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"Gezielter Griff": Corpus delicti Ski-Verkaufsbeleg, Geschäftsmann Gustav Müller


Neue Kontroverse um Dugginger Fahnder

Fahnder konfiszierte bei Hausdurchsuchung Verkaufsbeleg seines Schwiegervaters - "als Beweis", wie er sagt

VON PETER KNECHTLI

Neue Vorwürfe gegen den "Oberfahnder" von Duggingen erhebt der Liestaler Geschäftsmann Gustav Müller: Der Polizist habe sich schon 1994 in amtlicher Funktion für seinen Schwiegervater, den Dugginger Gemeindepräsidenten Reinhard Vögtlin, stark gemacht. Der Fahnder dementiert heftig. Nie habe er die Absicht gehabt, seinem Verwandten zuzuarbeiten.

Vögtlins Schwiegersohn Bernhard Blank* , beruflich Fahnder bei der Baselbieter Kriminalpolizei, konnte dieser Tage aufatmen: Die Staatsanwaltschaft stellte ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs mangels Beweisen ein. Dem Polizisten war durch die Dugginger Finanzverwalterin vorgeworfen worden, er habe sich ihr gegenüber als "Oberfahnder" ausgegeben, der mit der "Aufsicht" über das Strafverfahren gegen seinen Schwiegervater Reinhard "Reini" Vögtlin betraut worden sei. Bei ihren Ermittlungen hatte die Justiz keine Zeugen gefunden, die diesen Sachverhalt hätten bestätigen können. Es stehe Aussage gegen Aussage.

Fahnder griff "gezielt" nach dem Verkaufsbeleg

Jetzt erhebt der Liestaler Modeunternehmer Gustav Müller neue Vorwürfe des Amtsmissbrauchs gegen den damaligen Polizeikorporal Blank. Der Fall geht zurück auf das Jahresende 1994, als Müller neben einer Modeboutique in Liestal auch einen Discount-Skihandel ("TOM-Sportmarkt") betrieb, der ins Visier der Justiz geriet. Müller war von einem Skihersteller - zu Unrecht, wie sich später herausstellte - vorgeworfen worden, er verkaufe gefälschte Skis.
"Vögtlin sollte nicht mit inkriminierten Skis in Verbindung gebracht werden."
An der Hausdurchsuchung und bei der Beschlagnahmung von rund 40 Paar Skis als Polizist führend mitbeteiligt war auch ein enger Bekannter und Duzfreund Müllers: Bernhard Blank, der Schwiegersohn von Reinhard Vögtlin.

Reinhard Vögtlin, auch er per Du mit Müller, hatte im Monat zuvor in eben jenem Laden ein Paar "Rossignol"-Skis zu stark reduzierten Preisen gekauft. Dies wusste auch sein Schwiegersohn Blank, der die Ski-Beschlagnahmung leitete. Bei der gleichzeitigen Hausdurchsuchung nahm er den Verkaufsbeleg ("Skizettel") laut Müller "gezielt" aus den Geschäftsunterlagen heraus und an sich. "Offenbar wollte er verhindern, dass er bzw. jemand aus seiner Familie mit den inkriminierten Skis in Verbindung gebracht werden könnte", heisst es in einem Brief von Müllers Anwalt an die Baselbieter Überweisungsbehörde. An einer anschliessenden Besprechung gab der Polizist den Verkaufsbeleg in Anwesenheit des damaligen stellvertretenden Statthalters und heutigen Jugendanwalts Thomas Faust in den Räumlichkeiten des Liestaler Statthalteramtes an Müller zurück. Blank, so Müller zu OnlineReports, habe sich dabei ihm gegenüber entschuldigt.

Zeuge bestätigte den Vorfall

Noch heute steht Müller zu genau dieser Interpretation. Während sich der damalige Untersuchungsrichter Thomas Faust an die Vorgänge um Vögtlins Skibeleg nicht mehr im Detail erinnern kann, bestätigte ein an dieser Besprechung anwesender Zeuge den Sachverhalt rund um Beschlagnahmung und Rückgabe des Verkaufsbelegs. An den ehemaligen Schwinger Müller, der einräumt, gegen den Fahnder emotional und auch physisch heftig vorgegangen zu sein, blieb juristisch nichts hängen: Das Verfahren gegen ihn wurde "mangels Erfüllung des Tatbestandes" eingestellt, der Angeschuldigte erhielt eine bescheidene Genugtuungssumme.

Hartes Dementi an der Telefonkonferenz

Nachdem OnlineReports den Fahnder um eine Darstellung und Bewertung des Vorfalls aus seiner Optik gebeten hatte, sah sich der Autor wenig später mit einer Telefonkonferenz mit einem Kaderbüro des Regierungsgebäudes konfrontiert, an der neben dem Polizeiangestellten Blank auch Stephan Mathis, Generalsekretär der Baselbieter Justiz- und Polizeidirektion, sowie Kriminalpolizei-Chef Marcel Burri teilnahmen. Der Tenor aus der Optik der Polizei war eindeutig: Der Fahnder habe ohne jeglichen Fehl und Tadel gehandelt. "Sein Verhalten war absolut korrekt. Es besteht kein Anlass, ihm einen Vorwurf zu machen", stellte sich Generalsekretär Mathis vorbehaltlos vor seinen Polizisten. Die These, dass er einen Verkaufsbeleg habe zum Verschwinden bringen wollen, sei "absurd". Diese Einschätzung belegt Mathis mit der Feststellung, dass der Fahnder den Vögtlin-Beleg ausgesprochen nicht klandestin an sich genommen, sondern dem Untersuchungsrichter "ohne Zeitverzug"
"Ich fühlte mich in dieser schwierigen Situation verpflichtet, mitzumachen."
unterbreitet habe. Ebenso sei der Beleg im Anschluss an eine längere Einvernahme noch gleichtags wieder an Müller zurückgegeben worden.

Der Dugginger Fahnder machte geltend, er habe nicht aus eigener Initiative an der Beschlagnahmung teilgenommen. Vielmehr sei er der "einzige Korporal auf dem Platz" gewesen, der damals für die Hausdurchsuchung zur Verfügung gestanden habe. "Man bat mich als Müllers Freund, mit ihm zu reden." In dieser "schwierigen Situation" habe er sich für eine "situativ angepasste Betreuung" Müllers beschlossen: "Ich fühlte mich als Korporal verpflichtet, mitzumachen."

"Rein zufällig" auf Vögtlins Beleg gestossen

Fahnder Frank bestätigte, dass er von Ski-Kauf seines Schwiegervaters Vögtlin bei Müller gewusst habe. Bei der Beschlagnahmung habe er "im Bereich der Kasse seine Unterlagen angeschaut" und einzig Vögtlins Kaufbeleg mitgenommen. Es sei aber nie seine Absicht gewesen ("es wäre mir nicht in den Sinn gekommen"), eine Kundenbeziehung seines Schwiegervaters mit dem ins Schussfeld der Justiz geratenen Verkaufsladen zu verschleiern. Er sei "rein zufällig" auf Vögtlins Beleg gestossen. Als Motiv für die Beschlagnahmung eines einzigen Kaufbelegs gab der Fahnder an, er habe im Interesse der Ermittlung gehofft, "auf einfachem Weg eine Seriennummer zu erfahren".

Auf die Frage von OnlineReports, ob Beschlagnahmungen und Hausdurchsuchungen der richtige Anlass für Freundesdienste seien und ob der Fahnder nicht alles hätte unternehmen müssen, um keinerlei Anschein von Befangenheit aufkommen zu lassen, sagte zumindest Stephan Mathis: "Das ist eine andere Frage."

*Name geändert

Reinhard Vögtlin: "Ein Blödsinn"

pkn. Die von OnlineReports dokumentierten neuen Anschuldigungen aus Liestal gegen den als "Oberfahnder" bekannt gewordenen Schwiegersohn des Dugginger Gemeindepräsidenten Reinhard Vögtlin nahm die "Basellandschaftliche Zeitung" in Liestal auf. "Alls alte Chabis", wischte der Dugginger Gemeindevater auch die kritischen Stimmen aus Liestal vom Tisch. Dass sein Schwiergersohn allerdings im Rahmen einer Hausdurchsuchung um angeblich gefälschte Skis einen "Freundschaftsdienst" leisten wollte, sei "ein Blödsinn" gewesen, sagte Vögtlin der bz. Er hätte dabei in den Ausstand treten sollen.




Recherchen-Bewertung

Gustav Müller Ihm sei es wie Schuppen von den Augen gefallen, als er den OnlineReports-Bericht über den "Oberfahnder" gelesen habe. Ist emotionsgeladen, aber kein Schwadronierer, fordert Rechtsgleichheit ein. Seine These: Der Fahnder habe seine Amtstätigkeit dazu verwendet, seinen Schwiegervater aus den Visier nehmen wollen. Bringt die Einwände gegen seinen einstigen Freund erst heute vor, weil er damals wegen dem umbegründeten Verdacht auf Ski-Fälschung und dem Justizverfahren "andere Sorgen" gehabt habe.
Der Dugginger Fahnder War einmal ein sehr guter Freund von Gustav Müller. Heute sei er Müllers "Todfeind" (so Frank zu OnlineReports). Erwarb sich nicht ohne eigenes Zutun den Ruf als "Oberfahnder". Betont mehrfach, er habe bei der Ski-Beschlagnahmung einen "Freundesdienst" leisten wollen. Seine Gegenthese: Die Entnahme des auf seinen Schwiegervater lautenden Verkaufsbelegs habe überhaupt nicht mit einem von ihm gewollten polizeilichen Dienst an Reinhard Vögtlin zu tun gehabt, sondern mit der Beschaffung eines Beweismittels.
Stephan Mathis Ist Generalsekretär der Baselbieter Justiz- und Polizeidirektion. Konfliktfähig. Stellt sich - schon fast wie sein Anwalt - ohne Wenn und Aber vor seinen Polizisten. Sein Einwand, dass der Fahnder den Beleg nicht heimlich an sich genommen, sondern dem Untersuchungsrichter "ohne Zeitverzug" weiter geleitet hat, hat erheblich Gewicht.
Das Problem des Fahnders Fahnder Frank, der sichflankiert von seinen Chefs, den Fragen von OnlineReports offen stellte, scheint ein Abgrenzungsproblem zu haben: Strafrechtlich ist sein Verhalten zwar mangels Zeugen nicht anfechtbar. Gegenüber der Dugginger Finanzverwalterin war er als "Oberfahnder" zu weit gegangen, was er offensichtlich intern auch zugegeben hat. Jedenfalls führte Kriminalpolizeichef Marcel Burri mit dem Fahnder ein "eingehendes Gespräch", das zu einer vom Angeschuldigten unterzeichneten Aktennotiz führte. Auch bei der Liestaler Beschlagnahmung/Hausdurchsuchung wäre es fraglos besser gewesen, wenn er auf den "Freundschaftsdienst" verzichtet hätte und wegen Befangenheit in den Ausstand getreten wäre. Wenig plausibel ist an seiner Aussage, er habe nur "zufällig" den Zettel seines Schwiegervaters beschlagnahmt, dies aber in der Absicht, auf einfache Art an ein Beweismittel zu gelangen. Ein Polizist müsste jeden Anschein von Privilegien-Praxis und Freundesdienst zu vermeiden suchen. Was sagt dazu die polizeiliche Ausbildungs-Doktrin?
"Liestal-Laufental-Connection" Reinhard Vögtlin war führender Exponent der Laufentaler Weg-von-Bern-Befürworter. Stephan Mathis und Barbara Umiker, Medienverantwortliche der Justiz- und Polizeidirektion, wiederum waren vehemente Befürworter eines Laufentaler Anschlusses ans Baselbiet. Hier bestehen historische Banden. Dass diese Gesinnungs-Seilschaft ("Rücksichten"/"Gemauschel") zwischen Liestal und Duggingen noch immer spielt, wie es hinter vorgehaltener Hand immer wieder heisst, kann nicht belegt werden.

18. September 2002

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© by Peter Knechtli