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Foto Claude Giger

Als Ortsbürger bisher nicht willkommen: Nenzlinger Gemeindepräsident Heinz Aebi


Kalte Schulter für Laufentaler Dorfkönig

Er ist Gemeindepräsident, er ist Schweizer - doch die Nenzlinger verweigerten Heinz Aebi die Einbürgerung

VON PETER KNECHTLI

Aufsehen erregt normalerweise, wenn Schweizer Bürgergemeinden Ausländern die Aufnahme ins Bürgerrecht pauschal verweigern. Diesmal zählt ein Schweizer Bewerber zu den Abgewiesenen: Der Sozialdemokrat Heinz Aebi, Gemeindepräsident des Laufentaler Dorfs Nenzlingen. Die Burger seiner Kommune wollen Aebis Familie nicht unter ihresgleichen. Jetzt kämpft der bekannte Laufentaler Politiker gegen den "Willkür-Entscheid".

Heinz Aebi, 49, Gemeindepräsident des Laufentaler Bergdorfs Nenzlingen, weiss, was kämpfen heisst: Einst stritt er an vorderster Front für einen Wechsel des bernischen Laufentals zum Kanton Baselland. Jetzt kämpft der Schweizer Bürger und SP-Landrat mit Heimatort Heimiswil BE in seinem eigenen 360-Seelen-Dorf um das, was üblicherweise ausländischen Bewohnern verwehrt bleibt: Noch diesen Monat erhebt er beim Baselbieter Regierungsrat dagegen Beschwerde, dass ihm die Burgerschaft seiner eigenen Wohngemeinde das Bürgerrecht verweigerte.

"Sie wollen keine fremden Namen"

"Reine Willkür" so Aebi zu OnlineReports, sei es gewesen, als die Bürgergemeindeversammlung am 13. Juni in geheimer Abstimmung den Antrag, seine beiden Kinder, seine Frau und sich selbst ins Nenzlinger Bürgerrecht aufzunehmen, mit 27 zu 5 Stimmen abschmetterten. Dabei wohnt er schon seit 28 Jahren im Dorf, von 1978 bis 1985 war er Gemeindepräsident und seit 1997 ist er es erneut: "Mir gefällt es in Nenzlingen, man hat eine gewisse Verbindung." Was sich Aebi nicht erklären kann: Sein im Herbst 1998 eingereichtes Gesuch sei vom fünfköpfigen Bürgerrat in zustimmendem Sinn an den Kanton weitergeleitet worden. An der Versammlung jedoch, so könne ausgerechnet werden, habe nur gerade ein Bürgerrat für ihn votiert.

Die schroffe Abweisung kann sich Aebi nur mit einer "abgekarteten Sache" erklären: "Es wurde mobilisiert, um das Gesuch abzulehnen. Die Leute erschienen familienweise." Tatsächlich kam es zu einem Riesenaufmarsch: 32 Nenzlingerinnen und Nenzlinger schritten zum Verdikt, gewöhnlich zählen Bürgergemeindeversammlungen knapp ein Dutzend Besucher. Die eigesessenen Familien Bohrer, Schneider, Stress, Mendelin und Cueni - so Aebi - hätten offenbar "keine fremde Namen" unter sich wissen wollen und sich auch über seinen ungenügenden Kirchen- und Dorfladenbesuch mokiert.

Wegen Aebi von Bern zu Baselland

Dabei ist SP-Kantonsparlamentarier Heinz Aebi alles andere als ein Provinzgeist: Ihm ist massgeblich zuzuschreiben, dass das damals bernische Laufental seit elf Jahren zu Baselland gehört. Als ebenso charismatische wie zähe Galionsfigur der Anschlussfreunde bewirkte er zuvor mit einer staatsrechtlichen Beschwerde beim Bundesgericht die Wiederholung der Abstimmung über den Kantonswechsel. Grund: Beim ersten Plebiszit im September 1983, als die Laufentaler den Wechsel zum Baselbiet ablehnten, waren verdeckte Gelder der Berner Regierung in Höhe von 400'000 Franken an berntreue Komitees ins Laufental geflossen.

Da kippte die Stimmung im Tal. In der wiederholten Volksabstimmung vom November 1989 entschied sich das Laufental hauchdünn für den Anschluss an Baselland. Doch die Wunden des dieses historischen Kampfes sind noch nicht verheilt. So ging Aebis Auto in Nenzlingen vor Jahren in Flammen auf. Erfolglos blieb auch sein Versuch, dem unerschrockenen Berner Finanzrevisor Rudolf Haffner, der 1984 die Berner Finanzaffäre auslöste und den öffentlichen Geldfluss von Bern nach Laufen enthüllte, das Nenzlinger Ehrenbürgerrecht zu verleihen.

Während nämlich die Einwohnergemeinde Nenzlingen für den Kantonswechsel votierte, blieb die Burgerschaft eine mehrheitlich berntreue Bastion - bis in die heutige Zeit. Aebis Abweisung, ist ein langjähriger Beobachter überzeugt, sei eine "späte Abrechnung" um den Kantonswechsel gewesen.

"Aebi wird zum Teil als hochnäsig empfunden"

Dem widerspricht Bürgerratspräsident und Landwirt Stefan Bohrer, 34, pikanterweise selbst ehemaliger Pro-Baselbieter und dennoch kein Aebi-Freund: "Der Kantonswechsel war nicht ausschlaggebend. Es war sein persönliches Auftreten gegenüber den Mitmenschen." Aebi werde als teilweise höchnäsig, abweisend und nicht richtig integriert empfunden. Als Gemeindepräsident habe er noch nie am Banntag teilgenommen ("er meint, er müsse eingeladen werden") und auch an der Weidchilbi der Bürgergemeinde sei kein Gemeinderat zugegen gewesen.

Tatsächlich ist der ausgebildete Lehrer Aebi kein zartbesaiteter Politiker. Schon damals in der Anschluss-Auseinandersetzung ein Kampfblatt, das zuweilen den verbalen Zweihänder schwang. Unvergessen sind seine scharfen rhetorischen Äusserungen im Laufentaler Bezirksrat. Bekannte nennen ihn als zugkräftig, motivationsfähig, aber auch etwas unnahbar. Als Gemeindepräsident weiss er entscheidungsfreudig und manchmal autoritär zu regieren, was ihm gelegentlich das Prädikat "Dorfkönig" einträgt. So kam es zwischen Gemeinderat und Bürgerrat immer wieder zu Spannungen: Beispielsweise verwarf der Gemeinderat das Ansinnen des Bürgerrats, die Jagdpacht künftig nur noch an Nenzlinger Bürger zu vergeben und Auswärtige auszuschliessen. Streit gab es auch um die Benutzungsrechte des kommunalen Mehrzweckraums. Kürzlich musste sich Aebi einen Fehler im Protokoll der Gemeindeversammlung vorwerfen lassen, was er demokratisch akzeptierte.

Bürgerratspräsident glaubt nicht an Stimmungsumschwung

Jetzt sind die Fronten verhärtet. Bürgerpräsident Stefan Bohrer sieht keinen Handlungsspielraum, selbst wenn der Regierungsrat Aebis Beschwerde gutheissen und das Gesuch zur Neubeurteilung zurückweise sollte: "Ich glaube kaum, dass es für Aebi besser heraus kommt."

So frei wie bisher sind die Baselbieter Bürgergemeinden in ihren Einbürgerungsentscheiden allerdings nicht mehr. Denn Ende März verpflichtete das Baselbieter Verfassungsgericht die Bürgergemeinde Pratteln zu einer Neubeurteilung von 39 Gesuchen von Türken und Ex-Jugoslawen, die ohne sachliche Begründung (Aebi: "Reiner Rassismus") abgewiesen wurden. Laut Stefan Mathis, dem Direktionssekretär der Justiz- und Polizeidirektion, müssen Einbürgerungsentscheide künftig "dem Willkürverbot standhalten, sachlich begründet und anfechtbar sein".

Diese Vorgaben nimmt jetzt auch der für seine Kampfeslust und Ausdauer bekannte Schweizer Gemeindepräsident Aebi in Anspruch: "Ich habe einen guten Leumund und keinen Eintrag im Strafregister."

3. September 2000

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(c) by Peter Knechtli