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"Das werden wir verhindern": Basels Bürgerliche Parteivorsitzende*

Bürgerliche suchen den Schulterschluss -
und die Nähe der SVP

Freisinnige, Liberale und CVP wollen häufiger vereint gegen die links-grüne Dominanz im Stadtkanton antreten

VON PETER KNECHTLI

In ihrer neuen Rolle als Opposition wollen die traditionellen bürgerlichen Parteien FDP, Liberale und CVP in zentralen Fragen geschlossen auftreten. Damit wollen sie der links-grünen Dominanz Paroli bieten. Erstmals steht auch eine punktuelle Zusammenarbeit mit der SVP zur Diskussion. In Vorbereitung ist auch eine erste gemeinsame Volksinitiative.

Nach dem historischen Wahlerfolg der Rot-Grünen letzten Herbst haben sich die bürgerlichen Parteien Basels auf Initiative der Liberalen ein Strategie-Rezept verschrieben: In den zentralen Fragen wollen Freisinnige, CVP und Liberale künftig im Grossen Rat, aber auch ausserparlamentarisch die Reihen schliessen und geschlossen auftreten. Auf diese Strategie haben sich die Fraktionen und Parteivorstände in den letzten Wochen gemeinsam verständigt. Laut FDP-Präsident Urs Schweizer handelt es sich bei den Kernthemen um Finanzen, Bildung, Sicherheit und Stadtentwicklung.

Punktuell mit SVP und Aufgaben-Überpüfung

Dass sich in Basel-Stadt ein historischer Rollentausch abspielt, ist auch verschärften Äusserungen der drei Parteivorsitzenden zu entnehmen, die sich seit Anfang Februar in der Opposition befinden. Am schärfsten äusserte sich CVP-Präsident Markus Lehmann: "Der neuen Regierung unter rotgrünem Diktat muss die Regierungsfähigkeit abgesprochen werden." Rot-grün strebe einen Systemwechsel an: "Aber das werden wir zu verhindern wissen." Während die CVP sich bisher relativ dezidiert gegen eine Kooperation mit der SVP wehrte, scheint der Bann diesbezüglich zu brechen. Laut Lehmann soll die neue bürgerliche Allianz "punktuell in Sachfragen mit der SVP zusammenarbeiten". Laut Lehmann will die CVP auch mit den Evangelischen VEW eine "engere Zusammenarbeit in sachpolitischen Entscheiden" suchen. Eine Fusion allerdings stehe nicht zur Diskussion. Mit der DSP wird das Gespräch nicht gesucht: "Das ist für uns eine linke Partei", sagte die liberale Parteipräsidentin Maria Iselin.

Ein erstes grosses gemeinsames Projekt der "bürgerlichen Zusammenarbeit" kündigte Iselin an: Nach der Sommerpause wollen die drei Parteien eine bereits provisorisch verabschiedete Volksinitiative zur "generellen Aufgabenprüfung im kanton Basel-Stadt" lancieren. Ein ähnlich gelagertes Projekt steht derzeit bereits im Nachbarkanton in fortgeschrittenem Stadium. Zwar sei dieses Anliegen bereits in einem Artikel der neuen Basler Kantonsverfassung enthalten, die bei einer Annahme am 13. Juni 2006 in Kraft treten wird. "Wir wollen aber der Forderung nach Überprüfung staatlicher Aufgaben Vorschub leisten und ein Vertrödeln verhindern", sagte Iselin. Eine in Franken definierte Sparvorgabe konnte die LDP-Chefin nicht nennen.

Keine Unterstützung für SVP-Steuerinitiative

Ebenfalls verpflichteten sich die drei Parteien darauf, die CVP-Initiative zum Abzug der Krankenkassenprämien vom steuerbaren Einkommen zu unterstützen. Eine Annahme dieses Volksbegehrens hätte Steuereinnahmen-Ausfälle in Höhe von 85 Millionen Franken zur Folge. Auf Ablehnung dagegen stiess die die Steuerinitiative der SVP, die die Einkommenssteuern für natürliche Personen in zwei Schritten um je fünf Prozent reduzieren will und Ausfälle von 100 Millionen Franken verursacht. LDP-Grossrat Conradin Cramer sagte, die CVP-Initiative sei ausgewogener. Als weiteren Schwerpunkt nannte Cramer die Einführung einer Schuldenbremse auf kantonaler Ebene. Auch forderte die liberale Fraktionspräsidentin Christine Wirz-von Planta, die 235 Nationalbank-Millionen ausschliesslich zur Schuldentilgung zu verwenden, was eine jährliche Einsparung von neun Millionen Franken Schuldzinsen ergebe. Gesprochen wurde dabei von Schulden, die - unausgesprochen - unter bürgerlicher Regentschaft angehäuft wurden.

"Dem Kanton droht ein Finanzdebakel in Milliardenhöhe", glaubt CVP-Fraktionspräsident Peter Eichenberger zur Entwicklung bei der Pensionskasse für das Staatspersonal, die einen Deckungsgrad von gerade noch 72 Prozent aufweise. Bei der Erarbeitung einer mehrheitsfähigen Lösung müssten Mitarbeitende wie der Kanton zur Verantwortung gezogen werden. Dass nur Abstriche bei höher qualifizierten und bezahlten Kadern vorgenommen würden, komme nicht in Frage. Eichenberger: "Solche Umverteilungswünsche gehen in die falsche Richtung."

Baselland stärker einbinden

FDP-Fraktionspräsident Daniel Stolz forderte eine verstärkte regionale Kooperation, so eine gemeinsame Trägerschaft des Theaters Basel und des gesamten Spitalwesens. Fragezeichen setzte Stolz auch hinter die teilweise Finanzierung der "Sinfonietta" durch Basel-Stadt, nachdem das Baselbiet eine Subvention an der Urne abgelehnt hatte.

In den Einzelheiten war an der heutigen Medienorientierung kaum Neues zu erfahren. Bei Themen von geringerer Dringlichkeit könne es innerhalb der bürgerlichen "Koalition" durchaus zu abweichenden Meinungen kommen. Ebenso bestehe in Themen von hoher Priorität kein Fraktionszwang, hiess es, dennoch werde in solchen Fällen von den Grossratsfraktionen "Geschlossenheit erwartet". Geschlossenheit zeigten bei der Präsentation zumindest bereits die Exponenten der drei Parteien: Sie sassen so eng an ihren Pulten, dass weder Ränkespiele noch Ellbögeln oder gar autonome Klimmzüge möglich waren.

• Nach Meinung den Basler Jungsozialisten hat sich an den "Grundpfeilern" der drei bürgerlichen Parteien nichts verändert: "Jammern, Sparen und Steuern senken". Neu sei einzig, dass sich die Bürgerlichen der SVP weiter annähern wollen. Die Bürgerlichen hätten sich bei ihrer Inszenierung "auf die Finanzpolitik beschränkt", dagegen zu "so drängenden Herausforderungen" wie der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit oder der Integration von Sozialhilfebezügern in Berufswelt und Gesellschaft "kein Wort verloren". Nichts gesagt worden sei auch "zu zentralen Themenfeldern wie der Bildungs- Wirtschafts- Energie- und Bildungspolitik". Das Fazit der Juso: "Die Bürgerlichen machen eine Finanzpolitik, die einer reichen Minderheit, nicht aber der lohnabhängigen Mehrheit der Bevölkerung im Kanton zugute kommt."

* Markus Lehmann (CVP), Maria Iselin (Liberale), Urs Schweizer (FDP)

OnlineReports-Beitrag zum neuen Basler Polit-Klima vom 17. Juni 2005


  REAKTIONEN
OnlineReports bat Peter Howald, den Sekretär der SP Basel-Stadt, um eine Stellungnahme zur neu beschlossenen "Bürgerlichen Zusammenarbeit" in Basel-Stadt.

"Dass sich die Bürgerlichen zusammenraufen und ihre Ziele offen legen, ist positiv. Dass sie auch mit der SVP zusammenarbeiten wollen, ist hingegen peinlich und wird von den Wählenden kaum goutiert werden. Die Bürgerlichen geben ihren Mitte-Anspruch damit auf. Schade, offensichtlich setzen sie lieber auf Polarisierung als auf Zusammenarbeit. Inhaltlich kommt freilich nichts Neues. Das kennen wir - "alter Wein in alten Schläuchen". Und nach wie vor fragen wir uns, warum sie ihre Ziele nicht umgesetzt haben, als sie noch in der Mehrheit waren."



  > ECHO

"Einfallsreichtum wird immer dürftiger"

Alle Jahre wieder – das Stück heisst: Politisches Sommertheater. Nur, die Dramaturgie wird mangels Einfallsreichtums immer dürftiger.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Worum, bitte, geht's überhaupt?"

Wunderbar. Die in der Opposition finden, der Baum brennt. Die an der Macht finden, es sei doch noch gar nichts passiert. Könnten bitte die, welche auf welcher Seite auch immer, Politik definieren, mal erzählen, worum es überhaupt geht? Where's the beef? Findet Ihr das lustig, dass die Bevölkerung an heissen Abenden gesellig in den Beizen aller Quartiere sitzt und sich mangels Anlass über alles andere unterhält, als darüber, wie es in Basel politisch weitergeht?

Urs Eberhardt
Basel



"Seriöse Politik zum objektiven, langfristigen Wohle Basels"

Obwohl es sinnvoll gewesen wäre, umfassend auch über die neuen gemeinsamen Gremien, die Programm- und Kommunikationsstrukturen zu informieren und die Sprecher pro Politikbereich der Bürgerlichen Allianz zu nennen, gebührt den Bürgerlichen höchstes Lob dafür, den eminent wichtigen Schritt zueinander in nur vier Monaten last but not least, eindrücklich vollbracht zu haben. Man sollte sich diesbezüglich stets in Erinnerung rufen, dass die CVP, die FDP und die Liberalen nicht irgendwelche, vor Kurzem errichtete, hoch-heterogene, auf Extremismus und Polemik fokussierte Gruppierungen Randständiger sind. Es handelt sich bei diesen drei altehrwürdigen Parteien immerhin um jene, die diesen Staat errichteten und seit mehr als 100 Jahren ihre Traditionen pflegen. Wenn die bürgerliche Allianz schliesslich nicht ausschliesst, punktuell auch mit der EVP und der SVP zusammen zu arbeiten, sollte daraus nicht mehr und nicht weniger interpretiert werden, als dass sie keine Option auslassen wird, ihren inhaltlichen Postulaten zum Durchbruch zu verhelfen.

Notabene: Ihren Postulaten! Anders als Rot-Grün, wo nunmehr der linksextreme Demagoge und VPOD-Präsident Urs Müller das inhaltliche Szepter schwingt, bleibt die bürgerliche Allianz autonomer Partner ihrem höchsten Wert treu: Seriöse Politik zum objektiven, langfristigen Wohle Basels zu betreiben. Wer weiss, vielleicht werden die ehrenwerten Sozialdemokraten um Roland Stark schon bald erkennen, dass diese Art der Politik ihnen eher entspricht, als die SVP-ähnliche, rein lärmorientierte Polemik von extrem-links.

Patric C. Friedlin
Basel



"Rot-grüne Wende weit und breit nicht in Sicht"

CVP-Parteipräsident Markus Lehmann spricht rot-grün die Regierungsfähigkeit ab und beschwört einen "Systemwechsel" herauf. Was ist denn in den paar Monaten seit Antritt der neuen Regierung Alarmierendes geschehen?

- Das Parlament hat - mit tatkräftiger Unterstützung der CVP-Fraktion - einige unsinnige Kürzungen im Kinder- und Jugendbereich zurück genommen. Parlamentarischer Alltag.

- Die neue Finanzdirektorin hat zwei ebenso unverbindliche wie unbedachte Âusserungen zu künftigen Verwendung der Goldreserven der Nationalbank gemacht. Eine entsprechende Motion von Urs Müller ("Basta") wird erst nach den Sommerferien im Parlament behandelt. Politische Folgen bis jetzt: Null.

- Der freisinnige Sicherheitsminister hat im Grossen Rat vor Sicherheitsproblemen gewarnt, falls die (noch von der bürgerlichen Mehrheit beschlossenen) Sparmassnahmen in seinem Departement weiter geführt oder gar verschärft werden sollten. Theaterdonner.

Das wars! Eine rot-grüne Wende ist weit und breit nicht in Sicht, alles geht mehr oder weniger seinen gewohnten Gang. Neue Mehrheit und neue Minderheit üben noch ihre ungewohnten Rollen, aufführungsreif ist das Stück noch nicht.

Gewöhnungsgedürftig sind höchstens die vielen aufgeregten bürgerlichen Presseerklärungen zu allem und jedem (allerdings schon aus POB-Zeiten bekannt) und die schrillen Warnrufe hoffnungsvoller Shooting stars.

Was soll also die künstliche Aufregung?

Roland Stark
Grossrat SP
Basel

30. Juni 2005

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