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"Hebeli vor, Hebeli zurück": Führerkabine eines BVB-Trams

Peter Schellenberg war der letzte BVB-Promi

Auf Druck der Wagenführer verzichtet die BVB auf Fahrten mit Promis im Führerstand

VON PETER KNECHTLI

Knatsch im Führerstand: Ab sofort verzichten die Basler Verkehrsbetriebe (BVB) auf Fahrten mit Trams, die plauschhalber von Prominenten gesteuert werden. Den professionellen Wagenführern war in die Nase gestochen, wie damit ihr Beruf diskreditiert werde. Die BVB-Leitung dagegen hält dafür, dass solche Fahrten bei den Prominenten das Verständnis für den Berufsstand förderten.

Den Ausschlag gab letzten Dezember der frühere TV-Direktor Peter Schellenberg: Während aus dem Fahrgastraum die Fernsehsendung "Quer" übertragen wurde, kurvte Chef-Journalist Schellenberg das Drämmli durch die Strassen Basel. Nach aussen erweckte die Sendung den Eindruck, der TV-Gewaltige dirigiere jenes Tram, in dem eben die Sendung produziert werde. In Tat und Wahrheit wurden Schellenbergs Amateur-Fahrkünste zwei Tage vor Ausstrahlung aufgezeichnet und in die Sendung eingeblendet. Was nicht zu sehen war: Der Fernsehdirektor wurde begleitet von einem eidgenössisch diplomierten Prüfungsexperten der BVB - bereit, gegebenenfalls die Notbremse zu ziehen.

"Promi-Fahrten schaden dem Berufs-Ansehen"

Was das Schweizer Heimkino-Publikum wohl amüsierte, stiess den professionellen Wagenführern der BVB sauer auf. "Dies erweckte bei den Zuschauern den Eindruck, dass in Basel jeder einfach so Drämmli fahren kann, es ist ja nicht schwierig, Hebeli vor, Hebeli zurück", heisst es auf der Website des "Personalverbandes der Basler Verkehrs Betriebe" (PSVB). Heftige Reaktionen unter den Fahrdienstkollegen seien die Folge gewesen: "Wenn in Basel 'Prominente' aller Art als Wagenführer plauschhalber durch die Stadt gondeln, schadet dies dem Ansehen des sehr anspruchsvollen Wagenführer-Berufes."

Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) startete der mitgliederstärkste BVB-Berufsverband nun offiziell die Anfrage, "ob und in welchem Umfang solche Fahrten zur Fahrgastbeförderung durch begleitete, kurzinstruierte betriebsfremde Personen, zulässig sind". Die Antwort des Bundesamtes liess keinen Zweifel offen: Die Promi-Fahrten haben keine rechtliche Grundlage. Kernsatz: "Fahrten im Rahmen der Ausbildung (alleine oder unter Aufsicht) dürfen nur nach entsprechender Ausbildung und Prüfung erfolgen." Weder war Schellenberg der erste Promi im BVB-Führerstand - auch die FCB-Mäzenin Gigi Oeri und Verkehrsminister Ralph Lewin durften schon - noch ist Basel diesbezüglich ein Unikum. Auch andere Städte mit Tramverkehr lassen gelegentlich Bekanntheiten an den Steuerhebel.

"Für Ihre Unfälle vielleicht zuständige Richter und Staatsanwälte"

Heute Mittwoch nun folgte der offizielle Ukas der drei Prüfungsexperten Helmut Iffländer, Heinz Teuscher und Hans-Ruedi Obrist, die sich eine scharfe Spitze gegen "PSVB-Funktionäre" nicht verkneifen konnten.

"Bis auf weiteres", so heisst es in einer Personalinformation, wird "keinerlei aktives Tramfahren mehr mit betriebsfremden Personen oder auch betriebsinternen Personen ausserhalb der Fahrschule" durchgeführt, was die BVB bedauere. Denn jetzt könnten "solche Fahrten auch nicht mehr mit den Unfallgruppen des Verkehrszuges oder für Ihre Verkehrsunfälle vielleicht eines Tages zuständigen Staatsanwälten oder Richtern" absolviert werden. Die BVB-Experten, die die gesetzliche Auslegung des Bundesamtes offen anzweifeln, begründen weiter: "Schliesslich wissen wir, dass diese Fahrten über all die Jahre immer wieder sehr das Verständnis für die besonderen Anforderungen des Wagenführerberufes bei den jeweiligen Entscheidungsträgern gefördert haben."

"Plauschfahrten vermitteln falschen Eindruck"

Diese eigenwillige Interpretation, die schonungslos eine prophylaktische Beeinflussung von Justizpersonen offen darlegt, mag dem Personalverband, aus andern Gründen, nicht einleichten. Denn betriebsfremde Chauffeure stellten nicht nur ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Vielmehr erweckten kurze Plauschfahrten den Eindruck der Anspruchslosigkeit, wogegen der Verantwortungsdruck im grauen Alltag der Wagenführer Stress und Abnützung bewirke.

11. Februar 2004

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"Es ging nie um Beeinflussung"

Bei den Tramfahrten, welche die BVB mit den Unfallgruppen des Verkehrszuges und mit Staatsanwälten während vielen Jahren durchgeführt hat, ging es nie darum, die „Fahrschülerinnen“ und „Fahrschüler“ in irgend einer Form einseitig zu beeinflussen. Vielmehr wollten wir diesen Personen, von denen die meisten wissen, wie man Auto oder Velo fährt, die Gelegenheit geben, einen Eindruck zu gewinnen, welchen verkehrlichen Situationen unsere Wagenführerinnen und Wagenführer täglich begegnen. Erfahren konnten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der BVB-Kurzinstruktionen auch, wie lange es dauert, bis ein Tramzug bei einer Notbremsung zum Stillstand kommt. Das ist nun wirklich keine Beeinflussung von Justizpersonen, sondern eine sinnvolle Massnahme, die bei Unfällen mit Trambeteiligung einer objektiver Beurteilung dienlich ist. Einem Staatsanwalt wirft man ja auch nicht vor, er sei voreingenommen, weil er mal eine Autofahrschule absolviert hat.

Pius Marrer
Pressechef BVB



"Pseudo-Wissen von PSVB-Vertretern"

Sie wären gut beraten, sich erst mal bei uns zu erkundigen, was Sache ist, bevor Sie auf Pseudo-Wissen von PSVB-Vetretern aufbauend über etwas schreiben, wovon Sie nichts verstehen. Ausserdem gehört zum Journalismus eigentlich auch Recherche.

Helmut Iffländer
Leiter Betrieb+Netz
Basler Verkehrs-Betriebe
Basel


Wir haben uns bei Herrr Iffländer erkundigt, was an unserem Bereicht sachlich nicht korrekt sei und bisher noch keine Antwort erhalten. - Red.

 


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