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Kühler Rechner: Neuer Cablecom-CEO Ueli Dietiker


Der Mann, der künftig die Schweizer Drähte zieht


Der stille Rechner Ueli Dietiker wird Chef des Online- und Kabelriesen Cablecom

VON PETER KNECHTLI

Nach der Uebernahme von Swiss Online ist er der Mann, der künftig im Schweizer Internet-Geschäft die Fäden zieht: Ueli Dietiker, designierter Generaldirektor der Cablecom - ein kühler Rechner nach Leo Fischers Geschmack.

Als der Luzerner Kabelpionier Leo Fischer am 20. Mai 1994 die Cablecom Holding gründete, stellte er seinen finanzkräftigen Partnern Siemens Schweiz und der damaligen Telecom eine Bedingung: "Ich will meine Leute selbst holen und ich will den besten Finanzer." Einer, den Fischer Jahre zuvor als Finanzchef der Motor-Columbus-Tochter TeleColumbus kennengelernt hatte, war Ueli Dietiker - heute 45jährig und das "finanzielle Gewissen" des grössten Schweizer CATV-Unternehmens. Von Anfang an war er "als Stellvertreter des Chefs und nicht als Platzhalter" (Fischer) dabei.

"Wir reden so kollegial"

Seither hat sich das Gespann Fischer/Dietiker zum Power-Duo entwickelt: In der Zürcher Konzernzentrale arbeiten die beiden bei der Umsetzung ihrer offensiven Wachstumspolitik "Hand in Hand, Tür an Tür". Bei Netzkäufen, sagt Fischer, "reden wir so kollegial miteinander als würde uns die Firma gehören".

Den Ton gibt noch der 65jährige Macher und Mischler Leo Fischer an. Doch ab Anfang 1999, wenn der "Kabel-König" (Branchenschnack) als Chef der Geschäftsleitung zurücktritt und sich auf die Funktion als Verwaltungsratsdelegierter beschränkt, wird Dietiker eine ganz grosse Nummer der Schweizer Kommunikationsbranche: Chef jenes schier endlos expandierenden Unternehmens mit mittlerweile 540 Millionen Franken Umsatz und 23 Millionen Franken Gewinn, das heute schon 1,5 Millionen der 2,4 Millionen verkabelten Schweizer Haushalte mit Fernseh- und Radioprogrammen versorgt und seine dominierende Stellung durch Akquisition bestehender Netze und Kooperationen immer weiter ausbaut.

Das Geschäft mit interaktiven Diensten

Mit der Uebernahme der 51prozentigen Mehrheit des grössten Internet-Providers Swiss Online vergangenen Donnerstag machte Cablecom deutlich, dass sie künftig weit mehr als Radio- und Fernsehprogramme verbreiten will: Sie will mit dem Einstieg in interaktive Dienste massenweise Kunden auf ihr leistungsfähiges Breitbandnetz umlenken, die bisher auf sündhaft teuren Swisscom-Telefonleitungen im Internet surften.

Im Basler Balcab-Netz, in dem die Cablecom-Partner die Fäden ziehen, kann schon bald zum Preis von monatlich 57 Franken während unbegrenzter Zeit gesurft und gemailt werden. Die Aussicht, 24 Stunden am Tag mit dem Netz verbunden zu sein, ist Manna für alle, die heute frustriert die Swisscom-Gebührenkasse alimentieren. Aehnliche Möglichkeiten bietet Cablecom nach einem Pilotversuch in Wettingen demnächst auch in Bern und weiteren Landesteilen an.

Verhältnis zu andern Providern klären

Aber auch in andern elektronischen Diensten wie Pay TV, Tele-Shopping Internet-Telefonie oder Video-Spielen will sich Cablecom als Zentralnervensystem der Schweizer Kabel-Kommunikation etablieren. Verdrängung sei nicht das Ziel, beteuert Dietiker. Vielmehr sei Cablecom "derzeit daran, unser Verhältnis zu andern Anbietern zu klären und die technischen Zulassungsmöglichkeiten zu evaluieren".

Kleinere Konkurrenz-Provider, die bereits Schlimmes fürchten, erwarten zumindest eine offene Informationspolitik. Doch anders als der ebenso extravertierte wie fuchsschlaue Techniker und Taktiker Leo Fischer muss der nüchterne Rechner Dietiker Selbstdarstellung und Aussenkommunikation in eigener Sache noch einüben: Seit seiner kaufmännischen Lehre auf der Gemeindekanzlei der Aargauer Gemeinde Rupperswil, seiner Tätigkeit als Atag-Bücherexperte, Arbeitsbiene von Motor-Columbus-Sanierer Ernst Thomke und als Finanzchef der Cablecom war Dietiker stets der nach innen wirkende Controller und Analytiker. Jetzt muss er - marketinggerecht - das Licht der Oeffentlichkeit suchen. Dietiker: "Cablecom muss eindeutig volksnah bleiben. Und da kann ich durchaus sehr emotional sein. Ich bin auch bereit, Risiken einzugehen."

Dietiker will sich "typgerecht verhalten"

Schwülstige Auftritte aber werden nicht Dietikers Stil sein im Bestreben, "Cablecom als Brandname bekannter zu machen". Vielmehr will er sich, wie weiland als "defensiver Mittelfeldspieler" des Zweitliga-Fussballclubs Brugg, "typgerecht verhalten" und zunächst "das eigene Haus in Ordnung bringen". So stehen grosse Investitionen an, um die immer noch sehr heterogenen Strukturen des Cablecom-Patchworks zu harmonisieren - Voraussetzung, um die gesteckten Ziele des Unternehmens zu erfüllen: Den Kunden bis Ende Jahr in allen Sprachregionen den Internet-Zugang via Radio/TV-Kabel zu ermöglichen und gleichzeitig die Uebertragungsgeschwindigkeit entscheidend zu erhöhen.

Zudem drängt Cablecom darauf, die Leistungen und Preise ihrer Netze im Hinblick auf neue Technologien landesweit zu vereinheitlichen und ihre 71 Netze in 790 Gemeinden in ein landesweites Fernnetz mit bloss noch einer Kopfstation pro Sprachregion zu vereinigen. Herrscht heute im TV-Angebot wegen fehlender Frequenzen noch "Mangelverwaltung" (Fischer), so können durch die Revolution der digitalen Kompression bis in vier Jahren 500 Fernsehprogramme angeboten werden.

Ein Bein in Hannover

Zwar verfügt der parteilose Vater zweier Buben nicht über die Selfmade-Biografie des Leib-und-Seele-Kablers Fischers, doch technisches Verständnis nimmt Ueli Dietiker selbstbewusst in Anspruch: Als Cablecom-Informatikverantwortlicher könne er die Vorgänge in den Kupfer- und Glasfaserkabeln durchaus nachvollziehen, zumal die analoge Technik jetzt im Begriff sei, durch die digitale abgelöst zu werden. Zudem ist der künftige Cablecom-Chef bereits seit zehn Jahren im Kabelgeschäft tätig - unter anderem als Geschäftsführer der TeleColumbus GmbH in Hannover.

In der Geschäftsleitung des deutschen Kabelunternehmens will Dietiker auch als Cablecom-Kapitän über 1'300 Angestellte bleiben. So könne der "sehr gute Informationsaustausch beibehalten" werden - im eigenen Interesse. Denn Deutschland ist für Cablecom kein Tabu. Dietiker: "Wenn sich im grenznahen Raum eine Möglichkeit bietet und alle Faktoren stimmen, dann steigen wir ein."

Personelle Aenderungen an der Cablecom-Spitze

Mehrere Mutationen absehbar sind dagegen an der Cablecom-Spitze, über die die Generalversammlung in den nächsten Wochen entscheiden wird. So dürfte im Verwaltungsrat, worüber weder Fischer noch Dietiker sprechen mögen, Swisscom-Chef Tony Reis seinen Vorgänger Felix Rosenberg ablösen. Auch soll die derzeit vierköpfige Geschäftsleitung nicht nur einen neuen Finanzchef erhalten, sondern gemäss zuverlässigen Quellen auch um ein Ressort für regionale Koordination aufgestockt werden.

Den Aktionshorizont erweitern muss schliesslich auch Chef Dietiker. Gefragt sind jetzt die Qualitäten, die er damals als Fussball-Junior ausspielte: Er war Mittelstürmer.

1. Juni 1998

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(c) by Peter Knechtli