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© Foto Jürg Bürgi

"Ringen um die Irrealität": Werke von Bacon (links) und Picasso

Bacon bei Beyeler: Zwiespältiger Eindruck

"Francis Bacon und die Bildtradition" bis 20. Juni in der Fondation Beyeler in Riehen

VON JÜRG BÜRGI

RIEHEN. - Porträts von namenlosen Päpsten, Stierkämpfe, vom Schmerz verzerrte Gesichter, männliche und weibliche Akte, Kreuzigungen: Die Ausstellung "Francis Bacon und die Bildtradition" in der Fondation Beyeler (8. Februar bis 20. Juni 2004) konfrontiert in 16 Themenkreisen malerische und formale Beziehungen der Werke des grossen britischen Malers mit den Arbeiten von Grossmeistern vergangener Jahrhunderte – Tizian, Velázquez, Rembrandt, Goya – und jenen seiner Vorbilder aus der klassischen Moderne – van Gogh, Picasso, Giacometti.

Die freie Kuratorin und Bacon-Spezialistin Barbara Steffen zeigt mit ihrer Ausstellung, die bereits im Kunsthistorischen Museum Wien zu sehen war, dass Francis Bacons Malerei keineswegs, wie er stets behauptete, "vom Zufall bestimmt" wurde – oder besser: dass der Zufall nicht die malerische Aktion bestimmte, sondern seine Rolle vorher, zum Beispiel bei der Motivwahl, spielte. Bis in die Details der Bildkomposition werden die Einflüsse der grossen Vorbilder sichtbar, und dies nicht nur an den Wänden, sondern auch in Schaukästen, in denen Fundstücke aus Bacons Atelier ausgestellt sind. Skizzen in Büchern, Zeitungsausschnitte und Fotografien machen den vielfältigen Inspirationsprozess nachvollziehbar.

Der sehr schön ausgestattete Katalog zur Aussstellung vermittelt zusätzliche Erkenntnisse und Details, sowie eine auf das künstlerische Wirken fokussierte Lebensbeschreibung. Und hier beginnen unsere Vorbehalte gegenüber dem an sich verdienstvollen und spannenden kunsthistorischen Unternehmen: Sowohl die Ausstellung als auch der Katalog erwecken den Eindruck, als habe Bacons künstlerisches Werk nichts mit Bacons schwer traumatisierter, höchst gefährdeter Persönlichkeit zu tun, als gäbe es auf der einen Seite den autodidaktisch hoch gebildeten, bescheidenen, ja schüchternen Künstler, der gescheit über seine Arbeit reden konnte, und auf der andern den beziehungsgestörten schwulen Trunkenbold und süchtigen Gambler, der von einem gewalttätigen Vater mit der Reitpeitsche "ertüchtigt" und schliesslich als Jugendlicher des Hauses verwiesen wurde.

Das Altrosa der Ausstellungswände, die Fleischfarbe auf Bacons Bildern aufnehmend, und das gedämpfte Licht unterstreichen die weihevolle Ästhetisierung nachhaltig. In erhellenden "Bemerkungen zu Francis Bacon" schreibt Ernst Beyeler im Katalog: "Immer wieder ringt Bacon mit der Irrealität, um eine Realität zu gestalten, die die Betrachtenden in Unruhe bringt und sie verunsichert." Genau dies erwartet, wer sich entschliesst, eine Ausstellung von Francis Bacons Werken zu besuchen. Und eben diese (traditionelle? überholte?) Erwartung wird hier nicht eingelöst. Neben und mit ihren alten und ihren zeitgenössischen Vorbildern verlieren Bacons Werke ihre verstörende Wirkung.

Francis Bacon und die Bildtradition, Fondation Beyeler, Riehen, 8. Februar bis 20. Juni 2004, täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr. Katalog: Wilfried Seipel, Barbara Steffen, Christoph Vitali (Hg.), Francis Bacon und die Bildtradition, Wien und Riehen/Basel 2004 (Verlag Skira, Milano), 398 Seiten, CHF 59.--.

5. Februar 2004

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