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© Foto Diener+Diener


"Zeichen des Aufbruchs": Markthalle-Kuppel, geplantes Hochhaus

Grundsatz-Ja zu Mini-Wolkenkratzer
neben der Basler Markthalle

Überraschend deutlich stimmt der Grosse Rat dem Bebauungsplan zu

VON PETER KNECHTLI

Basel erhält in der Nähe des Bahnhofs ein neues Hochhaus: Der Grosse Rat stimmte heute Mittwochmorgen einem Bebauungsplan zu, der einen höchstens 50 Meter hohen Turm unmittelbar neben der nicht mehr benutzten Markthalle und ihrer Kuppel erlaubt, die zur grössten der Welt gehört.

Der Grosse Rat stimmte dem emotionalen Geschäft heute nach über zweistündiger Debatte mit 71 Ja gegen 47 Nein bei keiner Enthaltung mit überraschender Deutlichkeit zu. Dieses Ergebnis bedeutet eine Desavouierung der vorberatenden Bau- und Raumplanungskommission, die mit überdeutlichen 10 zu 1 Stimme Rückweisung des Geschäfts an die Regierung beschlossen hatte.

Ökonomie gegen Städtebau

Emotional wurde die Debatte in der Öffentlichkeit und heute auch im Parlament geführt, weil das 13- bis 14-stöckige Hochhaus zwischen der "Heuwaage" und dem Bahnhof direkt an die Markthalle angrenzt. Dieser Kuppelbau, den der Gemüsehandel längst verlassen hat und der sanierungsbedürftig ist, gilt nicht nur als einer der grössten weltweit, sondern in der Bevölkerung seines Charmes wegen auch allgemein geliebt. Die Hauptdebatte drehte sich denn auch vor allem um die Frage, ob der Mini-Wolkenkratzer den Anblick der imposante architektonische Halbkugel beeinträchtige. Die vorberatende Bau- und Raumplanungskommission des Grossen Rates lehnte das Hochhaus-Projekte aus diesen städtebaulichen Gründen ab und schlug an dessen Stelle eine deutlich niedrigere so genannte Blockrand-Bebauung vor.

Das Baudepartement dagegen entwarf die Idee, einen ökonomisch attraktiven Turmbau zu gestatten, der gleichzeitig an die Verpflichtung gebunden ist, die Markthalle samt Kuppel zu sanieren und als öffentlichen Raum - mit Einkaufsläden, Restaurants, Bars, kulturellen Events und Konzerten - zu konzipieren. Unter diesen Bedingungen liessen sich leichter Investoren finden als mit einer weniger rentablen Blockrand-Bebauung.

Keine klaren Partei-Fronten

In der Grossrats-Debatte gingen die Fronten teils quer durch die Fraktionen: FDP, CVP und DSP stimmten recht geschlossen zugunsten des Hochhauses, in der SP-Fraktion forderte eine Minderheit Rückweisung, während Liberale und Evangelische (VEW) mehrheitlich und die Grünen sowie die SVP geschlossen für Rückweisung votierten. Unbestritten war, die Markthalle als städtebauliches Zeugnis der Basler Handelsgeschichte zu erhalten und in einer attraktiven Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Sicherung der Markthalle als Baudenkmal sei das Kern-Ziel der Vorlage, führte Baudirektorin Barbara Schneider (SP) aus.

Zwei Fragen prägten die Grossrats-Diskussion: Ist das Hochhaus in unmittelbarer Nähe der Markthalle-Kuppel städtebaulich vertretbar? Und: Muss, um die Markthalle zu erhalten und die nötige Rentabilität zu erzielen, unbedingt ein Hochhaus gebaut werden? SVP-Kantonalpräsidentin Angelika Zanolari sprach von einer "Verschandelung des Stadtbildes" und schlug vor, in der Markthalle ein Bau eines Busbahnhofs zu prüfen. CVP-Fraktionssprecher Fernand Gerspach dagegen erklärte den Die Kuppel als "Wahrzeichen von Basel und den Turmbau als "zwingend", um die nötige Wertschöpfung zu schaffen. Mit einer Blockrand-Bebauung, widersprach er der Kommission, würde die Markthalle "komplett zerstört" und es liesse sich auch kein Investor finden.

Referendum eher nicht denkbar

Grüne und einzelne Sozialdemokraten bemängelten, dass ein Bebauungsplan beschlossen werden müsse, ohne dass ein Nutzungskonzept vorliege. FDP-Sprecher und Gewerbedirektor Peter Malama warb für den Turm mit der Markthalle als "einen neuen Teil des urbanen Basel" und Hansjürg Wirz (DSP) warnte gar vor einem "Ballenberg am Rhein": Mit einem zustimmenden Entscheid können der Grosse Rat "ein positives Zeichen des Aufbruchs setzen".

Das unerwartet deutlich Abstimmungsergebnis war eine Schlappe für den liberalen Kommissionspräsidenten Andreas Albrecht (LDP, Bild rechts) und wohl auch eine Folge davon, dass die bereits in Angst versetzten Turm-Befürworter vor allem bei den Liberalen kräftig und scheinbar erfolgreich lobbyiert hatten. Albrecht trugs mit Fassung, während sich Kantonsbaumeister Fritz Schumacher (Bild links) gegenüber OnlineReports über den Entscheid "erfreut" zeigte: "Ein knappes Ergebnis wäre für beide Seiten schlecht gewesen."

Ein Referendum gegen den Grossrats-Beschluss ist laut Umfragen von OnlineReports eher unwahrscheinlich: Offenbar scheint niemand Lust am Kampf gegen ein Projekt zu verspüren, das zumindest in der Bevölkerung bisher kaum auf Opposition gestossen ist.

Interesse von vier Investorengruppen

Nach Angaben von Kantonsbaumeister Schumacher haben bisher vier Investorengruppen Interesse am "Markthalle-Turm" signalisiert. Ob das Land im Baurecht abgegeben oder verkauft wird, muss die Regierung noch entscheiden. Bei flüssiger Projektabwicklung könnte das Quartier mit seinem neuen Akzent um 2009/2010 eröffnet werden.


  > REAKTIONEN

Die Diskussion um die Umgestaltung des Areals rund um die Markthalle, wie sie in den Medien und im Parlament geführt worden ist, drehte sich laut "Basta" fast ausschliesslich um die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem "Turm"? "Basta" ist der Ansicht, dass diese Fragestellung die politische Brisanz der Vorlage verkennt. Wir sind keineswegs prinzipiell gegen ein Hochhaus am vorgesehenen Standort. Aber wir sind entschieden dagegen, dass der Kanton einmal mehr öffentlichen Besitz an private Nutzniesser verschachert. Diese Frage – unseres Erachtens die wesentliche politische Frage – ist einzig von "Basta" thematisiert worden, aber leider im unsäglichen Hickhack um das geplante Hochhaus völlig untergegangen.

"Was spricht denn dagegen, dass der Kanton das Hochhaus baut und bewirtschaftet, um mit der daraus resultierenden Rendite langfristig eine öffentliche Nutzung der Markthalle sicher zu stellen? Wenn das Hochhaus für private Investoren lukrativ ist, kann man doch mit Fug und Recht davon ausgehen, dass ein solcher Bau auch für die öffentliche Hand rentabel wäre und den Erhalt der Markthalle ohne zusätzliche Steuergelder garantieren könnte. Kurz: Nicht das Hochhaus ist das Problem, sondern die emotionale, populistische Debatte, in der die zentrale politische Fragestellung keine Chance hatte."



"Ausserordentlich" freut sich die Basler CVP über das positive Abstimmungsergebnis im Grossen Rat. Die Mehrheit der Ratsmitglieder sei "dem von CVP-Vorstand und -Fraktion favorisierten Bebauungsplan 'Kuppelbau und Markthallenturm' gefolgt".

Damit werde der Weg frei für eine überzeugende Neugestaltung eines bisher vernachlässigten Platzes. Der wertvolle, einzigartige Kuppelbau wird durch den Teilabbruch des unschönen Baus von 1973 über der Einfahrt wieder zur Geltung gebracht. Der vorgesehne Turm werde "Blicke anziehen und diese auch auf die Kuppel weitgehend zulassen". Das Gebiet werde optisch und atmosphärisch besser an die Stadt angebunden.

Die CVP Basel-Stadt kündigt an, sich "auch weiterhin ihre Kräfte für eine fortschrittliche, zukunftsweisende Stadtentwicklung einzusetzten".

"Hoch erfreut" zeigt sich der Basler Gewerbeverband über den Grossrats-Entscheid hoch erfreut. Nun bestehe die Chance, potenzielle Investoren für die Sanierung des historischen Gebäudes und den Bau eines kleinen Hochhauses zu finden. Dank des verabschiedeten Bebauungsplans könnten sowohl ökonomische als auch städtebauliche Kriterien in Einklang gebracht werden. Insbesondere das Argument, wonach der Kanton die Markthalle in Eigenregie vermarkten und betreiben soll, habe nicht überzeugt.

Der Gewerbeverband Basel-Stadt will sich jetzt dafür einsetzen, dass die Markthalle "künftig zu einem Ort wird, der gezielt aufgesucht wird". Es soll eine gemischte Nutzung entstehen aus unterschiedlichen Gastro-Angeboten, Lebensmittelgeschäften und Shops im Umfeld von Kultur und Unterhaltung, der nicht nur ein Tages-, sondern auch ein Nachtleben hat – mit Veranstaltungen, Bars, Discos, etc. Der Gewerbeverband Basel-Stadt führt Gespräche mit potenziellen Investoren, die bereit sind, ein solches Konzept zu finanzieren und umzusetzen.

11. Mai 2005

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