Fotomontage © OnlineReports Roche-Engagement "langfristig", "strategisch"? Novartis-Chef Daniel Vasella Verwirrspiel mit Roche-Aktien Aus Daniel Vasellas Novartis-Coup mit der Roche-Beteiligung könnte eine Hypothek werden VON PETER KNECHTLI Was Novartis-Konzernchef Daniel Vasella letzten Mai als "langfristiges" und "strategisches" Milliarden-Investment ankündigte, ist heute nicht mehr gültig. Nur sechs Monate nach dem Kauf der 20-Prozent-Beteiligung an Hoffmann-La Roche erwägt Novartis den Verkauf. Das Verwirrspiel kann zwei Gründe haben: Entweder will Vasella den Druck auf Roche verstärken oder sein Coup ist misslungen. Der vergangene Dienstag hätte den öffentlichen Fokus ganz auf die Produkte-Pipeline von Novartis richten sollen. Am Research & Development Day in New York gab Konzernchef Daniel Vasella bekannt, dass sich 69 Projekte in der Entwicklungspipeline befänden, von denen bis 2005 eine staatliche Zahl auf den Markt gebracht werden könnten. Doch das jährliche Motivations-Ereignis erhielt hausgemachte Schlagzeilen-Konkurrenz: Am selben Tag erwog Vasella im deutschen "Handelsblatt" einen baldigen Verkauf der letzten Mai von oppositionellen Grossaktionär
"Wir wollen und können niemanden zu einer Zusammenarbeit zwingen", bestätigte Vasella implizit, dass er mit seinen Kooperations-Avancen bei Roche bisher auf Granit gebissen hat. Wenn mit Roche weder eine Zusammenarbeit auf Teilgebieten möglich sei noch gemeinsame Interessen verfolgt werden könnten, läge eine "Gewinn bringende Desinvestition" auf der Hand. Niemand kann sich einen schlüssigen Reim machen Allgemein wird davon ausgegangen, dass Vasella seine überraschende Äusserung nicht zufällig am Tage der transatlantischen Leistungsschau in einer deutschen Wirtschaftspublikation platzieren liess. Doch einen schlüssigen Reim darauf, was er damit bezwecken wollte, kann sich heute niemand machen - am wenigsten offenbar Roche selbst. Glaubwürdige Kenner beider Unternehmen schmunzelten schon, als Novartis, Anfang Jahr mit einer Nettoliquidität von 14,5 Milliarden Franken ausgestattet, letzten Mai die substanzielle Roche-Beteiligung übernahm. Sei damals schon unklar gewesen, "was Vasella eigentlich eingekauft habe", habe er seither einen "mäandernden Weg" eingeschlagen, der keine kohärente Strategie erkennen lasse. Denn was Vasella als eine "langfristige finanzielle Investition von strategischer Ausrichtung" bezeichnete, gilt mit den jüngsten Verkaufs-Absichten bereits als hinfällig. Es könnte sein, ist aus Fachkreisen zu vernehmen,
Unklar ist aber insbesondere, wie Vasella aus seinem Roche-Investment bei der aktuellen Kursbaisse kurzfristig einen Gewinn erzielen will. Würde er die zum Preis von 4,8 Milliarden Franken erworbene Beteiligung heute verkaufen, müsste er einen Verlust von 850 Millionen Franken hinnehmen. Immerhin dürfte es Franz Humers Konzern mit Genugtuung erfüllen, dass Vasella der Roche-Aktie offenbar einiges Entwicklungspotenzial zubilligt. Drei mögliche Erklärungen Langjährige Pharma-Insider haben für Vasellas überraschende "Verkaufs-Warnung" drei mögliche Erklärungen: Vasella will den Druck auf Roche erhöhen und damit erreichen, dass die Bereitschaft zur Kooperation und dem Aufbau einer "Pharma Schweiz AG" wächst. Novartis übernahm das Ebner-Paket, um die Kollegialfirma Roche vom Vorwurf des Black mailings zu befreien, und verkauft das Aktienpaket mit Gewinn an Roche zurück. Roche, mit 20 Milliarden Franken cash ausgestattet, "könnte ruhig fünf Milliarden für eigene Aktien hinlegen". Vasella steht dazu, dass er Kauf ein Fehlschlag war. Er verkauft das Paket kurzfristig mit Zuschlag an Investoren, die "Roche genehmer" sind, weil er eine Akquisitions-Idee realisieren will. Schon in den nächsten zehn Wochen könnte eine Novartis mit einer "grösseren Bewegung" aufwarten. Aktien-Flirt könnte Hypothek werden Schlagen die Versuche aber fehl, das Paket kurzfristig mit Gewinn abzustossen, könnte sich der Aktien-Flirt mit Roche als folgenschwere Hypothek erweisen: Geeignete Käufer sind nach Analystenmeinung "nicht einfach zu
Offen bleibt auch, wie weit der aktuelle Buchverlust die diesjährige Novartis-Bilanz in Form eines Abschreibers belastet. Ein Kenner glaubt, dass der Buchverlust durch "Kompensionsposten" und die Auflösung stiller Reserven abgefedert werden könnte. Nicht alle teilen jedoch die Einschätzung von Novartis-Sprecherin Nadine Schecker, wonach die Wertschwankung des Roche-Aktienpakets "keinen Einfluss auf die Erfolgsrechnung von Novartis" habe. Vorgeschichte
4. November 2001 |
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