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Nach seinem weitreichenden Entscheid auf Probe gestellt: Novartis-Chef Daniel Vasella


Daniel Vasella im Lackmus-Test

Der Novartis-Chef muss sich jetzt allein an seinem Pharma-Geschäft messen lassen

VON PETER KNECHTLI

Nach der Trennung vom Agro-Geschäft und der Bildung des weltgrössten Agro-Konzerns Syngenta steht Konzernchef Daniel Vasella im Lackmus-Test: Jetzt wird von der Pharma-Division mehr Wachstum und Ertrag gefordert - eine Aufgabe, an der Vasella, Pharma-Chef Jerry Karabelas und Thomas Ebeling künftig knallhart gemessen werden.

Schärfer hätte der Kontrast vergangenen Donnerstag gar nicht sein können: Draussen vor der Tür markierte eine Handvoll Gewerkschafts-aktivisten mit markigen, aber altbekannten Parolen ("Kniefall vor Shareholder Value") Präsenz. Drinnen, im Konferenz-Zentrum der Crossair am Basler Flughafen, wo vor bald vier Jahren schon die Novartis-Gründung angekündigt wurde, zeigte sich das Top-Management von Novartis und AstraZeneca (AZ) in offensichtlich aufgeräumter Stimmung.

Davon, dass Novartis-Chef Daniel Vasella und sein AZ-Pendant Tom Killop den Vertrag über die Zusammenlegung ihres Agro-Geschäfts zu Syngenta erst am Donnerstagmorgen früh um 00.30 Uhr unterschrieben hatten, war Stunden später nichts mehr zu spüren: Vasella, in dunkelblauer Krawatte, versprühte die Stimmung einer Verlobungsfeier.

"Freude" über Trennung

Die Erleichterung darüber, dass er das Agro-Wesen erfolgreich aus seinem Verantwortungsbereich isoliert hatte, war Vasella förmlich anzuspüren: "Es freut mich, Ihnen mitzuteilen, ...", beginnt der Brief des Konzernchefs an Belegschaft wie an Aktionäre.

Die Freudes-Botschaft, von der sich Agro-Mitarbeitende merkwürdig berührt zeigten, bestätigt: Das schrumpfende Agro-Geschäft mit seinem gewinnverwässernden Einfluss stand seit längerer Zeit nicht mehr in Vasellas Gunst. Umso näher ist er seinem Ziel, Novartis zu einem reinen "Gesundheits"-Unternehmen zu modellieren, das mit seinen wertschöpfungsintensiven Spitzenprodukten zu den führenden der Welt zählt.

AstraZeneca als gute Wahl aufgenommen

Dass die europäische AstraZeneca, mit der Vasella seit Ende April verhandelte, und nicht der US-Konzern Monsanto zum "Partner der Wahl" heranreifte, fiel in der Belegschaft ebenso wie im Medien-Echo auf breite Zustimmung. Als weltgrösstem Agro-Konzern mit einem geschätzen Umsatz von 12 Milliarden Franken werden Syngenta weit bessere Marktchancen zugebilligt als den beiden Einzelgesellschaften. Dies, auch wenn die entstehende marktbeherrschende Position vor allem im Bereich der Fungizide wohl die Wettbewerbshüter noch auf Trab bringen dürfte.

Auch unter den betroffenen Agro-Mitarbeitern, denen nach der Novartis-Fusion nun gleich eine neue Kultur-Revolution blüht, überwiegt die Erleichterung ob des Grundsatz-Entscheids gegenüber der Angst, den Job zu verlieren (vgl. Kasten). Und dass Basel Hauptsitz des neuen Agro-Riesen sein wird, soll Novartis in den Verhandlungen einen "hohen Preis" (so ein Top-Kadermann) Wert gewesen sein, auch wenn die Basler Steuerkasse zumindest in den ersten Syngenta-Jahren deswegen wohl kaum aus den Nähten platzen wird.

Life-science-Konzept gescheitert

Die Trennung vom Agro-Geschäft macht erstmals deutlich, dass das vor vier Jahren verkündete Life-science-Konzept, zu dem Pflanzenschutz und Saatgut ebenso gehören wie die breite Anwendung der Gentechnologie, "als inspirative Triebkraft der Novartis-Fusion gescheitert ist". Noch vor Monaten beschworen offizielle Stellen die Synergien zwischen den drei Novartis-Bereichen Pharma, Agro und Consumer Health. Jetzt musste Daniel Vasella eingestehen, dass die Rechnung nicht aufgegangen ist: Die Synergien seien "marginal".

Aus solchen Erkenntnissen leiten Beobachter die Feststellungen ab, dass sich Konzerne wie Novartis "nicht mehr an langfristigen Strategien orientieren, sondern an rein pragmatischem Vorgehen". Die wirkliche Strategie besteht darin, von Grundsätzen im Bedarfsfall möglichst flexibel abzurücken. Ein Novartis-Vertrauter spitzt zu: "Auf dem Altar der börsianischen Kurzzeit-Begehrlichkeiten werden die Langfrist-Ziele geopfert."

"Börse will vergleichbare Zahlen"

So habe operativ kein zwingender Grund zum Verkauf des Agro-Geschäfts bestanden. Massive zyklische Einbrüche seien schon früher die Regel gewesen und auch Syngenta werde davor nicht verschont. Viel folgenschwerer sei, so der Insider, "dass die Börse saubere, vergleichbare Zahlen verlangt und ungern auf individuelle Sparten-Eigenschaften eingeht".

Zumindest diesen Anspruch hat Vasella mit seinem bisher weitreichendsten Entscheid an der Novartis-Spitze schon erfüllt: Er hat in Abweichung zu den Gründungsabsichten den Willen gezeigt, Novartis noch klarer als bisher den Stempel der "Gesundheit" aufzudrücken. Die von Jerry Karabelas geführte "Healthcare"-Sparte (Umsatz 17,5 Milliarden Franken) mit Pharma (14,5 Mia.), Generika (1,5 Mia. und Ciba Vision (1,5 Mia.) wird mit dem Wegfall des Agrogeschäfts den Charakter Konzerns noch dominanter prägen und zusammen mit dem Ernährungsgeschäft (5,3 Mia.) die Marschrichtung vorgeben.

Vasella stärkt seine Position

Mit der Verkürzung der Novartis-Aktivitäten auf den "Gesundheits"-Bereich verschafft sich Vasella überdies zwei klare Vorteile:

• Er befreit Novartis von einer fundamentalen Unsicherheit: Der unberechenbaren gesellschaftlichen Akzeptanz der Gentechnologie. Im Medikamenten-Bereich, dem Novartis-Kerngeschäft, ist der Widerstand vergleichsweise gering. Wie dagegen das Agro-Geschäft mit dem weltweit wachsenden Widerstand gegen Gen-Food umgeht, müssen jetzt Präsident Heinz Imhof und seine Syngenta bestimmen.

• Als ausgebildeter Mediziner, mit den Geheimnissen von Saat und Pflanzen nicht allzu intim vertraut, kann Vasella im Medikamenten- und Ernährungsgeschäft seine erlernte Fachkompetenz voll zur Geltung bringen. Den Geschäftsverlauf des Gesamtunternehmens kann er noch stärker beeinflussen.

Gleichzeitig aber - darin sind sich Branchen-Spezialisten einig - wird Verantwortungsträger Vasella künftig viel direkter mit Erfolg oder Misserfolg identifiziert als heute: "Der Hinweis auf das Sorgenkind Agro als Entschuldigung für mittelmässige Unternehmens-Performance fällt weg."

Karabelas erhält Unterstützung

Umso stärker wird der Erfolgs-Druck auf das noch immer unter dem Markt wachsende Pharma-Geschäft (1998 +3%), an dessen Spitze Vasella ebenfalls Korrekturen angebracht hat. Thomas Ebeling, der erfolgreiche Ernährungs-Chef, wird Pharma-Chef Karabelas unterstützen. Karabelas gilt als charismatischer Konzepter, aber es ist kein Geheimnis, dass dem Nicht-Deutsch-Sprechenden das grosse Basler Alltagsgeschäft Mühe macht. "Ebeling wird sich noch wundern", tönt es im Umfeld der Pharma-Forschung skeptisch: In seinem Nahrungs-Geschäft spielten Marketing-Strategien eine herausragende Rolle. Im Pharma-Geschäft dagegen seien die Qualitäten des Produkts - mithin die Vorleistung der Forschung - marktentscheidend.

Den wirklichen Durchbruch, ist ein anderer Analytiker denn auch überzeugt, schaffe Novartis nur mit einem "enorm hohen Innovationsniveau". Die nächsten drei Jahr würden "für Daniel Vasella zur Lackmusprobe." Eine andere Quelle glaubt: "Vasella hat jetzt eine faire Chance."




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"Seit Sommer mit Zeneca"

Syngenta-Präsident Heinz Imhof zur Partnerschaft

Von Peter Knechtli

ONLINE REPORTS: Monsanto, Bayer, BASF waren als mögliche Partner im Gespräch. Wann wurde AstraZeneca zum Partner Ihrer Wahl?

Heinz Imhof: Seit Sommer haben wir uns auf diese Fusion mit AstraZeneca konzentriert, die den Namen Syngenta trägt. Es ist aber ganz klar, dass viele Diskussionen stattgefunden haben.

ONLINE REPORTS: Ist diese Fusion kompatibel mit der neuen Agro-Strategie, die Sie im September für den Novartis-Bereich vorgestellt haben?

Imhof: Sie ist absolut kompatibel. Was ich damals präsentierte war, dass wir die Firma weiterführen werden mit den beiden Komponenten Pflanzenschutz und Saatgut. Diese beiden Aktivitäten werden zusammen kooperieren.

ONLINE REPORTS: Was geschieht mit dem Saatgut-Bereich von AstraZeneca, der in der Joint-Venture-Firma Advanta zusammengefasst ist und der nicht in die Syngenta einfliesst?

Imhof: AstraZeneca wollte mit dem Joint-venture-Partner darüber nicht diskutieren, sonst hätte sie bekannt geben müssen, dass sie mit uns verhandelt. Die Diskussionen über den Saatgut-Bereichs werden jetzt beginnen.

ONLINE REPORTS: Wann wird Syngenta erstmals wachsen?

Imhof: Wir erwarten, dass der Markt gegen Ende nächsten Jahres wieder wachsen sollte. Weil wir eine neue Firma bilden und eine gewisse Stärke haben, sollten wir davon profitieren können.




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Stellen-Angst schwindet

Gewerkschaftliche Mobilisierungs-Mühe

Von Peter Knechtli

So schmerzhaft der Verlust von weltweit 3'000 Stellen und deren Bekanntgabe kurz vor Weihnachten sind - die Gewerkschaften haben es schwer, die Basis gegen die Syngenta-Synergien zu mobilisieren. Zur "Protest-Versammlung" am Freitagmittag anlässlich der Belegschaft-Information erschienen nur gerade gut zwei Dutzend Aktive der Gewerkschaften GBI und Syna. Das hat Gründe:

• Die Angestellten sind froh, endlich zu wissen, unter welches Firmendach die Reise geht.

• Der Stellen-Schock als Folge der Novartis-Fusion von 1996 hat nicht im entferntesten das befürchtete Heer von Arbeitslosen in der Region Basel hinterlassen, obschon es damals um einen Abbau von 10'000 Stellen ging, 3'000 davon in der Schweiz. Seit Bekanntgabe der Fusion im März 1996 hat sich die Arbeitslosenquote in Basel-Stadt (damals 4,7%) nicht etwa schlagartig erhöht, sondern um mehr als die Hälfte reduziert (aktuell: 2,1 Prozent).

Novartis-Konzernleitungsmitglied Hans Kindler erinnert daran, dass seit Gründung des Fusions-Konzerns vor drei Jahren mit den Novartis Venture Fonds 600 neue Stellen geschaffen wurden, "indem wir 78 Millionen Franken in 66 neue Firmen investiert haben". Ebenso glaubt er, dass die Syngenta-Bildung "keine Entlassungen" erfordere, weil der Abbau über vier Jahre konzipiert und somit sozialverträglich umgesetzt werden könne.



5. Dezember 1999

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(c) by Peter Knechtli