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Novartis-Fusion hat auf Ciba die stärksten Nebenwirkungen

Junge Top-Manager, schlanke Organisation: Sandoz hat personell und organisatorisch die besseren Voraussetzungen

VON PETER KNECHTLI

Nachdem die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Novartis bekannt ist, steht fest: Sandoz hat bei der Fusion mit Ciba die besseren Karten. Die Firmenkultur von Sandoz-Boss Marc Morets hat gute Aussicht auf Weiterbestand.

Während das Klima auf den unteren Stufen zwischen Verunsicherung und Fatalismus schwankt, "sind im Bereich des Topkaders jetzt immense Positionskämpfe im Gang". Sowohl in den Basler Hauptquartieren wie in den Tochtergesellschaften rund um den Globus werden die Messer gewetzt: Präsidenten, Vorsitzende, hohe Stabsmitarbeiter und Topkader stellen sich die bange Frage, ob sie im neuen Novartis-Konzern überleben oder zu den 10'000 Leuten gehören, die Pech gehabt haben.

Wahrscheinlich werden es mehr sein: Immer mehr Beobachter glauben, dass das Synergiepotential der Fusion zwischen 15'000 und 20'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beträgt. Nicht weniger als 60 Spezialisten der Beraterfirma McKinsey wurden eingeflogen, um den schmerzhaften personellen Schnitt zusammen mit dem firmeneigenen Integrationsgruppe schnell auszuführen. Bis spätestens Ende Jahr soll den Betroffenen der Entscheid eröffnet werden, noch vor den Sommerferien sollen die 100 Top-Manager von Novartis bestimmt sein.

Auf Sandoz-Chefetagen herrscht aufgeräumte Stimmung

Ebenso gross wie das Freud- ist das Frustrationspotential, das die Neuorganisation freisetzen wird. Ein Beobachter: "Während den einen - wie dem 42jährigen Konzernchef Daniel Vasella - gleich ein doppelter Karrieresprung gelingt, müssen andere einen Job suchen, die eben noch mit der Beförderung gerechnet hatten."

Auffällig: In den Korridoren der streng geführten Sandoz-Chefetagen herrscht eine ungewöhnlich aufgeräumte Stimmung, während beim rechtsrheinischen Fusionspartner Ciba die Sorgenfalten dominieren.

Ebenso auffällig ist, wie insbesondere Ciba-Präsident Alexander Krauer die "Verbindung von zwei gleichbedeutenden Firmen" betont, währenddem sich Sandoz-Exponenten in der Beurteilung der Machtfrage vornehm zurückhalten. Kein Wunder: Obschon von seiner ursprünglichen Grösse her der deutlich kleinere Konzern, wird Sandoz den neugebauten Pharmakonzern Novartis sowohl in seiner organisatorischen und philosophischen Charakteristik stärker prägen als Ciba.

Moret rüstete Sandoz früh zur Fusion

Grund: Sandoz hat, geführt von der schonungslosen Hand ihres Chefs Marc Moret, seit Anfang der achtziger Jahre alle nötigen Entscheide getroffen, um das Unternehmen für eine Grossfusion für die jetzt bevorstehende optimal zu rüsten. Erst war es die Gemeinkosten-Analyse, die gegen 1'000 Stellen kostete. 1986/87 war es die Divisionalisierung, die Sandoz in die Lage versetzte, die Unternehmensbereiche je nach strategischer Fokussierung zu verkaufen. Den Anfang machte letzten Sommer das Chemikaliengeschäft, das nun selbständig unter "Clariant" firmiert.

Heute zeigt sich Sandoz in einer blendenden organisatorischen und kommerziellen Verfassung. Demgegenüber kennt Ciba als stark diversifiziertes Unternehmen immer noch eine sehr starke divisionale Durchmischung, das Personalpolster trägt Speck, den Sandoz bis auf die Knochen abgetragen hat. Folge: Bei Ciba wird die Phase der Veränderung weit einschneidendere Spuren hinterlassen als bei Sandoz. Ein Szenenkenner bildhaft: "Sandoz ist nach allen bisherigen Reorganisationen immunisiert. Ciba dagegen ist erst geimpft, sie wird die Nebenwirkungen noch erfahren."

Prominente Verwaltungsräte ausgeschieden

Eine erste Beurteilung der Machtverhältnisse ist jetzt möglich, nachdem am Freitag die Zusammensetzung des 16köpfigen Novartis-Verwaltungsrates bekannt wurde. Aus dem Ciba-Lager nicht mehr dabei sind beispielsweise der ehemalige ABB-Konzernchef David de Pury und SKA-Führer Rainer E. Gut, die beide im Nestlé-Verwaltungsrat sitzen und dadurch in Interessenkonflikte mit der Novartis-Ernährungssparte kämen. Auch Verleger Michael Ringier muss die kollisionsträchtige Rolle des Chemie-Verwaltungsrates abgeben. Nicht mehr dabei ist als einzige Frau im Sandoz-Verwaltungsrat die erst kürzlich gewählte FdP-Politikerin Lily Nabholz.

Im vierköpfigen Ausschuss teilen sich die beiden Firmen brüderlich auf: Alexander Krauer als Präsident und Delegierter sowie Helmut Sihler als Vizepräsident (für Ciba), und Hans-Jörg Rudloff als Vizepräsident und Daniel Vasella als Delegierter und Vorsitzender der Geschäftsleitung (für Sandoz).

Disziplinierte Ausrichtung auf Moret

Was numerisch wie vollkommene Parität wirkt, ist faktisch eine Verschiebung des Gleichgewichts. Denn anders als im traditionell pluralistischen Ciba-System, in dem der Präsident als weiser Moderator wirkte, sind die Sandoz-Topmanager nach Kennerangaben "enorm diszipliniert auf Marc Moret ausgerichtet". Diese Einschätzung wird ihre volle Bedeutung erlangen, wenn Novartis-Chef Krauer in gut fünf Jahren das Novartis-Präsidium möglicherweise einem Sandoz-Mann abgeben wird. Dass Moret seine Speerspitze in der Novartis-Führung etabliert hat, zeigt beispielsweise der Verwaltungsrats-Einstieg des derzeitigen Vorsitzenden der Sandoz-Konzernleitung Alexandre Jetzer, einem treuen Gefolgsmann Morets.

Der grosse Sandoz-Einfluss wird sich aber in der operativen Führung des Drei-Sparten-Konzerns - vor allem in der nachrückenden Generation - durchsetzen. Bereits wird die Ernährung wird vom erst 42jährigen Sandoz-Mann David Pyott geführt. Der weltweit führende Agrobereich bleibt beim 58jährigen Ciba-Manager Wolfgang Samo, dicht auf den Fersen aber folgt ihm sein Stellvertreter von Sandoz Heinz Imhof. Die Pharma-Sparte als wichtigstes Standbein wird mit dem 55jährigen Pierre Douaze ebenfalls von einem Ciba-Repräsentanten geleitet. Wie lange der lebensfrohe Burgunder diesen verschleissenden Job noch wird halten können, ist offen. Sicher ist, dass Sandoz die interessantere Pharma-Pipeline aufweist als Ciba - beste Voraussetzungen für einen Sandoz-Mann als Douaze-Nachfolger. Die Novartis-Finanzen kontrolliert der erst 50jährige Sandoz-Kassenwart Raymund Breu.

Choffat als Chef des Integrationsdienstes

Am deutlichsten wird die Federführung der mehrfach reorganisationsgeübten Sandoz dort, wo der neue Konzern wirklich gemeisselt wird: Planer, Exekutor und Partner der McKinsey-Analysten ist der noch nicht fünfzigjährige Sandoz-Topmann Paul Choffat - früher selbst McKinsey-Leader. Er hat als Chef des Integrationsdienstes die Fäden in der Hand.

Und dabei wird sich auszahlen, was Feldherr Marc Moret den Mannen seiner Gunst schon immer vermittelte: Er hat sie zu einer Truppe zusammengeschweisst.

30. März 1996

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© by Peter Knechtli