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"H2-Tunnel durch Motorfahrzeugsteuern finanzieren": Überlastete Rheinstrasse

H2: Landrat zwingt Regierung zur
lückenlosen Tunnel-Variante

Aber noch zahlreiche Fragen um die geplante Express-Strasse zwischen Liestal und Augst

VON PETER KNECHTLI

Der Baselbieter Landrat zwingt die Regierung dazu, die Express-Strasse H2 zwischen Liestal und Augst mit einem durchgehenden Tunnel zu bauen. Er überwies heute Donnerstag eine überparteiliche Motion, die sich gegen eine aus Kostengründen von der Exekutive favorisierte Unterbrechung des Tunnels wendet. Aber noch herrscht um die H2 keine Klarheit: Ungelöst ist nach wie vor die Finanzierung des Bauprojekts.

Die drei Landräte Ruedi Keller (SD), Eric Nussbaumer (SP) und Karl Willimann (SVP) hatten im Februar die Sorgen ihrer Wohngemeinden aufgenommen und in einer dringlichen Motion verlangt, dass der 2,2 Kilometer lange Tunnel der insgesamt 4,5 Kilometer langen geplanten Express-Strasse zwischen Liestal und Augst durchgehend gebaut wird. Nach den verschiedenen Brandkatastrophen in Autotunnels wollte die Bau- und Umweltschutzdirektion den Tunnel, der die chronisch verstopfte Rheinstrasse entlasten soll, aus Sicherheits- und vor allem aus Kostengründen in der Mitte auf einer Strecke von 200 Metern offen führen - ausgerechnet in der unmittelbaren Umgebung eines Alters- und Pflegeheims.

"Grosse Unsicherheit" bei Finanzierung bleibt

Nachdem der Landrat in einer früheren Sitzung die Motion an die Finanzkommission und an die Bau- und Planungskommission überwiesen hatte, gaben die beiden Gremien in der heutigen Sitzung bekannt, dass sie sich einstimmung für eine Überweisung an die Regierung ausgesprochen hätten. Der durchgehende Tunnel mit speziellen Rauchabluft-Kanälen führt zu Mehrkosten in Höhe von 35 Millionen Franken (Basis 2003, Abweichungs plus-minus 25 Prozent), so dass das Gesamtprojekt auf rund 300 Millionen Franken zu stehen kommt. Gleichzeitig erhöhen sich bei einem Volltunnel die jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten um rund eine Million Franken. Darüber, welchen Beitrag der Bund letztlich an die seit Jahrzehnten umstrittene Strasse leistet, herrscht nach den Worten von Finanzkommissionspräsident Marc Joset (SP) aber weiterhin eine "grosse Unsicherheit".

Obschon der Landrat den Vorstoss ohne Gegenstimme überwies und die Regierung damit auf die in der Grundsatz-Volksabstimmung von 1995 abgegebenen Versprechen verpflichtete - das damalige Tunnelprojekt wurde unter anderem als "Lärmschutz" angepriesen -, sind noch viele Fragen offen. So möchte die Bau- und Planungskommission, dass die Regierung bis Ende April noch vertiefe "Abklärungen" trifft und "Varianten prüft" (so Präsident Peter Holinger) und dabei Fragen der Finanzierung, der Unterhaltskosten, der geltenden gesetzlichen Normen und der Risiken in einer Gegenüberstellung dokumentiert. Baudirektorin Elsbeth Schneider (CVP) schien anderseits immer noch einen gewissen Glauben an den teilweise geöffneten Tunnel zu haben, als sie die Option eines "Flüsterbelags" ins Spiel brachte. Während auch FDP-Sprecher Hanspeter Frey auf Vergleichen und Zusatzaufträgen beharrte, wehrte sich SVP-Landrat Willimann gegen eine neue Variantendiskussion und für einen raschen Baubeginn.

SVP-Kritik an CVP-Regierungsrätin

Wie weit im Grundsätzlichen die Meinungen über die H2 immer noch auseinander gehen, zeigte das Votum der Sozialdemokratin Annemarie Marbet: Die SP sei für die überarbeitete "Luxusvariante" der H2 nur zu haben, wenn die auch Tunnel-Zusatzkosten "ausschliesslich über die Aufhebung des Motorfahrzeugsteuer-Rabatts finanziert werden". Nur dann werde die SP dem von der Regierung ankündigten Spezialgesetz zur Finanzierung der H2 zustimmen, das den Steuerrabatt während höchstens zehn Jahren aufheben will. Marbet: "Wir wollen keine Hintertürchen." Befremdet zeigte sich die SP-Sprecherin über die von Nationalrat Hans Rudolf Gysin erneut lancierte Initiative zum sofortigen Bau der H2, die sie als "neues Druckmittel" bezeichnete.

Kritik musste die Baudirektorin aus den Reihen der SVP hinnehmen: Hildy Haas drückte ihr Unverständnis darüber aus, dass die zuständige Regierungsrätin nicht mit den vier Anrainer-Gemeinden Liestal, Frenkendorf, Füllinsdorf und Augst nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht hatte. Aus Füllinsdorf sind immer noch über 260 Einsprachen gegen die Tunnelöffnung hängig und die Beschwerdeführer zeigten bisher keine Bereitschaft, eine "Zahn-Lücke" im Tunnel hinzunehmen. Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) konnte nicht verstehen, dass sich die Baudirektion jetzt "auf eine offene Variante einschiesst". Nach einer Volksabstimmung "kann man nicht das Projekt um zehn Jahre verzögern und es dann aus Kostengründen einfach abspecken". Auch SP-Fraktionspräsident Ruedi Brassel gab zu verstehen, dass ein vom Volk bewilligtes Projekt nicht grundlegend abgeändert werden könne, ohne den Souverän um seine Meinung zu fragen.

SP und Grüne für "verursachergerechte Finanzierung"

Pragmatisch die Haltung der Grünen: Sie lehnen die H2 prinzipiell ab und befürworteten statt dessen einen Ausbau der bestehenden Rheinstrasse. Da nun aber vor zehn Jahren die H2 vom Volk gutgeheissen worden sei, befürworteten sie den durchgehenden Tunnel. Aber diese Lösung, so betonte Isaac Reber, müsse "verursachergerecht finanziert werden - und zwar vollständig". Stoff für heisse Diskussionen bietet die reichlich verfahrene Ausgangslage um die Zukunft der H2 somit noch reichlich.


  > STANDPUNKTE


SP-Fraktion: "Die H2-Bauvariante ist seit den Volksabstimmungen von 1995 und 1997 klar demokratisch entschieden. Die SP hat - trotz damaliger Opposition - diesen Volksentscheid akzeptiert. Das vom Volk bewilligte Projekt sieht einen 2,2 km langen Tunnel vor. Von einer Teilöffnung inmitten des Ergolztals war nie die Rede. Die SP-Fraktion unterstützt daher die primär aus Lärmschutzgründen nahe liegende durchgängige Tunnelvariante.

Heute geht es nicht mehr darum, welche Bauvariante das Verkehrsproblem im Ergolztal am besten lösen würde. Das Volk hat hier entschieden. Die politische Frage ist heute eine finanzpolitische: Können wir uns die Finanzierung dieses luxuriösen Bauvorhabens aus dem Staatshaushalt leisten oder soll sie verursachergerecht durch die temporäre Aufhebung des Motorfahrzeugsteuer-Rabatts erfolgen?

Die SP-Fraktion ist klar der Meinung, dass mit dem Bau der H2 nur begonnen werden darf, wenn die vollständig zweckgebundene Finanzierung aus der Motorfahrzeugsteuer gesichert ist, natürlich abzüglich der zu erwartenden Bundessubventionen. Die Regierungsvorlage für eine Spezialfinanzierung wird von der SP unterstützt, wenn keine Hintertürchen für eine Finanzierung über den Staatshaushalt offen bleiben. Denn für die SP ist es inakzeptabel, wenn durch die Kostensteigerungen bei den Strassenbauprojekten der Spardruck in anderen Bereichen weiterhin erhöht wird. Eine Zustimmung der SP-Fraktion zum Spezialgesetz für die Finanzierung des Bauvorhabens ist daher nur zu haben, wenn die vollständige Finanzierung aus der Motorfahrzeugsteuer darin verankert ist."

FDP Baselland: "Es ist der raschen und engagierten Intervention des Baselbieter FDP-Ständerats Hans Fünfschilling Anfang Jahr zu verdanken, dass der Ständerat am Dienstag mit seinem einstimmigen Ja zur Infrastrukturfonds-Vorlage gleichzeitig auch 137,5 Millionen Franken zur Mitfinanzierung der H2 beschlossen hat. Dieser Bundesbeitrag war aufgrund von Missverständnissen in der Kommunikation zwischen der Baselbieter Regierung und dem Bund ursprünglich nicht vorgesehen.

Die Mitfinanzierung des Bundes an der H2 fehlte ursprünglich in der Vorlage des Bundesrates aufgrund einer - wie es Kommissionspräsident Thomas Pfisterer (FDP/AG) in der Ständeratsdebatte ausdrückte - "Kommunikationspanne oder eines Versehens zwischen dem Kanton Baselland und dem Bund". (...) Die Kommission hat den Antrag von Hans Fünfschilling denn auch vollumfänglich gutgeheissen und die H2 in die Liste der mitfinanzierten Projekte aufgenommen. Der Ständerat ist diesem Kommissionsantrag am Dienstag ohne Opposition gefolgt.

Sofern auch der Nationalrat dieser Infrastrukturvorlage zustimmt, stehen dem Kanton Baselland für die Realisierung des H2-Projektes dank Ständerat Hans Fünfschilling maximal 137,5 Mio. Franken an Bundesgeldern zur Verfügung. Dadurch dürfte sich der Kostenanteil für die Baselbieter Motorfahrzeughalter am Projekt erheblich verringern, sofern die Baselbieter Stimmbevölkerung dem regierungsrätlichen Vorschlag zur Baukosten-Finanzierung über eine befristete Aufhebung des Motorfahrzeugsteuer-Rabatts zustimmt."

23. März 2006


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  > ECHO

"Ist das eine kohärente Verkehrspolitik?"

Gegen den Lückenschluss ist wohl nichts einzuwenden. Bereits bisher war zu vermuten, dass der Klein- und Putzunterhalt, Lampenersatz usw. des Sissachertunnels (Bausumme ca. 330 Millionen Franken) und des H2-Tunnels (rund 200 Millionen Franken) die Summe der erhofften oder vermuteten Einsparungen der Einstellung der Linie S9 der Regio S-Bahn Basel ("Läufelfingerli") überschreiten würde. Nun bestätigte Finanzkommissionspräsident Marc Joset im Landrat, dass der Tunnel-Lückenschluss der H2 einen zusätzlichen jährlichen Betriebsaufwand von einer Millionen Franken auslösen wird. Gibt es im Kanton Basel-Landschaft eine Verkehrspolitk, die als kohärent bezeichnet werden könnte?

Willi Rehmann-Rothenbach
Pro Bahn NWCH
Binningen



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