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pic Tschudi Hans Martin


Hat Mühe im Umgang mit Widerspruch: Basler Justizdirektor Hans Martin Tschudi



Gnadenfrist für Basler Justizdirektor

DSP-Regierungsrat Hans Martin Tschudi muss Führungsstil ändern

Der wegen auffälligem Personalwechsel unter Beschuss geratene Basler Justizdirektor Hans Martin Tschudi erhält von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) eine Gnadenfrist. Um "Ruhe zu geben", will GPK-Präsident Max Pusterla aber von einem Bericht an den Grossen Rat absehen.

Der stark umstrittene Führungsstil des DSP-Politikers Tschudi ist Dauerthema in Basel. Gleich reihenweise nahmen Beamte verschiedener Stufen den Hut. Letzter prominenter Abgang war die rasche Kündigung des Chefbeamten Hannes Herrmann als neuer Leiter der Abteilung Jugend, Familie und Prävention. Hintergrund ist nach Insidern, dass Tschudi von Herrmann verlangt habe, zusammen mit Alffredo Fabbri gegen die Abtretung des Drogen-Dossiers an Veronica Schaller Stimmung zu machen.

Befragungen der grossrätlichen Geschäftsprüfungskommission unter rund einem Dutzend aktiven und ehemaligen Mitarbeitern diesen Herbst ergaben jetzt laut einer zuverlässigen Quelle: "Das Problem ist der Chef."

Kurz vor Weihnachten wurde Tschudi durch die parlamentarische Oberaufsicht mit den kritischen Wahrnehmungen konfrontiert. Ein Vertrauter: "Er versteht sein Departement als Wahlkampf-Institution. Die Interessen reduzieren sich immer auf seinen unmittelbaren persönlichen Vorteil." Der Magistrat, der kommenden Mittwoch zum Regierungspräsidenten gewählt wird, bediene sich zuweilen einer "vulgären Wortwahl" bis hin zu "Begriffen aus dem Tierreich".

Tschudi nimmt nicht Stellung

Auf Fragen der "SonntagsZeitung", wie weit ihn die Vorwürfe zur selbstkritischen Ueberprüfung seines Stils motiviert hätten, wollte der Justizdirektor nicht eingehen. Dies sei Sache des GPK-Präsidenten, liess er durch seinen Departementssekretär ausrichten.

"Wir wollen jetzt zur Beruhigung beitragen, damit sich der Teesatz senkt", kommentierte der freisinnige GPK-Präsident Max Pusterla. Tschudi, so Pusterla, müsse aber "offener" werden und den persönlichen Kontakt nicht nur auf die engsten Departementskader beschränken. Erstaunlich: Obschon das Thema Personalmutationen im Departement des künftigen Regierungspräsidenten mehr als Zufallscharakter hat, sieht der Oberaufseher derzeit von einer schriftlichen Information des Parlaments über das heikle Dossier ab. Die Personal-Akte Tschudi soll aber im GPK-Jahresbericht kommenden Herbst dokumentiert werden.

Somit wird dem angefochtensten Basler Regierungsmitglied noch eine Chance eingeräumt, Führungsstil, Personalpolitik und seine Rolle als politisch-kulturelles Vorbild zu überdenken: Weitere parlamentarische Möglichkeiten, auf Tschudi Einfluss zu nehmen, sieht Pusterla nicht: "Wenn er es nicht merkt, dann muss eine andere Instanz handeln, der Souverän."



Ereignis-Bewertung

Hans Martin Tschudi
Regierungsrat
Hat ein grosses Problem und war es wohl auch. Er ist, bestätigungsbedürftig, nicht zum Politiker geboren, der mit Widerspruch und Diskurs mit der gebotenen spielerischen Art umgehen kann. Sieht sich dadurch dauernd vor den Entscheid gestellt: Freund oder Feind? Was nützt mir, was nicht? Man darf sich fragen, wie der Mann mit diesem Psycho-Stress fertig wird.
Die Chance Jetzt muss Tschudi seine grosse Chance packen, seinen zunehmend defensiven Stil überdenken und als Regierungspräsident Lernfähigkeit beweisen. Sonst gerät er immer weiter in die Defensive und Isolation, so dass der Wahltag zum Zahltag werden könnte.
Max Pusterla
GPK-Präsident
Ein GPK-Präsident, der auf Streicheleinheiten angewiesen ist, ist fehl am Platz. Pusterla gehört nicht zu jenem, die als Oberaufsicht - wie zuweilen im Baselbiet - a tout prix den Schon- und Schmusekurs fahren. Wenn er allerdings Stefan Cornaz schon so richtig dran nahm, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb er nicht auch bei Tschudi denselben Massstab anlegt und sich auf die Leerformel "Es ist halt vieles eine Frage der Wahrnehmung" fixiert. Kann sein, dass der Herbst-Bericht der GPK einiges an Brisanz enthalten wird. Als Oberaufsicht kann Pusterlas Kommission alles untersuchen, was sie für richtig hält, und auch entsprechende Kommentare abgeben.

18. Januar 1999

 

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(c) by Peter Knechtli