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Fotomontage © Ruedi Suter/Regional Zeitung Oberwallis

Hinterlässt auch als Toter seine Spuren: Der Wolf von Reckingen


Der "Wolf von Reckingen":
Chronik eines Walliser Jagdskandals

Im Wallis wird der falsche Mann als "Wolfsmörder" beschuldigt, obwohl der wahre Täter längst schon ein Geständnis abgelegt hat

VON RUEDI SUTER

Seit über drei Jahren geht der Walliser Christoph Imwinkelried durch die Hölle. Er wird beschuldigt, den "Wolf von Reckingen" erschossen zu haben. Ein Rufmord: Seit einem Jahr wissen die Behörden, wer der Todesschütze wirklich ist. Doch davon weiss die Öffentlichkeit nichts. OnlineReports-Autor Ruedi Suter nennt nun den Namen des wahren Schützen und zeigt wahrscheinliche Hintergründe dieses Jagdskandals auf.

"Ich habe mit dem armen Wolf nichts zu tun gehabt", sagt Christoph Imwinkelried entschieden. Wie oft hat er diesen Satz schon wiederholt, wie oft geschworen und beteuert, dass nicht er es war, der am 24. November 1998 im Gommer Oberwald kurz vor Mitternacht den geschützten Wolf mit 40 Fuchsschrotkugeln erschossen hat. Und dass auch er es nicht war, der den 32 Kilo schweren Rüden in den Lada des Schwiegervaters gewuchtet und klammheimlich bei der Tierkadaversammelstelle in Reckingen abgeladen hat. Nichts haben alle seine Beteuerungen bewirkt. Nichts auch die Indizien und Beweise, dass er es gar nicht sein konnte, der den mittlerweile schweizweit berühmten "Wolf von Reckingen" ins Jenseits beförderte.

"Sag doch endlich, dass Du es warst!"

Statt dessen wurden der 35-jährige Jäger und sein Schwiegervater M. M. im Wallis als überführte Wilderer gebrandmarkt. Seit über drei Jahren geht Imwinkelried durch die Hölle. Viele meiden heute den "Wolfsmörder", geben dem Sanitär-Installateur keine Aufträge mehr, tuscheln über ihn und seine Familie in den Wirtschaften, telefonieren ihm aus der ganzen Schweiz und fordern ihn auf: "Sag doch endlich, dass Du es warst!" Nur: Er war es nicht wie Recherchen der Schweizerischen Gesellschaft für Tierschutz/ProTier ergaben.

Es war ein anderer, der in dieser wolkenlosen Winternacht auf einen vermeintlichen Rotfuchs schoss, einen Wolf traf und bei näherem Hinsehen einen verwilderten und nun toten Schlittenhund zu erkennen glaubte: Elmar Schwick (40). Der Gommer Jäger und Maurer legte gegenüber der Kantonspolizei der "Republik Wallis" im März 2001 ein volles Geständnis ab. Wichtigste Aussage: Er selbst habe den Wolf abgeschossen, irrtümlich, und nicht der Imwinkelried Christoph oder sein Schwiegervater.

Abhängigkeiten und Politfilz, Anpassung und Revolte

Doch über dieses nun schon ein Jahr alte Geständnis spricht niemand im Wallis - Imwinkelried gilt in der Öffentlichkeit immer noch als der überführte Wolfskiller. Weshalb? Weil im schönen Wallis vieles ziemlich anders läuft als in der "Üsserschwiz". Weil in diesem Bergkanton mit seinen deutschen und mehrheitlich welschen Mentalitäten so liebenswerte wie eigensinnige Menschen leben, die im ständigen Spannungsfeld zwischen ängstlicher Anpassung, Vorsicht und wütender Revolte leben. Und weil vorab persönliche Beziehungen, Abhängigkeiten und politischen Interessen das Dasein im Tal beeinflussen. Anders Denkende aber werden schnell
Anders Denkende werden schnell als Nestbeschmutzer gebrandmarkt.“
als "Nestbeschmutzer" betitelt. Sie haben in der Regel gegen den Zusammenhalt, die Absprachen und Schliche der Machthabenden kaum eine Chance.

Eindrücklichstes Beispiel dafür ist immer mal wieder die kantonale Jagdpolitik. Diese wird von den zahlenmässig überlegenen Mittel- und Unterwallisern bestimmt, von den ihrem Wild besonders Sorge tragenden Oberwallisern aber eher "erlitten". Die Schlüsselfiguren der Jagdpolitik gehören zumeist der CVP an. Sie sind auf Kantons- und sogar auf Bundesebene derart einflussreich, dass beispielsweise die stark umstrittene Walliser Jagdverwaltung unter ihrem Chef Narcisse Seppey Nachforschungen anstellen darf, die der Unbefangenheit zuliebe nur die Justizbehörden machen sollte. Und dies ausgerechnet im deutschsprachigen Goms, wo die Oberwalliser Jägerschaft der "Diana Goms" mit ihrer ausgeprägten Jagdethik eine parlamentarische Untersuchung wegen "Willkür und Inkompetenz" gegen die vorab welsche Seppey-Behörde durchboxte und schliesslich in zentralen Punkten Recht bekam.

Fragwürdige Fahndung, umstrittene Blutflecken, irreführende DNA-Analyse

War es also die Jagdverwaltung in Sitten unten, die Christoph Imwinkelried im Goms oben zum Wolfsmörder werden liess? Weil auch dieser zum kritischen Kern der Gommer Jäger gehört, die sich beispielsweise klar für die Rückkehr von Luchs und Wolf einsetzen, was der Jagdverwaltung gar nicht passt? Ein versteckter Racheakt? Aber nicht doch: Die Jagdabteilung legte Fakten auf den Tisch. Sie tat, was sie besser der zur Neutralität verpflichteten Untersuchungsbehörde hätte überlassen müssen. Sie schickte ihrer Aussage nach einem Labor in Grenoble Spuren von Blutflecken, den die Kantonspolizei an der beschlagnahmten Kunststoffplatte der Lada-Rückenlehne geortet und ihr übergeben hatte. Auftrag: Eine DNA-Analyse, um die Herkunft des Wolfs festzustellen.

Das Ergebnis fand umgehend seinen Weg in die Öffentlichkeit: Das Blut im Jeep sei "identisch" mit jenem des Reckinger Wolfs, hiess es damals. Imwinkelried war für die Öffentlichkeit "überführt", ebenso sein (inzwischen entlasteter) Schwiegervater. Und dies trotz Ungereimtheiten wie jene mit dem Lada, der zur Tatzeit nachweislich nicht fahrtüchtig war. Woher also die wölfischen Blutflecken? Haben da die Ermittelnden oder andere etwas "nachgeholfen?", wird jetzt im Goms - und nicht nur dort - gefragt

Ein Jagdspezialist: "Hier tickt eine Bombe"

Ob die von der Jagdverwaltung organisierte DNA-Analyse so überhaupt existiert, wird unterdessen angezweifelt. Jedenfalls wurde die belastende Interpretation der Seppey-Behörde stark relativiert, und zwar vom Untersuchungsrichteramt in Visp: Das analysierte Blut stamme lediglich von einem aus Italien eingewanderten "canis lupus". War der direkte Zusammenhang mit dem "Reckinger Wolf" also eine gezielte Finte? Die Geschichte ist jedenfalls derart fragwürdig, dass Untersuchungsrichter Bernhard Tenud instinktsicher die Einstellung des Untersuchungsverfahrens verfügte. Vergebens - Staatsanwaltschaft und Kantonsgericht bestimmten, es müsse weiter ermittelt werden.

Einer, der sich in den Walliser Jagdverhältnissen bestens auskennt, in diesem Drama wie kein zweiter Journalist recherchierte und deshalb wegen "Einmischung" in die Walliser Jagdbelange den Zorn des kantonalen Jägerverbandes auf sich zog, ist der Jäger Fredy Kradolfer, Redaktor bei der kritischen Zeitschrift "Jagd&Natur" in Bülach, "Üsserschwiz". Sein Kommentar: "Hier tickt eine Bombe, da ist irgend etwas oberfaul." Der Jagdspezialist kritisiert die zahlreichen Widersprüche und die offenen Fragen. Bereits vor einem Jahr notierte er bekümmert: "Die Klarheit und Transparenz, die man eigentlich in einem derart brisanten und emotionsgeladenen Verfahren erwarten würde, ist alles andere als gegeben. Wie auch immer die Geschichte ausgehen wird: Für das Ansehen der Walliser Behörden, aber auch für die Sache der Jagd bleibt Schaden zurück. Ob irgendwann einmal die für solchen Schaden tatsächlich Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, muss angesichts der bisher gemachten Erfahrung angezweifelt werden."

"Eppis stimmt da nit: Go ploge fir nichts und wieder nichts"

"Eppis stimmt da nit", fasst schlicht auch Christoph Imwinkelried zusammen. Mittlerweile hat er seinen ersten Anwalt gegen einen unabhängigen Rechtsvertreter ausgetauscht. Die Jagd im Wallis sei für die meisten eine "heilig Chüeh", und in diesem Fall würden Untersuchungen durchgeführt, auf welche die Obrigkeit bei ähnlichen Fällen im Unterwallis grosszügig verzichteten, meinen Kenner der Szene. Dem schliesst sich Imwinkelried als verwaltungskritischer Gommer Jäger an. Aber ihm deshalb etwas anzudrehen und "go ploge fir nichts und
Die Jagd ist im Wallis für viele immer noch eine 'heilig Chüe'.“
wieder nichts", sei so ungerecht wie erbärmlich. Imwinkelried will einen klaren Freispruch, eine totale Rehabilitierung.

Bloss mit der Einstellung des Verfahrens will er sich nicht zufrieden geben. Doch auch das ist nicht leicht. Denn unterdessen ist vom Untersuchungsrichteramt Oberwallis auf Geheiss des Staatsanwalts eine ergänzende Untersuchung angeordnet worden: Nicht nur gegen den tatsächlichen Wolftöter Elmar Schwick, auch wieder gegen den gebeutelten Imwinkelried. Dem wird nun aufgrund eines "Hörensagen"-Zeugen, der sich widersprach, etwas anderes vorgeworfen: Er habe den toten Wolf zum Abbalgen in das Fahrzeug gehievt, sei ein paar Meter gefahren, habe es sich aber dann anders überlegt und die Leiche zur Fundstelle zurückgebracht. "Auch das ist konstruiert", sagt Imwinkelried kopfschüttelnd und fragt sich, weshalb eigentlich die anderen rund sechs Fuchsjäger dieser Nacht nicht ebenso scharf unter die Lupe genommen werden. Gegen den Zeugen läuft nun ein Strafverfahren wegen falscher Zeugenaussage.

Der Todesschütze legt eine Geständnis ab

Ein wesentliches Problem für die Untersuchungsbehörde sind irreführende und teils bewusst falsche Zeugenaussagen, die auch unter Druck entstehen. Die offensichtlichste Lüge leistete sich Wolfstöter Elmar Schwick selbst gegenüber dem Schweizer Fernsehen DRS, das in den letzten Jahren immer wieder Licht in die Walliser Jagdmachenschaften brachte. Offensichtlich litt Schwick unter der Tatsache, dass ein Unschuldiger in die Mühlen der Justiz gestossen worden war. Im Freundeskreis machte er auch kein Hehl daraus, irrtümlicherweise das geschützte Tier erlegt zu haben.

Für den verdächtigten Imwinkelried eine halbe Ewigkeit nach dem fatalen Todesschuss erklärte aber Elmar Schwick in der "Rundschau" vom 17. Februar 2001 der Fernseh-Nation: "Nein, ich war es nicht selbst. Aber ich habe in den letzten zwei Jahren einen guten Kollegen von mir gedeckt. Ich habe dem versprochen, dass ich schweige." Schwick meinte den Arbeitskollegen M. I., der im April 1999 mit Gift Selbstmord verübte - und keine Auskunft mehr geben konnte. Ein Monat nach der Sendung aber besann sich der Unglücksschütze eines Besseren und gestand im März 2001 der Polizei, wie er dem Fuchs, der ein Wolf war, mit einer Schrotladung "Rottweil Semi-Magnum" des Kalibers 12/70, 3.7 mm das Leben raubte.

"Abertausende von Steuerfranken verlocht"

Ein Trost für Christoph Imwinkelried? Keineswegs. Einerseits ist er jetzt klar entlastet, anderseits wird ihm nun eine "eventuell versuchte Aneignung und Verheimlichung" eines toten Tieres vorgeworfen, das "durch eine strafbare Handlung erlangt wurde". Dabei kann nicht zweifelsfrei rekonstruiert werden, was die Jagdverwaltung des einflussreichen Narcisse Seppey genau mit dem mysteriösen und angeblich so belastenden Blutflecken gemacht hat - dieses Verfahren wurde ja elegant an der Justizbehörde vorbei abgewickelt. Weil aus dem "Reckinger Wolf" ein politischer Fall "Innerschwizer Zuschnitts" gebastelt werden sollte? Mit dem Ziel,
Sollen die Gommer Jagd-
Reformer ans Gängelband genommen werden?“
die seit Jahren eine Reorganisation der Jagdverwaltung fordernden Reformer im Gommer Jagdwesen endlich ans Gängelband zu nehmen?

Unabhängige Walliser Anwälte erklärten gegenüber der Zeitschrift "ProTier", nur schon der bisherige Untersuchungsaufwand sei im Vergleich zu ähnlichen Straftaten "völlig aberwitzig". Anders gesagt: Abertausende von Steuerfranken sind investiert worden, um den seit einem Jahr gelösten Tod eines geschütztes Wildtiers aufzuklären. Dass es gerade ein Wolf war, gegen dessen Rückkehr sich Jagdinspektor Seppey verschiedentlich aussprach, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Laut Untersuchungsrichter Bernhard Tenud, der das Verfahren wieder aufnehmen musste, sind die Akten zurzeit beim Bundesgericht. Mehr könne er nicht sagen.

Imwinkelried wird Schadenersatzklage einreichen

Keine Stellung nehmen wollte auch der Rechtsvertreter Imwinkelrieds. Nur so viel: "Mein Klient hat sehr viel durchgemacht. Eine Schadenersatzklage kommt so sicher wie das Amen in der Kirche." Sollte ihn das definitive Urteil wider Erwarten belasten, will Christoph Imwinkelried mit einer staatsrechtlichen Beschwerde sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen. Etwas anderes bleibe ihm gar nicht übrig, meint der Gommer achselzuckend.

Lieber wäre ihm aber: "Der, der das Ganze anzettelt hat, soll dafür geradestehen. Dann kommt die Sache wieder in Ordnung." Dies ist nicht nur Christoph Imwinkelried, das ist auch dem Wallis zu wünschen.


Walliser Jagdverwaltung:
"Die Lehren daraus ziehen"

r.s. "Die Walliser Jagdverwaltung ist im Strafverfahren um den Reckinger Wolf nicht auf dem Laufenden, dieses gehört in die Zuständigkeit des ordentlichen Strafgerichts", erklärt Peter Scheibler anstelle seines Chefs Narcisse Seppey. Jurist Scheibler ist dessen Stellvertreter und seit September des letzten Jahres Adjunkt bei der Abteilung für Jagd und Fischerei des Kantons Wallis. Eine Stelle, die es vorher nicht gab. Ihre Einrichtung sei keine Reaktion auf die Ende der 90er Jahre vorab von der Gommer Jägerschaft, Wildtierbiologen und Tierschützern scharf kritisierten Amtsführung von Narcisse Seppey, sagt Scheibler: "Die Reorganisation der Dienststelle, welche viel weiter geht als die Schaffung einer Adjunktenstelle, war schon vorher beabsichtigt, konnte aber aufgrund der restriktiven Personalpolitik der letzten Jahre nicht sofort realisiert werden. Die durchgeführte ISO-PM 9001-Zertifizierung zeigte die Richtigkeit der vorgesehenen Reorganisation auf und erlaubte letztlich deren Durchführung."

Jadgverwaltung weist Manipulations-Vorwurf zurück

Die Vorwürfe aus dem Goms führten aber zu einem parlamentarischen Untersuchungsbericht, der den Kritikern im Herbst 1999 in etlichen zentralen Punkten Recht gab (beispielsweise eine unausgewogene Besetzung der administrativen Jagdverwaltung, mangelnde Dialog- und Wissenschaftlichkeit, ungenügende Aus- und Weiterbildung der Wildhüter). Peter Scheibler betont, er habe keine vertieften Einblicke in die alte Fehde zwischen den Gommer Jägern und der Jagdverwaltung. Er gibt sich offen, versöhnlich und schliesst Fehltritte auf beiden Seiten nicht aus. "Fehler machen wir alle, im Goms wie in Sitten. Entscheidend ist, dass wir die nötigen Lehren daraus ziehen und uns so verhalten, wie das Gesetz es vorschreibt." Das sind neue Töne aus Sitten. Entschieden wehrt sich Scheibler aber gegen den Vorwurf aus dem Goms, die Jagdverwaltung manipuliere im Verfahren um den Reckinger Wolf Zeugen oder Sachverhalte.

Dialogbereitschaft klar signalisiert

Man achte heute auf "eine absolute Neutralität und Gleichbehandlung der Jägerschaft durch die Kantonale Jagdverwaltung". So werde auch das Oberwallis nicht benachteiligt. Dieses sei mit 8 Dianas (Bezirksjagdvereine) und das Unterwallis mit 12 Dianas im Kantonalverband vertreten - ein Kräfteverhältnis, das in etwa dem zahlenmässigen Anteil der Jägerschaft in den beiden Sprachregionen entspreche. Werde die Oberwalliser Jägerschaft in den Delegiertenversammlungen oft überstimmt, so habe dies damit zu tun, dass sie "in der Regel nicht geschlossen und einig auftritt", folgert Peter Scheibler. Bezüglich Jagdethik sieht der Deutsch sprechende Adjunkt, selbst ein Jäger, keine markanten Unterschiede: Die Welschen frevelten nicht mehr als die Gommer. "Unterwalliser Jäger sind in Jagdvergehen oder Jagdübertretungen nicht häufiger verwickelt als die Jäger vom Oberwallis." Jedenfalls möchte er die Gräben in der Walliser Jägerschaft zuschütten helfen: "Ich habe meine Dialogbereitschaft klar signalisiert."

Der Einsatz "war legal"

Die mysteriösen Blutflecken, welche die Walliser Kantonspolizei im Zusammenhang mit dem toten Wolf von Reckingen im Lada-Wagen sichergestellt hatte und der Jagdverwaltung zur Untersuchung ausgehändigt wurden, sind in Grenoble einer DNA-Analyse unterzogen worden. Dies bestätigt Peter Scheibler anhand des Dossiers. Das Resultat, das verzerrt an die Öffentlichkeit sickerte und den unschuldigen Christoph Imwinkelried belastet, sei der Polizei zur Weitergabe an den Untersuchungsrichter übergeben worden. Dieser habe zu entscheiden, ob er die Analyse verwenden will. Zum Vorwurf, eine unabhängige Instanz hätte die DNA-Analyse erstellen sollen, erklärt Jurist Scheibler:" Gemäss kantonaler Gesetzgebung haben unsere Beamten die gleichen Rechte wie jene der Gerichtspolizei im Interventionsfall. Laut Dossier hielt man sich an diese gesetzlichen Grundlagen."


"Seppey regiert wie Fidel Castro"

r.s. Das Walliser Jagdwesen sei ein Sumpf aus Willkür und Vetternwirtschaft, wird seit Jahren immer wieder kritisiert. Die Jagdverwaltung unter Narcisse Seppey weist solche Vorwürfe genauso regelmässig zurück. "Kein anderer Kanton hat eine so schlechte Jagdplanung", kritisierte letztes Jahr ein einheimischer "Gamsjäger" per E-mail. Jeder Jäger dürfe vier Gämsen erlegen, was weder zeitgemäss noch weidgerecht sei: "Die Folgen dieser Gesetzgebung sind", argumentierte der besorgte Nimrod, "dass in den bejagten Gebieten die Gämsen bis auf ein paar wenige Exemplare ausgerottet werden. Es ist gar nicht mehr möglich, dass ein gesunder Gämsbestand heranwachst." Ein Abschussplan für die einzelnen Jahre fehle, und noch nie sei beispielsweise während eines harten Winters die Zahl der zu erlegenden Gämsen herabgesetzt worden.

Oberwallis will seit Jahren mehr Rücksicht in der Gämsjagd

"So etwas ist zum Kotzen", kommentierte der Walliser Weidmann. Da sei durchaus einfühlbar, "weshalb die Jagd in öffentlichen Kreisen immer mehr auf Ablehnung und Kritik" stosse. Allerdings müsse auch zwischen den Jägerschaften des Ober- und Unterwallis unterschieden werden, meint der aus Angst vor Repressalien anonym bleibende Weidmann. Im Oberwallis versuchten die Jäger seit Jahren, eine rücksichtsvollere Gamsjagd zu betreiben. Leider seien diese gegenüber den Jagdgenossen im Unterwallis zahlenmässig unterlegen, um die notwendigen Verbesserungsvorschläge durchzubringen. Nicht einmal mit Hilfe der Jagdaufseher im Oberwallis oder besorgter Wildbiologen bewege sich etwas: "Ihre Meinung wird einfach ignoriert. Schliesslich entscheidet der kantonale Jagdaufseher Narcisse Seppey, ohne auch nur eine Expertenmeinung einzuholen."

Keine Frage, hier würden die zuständigen Behörden grob ihre Sorgfaltspflicht verletzen, warnt der Gamsjäger zornig: "Das kann nur als eine verdammte Schweinerei bezeichnet werden. Der Kanton Wallis hat auf diesem Gebiet komplett versagt." 2001 wurde der neue Fünfjahresplan eingeführt und - nach Jahren der Schonzeit - neue Zonen mit "wieder schönen Gämsbeständen" freigegeben. Doch mit der jetzigen Regelung würden die Tiere bald zusammengeschossen sein, prophezeite der Gommer Jäger.

Der von der Walliser Regierung in Auftrag gegebener Untersuchungsbericht über die Zustände in der kantonalen Jagdabteilung bestätigen die viele Vorwürfe. "Kritiker werden abgestraft, Günstlinge belohnt, Wilderei toleriert, Luchsabschüsse akzeptiert", fasste die SonntagsZeitung (SoZ) den ihr zugespielten Bericht zusammen. Der angezweifelte Luchsangriff auf einen deutschen Urlauber habe beispielsweise dem Jagdamt Gelegenheit gegeben, "das ungeliebte Tier als Touristenfresser" zu verunglimpfen. Die Kritiker, die auch "Willkür und Vetternwirtschaft" ausmachten, haben vorab den "autoritären" Chef der Jagdabteilung im Visier: Narcisse Seppey. Dieser regiere "die Jagdabteilung seit Jahrzehnten wie Fidel Castro Kuba" (SoZ). Unter seiner Herrschaft lebten bedrohte Tiere wie "Wolf, Luchs und Bartgeier gefährlich".

Reflexartige Abwehr

Das sind harte Vorwürfe für einen Mann, der das Wild liebt, ein begeisterter Grosswildjäger ist, mit Charme Politik macht und stets versichert, er unternehme alles, um der gewiss nicht einfachen Jägerschaft im Wallis gerecht zu werden. Gegenüber OnlineReports aber wollte oder durfte sich Narcisse Seppey nicht äussern. Er unterbrach den Journalisten reflexartig und gab den Telefonanruf umgehend an seinen Adjunkt Peter Scheibler weiter. Der könne besser Deutsch, entschuldigte sich Seppey - ohne zu fragen, ob der Anrufer auch Französisch könne.

20. März 2002

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© by Peter Knechtli