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"Nicht für Fahrverbote": Autobahn vor Basel

Road Pricing stösst Wirten ganz sauer auf

Basler Wirteverband wehrt sich bei der Kantonsregierung gegen "katastrophale wirtschaftliche Effekte"

VON PETER KNECHTLI

Im Kanton Basel-Stadt ist die Debatte um das so genannte Road Pricing lanciert: Kaum hat der grüne Justizdirektor Guy Morin das politisch heisse Eisen aufs Tapet gebracht, meldet sich auch schon Widerstand an. Der Basler Wirteverband intervenierte mit einem vierseitigen Schreiben bei der Regierung mit der Bitte, dass die Strassengebühr "Utopie bleibt".

Die Ozonwerte in der Region Basel hatten wieder einmal den Grenzwert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten, als Greenpeace-Mann Cyrill Studer Ende Juli beim neuen Basler Justizdirektor Guy Morin vorsprach. Allzu gross dürften die Differenzen zwischen Vertreter der Umweltschutzorganisation und dem grünen Spitzenpolitiker nicht gewesen sein. Jedenfalls sagte Morin anschliessend der "Basler Zeitung", er sei "nicht für Fahrverbote", aber für die Einführung des Road Pricing auf Basler Einfallstrassen.

Individualverkehr soll reduziert werden

Darum geht es: Das Befahren der Basler City - oder von Teilen davon - sollte kostenpflichtig werden. Technisch könnte dies beispielsweise so vorstatten gehen, dass Autofahrende im Voraus einen gewissen Betrag einzahlen. Optische Geräte an der Stadteinfahrt würden anhand der Autonummer festhalten, ob der Lenker für die Passage bezahlt hat. Ist dies der Fall, spürt der Fahrende nichts; der Beitrag wird einfach von seinem Konto abgezogen. Hat er nicht bezahlt, wird er gebüsst. Denkbar sind auch andere Finanzierungs-Modelle. Morin verspricht sich von zahlungspflichtigen Strassenstücken eine Reduktion des Individualverkehrs in der Innenstadt und einen zusätzlichen Anreiz zur Benützung des öffentlichen Verkehrs. Dieser sollte auch mit den Einnahmen aus dem Road Pricing ausgebaut werden.

Zwar haben Verkehrsexperten - unter anderem aus dem Basler Ingenieur-Unternehmen Rapp - schon Modelle entworfen und sich unter anderem an London und der norwegischen Kleinstadt Trondheim orientiert. Konzepte dafür liegen aber speziell für die Region Basel noch nicht vor und die Bevölkerung versteht unter dem Begriff "Road Pricing" noch über weite Teile "Bahnhof". Insbesondere sind die zu erwartenden Entlastungseffekte und die Verwaltungskosten noch ebenso wenig bekannt wie die Frage, auf welche Weise die eingenommenen Gelder investiert werden sollen.

Wirte befürchten "verheerende Folgen" ...

Sicher ist nur, dass Basel eine äusserst vehement Debatte bevorsteht, die höchstwahrscheinlich nicht mehr nach dem traditionellen Links-Rechts-Schema verlaufen wird. Während die einen Gruppierungen sich mit dem von Morin aufs Tapet gebrachten Lenkungs-Instrument näher auseinander setzen, ist für den Basler Wirteverband bereits klar, dass er diesem Rückfall ins "finstere Mittelalter" nicht zustimmen wird. In einem vierseitigen Brief an die Kantonsregierung, der OnlineReports vorliegt, schreiben Präsident Josef Schüpfer und der Vorstands-Delegierte Maurus Ebneter, "die Folgen für den Tourismus und das lokale Gewerbe wären verheerend". Insbesondere sei ein "Eintrittsgeld" für Basel als "institutionalisierte Form der Wegelagerei" verfassungswidrig, da laut Bundesverfassung die Benützung öffentlicher Strassen "gebührenfrei" sei.

Als nicht zulässig bezeichnet der Wirteverband ("als touristische Leitbranche sind wir ein Wirtschaftsmotor") den Vergleich mit London, da in der britischen Hauptstadt nur ein kleiner Teil der City von der Strassenabgabe betroffen sei. Zudem habe der "Strassenzoll" auf die Luftqualität der grösseren Region "keinen Einfluss". Zwar sei an den Werktagen der Individualverkehr in der Innenstadt zurück gegangen, doch habe sich das Verkehrsaufkommen auf dem inneren City-Ring und in den Aussenquartieren verstärkt.

... und Umsatzrückgang

Was den Wirten besonders sauer aufstösst: Die "katastrophalen wirtschaftlichen Effekte". So hätten 80 Prozent der befragten Wirte einen Gästerückgang festgestellt, 43 Prozent hätten den Personalbestand reduziert und 20 Prozent überlegten sich eine Aufgabe des Betriebs. Gewaltig seien in London auch die Entwicklungskosten von 500 Millionen Franken; für Basel - so die Wirte - wäre "mit ähnlich hohen Investitionen zu rechnen". Die Betriebskosten könnten sich zum "ökonomischen Flop" entwickeln. Der Wirteverband befürchtet zudem die "schleichende Zerstörung der City-Funktion" und eine Torpedierung des Stadtmarketings. Als Lösung offeriert der Verband ein "umfassendes Verkehrs- und Parkraumkonzept, das den Bedürfnissen der lokalen Wirtschaft Rechnung trägt".

Eine substanzielle Antwort ist laut Maurus Ebneter bisher noch nicht eingetroffen. Auf Gegenargumente jedenfalls muss er sich gefasst machen: Links-grün stellt seit einigen Monaten die Mehrheit innerhalb der Kantonsregierung.

30. August 2005

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"Wirteverband ist mehr als kleinlich"

Ich habe grösste Mühe mit den hier dargelegten Äusserungen des Wirteverbandes. Von wegen "finsteres Mittelalter"! Es geht hier darum, verkehrsökonomische Ineffizienzen zu bereinigen. Ausserdem ist es ja momentan tatsächlich in der Bundesverfassung verboten, "Wegzölle" zu verlangen, deshalb kann von einer raschen Umsetzung auch keine Rede sein. Es geht lediglich darum, die Idee und vor allem die verschiedenartigen Umsetzungsmöglichkeiten seriös zu prüfen, da der Erfolg des Road Pricings letzlich von der gewählten Umsetzungsform abhängt. Sollte man zum Beispiel die Region miteinbeziehen? Wer bezahlt und wer nicht? Offenbar will der Wirteverband aber schon die Idee im Keim ersticken. Das ist mehr als kleinlich. In Bundes-Bern konnten sich die Parlamentarier immerhin zu einer (weiteren) Prüfung durchringen.

Emmanuel Ullmann
Mitglied FDP / Jungfreisinnige
Basel



"Kaum mehr als ein Sommertheater"

Wieso diese Aufregung? Die Bundesverfassung verbietet die Erhebung von Strassenzöllen und es gibt keine Grundlagen für "Versuche". Und bis dieser Verfassungsartikel geändert ist, wenn er überhaupt geändert wird, ist hoffentlich dem rot/grünen Spuk in Basel-Stadt längst ein Ende bereitet! Also was soll's, mehr als ein Sommerheater kann's nicht gewesen sein.

Hans Zumstein
Itingen



"Weshalb regt sich eigentlich der Wirteverband auf?"

Wieso regt sich eigentlich der Wirteverband über das Road Pricing auf? Das ist, wie wenn sich ACS und TCS gegen einen Aufschlag aufs tägliche Käffeli wehren würden.

Beatrice Alder
Basel



"Bitte keinen kleinlichen Heimatschutz"

Die Reaktion des Wirteverbandes ist wichtig, damit über alle Aspekte von Road Pricing diskutiert wird. Wegen eines kleinlichen Heimatschutzes für die wertschöpfungsschwache Gastro- und Tourismsmus-Szene darf die Diskussion um das übergeordnete Road Pricing jedoch auf keinen Fall gestoppt werden. Road Pricing heisst für mich nicht, dass unter dem Strich mehr bezahlt werden muss, sondern dass zum Beispiel die Fixkosten des Individualverkehrs gesenkt werden und die variablen (Kilometer-)Kosten erhöht werden. Ausserdem ist ein funktionierender Strassenverkehr gerade für wertschöpfungsstarke Wirtschaftzweige im Interesse der gesamten Volkswirtschaft wichtig.

Siro Imber
Allschwil



"Basel-Stadt weiträumig umfahren"

Ganz einfach: Basel-Stadt weiträumig umfahren und in einer der zahlreichen Städte, Dörfer und Zentren der Agglomeration einkaufen und ausgehen. Basel is not the world!

Claude Mutz
Arisdorf


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