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"Andere Art zu kommunizieren": Neuer Basler SP-Präsident Thomas Baerlocher

Ein Mann, der Aufstieg und Fall kennt

Thomas Baerlocher wird neuer Präsident der grössten Partei im Kanton Basel-Stadt

VON PETER KNECHTLI

Der neue Basler SP-Präsident Thomas Baerlocher (48) tritt kein leichtes Erbe an: Morgen Dienstag wird er von der Delegiertenversammlung als Nachfolger von Beat Jans gewählt, unter dem die Partei einen historischen Aufschwung nahm. Illusionen gibt sich das ehemalige Poch-Mitglied Baerlocher keinen hin. Er ist froh, wenn die Partei bei den nächsten Wahlen ihr bisherige Stärke halten kann.

Schlaflose Nächte braucht sich der Basler Grossrat Thomas Baerlocher derzeit nicht zu machen: Das Präsidium der derzeit erfolgreichsten Basler Partei ist so heiss begehrt, dass er morgen Dienstagabend der Delegiertenversammlung als einziger Kandidat vorgeschlagen wird. Seine Wahl gilt als sicher, ein Gerangel um den Posten zeichnet sich nicht ab. Gemessen an der Anzahl der letzten Herbst errungenen Sitze in Parlament und in der jetzt mehrheitlich links-grünen Regierung ist Baerlochers um sieben Jahre jüngerer Vorgänger Beat Jans der erfolgreichste SP-Präsident der letzten Jahrzehnte.

Ziel: "Bisherige Stärke halten"

In seiner trockenen Art vermeidet es der mit Schlauheit gepfefferte Anti-Charismatiker Baerlocher, den Eindruck einer ambitionierten Parteiführung erwecken zu wollen - und mässigt er seine Ansprüche schon fast unter Gebühr: "Mein maximales Ziel ist es bei den nächsten Wahlen, unsere bisherige Stärke zu erhalten." Er sei sich bewusst, "dass sie nicht zu übertreffen und nicht einfach zu halten ist", sagt der studierte Biologe, auch wenn er es für "theoretisch" denkbar hält, einen vierten SP-Sitz in der siebenköpfigen Regierung zu ergattern. Dass er selbst es sein könnte, der auf diesen Posten aspiriert, weist Baerlocher zurück: "Diese Frage stellt sich für mich nicht. Ambitionen habe ich keine und ich habe nie ein Amt gesucht." Zu sehr versteht er sich als Diener der Partei.

Zu sehr kennt er aber auch Höhen und Tiefen des Politbetriebs. Als jüngstes von acht Kindern und als Sohn eines Primarschul-Rektors im bürgerlichen Neubad-Quartier aufgewachsen stürmte er über die Progressive Studentenschaft in die Progressiven Organisationen Basel (POB), für die er im Alter von 28 Jahren den Sprung in den Grossen Rat schaffte. 1990 rutschte er für die heutige Ständerätin Anita Fetz in den Nationalrat nach, schaffte aber nach zwei Jahren die Wiederwahl nicht mehr: Die Progressiven verloren ihren Basler Sitz und Baerlocher 1993 nach der Auflösung der POB auch noch seine politische Heimat. Als leidenschaftlicher Parlamentarier blieb er aber, parteilos, im Grossen Rat. Aus einem beruflichen Loch fand er mit einer Anstellung bei der Gewerkschaft VPOD zunächst als Projektleiter der Lohngesetzrevision, später als Sekretär. Heute ist der Vater zweier in Ausbildung stehender erwachsener Kinder Ko-Leiter der Personalabteilung Schulen im Erziehungsdepartement. Neben Beruf und Politik beteiligte sich der Wegbegleiter der Emanzipationsbewegung immer auch an der Familien- und Hausarbeit.

Ökologie ist kein Kern-Thema mehr

In die SP trat Thomas Baerlocher erst 1999 ein. Die neue linke und antigouvernementale Gruppierung "Basta" ("Basels starke Alternative"), die einen Teil der heimatlosen Pöchler aufnahm, war für Baerlocher "keine Alternative". Er wollte sich nun in einer Umgebung engagieren, die Regierungsverantwortung trägt.

Als Präsident, der sich "sicher vier Jahre" gibt, kann er jetzt Weichen stellen. Verantwortlicher Umgang mit den Finanzen und die "Stabilisierung der Verschuldung", markante Investitionen in die Bildung, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Zahl jugendlicher Sozialfälle zu reduzieren sowie eine gestalterische Perspektive für die Jugend sind die Kern-Themen, denen er sich widmen will. Von Ökologie sagt der frühere Anti-AKW-Demonstrant nichts. Nachhaltigkeit auf allem Ebenen, ergänzt er auf Nachfrage, werde "weiter konsequent verfolgt, aber nicht als Schwerpunkt".

Dass die bürgerlichen Parteien unter Führung der Liberalen in ihrer Oppositionsrolle nach der Wahlschlappe vom vergangenen Herbst mehr Biss und Profil zeigen, findet Baerlocher gut: "Das ist ein Gewinn für die politische Auseinandersetzung." Dies bewirke allerdings "nicht, unser Profil in den wesentlichen Themen in Frage zu stellen". Befragt, welche freisinnige Kandidatur er persönlich als Nachfolge von Jörg Schild für geeignet halte, meinte er nach einigem Zögern: "Hanspeter Gass ist eine integrierende Persönlichkeit. Sein Profil ist vielleicht nicht so klar, aber er hat eine Fähigkeit zum Ausgleich." Saskia Frei dagegen habe "vor allem im Asylbereich knallhart" argumentiert.

Nichts anders, und doch einiges

Keine Spur von vergangenem Klassenkampf ist im Vokabular von Thomas Baerlocher auszumachen. Der zum Arbeitsplatz radelnde Kleinbasler hat den Zustand pragmatischer Reife erreicht. "Ich werde nichts anders machen als Beat Jans", meint er zunächst unverbindlich über das Profil seiner Partei-Führungsarbeit, und schiebt dann sibyllinisch nach: "Ich habe eine andere Art zu kommunizieren: Offensiver, aber nicht immer zu allem etwas sagen." Um schliesslich unter Anspielung auf einen Vorgänger zu betonen: "Das ist kein Vorwurf." Mit dem vollamtlichen Parteisekretär Peter Howald hat Baerlocher einen erfahrenen Polit-Profi zu Seite, ohne den er zur Kandidatur wahrscheinlich nicht bereit gewesen wäre.

21. November 2005

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"Frau ist nicht gleich Frau"

Lieber Alois-Karl Hürlimann, Sie müssen diesbezüglich umdenken, Frau ist nicht gleich Frau, ebenso wie für viele Bürger Mann nicht gleich Mann bedeutet, die Konstellation muss auch noch stimmen! Sie wären wahrscheinlich auch nicht zufrieden, wenn am Schluss die Rechnung nicht auf geht.

Bruno Heuberger
Oberwil



"Was gilt nun bei der SP: Frau oder Mann?"

Interessant ist, dass der Baerlocher-Vorgänger Jans vor nicht allzu langer Zeit laut verkündet hat, dass, sollte die FDP keine Frauenkandidatur für die Schild-Nachfolge bringen, die SP sich eine solche aus den eigenen Reihen überlegen werde. Nun ist innerhalb der FDP eine Frauenkandidatur immerhin im Gespräch, der neue SP-Parteipräsident allerdings votiert für Gass, also für einen Mann.

Was gilt nun? Oder anders gefragt: Sind nun die linken Macht-"Sprüche" überwunden? Geht es endlich darum, anstelle von Personalgerede versprochene politische Projekte umzusetzen? Etwa die viel genannten Ganztages-Schulangebote, um ein sehr wichtiges Thema rund um frauenpolitische Anliegen zu nennen.

Alois-Karl Hürlimann
Basel



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