zähmungshalle in Skeerpoort, so berichteten die Expediteure Pagan und Völlm, habe sich bei ihrer - angemeldeten - Ankunft als "fast klinisch sauber" präsentiert. Der Ernährungsstand der Tiere, die anfänglich aus Nahrungsmangel an Sandkoliken litten, sei "jetzt gut" ("alle sind kugelrund"), das Futter "von hoher Qualität". Die Herde sei "ruhig" und verfüge über reichlich Auslauf, Schattendach, Scheuerstellen, Brunnen und Suhlplätze. Alle medizinischen Parameter bewegten sich "in der Norm". Die Tiere würden durch indonesische Mahouts sehr sorgfältig trainiert. Bei ihren Beobachtungen hätten sie keine abnormen Verhalten, keine der behautpeten Verletzungen und auch keine Todesfälle feststellen können. Auch werde das Projekt von einer durch die südafrikanische Regierung autorisierten Fachkommission begleitet.

Immerhin räumte die Delegation ("anfänglich wurden Fehler gemacht") ein, dass inzwischen die um die Vorderbeine gelegten Ketten durch sanftere Bänder ersetzt worden seien. Auch seien die spitzen Metallhaken, die bei der Zähmung verwendet werden, durch stumpfe Werkzeuge ersetzt worden.

Gerry Guldenschuh wies darauf hin, dass in Botswana, Südafrika, Zimbabwe und Namibia heute - im Gegensatz zu Ost- und Zentralafrika - eine Ueberpopulation an Elefanten herrsche. So auch im Herkunfts-Reservat der 30 halbwüchsigen Dickhäuter: Dieses 700 Quadratkilomter grosse "Reservätchen" biete für höchstens 300 Tiere Nahrung; heute lebten dort aber gegen 900 Tiere, "und die machen das Reservat kaputt". Die derzeit vier Elefantenkühe im Basler Zoo würden die Erweiterung um zwei Kühe und einen Bullen zu einer neue Familie problemlos verkraften. Im Gegensatz zu einjährigen Elefäntchen hätten die drei "halbstarken" Kandidaten die Ablösung von der Mutter bereits vollzogen.

Der Zoo als ökologisch fragwürdiger Fun-Park

Der jetzt aufgebrochene internationale Elefanten-Streit ist mehr als nur ein isolierter Projekt-Konflikt. Zur Diskussion steht immer stärker das traditionelle "Prinzip Zoologischer Garten" als ökologisch fragwürdiger Unterhaltungspark für eine zumeist von der Natur entfremdete urbane Bevölkerung. Direktor Peter Studer zeigte Verständnis für das sich wandelnde öffentliche Bewusstsein, bestand aber auf seiner Meinung, dass "unsere Tiere Botschafter sind" und so zur Erhaltung ihrer Artgenossen in der freien Wildbahn beitrügen. Den gewandelten Erfordernissen trage der Basler Zoo auch Rechnung: Der schon vollzogene oder noch bevorstehende Verzicht auf Eisbären, Sumpfantilopen, Leoparden und Tiger sei ein Beispiel dafür. Auf Elefanten als attraktive "Flaggschiff-Stücke" (so Studer) wolle der Zolli aber nicht verzichten. Eben wird mit Millionenaufwand ein neues, stark vergrössertes Elefantenhaus projektiert.





Ereignis-Bewertung

Die Direktion Direktor Peter Studer und seines engsten Mitarbeiter zeigten sich an der Pressekonferenz gereizt: Die Proteste legen derzeit die tägliche Arbeit lahm. Die Haltung des Basler Zolli ist klar: Die Alternative zur Zähmung ist der Abschuss in den überfüllten Reservaten. Darum: Festhalten an der Lieferung der drei Elefanten. Festhalten am Elefanten als "Anker" und Attraktionspunkt des Zolli.
Die Gegner(innen) Operieren teils fraglos fundamentalistisch mit obskuren Argumenten und Motiven. Fundraising dürfte bei den um Medienpräsenz kämpfenden Organisationen eine grosse Rolle spielen. Positiver Effekt: Sie haben zu Verbesserungen der Tierhaltung im südafrikanischen Trainingscamp beigetragen.
Der Wandel Der Zoo als Konzept befindet sich im Wandel. Basel braucht da nicht zurückzustecken: Das Konzept ist in Aenderung begriffen - von der Darstellung der Arten zur Darstellung der Prozesse. Der Wandel ist auch in Basel in vollem Gang. Der geplante oder bereits vollzogene Verzicht auf Eisbären, Sumpfantilopen, Leoparden und Tiger ist in vollem Gang. Dies müsste die Zolli-Leitung offensiver und wiederholt kommunizieren.
Der Zoo Wer einen Zoo will, muss ihm die nötigen Mittel zugestehen, die Zähmung ist eines davon. Ohne Identifikations-Schwerpunkte im Angebot - die Elefanten zählen zentral dazu - ist er nicht überlebensfähig. Der Konflikt kann aber nicht auf die Realo-Fundi-Ebene reduziert werden. Was die Zolli-Direktion an der Pressekonferenz an Hintergründen über die Wildbestände lieferte, müsste sie vermehrt auch der Publikumsfront vermitteln: Grössere Transparenz im Spannungsfeld zwischen der "bewahrenden" und dokumentierenden Institution und den Entwicklungen in der freien Wildbahn.

4. November 1998

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(c) by Peter Knechtli