Home Seite drucken Seite als Link verschicken Tiefer graben! Hier steckt mehr dahinter Kommentar zu Story an OnlineReports senden
Suchen: go!
 
Tipp für Stories | Hier werben | Story übernehmen

Wollen Sie Freunde oder Bekannte auf diesen Artikel aufmerksam machen?
Oben auf das kleine "Briefchen"-Symbol klicken.



© Fotos by OnlineReports / Christine Valentin


"Absolut nicht richtig": Schützenmatt-Bäume vor der Fällung

Leise setzt die laute Kettensäge an

Welche Bäume in Basel gefällt werden, wird in Parlamentsvorlagen nicht mehr sauber deklariert

VON PETER KNECHTLI

Wenn der Basler Grosse Rat über Projekte entscheidet, denen Bäume zum Opfer fallen, entscheidet er in jüngerer Zeit ohne präzise Grundlagen: Anders, als das Gesetz es verlangt, schafft das Baudepartement in den Vorlagen an das Parlament nicht mehr die nötige Transparenz.

Den 15 Bäumen auf den Schützenmatt-Sportanlagen an der Ecke Bundesstrasse/Neubadstrasse hat das letzte Stündlein geschlagen: In diesen Tagen werden ihnen Baumaschinen und Kettensägen den Garaus machen. Die Bäume und der Kinderspielplatz müssen einem neuen Kunstrasenfeld weichen. Diese grossflächige Fällung der Allee, die zu den alten Garderoben-Gebäuden führt, dürfte bei der Bevölkerung kaum auf Gegenliebe stossen.

Baumgesetz verlangt Transparenz

Bei der Kreditbewilligung im Grossen Rat am 10. März letztes Jahr dagegen herrschte politische Windstille. Denn der Kahlschlag bei der Glassammelstelle am Bundesplatz war den Grossrätinnen und Grossräten entgegen den gesetzlichen Vorschriften nie bekannt gemacht worden. In den Planunterlagen zur Vorlage "Sportzentrum Schützenmatte, Ausbau und Sanierung", über die das Kantonsparlament zustimmend Beschluss fasste, waren die zu fällenden Bäume nicht eingetragen. Fazit: Der Grosse Rat entschied vor gut einem Jahr in Unkenntnis des vollen Sachverhalts.

Diese Art Diskretion über Baumfällungen entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Paragraf 13 des Basler Baumgesetzes hält unmissverständlich fest: "Müssen im Zusammenhang mit öffentlichen Bauvorhaben Bäume beseitigt werden, so sind deren Anzahl und Art sowie die vorgesehenen Ersatzpflanzungen in den entsprechenden Vorlagen darzulegen". Aus dieser Formulierung darf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die zur Willensbildung nötige saubere Orientierung des Parlaments beabsichtigt hatte.

Fall 2: Erneuerung Flughafenstrasse

Nachdem frühere Regierungs-Berichte ans Parlament zu keinen diesbezüglichen Klagen Anlass gaben, scheint die Deklarations-Unterlassung jetzt Schule zu machen: Auch in der Vorlage über die Umgestaltung und Erneuerung der Flughafenstrasse im Abschnitt Kannenfeldplatz bis Lachenstrasse fehlt die gesetzlich vorgeschriebene Fäll-Transparenz darüber, welche Bäume entlang des Kannenfeldparks zur Schonung der dortigen Parkplätze der Kettensäge zum Opfer fallen.

Dasselbe Muster wiederholt sich in der Vorlage über die Neugestaltung der Elisabethenanlage beim Centralbahnplatz: Auch dort wird nicht dokumentiert, welche der 20 geschützten Bäume gefällt werden sollen.

"Parlament muss wissen, wie sich die Landschaft verändert"

Die grüne Grossrätin und Parteipräsidentin Anita Lachenmeier zeigt diesbezüglich Spuren der Resignation: "Natürlich möchten wir gesetzeskonforme Vorlagen. Aber es ist ziemlich schwierig, Mehrheiten zu finden. Mehr als den Antrag auf Rückweisung der Vorlage zu stellen, können wir nicht. Manchmal kommt man sich machtlos und öde vor." Den Grünen fehle in solchen Fällen oft die Unterstützung der Sozialdemokraten: "Die SP ist mit ihrer Regierungsrätin Barbara Schneider im Baudepartement zu eng verhangen."

Dem widerspricht der Umweltnaturwissenschafter, SP-Kantonalpräsident und Grossrat Beat Jans: "Lange Zeit waren Baumfällungen in den Vorlagen sehr transparent dargelegt. Wenn nun eine Praxisänderung stattfindet, dann finde ich das absolut nicht richtig. Es gibt einen Gesetzesartikel und daran gibt es überhaupt nichts zu rütteln." Laut Jans ist ein präziser Nachweis der zu fällenden Bäume und eines allfälligen Ersatzes schon deshalb unabdingbar, weil ein seriöser politischer Entscheid "die Kenntnis voraussetzt, wie sich die Landschaft verändert".

Die Stadtgärtnerei, stellt Jans weiter fest, pflege "oft einen försterhaften Ansatz", dabei sei der Landschaftsaspekt genau so wichtig.

Lange Erlen: "Mittlere Kommunikations-Katastrophe"

Dass es mit der Informations-Vermittlung hapert, zeigte sich auch bei den kürzlichen massiven Fällungen in den Langen Erlen (Bild), die aus ornithologischer Sicht offensichtlich Sinn machen und wertvolle Biotope schaffen, gegenüber der Öffentlichkeit aber schlecht oder gar nicht vermittelt wurde. Beat Jans spricht von einer "mittleren Kommunikationskatastrophe" und kommentiert: "Man ist hier etwas gar rabiat eingefahren und hat so etwas wie ein Schlachtfeld angerichtet". Der Ärger unter den Besuchenden der "grünen Lunge" Basels hätte mit sauberer Information wesentlich vermindert werden können. Anita Lachenmeier wertet die Nicht-Information einer gegenüber Bäumen verstärkt sensibilisierten Öffentlichkeit gar als "Arroganz".

Dieter Stumpf, früherer WWF-Basel-Geschäftsführer und langjähriger Basler Umweltaktivist, fragt sich, ob das Baudepartement mit der rigiden Praxisänderung verhindern wolle, "schlafende Hunde wie etwa den Verein 'Oekostadt' zu wecken".

Baudepartement: "Grössere Transparenz"

Marc Keller, Sprecher des Baudepartements, räumte ein, dass der "Detaillierungsgrad" der Information über notwendige Baumfällungen in den Vorlagen an den Grossen Rat "unterschiedlich sein kann". Eine Strategie, Fällungen diskreter zu behandeln, um politischen Widerstand zu entschärfen, gebe es nicht - im Gegenteil: Die Stadtgärtnerei sei "tendenziell um grössere Transparenz" bemüht, was sich in einer jährlichen "Fäll-Liste" zeige, die neuerdings im Internet abgerufen werden kann und auch den Grund der Fällung nennt.

Laut Keller werde in den Vorlagen an den Grossen Rat eine "grobe Baum-Bilanz" erstellt. Details seien nicht erforderlich, denn "man kann sich fragen, ob es sinnvoll ist, wenn der Grosse Rat über einzelne Bäume zu diskutieren beginnt". Die präzise Fäll-Bilanz werde hingegen nach dem parlamentarischen Bewilligungsprozess im Baubewilligungsverfahren vorgelegt. Dabei hätten Betroffene auf dem üblichen Weg die Möglichkeit, Einsprache zu erheben.

5. April 2005

Ihre Meinung?
E-Mail-Button

  > ECHO

"kahlschlag auch beim otterbach-zoll"

es ist in der tat erstaunlich, wie auch unter einer rotgrünen regierung in basel munter die bäume der kreissäge zum opfer fallen! basels oberster baumfäller, herr trueb, würde wohl am liebsten jeden baum mit mehr als 50 zentimetern durchmesser sofort umlegen, man weiss ja nie, wann wieder ein lothar blasen sollte. auch am bahndamm beim otterbach-zoll siehst es öde und kahl aus, hier wurde kürzlich wie in den tropenwäldern regelrechter kahlschlag betrieben. das alles unter der wohlwollenden fuchtel von frau schneider, der notabene sozi-regierungsrätin. ein grund mehr, die dame beim nächsten mal besser abzuwählen.

eric cerf
basel



"Rote und Grüne sind um kein Haar besser"

Nicht nur in den Langen Erlen fällten sie Bäume in grosser Zahl. Auch entlang dem Bahnbord vom Otterbach Zoll her es sieht aus wie auf dem Mond! Alles ratzekahl weggeschnitten, jeder noch so kleine Haselstrauch, der den Vögeln Nistgelegenheit bot. Was soll dieser blanke Unsinn? Mir kommt es so vor, als müsse jeder Baum mit mehr als 50 Zentimetern Durchmesser gefällt werden - man weiss ja nie, vielleicht kommt wieder ein Jahrhundersturm wie der Lothar und erschlägt einen unschuldigen Spaziergänger. In der Tat erstaunt, und da gebe ich Herrn Friedlin von den Liberalen recht, das alles geschieht mit Wissen und Billigung durch die oberste Baumfällerin, Frau Regierungsrätin Barbara Schneider, eine waschechte Sozi, notabene! Ist Kantonsgärtner Trueb nur ein kleiner Befehlsempfänger und macht nur das, was weiter oben ausgeheckt wurde? Oder ist es Frau Schneider absolut egal, wenn Herr Trueb Baumfällrekorde in Basel brechen will?

Die Moral der Geschichte: Auch Grüne oder Rote in der Regierung sind um kein Haar besser als ihre bürgerlichen Kollegen, wenn es (nicht nur) ums Bäumefällen geht.

Eric Cerf
Basel



"Parkplätze haben mit den Bäumen nichts zu tun"

Es erstaunt mich, dass Herr Borer beim Thema Stadtbäume mit Parkplatzbewirtschaftungs-
Gejammer aufwartet. Das eine hat mit dem andern kaum etwas zu tun. Ausser für den Fall, dass Herr Borer indirekt dafür plädieren möchte, Alleebäume, Parkrandbäume, Strassenbäume zu "opfern", damit er und die Seinen endlich überall ihre Benzinvehikel hineinschieben, abstellen, herumfuhrwerken können. Ernsthaft und durchaus mit Stadtbäumen im Zusammenhang: Eigentlich winkt ein ganz anderes Thema, und das dann nachhaltig: Feinstaub. Wetten dass!

Alois-Karl Hürlimann
Basel



"Wird Basel wohnlicher, wenn bei Bäumen gespart wird?"

Es ist schon erstaunlich, was sich das Baudepartement unter der Leitung seiner Regierungsrätin leistet. Auf der einen Seite will man die Stadt wohnlicher machen und auf der anderen Seite werden die Grünzonen vernichtet. Beispiele zeigen auch den Bahnhofplatz und der Messeplatz. Fazit: Beton muss nicht gleich intensiv bewirtschaftet werden wie Bäume und Grünflächen und man spart damit Geld. Ob das der richtige Weg ist, ist fraglich.

Walter Vögelin
Basel



"Wenns der Bürger merkt, ist es eh zu spät"

Wenn ich mir das neue "Parkraum-
bewirtschaftungskonzept Basel-Stadt" vor Augen führe, so stelle ich auch dort fest, dass das Baudepartement mit etwa der gleichen Nicht-Information operiert. Man gaukelt den Anwohnerinnen und Anwohnern vor, sie hätten damit mehr Parkplätze vor ihrem Haus, verwedelt aber geflissentlich, dass sowohl die Stadtbewohner als auch die auswärtigen Konsumenten, Touristen und Arbeitspendler offensichtlich neu ganz kräftig zur Kasse gebeten werden für ohnehin viel zu wenig Parkplätze und Parkings. Es dürfte nicht aus der Luft gegriffen sein, dass dann zum Beispiel eine Anwohnerparkkarte rund doppelt so viel wie heute kosten dürfte. Nach dem Motto "Was der Bürger nicht weiss, macht ihn auch nicht heiss", lässt sich heutzutage ganz bequem regieren. Wenns der Bürger dann merkt, ist es eh zu spät.

Edi Borer
Basel



"Interessante Inkonsequenz"

Da werden in der Stadt und in der Langen Erlen offenbar ebenso diskret wie munter Bäume entsorgt. Andererseits ruft man aufgrund des gleichen Sachverhalts punkto der "Zollfreien" zum zivilen bzw. staatlichen Ungehorsam auf. Herr Knechtlis Bericht deckt eine interessante Inkonsequenz bei Rot-Grün auf.

Patric C. Friedlin
Basel



"Darauf gibt es nur eine Antwort"

Ich wundere mich schon seit langem, warum in der Stadt, in der ich wohne, auf einmal solche Kahlschläge ohne Weiteres stattfinden können. Darauf gibt es für mich nur eine Antwort: Nächstes Mal grün wählen!

Rudolf Pieren
Basel



© Copyright by Peter Knechtli und den Autorinnen und Autoren.
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar
und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Design by comea