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Baselbieter Regierung zu Interpellation

© Foto by OnlineReports

"Kommunikation gezielt kontraproduktiv": Privat-Prospekt für Reto Gaudenz

Privat-Propaganda im Spital-Kuvert

Wie der Liestaler Frauenklinik-Chefarzt seine Pensionierung und Praxis-Eröffnung ankündigte

VON PETER KNECHTLI

Zum Ende seiner Karriere als Chefarzt der Frauenklinik im Kantonsspital Liestal löste Gynäkologie-Professor Reto Gaudenz (64) Ärger aus: Er verschickte einen Prospekt, in dem er seine Praxis-Eröffnung in Basel bekannt gibt, in offiziellen Kuverts und auf Kosten des Kantonsspitals.

Fast ein Vierteljahrhundert lang war der engagierte Gynäkologe Reto Gaudenz am Liestaler Kantonsspital tätig. Sein Einsatz war tadellos, nie stand er in negativer Weise in den Schlagzeilen. Doch ausgerechnet einen Monat vor der Pensionierung Ende Februar passierte ihm ein peinlicher Lapsus.

Umstrittene Beilagen

In offiziellen Kuverts des Kantonsspitals verschickte er an 1'500 persönliche Patientinnen die Ankündigung seiner Pensionierung und seiner Nachfolge durch Nicole Bürki. "Da ich mich noch gesund und fit fühle", heisst es auf Spital-Papier, "werde ich ab 1. April 2005 weiter praktizieren, und zwar (neu) in meiner eigenen Praxis an der Gerbergasse 14 beim Marktplatz in 4001 Basel". Dem Kuvert lag aber auch ein Beilageblatt "Weitergabe der Krankengeschichte" bei. "Damit ich Ihr gelbes Praxiskärtchen der Frauenklinik am Kantonsspital Liestal in die neue Praxis ... übernehmen kann", bittet Gaudenz seine Patientinnen, die den Arzt nicht wechseln wollen, per Unterschrift auf einem Talon die Weitergabe der Krankengeschichte an seine künftige Privatpraxis zu gestatten.

Dem Kuvert lag zudem ein vierfarbiger Prospekt "Praxis-Information" bei, mit dem Gaudenz für seine neue Basler "Facharztraxis für Gynäkologie und Geburtshilfe" wirbt.

Der Versand, der öffentliche und private Tätigkeit vermischt, stiess nach Erhebungen von OnlineReports auf kritisches Echo, auch wenn Gaudenz das Porto für die in Basel abgestempelten Briefumschläge selbst bezahlte. Von einem "Affront", von "Kopfschütteln" und von einem "Abwerben von Patientinnen" war die Rede.

"Absolut nicht elegant"

Sanitätsdirektor Erich Straumann war ferienabwesend und nicht erreichbar. Seine Generalsekretärin Rosmarie Furrer, die nach eigenem Bekunden durch OnlineReports von der kritischen Brief-Aktion erfuhr, hielt sich im Ton sehr zurück. Es sei jedem Arzt des Spitals überlassen, ob er nach der Pensionierung mit 64 Jahren "weiter tätig sein will oder nicht". Dass er mit der - nicht beanstandeten - Ankündigung von Abschied und Nachfolge auch um die Krankengeschichte von Patientinnen wirbt und den neuen Praxis-Prospekt dem Spital-Kuvert beilegt, findet allerdings auch die Generalsekretärin "unschön und absolut nicht elegant".

Im Gespräch mit Reto Gaudenz wird deutlich, dass er unglücklich war mit der Art, wie die Regierung ihn öffentlich verabschiedete. Anders als bei Vizekanzler Achilles Casanova sei bei seiner Abschiedsankündigung seine künftige private Ärzte-Tätigkeit nicht erwähnt worden; auch habe die Regierung dabei seinen Professorentitel unterschlagen: "Die Kommunikation war gezielt kontraproduktiv." Regierung und Verwaltung hätten "kleine Formfehler" begangen. Anderseits, räumt Gaudenz ein, "war auch mein Vorgehen nicht in jeder Hinsicht korrekt".

Enttäuscht über Regierung und Verwaltung

OnlineReports gewann den Eindruck, dass Reto Gaudenz ("ich musste ein gewisses Restrisiko eingehen") seine offensive Promotion auf Kosten des Kantonsspitals als ausgleichende Gerechtigkeit für den nach seiner Einschätzung unterschlagenen Hinweis seine künftige Tätigkeit empfand. Es habe über die Kommunikation seines Abgangs vom Kantonsspital "nie ein Gespräch stattgefunden". Gaudenz: "Am liebsten hätte man, wenn man einfach von der Bildfläche verschwindet." Auf ein Inserat in der Zeitung habe er "aus berufspolitischen Gründen verzichtet, nicht aus Kostengründen". Die "ganz grosse Mehrheit der Patientinnen" sei "hoch erfreut darüber, sachlich informiert worden zu sein". Einzelne, so der Chefarzt, "mögen irritiert sein".

Dass der Fall jetzt öffentlich wird, erstaunt den beliebten Chefarzt nicht. "Ich habe damit gerechnet, dass etwas kommt." Zur Frage, ob er sich an den Versandkosten beteilige, sagte Reto Gaudenz: "Wenn es der Verwalter Heinz Schneider verlangt, werde ich einen Drittel der Spesen übernehmen, wenn das der Dank für einen 24-jährigen Einsatz als Chefarzt ist." Spitalverwalter Schneider wollte sich zum Fall selbst nicht äussern. Zur Kostenbeteiligung des Chefarztes am Versand meinte er gegenüber OnlineReports: "Wir werden dies intern gütlich regeln."

Baselbieter Regierung zu Interpellation

11. Februar 2005

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"Sich selbst einen Bärendienst erwiesen"

Es mag ja für einen Professor Dr. med. schmerzlich sein, dass seine Arbeit nicht in dem Masse gewürdigt wird, wie er es sich vorstellt. Offenbar ist ihm entgangen, dass der Personenkult am Aussterben ist. Zum Glück engagiert sich eine neue Generation von Fachleuten im Gesundheitswesen, denen der Titel und das Schmeichlen des eigenen Egos weniger wichtig ist als das Gesamtwohl der Bevölkerung. Die Entwendung von Porto oder Wertmarken kann in der Privatwirtschaft zur fristlosen Entlassung führen, da dies einem Diebstahl gleichgesetzt wird. Dank darf man beim Abschied erwarten, aber wenn er nicht ausgesprochen wird, sollte man bei allfälligen Massnahmen  - vor allem als Chefarzt mit Vorbildfunktion - die Contenance wahren und über der Sache stehen. Herr Professer Dr. med. R. Gaudenz hat mit dieser Aktion sich selbst und dem ganzen Gesundheitswesen einen Bärendienst erwiesen.

Gregor Schmid
Sissach

PS: Auch wir haben dieses Werbeschreiben erhalten, gingen jedoch davon aus, dass Herr Prof. Dr. med. Gaudenz im Vorfeld dieser Aktion um juristischen Beistand angefragt hat. Deshalb enttäuscht es umso mehr zu erfahren, dass er dies trotz aller Intelligenz, die ich ihm zubillige, unterlassen hat.



"Wenn diese Angaben stimmen ..."

Wenn diese Angaben von Prof. Dr. med. Gaudenz über seinen Abgang stimmen, so bin ich über Regierungsrat Erich Straumann, der die Spitäler unter sich hat, sehr enttäuscht.

Felix Schäfli
Hersberg


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