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Fotos © by SKM

"Gegen Schweigen und Passivität": Vereinigungs-Mitgründerin Saïda Keller-Messahli

Offen denkende Muslime wollen Vereinigung gründen

Sie fühlen sich durch die bestehenden Organisationen in der Schweiz nicht mehr vertreten

VON BEAT STAUFFER

Fortschrittlich denkende Musliminnen und Muslime wollen in der Schweiz eine neue Vereinigung gründen. Sie soll dem Schweigen der moderaten Muslime ein Ende setzen, aber auch anti-islamische Tendenzen bekämpfen.

Viele Schweizer Zeitgenossen irritiert das Schweigen zahlreicher Muslime angesichts von Untaten muslimischer Extremisten. "Sehr viele wollen sich nicht exponieren", erklärt die in Zürich lebende Medienschaffende und Lehrerin Saïda Keller-Messahli. Viele moderaten Muslime interessierten sich nicht für fruchtlose Diskussionen mit "Buchstabengetreuen". Auch der Islamwissenschafter Thabet Eid stört sich "am  Schweigen und der Passivität" vieler muslimischer Intellektueller in der Schweiz und anderswo.

Klare Distanzierung vom Terrorismus

Das soll nun ein Ende haben. Keller Messahli und Eid wollen nun zusammen mit ein paar Gleichgesinnten eine Vereinigung offener, moderater und fortschrittlich denkender Muslime ins Leben rufen. "Wir wollen unsere Stimme erheben und uns klar vom Terrorismus distanzieren", erklärt Thabet Eid. Ebenso klar wollen sie aber auch gegen islamfeindliche Tendenzen innerhalb der schweizerischen Gesellschaft ankämpfen.

Den Initianten ist es ein grosses Anliegen, in der Schweizer Öffentlichkeit ein anderes Bild des Islam zu vermitteln. Viele islamischen Zentren hierzulande würden "leider Gottes nicht von Fachleuten geführt", sagt Eid. Dazu gehört laute Eid auch das grosse islamische Zentrum an der Zürcher Rötelstrasse, dessen Imam, Youssef Ibram, kürzlich Schlagzeilen machte, weil er sich nicht grundsätzlich von der im traditionellen islamischen Strafrecht vorgesehenen Strafe der Steinigung distanzieren wollte. Für Eid ist schon seit langem klar, dass auch in "gewissen islamischen Zentren in der Schweiz Extremisten verkehren". Doch die Schuld schiebt Eid den Schweizer Behörden zu, die "geschlafen" hätten.

Muslimische "Secondos" oft konservativ

Die Initianten um Keller-Messahli und Eid wollen in erster Linie ein Forum für fortschrittlichen Musliminnen und Muslime sein, die bis anhin keine Vertretung hatten. Frauen und Männer, so die gebürtige Tunesierin Saïda Keller Messahli, sollen dabei im Vorstand je hälftig vertreten sein.

Dass auch die muslimischen "Secondos" nicht unbedingt fortschrittlich denken, sondern teilweise konservativen Wertvorstellungen anhängen, ist den Initianten bewusst. Dennoch wollen sie versuchen, das "fortschrittliche Segment" der hierzulande auf über 400'000 Menschen geschätzten muslimischen Community anzusprechen. Besonders im Auge haben sie dabei die rund 100'000 Muslime, die den Schweizer Pass besitzen. Längerfristig, so Eid, sollten diese muslimischen Wählerinnen und Abstimmenden selbstbewusster auftreten, sagt Eid. Und er berichtet von London, wo die auf eine Million geschätzten Bewohner islamischen Glaubens ihre Interessen offensiv vertreten würden. So seien sie kürzlich vom Londoner Bürgermeister empfangen worden.

Zwischen der Schweiz und der muslimisch-arabischen Welt

Schliesslich weist Thabet Eid auch auf die vielen Interessen hin, welche die Schweiz in der arabischen Welt habe. Der Schweiz sollte deshalb an einer guten Beziehung zur muslimisch-arabischen Welt gelegen sein. Auch dazu wollen die Initianten beitragen. Sie sehen sich als "Vermittler zwischen ihrer alten Heimat und der Schweiz".

Die Gründung der "Vereinigung der fortschrittlichen Muslime der Schweiz" wird in diesen Tagen in die Wege geleitet. Der definitive Name des Vereins steht noch nicht fest, und auch sonst ist noch vieles offen. Eine Gross-Demonstration gegen die Ermordung Van Goghs, wie sie gestern Sonntag in Deutschland stattfand, finden die Initianten prinzipiell unterstützungswürdig. Doch solche konkreten Aktionen könnten erst nach der Vereinsgründung ins Auge gefasst werden.

22. November 2004

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"Ein fundierter Glaube hält jeder Diskussion stand"

Wie in allen anderen Bereichen auch, ist es uneingeschränkt zu begrüssen, dass sich Liberale einer Glaubensrichtung "outen", sich ein Podium verschaffen. Liberale Katholiken, liberale Juden und liberale Protestanten - und auch liberale Muslime. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass man die französische Laizismus-Praxis übernähme und religiöse Symbole aller Art an allen öffentlichen Schulen verbietet.

Begründet ist dies just im Bundesverfassungsartikel punkto Glaubens- und Gewissensfreiheit. Artikel 15 sagt:
(1) Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist gewährleistet.
(2) Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.
(3) Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören und religiösem Unterricht zu folgen.
(4) Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen.

Ich denke: Wenn Kinder dem elterlichen Zwang nicht Folge leisten dürfen, so bewirkt dies Diskussionen - kritische Diskussion, konstruktive Diskussionen punkto der Gesetzgebung des Gastgebers. Ein fundierter, nicht fanatischer Glaube hält jeder kritischen Diskussion stand! Also, speziell an die Adresse der neuen SVP: Macht grundrechtlich legitimierte Nägel mit Köpfen, nicht chaotischen Lärm!

Patric C. Friedlin
Basel


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