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"Kritik ist ein Innovationsprozess": Kommunikations-Stratege Walter von Wartburg


Die Firmen-Seele zwischen Sein und Schein

"Reputation Management": Wie Kommunikationsberater Walter von Wartburg die Erfolgs-Chancen im Markt der Meinungen erhöhen will

VON PETER KNECHTLI

Der gute Ruf eines Unternehmens ist für seinen Erfolg weit wichtiger als bisher angenommen. Doch nachhaltigen Erfolg kann es nur haben, wenn Innen- und Aussenwahrnehmung übereinstimmen. Diese Meinung vertritt der frühere Novartis-Kommunikationschef Walter von Wartburg. Deshalb gehöre ein neuer Kernpunkt ins Pflichtenheft der Konzerne: Corporate Reputation.

Da sitzen die Strategen, brüten über Corporate Design, Kommunikationspolitik und ihre Bedeutung innerhalb der Konzernstrategie. Dieses Schema hat der Basler Rechtsprofessor und Berater Walter von Wartburg, 63, überwunden. Wer ein Unternehmen erfolgreich führen will, "muss das Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Aussen-Wahrnehmung und Innen-Realität ins Gleichgewicht bringen. Der andere soll mich so wahrnehmen wie ich mich selbst".

Die Glorifizierung des Chefs ist passé

"Corporate Reputation" oder "Reputation Management" nennt von Wartburg, was er als ein "Gebot der Stunde für Unternehmen in unsicheren Zeiten" hält. Es handelt sich um eine Fortentwicklung der herkömmlichen Unternehmenskommunikation, die – je nach internen Vorgaben – den korrekten Umgang mit Fragen und Impulsen von aussen, die Fokussierung auf Jubel-Nachrichten und die Glorifizierung des Chefs oder gar die Verwischung kritischer Sachverhalte zum Ziel haben kann.

Von Wartburg, bis 1999 Kommunikationschef und Geschäftsleitungsmitglied von Novartis, weiss, wovon er spricht: Als aussen Stehender war er 1986 Zeuge der Informationspannen um die Katastrophe von Schweizerhalle, als innovativer Vordenker entwickelte er später bei Ciba fortschrittliche Firmen- und
"Ciba offerierte
Greenpeace-Aktivisten
Kaffee und Biberli."
Kommunikationskulturkonzepte wie das "Issues Management", das rechtzeitige Erkennen von Problemfeldern, die sich eindeutig als ruffördernd erwiesen.

Mit einer offenen Strategie ("Kritik ist ein Innovationsprozess") ging er auf politische Gegner zu - wie es ihm Kaderleute im Konzern vordemonstrierten. Als Greenpeace-Aktivisten nach der Schweizerhalle-Katastrophe zum Protest gegen die Pharma-Industrie einen Firmen-Kamin im Rosenthal-Areal erstürmten, offerierte der damalige Ciba-Geigy-Werkleiter Anton Schaerli unter riesigstem Druck ("Ich handelte wider meine obersten Vorgesetzten, das waren dramatische Stunden") Biberli, Kaffee und drei Rosen, und schickte die Polizei heim, nachdem der Werkschutz erst zur Stacheldraht-Strategie geraten hatte. Als die Umweltschützer später Gen-Mais vor den Novartis-Sondermüllofen schütteten, orderten Werkleiter Johannes Randegger und Agro-Kommunikationschef Arthur Einsele ganz im Sine von Wartburgs zwölf Kühe, die sich am Gen-Gut labten.

"Aber dieser Ausnahmezustand müsste zum Normalzustand werden", sagte sich von Wartburg, "weil es beim ewigen Managen von Issues doch einfach darum geht, Ruf und Ansehen einer Firma zu schützen".

Abzocker fördern Reputations-Strategie

Das Eisen, das Berater von Wartburg jetzt im Feuer hat, hat er nicht erfunden. Schon schmiedeten andere daran – aber zum falschen Zeitpunkt. Seit Abzocker und Bilanzenfälscher das Image der Unternehmensführer - und besonderen auch jenes der sie finanzierenden Unternehmen - nachhaltig demoliert haben, stösst von Wartburgs Corporate Reputation Management in eine klaffende Lücke. Denn jetzt werde die Wahrnehmung erst recht zur zentralen ökonomischen und strategischen Grösse. Genau so wichtig wieder Erfolg im Markt der Produkte sei der Erfolg im Markt der Meinungen. Mehr noch: Im Kommunikationszeitalter, in dem "Mehrheits-
"Der Erfolg im Markt
der Meinungen
wird immer wichtiger."
Wahrnehmungen zu eigentlichen Realitäten werden", werde diese "erfolgsentscheidend".

Bisher war zwar klar, dass das Renomee eines Unternehmens massgeblich auch seinen kommerziellen Erfolg bestimmt. Doch erstens wurde der Einfluss der Aussenwahrnehmung - insbesondere durch Analysten, Wirtschaftsjournalisten und andere Meinungsbildner - bisher unterschätzt. Zweitens wird der weiche Faktor Corporate Reputation "zunehmend zu einer messbaren Grösse, die sich managen lässt". Als Goodwill stelle sie einen "wesentlichen Teil der Börsenkapitalisierung" dar und könne vor allem bei feindlichen Übernahmen "bis zur Hälfte der Gesamtbewertung ausmachen".

Software misst Innen- und Aussenwahrnehmung

Wie er Aussenwahrnung und Innensicht misst, demonstriert Walter von Wartburg im kühlen Kellerraum eines von grosszügigem Grün umgebenen Riegelhauses im noblen Basler Gellertquartier. Eine von ihm ausgedachte und jungen Technikern aus Karlsruhe und Sibirien entwickelte Diagnose-Software erlaubt Internet-gestützte Umfragen in den verschiedenen internen und externen Ansprechsgruppen. Die Auswertung erlaubt hochdifferenzierte Aussagen darüber, wie weit die externe und interne Bewertung von fünf reputationsbestimmenden Dimensionen - Vertrauenswürdigkeit, verantwortlichkeit, Glaubwürdigkeit,
"Corporate Reputation
ist in der Schweiz noch nicht Standard."
Eigenständigkeit und Beziehungsfähigkeit - voneinander abweichen oder eben übereinstimmen.

Liegt die Reputations-Due-Diligence einmal auf dem Tisch, entsteht nicht nur verbaler Handlungsbedarf. Denn: "Wenn etwas im Argen ist, nützt die ganze Kommunikation nichts. Dann muss das Arge firmenseitig verbessert werden", glaubt von Wartburg. Ist das Gleichgewicht von Sein und Schein hergestellt – so eine seiner Thesen, gehen die Türen zu Behörden, Kunden und Investoren leichter auf.

Aber in der Schweiz ist Corporate Reputation bei weitem "noch nicht Standard". Dennoch nennt Walter von Wartburg Grossunternehmen, deren Seele er im Gleichgewicht sieht: Swiss Re, UBS, Swisscom. Und bei Ciba fügt er an: "Armin Meyer macht das sogar gut."

Keine Auskunft über Referenzen

Über seine bisherigen Auftraggeber ist der von Vertrauten als "ungeheuer sophisticated" und "Superintellektueller" wahrgenommene Kommunikator eher schweigsam. "Schon mehrrmals" sei die Analyse in der Schweiz und im Ausland angewendet worden, lässt er sich einzig entlocken. Seine Methode habe bisher "immer Überraschungen, aber keine Unzufriedenheit ausgelöst".

Das heisst doch einiges. Denn Diagnostiker von Wartburg hat seinen Preis: Die Basisanalyse-Variante kostet 100'000 Franken - im Ausland Euro -, "massgeschneiderte sind teurer".

24. September 2003

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