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Foto Matthias Brunner

Erlebt Renaissance als Heilmittel: Johanniskraut


Gegen Depressionen ist ein Kraut gewachsen

Das Johanniskraut, das jetzt blüht, zählt zu den ältesten und wirkungsvollsten Heilkräutern

VON MATTHIAS BRUNNER

Bereits im Altertum als vielseitig verwendbare Heilpflanze bekannt, erlebt heute das Johanniskraut als wirksames Mittel gegen Depressionen eine Renaissance. Einige Biobauern haben sich inzwischen auf den Anbau von Johanniskraut spezialisiert.

Löcherkraut, Wundkraut, Hexenkraut, Hartheu, Sonnenwendkraut, Hergottskraut, Blutkraut usw. – alle diese Namen stehen für das Johanniskraut. Dieser bekannteste Name stammt daher, dass die Pflanze jeweils in der Zeit um das Datum des Sonnenwendefestes St. Johanni vom 24. Juni zu blühen beginnt. Während dieser Zeit, in der die Tage lang sind und die Sonne am intensivsten scheint, werden die Blüten des Johanniskrauts förmlich vom Licht getränkt, das sie in den vermeintlichen Löchern, den als schwarze Punkte erkennbaren Öldrüsen, speichern.

Die mehrjährige Pflanze, der man oft an Wegrändern oder entlang eines Eisenbahntrassees begegnen kann, bietet sich durch ihre dekorative Erscheinung mit den typischen schwarzgepunkteten gelben Blütenblättern durchaus als Zierpflanze für den privaten Garten an, zumal sich das Johanniskraut auch als Bodenbedeckung eignet.

Seinen grossen Bekanntsheitsgrad verdankt das Johanniskraut jedoch vor allem seiner Bedeutung als Heilpflanze. Schon im Altertum berichtete der griechische Arzt und Pharmakologe Dioskurides über die mannigfaltige Heilwirkung des Johanniskrauts. Paracelsus behandelte ebenfalls verschiedene Krankheiten mit dem Johanniskraut. In der Volksmedizin galt Johanniskrauttee als bewährtes Hausmittel gegen Bettnässen und Menstruationsbeschwerden.

Das «Blut» des Johanniskrauts

Das Johanniskraut birgt ein besonderes Geheimnis in sich: Zerdrückt man nämlich die Blüten zwischen den Fingern, rinnt ein roter Farbstoff, das Hypericin, aus den schwarzen Öldrüsen hervor. Wohl deshalb trägt die Pflanze auch den Namen Blutkraut.

In der klassischen Phytotherapie wird Johanniskrautöl unter anderem als hervorragendes Wundheilmittel und bei Verbrennungen eingesetzt. Deshalb fand man früher praktisch in jedem Haushalt eine Flasche mit Johanniskrautöl. Sogar bei Augenverletzungen, Nervenschmerzen, Phantomschmerzen und gegen Tetanus soll das Johanniskraut wirksam sein. Auch in der Homöopathie findet das Johanniskraut bei verschiedenen Krankheitsbildern seine Anwendung.

Wirksam bei Depressionen

Nachdem das Johanniskraut eine Zeitlang als Heilmittel eher etwas in Vergessenheit zu geraten drohte, erlebt es momentan eine eigentliche Renaissance. Diese verdankt es vor allem seiner heilsamen Wirkung bei leichteren bis mittelschweren Depressionen. Von dieser psychischen Krankheit sind in den hochzivilisierten Gesellschaften immer mehr Menschen betroffen.

Seit langem ist bekannt, dass das Johanniskraut bei Depressionen hilft. Mittlerweile hat dies selbst die traditionelle Schulmedizin anerkannt, nachdem die Wirksamkeit von Johanniskraut-Präparaten in über zwanzig kontrollierten klinischen Studien an insgesamt über 1700 Patientinnen und Patienten nachgewiesen worden ist.

Mittel gegen Aids?

Jüngste Versuche in der Praxis versprechen sogar eine mögliche Linderung der Symptome bei Aids. Nach Berichten der Frau des SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Klose, einer naturheilkundlichen Ärztin in Hamburg, und Andreas Krüger, Schuleiter der Samuel-Hahnemann-Schule, ging es den Patientinnen und Patienten seit der Behandlung mit dem hochdosierten Hypericin-Präparat Jarsin deutlich besser.

Wie das Johanniskraut letztlich wirkt, ist jedoch bis heute streng naturwissenschaftlich betrachtet nicht erklärbar. An Inhaltsstoffen konnten Hypericin, Quercitrin, Gerbstoffe, Flavonoide, Rutoside und Hyperoside nachgewiesen werden. Einzig von Hypericin ist bekannt, dass es den Stoffwechsel aktiviert und den Zellen Sauerstoff zuführt. Jedoch wurde inzwischen festgestellt, dass nur die Pflanze als Ganzes die antidepressive Wirkung entfaltet. Eine Vermutung zielt darauf ab, dass das Johanniskraut die Ausschüttung des Hormons Melatonin anregt, welches sich unter anderem antidepressiv auswirkt.

Eine geballte Ladung Licht

Ein weiterer Vorteil von Johanniskraut-Arzmitteln ist, dass sie im Gegensatz zu vielen chemisch-synthetischen Psychopharmaka kaum Nebenwirkungen zeigen. Einzig zu beachten ist, dass man sich nach der Einnahme von Johanniskraut-Präparaten oder dem Einreibem mit Johanniskrautöl nicht der prallen Sonne aussetzen sollte, da das enthaltene Hypericin die Hautempfindlichkeit gegen Sonnenlicht steigert.

So ist bei Vieh, dass auf einer Weide mit einem hohen Anteil an Johanniskraut weidet und gleichzeitiger intensiver Sonnenbestrahlung ausgesetzt ist, schon festgestellt worden, dass die Tiere danach einen Sonnenbrand erleiden können.

Vielleicht liegt eine Erklärung der antidepressiven Wirksamkeit des Johanniskrauts in seiner Eigenschaft, diese geballte Ladung Sonnenlicht speichern zu können? Es vertreibt die finsteren Schatten auf der menschlichen Seele und erfüllt das Herz mit dem strahlenden Sonnenschein des Sommers.

Marktnische für die Landwirtschaft

Das wiedererwachte Interesse der Pharmazie am Johanniskraut hat auch die Nachfrage gesteigert. Früher wurde der Bedarf noch vorwiegend aus Wildsammlungen gedeckt. Dies ist aufgrund der heute benötigten Mengen und Qualitätsanforderungen nicht mehr möglich. Deshalb haben findige Bauern in der Schweiz und Deutschland, damit begonnen, Johanniskraut anzubauen.

So hat beispielsweise auch das Ehepaar Christina und Martin Riedwyl-Hurter auf seinem 14 Hektaren grossen Biobetrieb Tognethof im aargauischen Densbüren vor vier Jahren das Johanniskraut als Marktnische entdeckt. Rund 40 Helferinnen und Helfer sind nötig, um die zwei Tonnen Johanniskraut zu ernten, wobei nur die Triebspitzen verwendet werden. Das frisch geerntete Johanniskraut wird anschliessend sofort mit Kühlwagen nach Roggwil zur Firma Bioforce AG gefahren, wo es noch gleichentags zum Antidepressionsmittel Hyperiforce von A. Vogel in Tablettenform verarbeitet wird. Die Bioforce AG bezieht derzeit das Rohmaterial von insgesamt neun verschiedenen Betrieben, die allesamt ausschliesslich biologisch bewirtschaftet werden.

Heikler Anbau

Allerdings ist der Anbau von Johanniskraut bis jetzt recht heikel, da mit den aus Wildformen selektionierten Sorten noch kaum Erfahrungen vorhanden sind. Gefahren drohen vor allem durch Pilzbefall, der sogenannten Johanniskrautwelke. Zurzeit ist das Forschungszentrum Mediplant daran, ein optimales Saatgut herauszuzüchten.


Botanischer Steckbrief

mb. Der botanische Name für das Johanniskraut lautet Hypericum perforatum und gehört zu den Hartheugewächsen (Hypericaceae). Während der Bütezeit vom Juni bis August ist das Johanniskraut vor allem an seinen typischen schwarzen «Flecken», den Speicherzellen für das Hypericin, auf den goldgelben, endständigen Blütenblättern erkennbar. Aus der fünfblättrigen doldenartig wachsenden Blüte ragen in der Mitte lange, gelbbraune Staubfäden hervor. Die mehrjährige, zwischen 50 cm und etwa einem Meter hohe Pflanze kommt in ganz Europa und in Westasien vor und bevorzugt trockene Standorte mit mageren Böden.



Rezept für Johanniskrautöl

mb. Johanniskrautöl eignet sich vor allem zum Einreiben bei Muskelschmerzen, Verbrennungen und Verletzungen. Mit dem folgenden Rezept lässt sich Johannisöl selbst herstellen:

100 g frische Blüten sammeln
250 g kaltgepresstes Olivenöl zugeben
während 3 Wochen an die Sonne stellen und täglich durchrühren
Das Öl filtern und in eine dunkle Flasche abfüllen

Quelle: «Natürlich gesund mit Heilpflanzen» von Bruno Vonarburg


24. Juni 1999

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© by Peter Knechtli