Fotos zvg, OnlineReports "Kein Kommentar": Suter+Suter-Präsident Hans Rudolf A. Suter, langjähriger Finanzchef Walter Langhans Auf der Chefetage schnappt die Millionen-Falle zu Aus Verantwortung für die Suter+Suter-Pleite müssen auch Wirtschafts-Honoratioren in die Tasche greifen / Der langjährige Finanzchef Walter Langhans schlug den Vergleich aus VON PETER KNECHTLI Sechs Jahr nach dem spektakulären Zusammenbruch des Basler Planungs- und Architekturunternehmens Suter+Suter AG ist die Liquidation noch immer nicht abgeschlossen. Dagegen steht ein Vergleich der Gläubiger mit elf führenden Organen des einstigen Vorzeigeunternehmens - unter ihnen bekannte Namen aus dem Wirtschaftsleben. Doch einer schloss sich dem Vergleich nicht an, wie OnlineReports weiss: Der langjährige Suter+Suter-Finanzchef Walter Langhans. Sechs Jahre nach dem ebenso überraschenden wie spektakulären Zusammenbruch der Suter+Suter AG wächst in Basel langsam Gras über ein Stück Wirtschaftsgeschichte, deren Akteure menschliche Tragik erfahren, ihren Arbeitsplatz und meist auch viel Geld verloren haben. Doch noch ist der Niedergang des grössten Planungs- und Architekturkonzerns Europas (Zürcher Börse, Basler Lonza-Hochhaus, Bank- und Pharmabauten) nicht ausgestanden: Gläubiger warten auf die Restbestände ihrer Guthaben und die leitenden Organe sind damit konfrontiert, ihre aktienrechtliche Verantwortung in Franken und Rappen abzurechnen. Denn jetzt schlägt die Millionenfalle auf der Chefetage zu. Der Deckel des Schweigens "Wir haben Stillhalteabkommen unterschrieben, ich kann mich dazu nicht äussern", reagierte Hans Rudolf A. Suter, 65, der frühere Verwaltungsratspräsident und Nachfolger des Firmengründers, auf die Anfrage von OnlineReports. Ähnlich tönte es reihum: Merkwürdiges Stillschweigen über die Personen, die Verantwortung tragen. Tatsache ist: Mit elf früheren Vertretern des Verwaltungsrates und führenden Geschäftsleitungsmitgliedern schloss Ernst & Young als Nachlassverwalterin einen Vergleich über elf Millionen Franken - durchschnittlich eine Million pro Person. Offen ist, ob die Versicherungen oder die Betroffenen selbst zahlen. Der Vergleich, der keine Schuldanerkennung bedeutet, kam diesen Januar zustande, nachdem die Liquidatorin auf Beschluss der Gläubigerausschüsse "umfangreiche Klageschriften" mit Forderungen weit über dem 11-Millionen-Vergleich vorbereitet hatte. Der Vorwurf: Die Verantwortlichen Organe hätten die riskante Entwicklung schon Jahre vor der Nachlassstundung im Mai 1995 absehen müssen. Die Nachlassverwalterin zeigte Biss und "liess alle, die auch nur im Entferntesten in Frage kamen, eine Verzichtserklärung gegen Verjährung unterschreiben" (so ein Unterzeichner). Die Honoratioren und ihre Verwaltungsrats-Honorare Genauso, wie Suter+Suter stets grosse Würfe plante, enthält die Liste der Verantwortlichen im Verwaltungsrat nach Recherchen von OnlineRpeorts auch klingende Namen von Honoratioren aus Wirtschaft in Theorie und Praxis, die für ihr Mandat laut Kennern jährliche Honorare von "100'000 Franken plus" bezogen: Hans Rudolf A. Suter, als Verwaltungsratspräsident Bernd Menzinger, ehemaliger Generaldirektor der Danzas, als Vizepräsident Hannes Goetz, ehemaliger Swissair-Verwaltungsratspräsident, als Verwaltungsrat Fredmund Malik, Titularprofessor der Universität St. Gallen und Präsident des Management Zentrums St. Gallen, als Verwaltungsrat und zuvor langjähriger Berater Professor Robert Schnörr, ex-BBC-Konzernleitungsmitglied und Daimler-Benz-Topmanager, als Verwaltungsrat Professor Peter Böckli, Basler Wirtschaftsanwalt, Vielfach-Verwaltungsrat (Nestlé, ex-Sandoz), Aktienrechtsspezialist, als langjähriger Verwaltungsrat Aber auch operative Kräfte wie die Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder Beat Fahrni (Bereich Beratung und Engineering International, Ex-IBM), der verstorbene Felix Stalder (Bereich Architekten und Ingenieure Schweiz), der für das französischsprachige Geschäft zuständige Paul Rambert sowie der kurzfristige Finanzchef Heinrich Moser sind ebenso in den Vergleich eingeschlossen wie die Schweizerische Treuhandgesellschaft (STG), deren Leitende Revisoren Edgar Fluri und Alexandre Stotz die S+S-Jahresrechnungen abgenommen hatten. Langhans schlug Vergleich aus Nur ein ehemaliger S+S-Topmanager schlug den Vergleich aus: Der langjährige Finanzchef Walter Langhans, 68, der in der letzten Phase das Gesamtunternehmen als CEO führte. Langhans, von OnlineReports kontaktiert, reagierte schroff: "Ich gebe keine Auskunft. Ist das klar." Ob der optimistische, aber ehrgeizige und erfolgsorientierte Langhans damit Verantwortlichkeitsansprüchen der Gläubiger entgeht, ist offen. Laut Auskunft von Ernst&Young-Nachlassverwalter Thomas Bauer wird jetzt "nach jener Lösung gesucht, die für die Gläubiger die beste ist". Möglich ist das gesamte Spektrum - vom Ad-acta-Legen über das nochmalige Gespräch bis zum separaten Prozess. Entscheidend werde die Aufwand/Ertrags-Abwägung sein. Weltweit expandiert- und mit der grossen Kelle ins Immobiliengeschäft Nicht weniger als 1'200 Angestellte beschäftigte Suter+Suter weltweit Anfang der neunziger Jahre nach einer rasanten Wachstumsphase - ausgelöst durch den Mittelzufluss aus dem Börsengang im Jahr 1986 und der späteren Kapitalerhöhung. Das Unternehmen suchte sein Wachstum ausserhalb seiner Kerntätigkeit und im Aufbau eines dichten internationalen Filialnetzes - von Wien über Riyadh bis Los Angeles. Allein in den ersten fünf Jahren nach dem Going public verdoppelte sich der Umsatz, der Reingewinn verdreifachte sich gar. Doch als "einer der Sargnägel" (so ein ex-S+S-Kadermann) erwies sich die in Deutschland und Oesterreich forcierte neue Immobilienspekulation mit fremden Mitteln. Der Plan: Grundstückkauf, Promotion und Investorensuche und Realisierung. Nur: Aus den meisten der teils phantastischen Projekte bis hin zu gigantischen Vergnügungsparks wurde nichts, Suter+Suter blieb angesichts des Überangebots an Büro- und Gewerbeflächen auf Grundstücken und Zinsen sitzen. Das Kerngeschäft war zu wenig stark, um die Lasten aus dem Immobilienabteuer zu tragen. Gleichzeitig flaute die Investitionstätigkeit in den Hauptmärkten ab, tiefe Margen und schlechte Preise drücken. Fachkompetenz und Managementkapazitäten fehlten Laut Vertrauten war es Walter Langhans, der die Expansionsstrategie der Firma - vor allem den Vorstoss in die Immobiliengeschäfte unter seiner Leitung - forcierte, ohne die hohen Risiken genügend zu antizipieren. Als dynamischer Zahlenmensch hatte sein Wort im Kreativ-Klima der Architekten und Ingenieure wie auch im Verwaltungsrat starkes Gewicht. Als Architekt mochte ihm auch Chef Suter, menschlich ohne Tadel, aber blauäugig, nichts als Vertrauen entgegenzusetzen. "Die Firma hatte nicht die Fachkompetenz und Managementkapazität für eine derartige Expansion", bilanzieren Firmenkenner. So baute Suter+Suter zwar in Zürich zum Preis um 100 Millionen Franken zwar ein visionäres Intelligentes Bürogebäude ("Binzmühle"), doch durch fehlende Auslastung liefen Kosten auf. Überrissene Akquisitionen wie die 300 Mitarbeiter starke Vosbeck+Vosbeck bei Washington erhöhten den Kostendruck. Auch Kerngeschäfts-Akquisitionen in Frankreich, Deutschland, Österreich und Belgien erwiesen sich als Flops. Verwaltungsrat war Aufgabe nicht gewachsen Erst kam es 1992 in der Schweiz zu einem massiven Personalabbau, Mitte Mai 1995 musste Suter+Suter Nachlassstundung beantragen: Ein Sanierungskonzept der 32 Gläubigerbanken war einzig am Widerstand der SKA gescheitert. Zahlungsunfähig und mit 400 Millionen Franken überschuldet sank das eben noch stolze Schweizer Architektur-Flaggschiff mit Jahrgang 1901 auf Grund. Heute steht fest, dass der Verwaltungsrat seiner Aufgabe unter den neuen Bedingungen nicht gewachsen war: Ohne Vorwarnung in den lokalen Medien kam der Kollaps aus hellem Himmel. Noch im Jahresbericht 1993 hiess es beschönigend, die Talsohle sei "überwunden". Ein Jahr später gestand Firmenchef Suter "Fehlbeurteilungen" ein. Es sei in Fachgebiete und geografische Märkte expandiert worden, in denen "eine tragfähige Marktstellung nicht erreicht wurde". Dass niemand rechtzeitig die Notbremse zog, hängt auch damit zusammen, dass lange Zeit gleich vier Top-Manager - Suter, Fahrni, Langhans und Stalder - gleichzeitig im achtköpfigen Verwaltungsrat sassen und sich selbst beaufsichtigten. Kritik an Nachlassverwalterin Ernst&Young Nicht ganz ungeschoren kommt in der Schadensbewältigung die Ernst&Young davon, die gegenüber OnlineReports die bisherigen Kosten ihrer Arbeit nicht transparent machen wollte. Aus Kreisen der ehemaligen Firma ist zu hören, dass die Nachlassverwalterin bisher Honorar in "wohl zweistelliger Millionenhöhe" bezogen habe. Zudem habe sie den Basler Unternehmenssitz für 20 Millionen Franken deutlich unter seinem Wert an die Pax verhökert. Und von der Nachfolgefirma "Suter+Suter Planer AG" sei sie über den Tisch gezogen worden sei, indem laufende Leistungen der alten Firma unterbewertet übernommen und dann zum Echtwert verrechnet worden seien. Thomas Bauer von Ernst&Young weist solches zurück: "Aus heutiger Sicht muss der Verkauf als vorteilhaft für die Gläubiger angesehen werden." Die Zeche zahlen letztlich die über 1'200 Gläubiger, die anfänglich Forderungen von mehr als einer halben Milliarde Franken stellten. Die Dividende bei verbliebenen 220 Millionen Franken offenen Forderungen dürfte um 16 Prozent liegen. Dabei hätte es nicht zwingend zur Pleite kommen müssen, meint ein Firmenkenner rückblickend. Wenn die elf Millionen der verantwortlichen Organe im Jahr 1995 schon geflossen wären, dann hätten vielleicht auch die Banken den Kredithahn nicht zugedreht. Recherchenbewertung
26. Februar 2001 |
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