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"Darf Verordnung verletzen": Veralteter Produktions-Bau 9 der Firma Rohner in Pratteln BL


Chemiefirma Rohner wusste vom Fisch-Gestank

Der vorherige Produzent von Fenamidon kämpfte mit dem gleichen Problem wie die Prattler Firma

VON MARTIN FORTER

In Pratteln stinkt es seit Jahresbeginn immer wieder intensiv nach Fisch. Viele Anrainer beschweren sich oder machen nur im Sack die Faust. Grund: Die Produktion von Fenamidon durch die Chemiefirma Rohner AG. Jetzt kommt heraus, dass die Rohner wusste, dass die Produktion des Fungizids Gestank nach faulem Fisch auslöst. Denn der vorherige Produzent kämpfte im südfranzösischen Toulouse mit dem gleichen Problem.

Fenamidon heisst der Stoff, dessen Produktion im Umfeld der Rohner AG in Pratteln zu einem penetranten Gestank nach faulendem Fisch geführt hat. Rohner stellt das Mittel gegen Pilzbefall im Rebbau im Auftrag des französischen Chemiekonzerns Aventis her; unterdessen ist die Produktion der ersten Charge von 75 Tonnen abgeschlossen.

Bevor Rohner im Januar die Produktion übernahm, liess Aventis das Fungizid beim Feinchemikalienhersteller Société Nationale des Poudres et Explosifs (SNPE) im südfranzösischen Toulouse
Solch heikle Fragen beantworten wir nicht an Telefon.“
fabrizieren. Auch dort führte die Produktion des Fungizids zu Gestanksschwaden, wie Aventis Crop Science gegenüber OnlineReports bestätigt: "Tatsächlich war der Geschmack aus der Fenamidon-Produktion auch schon bei der SNPE in Toulouse ein Problem. Wir haben dies dort aber technisch gelöst", sagt Nicole Guidicelli Sprecherin von Aventis Crop Science. Von SNPE wollte OnlineReports nun wissen, ob es ihr tatsächlich gelungen ist, den Fischgestank zu beseitigen. Der französische Produzent von Feinchemikalien aber lehnte jegliche Stellungnahme zu den Geruchsimmissionen aus der Fenamidon-Produktion ab: Die zuständigen Personen seien nicht erreichbar. SNPE beantworte zudem "solch heikle Fragen nicht am Telefon", liess Laurent Pichont von der SNPE-Marketing-Abteilung wissen.

Rohner half Aventis aus der Patsche

Am 21. September 2001 erschütterte eine schwere Explosion die Stadt Toulouse: Beim Düngemittelhersteller AZF waren 300 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert. 29 Menschen starben. Die Detonation bei AZF beschädigte auch Teile der Anlagen der benachbarten SNPE, wo Aventis bisher das Fungizid Fenamidon herstellen liess.

Die folgenschwere Explosion bei AZF brachte die französischen Behörden auf Trab: Weil sie das Unfallrisiko auch bei der SNPE als zu hoch einstuften, legten sie alle chemischen Produktionen auf dem gesamte Fabrikgelände still. Auch die Anlagen zur Herstellung von Fenamidon wurden abgeschaltet. "Deshalb suchte
Scheinbar wurden die verfahrenstechnischen Fragen unterschätzt.“
Aventis mehr oder weniger über Nacht einen neuen Hersteller – und wurde in Pratteln bei der Rohner AG fündig", sagt ein Insider zu OnlineReports.

Rohner habe Aventis nach der Stillegung der SNPE-Produktion aus der Patsche geholfen und "die Herstellung von Fenamidon schnell aufgenommen", bestätigt Aventis Crop Science. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass die Rohner AG die Produktion des Fungizids zu schnell angefahren und zu wenig auf die absehbaren geruchlichen Konsequenzen für die Anwohner geachtet hat. "Wenn das stimmt, dass bei Rohner der Produktionsdruck gross war, dann liegt die Vermutung einer zu schnellen Produktionsaufnahme nahe" , meinte auch Roberto Mona, Chef des Lufthygieneamts beider Basel, als ihn OnlineReports mit ihren Rechercheergebnissen konfrontierte. Anscheinend habe Rohner die verfahrenstechnischen Schwierigkeiten der Fenamidon-Herstellung unterschätzt, meint Mona.

Rohner "Wir haben noch gewisse Ideen"

Hat Rohner den Gestank für die Nachbarn bei der Übernahme der Fenamidon-Fertigung also in Kauf genommen? Werner Kneubühler, bei Rohner für Sicherheit und Umweltschutz zuständig, verneint: "Wir waren der Meinung, die Gerüche eliminieren zu können". Kneubühler bestätigt aber, dass Rohner von Aventis Crop Science auf die Geruchsprobleme aufmerksam gemacht worden seien. Die von Aventis vorgeschlagenen Massnahmen hätten sie umgesetzt. Er hofft, für die für Juli/August geplante Produktion von weiteren 50 Tonnen die Gestanksprobleme in den Griff zu bekommen. Kneubühler: "Wir haben noch gewisse Ideen".

Auf den Ideenreichtum der Rohner AG will sich Philipp Schoch, Einwohnerrat der Unabhängigen in Pratteln, allerdings nicht mehr verlassen. Er war es, der den Fischgeruch als erstes öffentlich thematisierte. "Der Gestank ist eine Zumutung. Mir ist unklar, warum das Lufthygieneamt beziehungsweise Baudirektorin Elsbeth Schneider nicht härter durchgreifen."


Produktion im Bau 9 sticht Behörden besonders in den Nase

mfo. Dass die Rohner AG in Pratteln das Fungzid Fenamidon ausgerechnet im Bau 9 fertigt, stört das Lufthygieneamt beider Basel (LHA) speziell. Mit dem Segen der Bau- und Umwelschutzdirektion darf die Pratteler Chemiefabrik aus diesem alten Fabrikationslokal vorläufig mehr Schadstoffe in die Luft ausstossen, als dies die Luftreinhalteverordnung des Bundes (LRV) erlaubt. Deshalb muss Rohner diesen alten Produktionsbetrieb nach 16 Jahren Übergangsfrist Ende 2002 endgültig stillegen.

Nach Ansicht des LHA lässt die mit Rohner getroffene Sondergenehmigung nur das Auslaufen der bisherigen, nicht aber die Aufnahme von neuen Produktionen zu. LHA-Chef Roberto Mona räumt allerdings ein, dass die getroffene Vereinbarung die Aufnahme von neuen Produktionen nicht ausdrücklich verbietet. Rohner habe gegenüber dem LHA diese Absicht nie bekundet. "Sonst hätten wir dies nicht akzeptiert". Da ein entsprechender Passus in der Vereinabrung fehlt, geht Rohner davon aus, in Bau 9 bis Ende Jahr die LRV verletzten zu dürfen – egal, ob mit bisherigen oder mit neuen chemischen Produktionen.

15. Mai 2002

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