Umwelt-Kosmetik am Roemisloch Tümpel bei der Chemiemülldeponie im Elsässer Grenzgebiet wird ausgehoben - Verschmutzung bleibt VON MARTIN FORTER Die geplanten Massnahmen bei der Chemiemülldeponie Roemisloch in Neuwiller sind fragwürdig. Dies ergaben OnlineReports-Recherchen. Grund: Der Tümpel mit farbigem Wasser im elsässisch-schweizerischen Grenzgebiet soll verschwinden, die Bach-Verschmutzung aber bleibt. Das Grundwasser durchspült die Chemiemülldeponie Roemisloch in der elsässischen Grenzgemeinde Neuwiller: Das mit giftigen Chemikalien verschmutzte Wasser tritt am Fusse der Deponie aus, bildet dort einen Tümpel mit gelb-rotem Wasser oder fliesst direkt in ein nahegelegenes kleines Bächlein. Es transportiert die zum Teil krebsfördernden und für Wasserorganismen gefährlichen Substanzen in den Neuwillerbach, der als Mülibach durch Allschwil nach Basel fliesst. Selbst dort, in sechs Kilometer Entfernung, ist der Roemisloch-Müll noch im Wasser nachweisbar. Den farbigen Tümpel beim Roemisloch will die Basler chemische Industrie nun für 150'000 Franken beseitigen. Dies bestätigt Conrad Engler, Sprecher der Interessengemeinschaft Deponiesicherheit Region Basel* (IG DRB). An der Gewässerverschmutzung aber ändert die Beseitigung des Tümpels nichts, wie OnlineReports-Recherchen zeigen. Die IG plant keine Arbeiten an der Chemiemülldeponie, weshalb das Hochwasser auch in Zukunft einen Cocktail von einem bis zwei Milligramm zum Teil hochgiftiger Chemikalien pro Liter Wasser aus der Deponie auswaschen wird. Jürg Hofer: "Das ist Symptombekämpfung" Befragte Fachleute äussern sich kritisch zu den Plänen der Industrie beim Roemisloch: "Mit der Tümpelbeseitigung wird die Schadstoff-Menge, die aus der Deponie in den Bach gelangt, nicht reduziert. Vom naturwissenschaftlichen Standpunkt her gesehen erscheint mir das Ganze deshalb ziemlich konzeptionslos, wenn man von einer direkten Gefährdung von Personen durch den Tümpel einmal absieht", sagt etwa Stephan Haderlein, Deponiespezialist an der Universität Tübingen. Und Walter Wildi, Experte des Kantons Jura bei der Sanierung der Chemiemülldeponie im Jurassischen Bonfol, meint: "Nicht der Tümpel ist das Problem, sondern
Kritik kommt auch aus den eigenen Reihen. Ein hochrangiger Mitarbeiter der chemischen Industrie meint: "Zum gleichen Preis könnte man als Sofortmassnahme das Wasser beim Roemisloch mit Aktivkohle reinigen. Danach könnte man in aller Ruhe entscheiden, ob man es dabei belässt oder die Deponie beseitigt. Was die IG plant, ist reiner Aktionismus, damit sie sagen kann, sie habe etwas getan". Diese Taktik, so glaubt der Industrievertreter zu wissen, sei nicht erstaunlich, denn: "In der IG hat es keine kompetenten Altlastenspezialisten. Jene, die bei der Basler chemischen Industrie etwas können, sind mit der Totalsanierung der Deponie in Bonfol beschäftigt." IG pocht auf Kompetenz Diesen Vorwurf weist IG-Sprecher Conrad Engler zurück: "Die IG DRB hat in der Geschäftsleitung sieben ausgewiesene Altlasten-Spezialisten mit langjähriger nationaler und internationaler Erfahrung und Kompetenz." Engler bestätigt, dass die Beseitigung des Tümpels "keinen direkten Einfluss" auf den Schadstoffaustrag aus der Deponie haben wird. Der Bauschutt, in welchem sich die farbige Pfütze bildet, werde "auf Wunsch und im Einverständnis" mit der französischen Umweltbehörde DRIRE nach Unterzeichnung einer Vereinbarung entfernt. Es werde damit "eine störende Beeinträchtigung" für Anwohner und Spaziergänger
Neben verschiedenen Untersuchungen will die IG am Fusse der Deponie zudem eine Messstelle für das Grundwasser installieren. Diese Messstelle hätte die chemische Industrie allerdings schon vor drei Jahren ins Grundwasser bohren sollen. Damals behauptete sie, das sei aus technischen Gründen nicht machbar. Dass sich mit der Tümpelbeseitigung wenig am Schadstoffeintrag in den Bach ändern wird, weiss auch die französische Umweltbehörde DRIRE. Trotzdem erachtet sie diese Massnahme als sinnvoll: "Es handelt sich um eine einfache Lösung ohne Präjudiz für andere Massnahmen", betont Nicolas Imbert, Chef der DRIRE Umweltabteilung. Die IG erarbeite zurzeit eine Risikostudie. Danach werde über allfällig notwenige Arbeiten an der Deponie entschieden. Solches kann man nicht einfach aussitzen Dass das Baselbieter Amt für Umweltschutz anscheinend die IG-Pläne nicht im Detail kennt, stört Paul Schüpbach, Gemeinderat in Allschwil: "Das zeigt, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit schlecht funktioniert." Baselland müsse nun dringend aktiv werden. Wie Alain Escalin, Maire von Neuwiller, versteht Schüpbach die IG-Pläne nicht: "Die Chemie sollte ihre Verantwortung endlich wahrnehmen und die Chemiemülldeponie beseitigen. Solche Verunreinigungen des Wassers kann man nicht einfach nur aussitzen." Es wäre wirklich an der Zeit, dass die Industrie die Verschmutzung nicht nur wortreich verwaltet, sondern tatsächlich auch bekämpft. _____________ *In der IG DRB haben sich u.a. Novartis, Roche, Syngenta, Ciba und Clariant zusammengeschlossen.
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