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"Überzeugende Einzigartigkeit": Kulturdirektor Urs Wüthrich, Römer-Säule

Luxus-Villa zugeschüttet statt ausgebuddelt

In der Römerstadt Augusta Raurica findet eine einmalige Schutzmethode Anwendung

VON CHRISTINE VALENTIN

Wenn Politiker zum Spaten greifen, steht meist eine Grundsteinlegung auf dem Programm. Die Römerstadt Augusta Raurica hat mit dieser Tradition jedoch nichts am Hut. Hier griff heute Regierungsrat Urs Wüthrich zum roten Sicherheitshelm, um per Kranladung symbolisch die Mauern einer römischen Luxusvilla mit feinem Sand zuzuschütten. Mit dieser einmaligen Konservierungsmethode wird die bedeutende Anlage vor dem Zerfall bewahrt.

Wer in Augst - dem früheren Augusta Raurica - bauen will, muss auf Überraschungen gefasst sein. Jedes Bauprojekt wird seit rund hundert Jahren archäologisch begleitet, da der Boden der Gemeinde zahlreiche Schätze aus römischer Zeit birgt. Dies war vergangenes Jahr auch im Augster Oberdorf der Fall. Bei einer Notgrabung kamen auf dem Projektgelände eines Einfamilienhauses die Ruinen einer grossen Villa zum Vorschein. Sie hätte als Vorbild für das Römerhaus von Augusta Raurica dienen können.

Kosten bis 50 Millionen Franken möglich

Die Bewohner des entdeckten Gebäudes waren äusserst wohlhabend. Davon zeugen der grosse, von Säulen umstandene Innenhof, ein geschwungenes Wasserbecken, eine Badeanlage mit Fussbodenheizung sowie weitere beheizte Räume. Die Notgrabung zeigte, dass es sich lohnen würde, die Stadtvilla für die Nachwelt dauerhaft zu erhalten. Aufgrund verschiedener Gutachten der eidgenössischen Denkmalpflege stellte die Baselbieter Regierung deshalb das Monument denn auch kürzlich unter Schutz. Dies blieb nicht ohne Auswirkungen auf den heutigen Bauherrn: Er muss sich nun nach einem anderen Bauplatz für sein Einfamilienhaus umsehen. Der Kanton kauft ihm allerdings das Bauland ab und entschädigt ihn für seinen Planungsaufwand.

Gegenüber OnlineReports erklärte der Baselbieter Kulturdirektor Urs Wüthrich (SP), der gesamte finanzielle Aufwand könne sich gut und gern auf 50 Millionen Franken belaufen. Allein der Landpreis dürfte rund 1,6 Millionen Franken betragen. Es sei aber wichtig, dass die wichtigen Überreste der Herrschafts-Villa zu gegebener Zeit "modulartig freigelegt" und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Bis es so weit ist, dürften einige Jahre ins Land gehen. Einen konkreten Zeitplan konnte Wüthrich nicht nennen.

Selbst Fachleute überrascht

Bevor er symbolisch eine Kranladung feinsten Sandes auf das gut erhaltene Bruchstück einer Säule leerte, attestierte Wüthrich, dass die Verweigerung der Baubewilligung durch die Regierung eine "einschneidende und harte Einschränkung der Eigentumsrechte" bedeute. Die Exekutive habe sich aber "von der Einzigartigkeit dieses Monumentes überzeugen lassen". Sie sei entschlossen, einen Beitrag an die Attraktivitäts-Steigerung der Römerstadt zu leisten.

Laut Römerstadt-Leiter Alex Furger (Bild) sind er und seine archäologischen Fachleute davon überrascht worden, "dass wir gerade hier eine derartige Villa antrafen". Selbst Luftaufnahmen hätten keinen Hinweis darauf gegeben, "was hier 1'700 Jahre lang im Boden schlummerte". Die Experten hätten an jenem Ort - wenn schon - eher kleine Handwerkshäuser erwartet. Wie Furger gegenüber OnlineReports erklärte, sind die Verhandlungen mit den "sehr verständnisvollen" Parzellenbesitzern auf gutem Weg. Die Funde von Wasserrinnen über fragile Mosaikfragmente bis hin zu kleinen Schmuck-Figuren (Bild) sollen das gehobene Wohnen der römischen Oberschicht dokumentieren. Wann die Villa verlassen wurde, ist noch unklar.

Das vorerst in Sand konservierte Herrschaftshaus kann nun über mehrere Jahre hinweg erforscht und didaktisch aufbereitet werden. Damit die Mauern in der Zeit zwischen der definitiven Ausgrabung und der Freigabe für das Publikum keinen Schaden nehmen, wird in den nächsten Tagen nun auch der Rest der Anlage mit feinem Sand zugeschüttet. Dieser für die Römerstadt einmalige Vorgang ist der beste kurzfristige Schutz vor dem Zerfall der zerbrechlichen Reste.


  > RÖMERFEST MIT WAGENRENNEN

Am Wochenende vom 27./28. August findet in Augusta Raurica zum zehnten Mal das grosse Römerfest statt. Das Programm bietet Musiker und Tänzerinnen aus Rom, Gladiatoren aus Mailand, Legionäre aus Wien sowie Lateinlehrer und Brettchenweberinnen aus der Region. Attraktion des Festes sind die römischen Wagenrennen, die nach einer langen Pause von 15 Jahren erneut stattfinden. Ergänzt wird das Programm durch einen Markt, zahlreiche Workshops – vom Münzenprägen bis zu den römischen Frisuren – sowie einem reichhaltigen kulinarischen Angebot. Die Festattraktionen wie auch die angebotenen Produkte sind das Resultat minutiöser archäologischer Forschung.

Weitere Informationen: www.augusta-raurica.ch



  > AUTORIN



Autorin dieses Beitrags ist Christine Valentin. Die langjährige Journalistin arbeitet heute als PR-Beraterin und Museologin MAS. Sie betreibt in Basel die Agentur "Kommunikation mit Kultur".

10. August 2005

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