Online Reports Logo
Werben Sie hier
um Ihre Online-Zielgruppe.
061 271 63 64
werbung@onlinereports.ch

Wir möchten diese Story bestellen und abdrucken Wir möchten unseren Werbebanner auf dieser Seite platzieren
Tipp für Story Zurück zur Hauptseite
Meine Meinung zu dieser Story
Meine Meinung zu OnlineReports



Foto OnlineReports


Kontaktlinsen-Werbung auf dem Handy: Umstrittene digitale Wurfsendung


Per Stalin-Orgel auf den Handy-Display

Kommerz mit SMS: Forsche Werbetreibende peilen das Natel mit rechtlich fragwürdigen Mailings an

VON PETER KNECHTLI

Im Kampf um Online-Kunden ist Produkte-Anbietern fast jedes Mittel recht. Wilde Werber haben jetzt die Displays der Natel-Benützer im Visier. Als Technik wird das Kurz-Mail-System SMS genutzt. Handy-Benützer befürchten eine neue Kommerz-Welle, Juristen halten unverlangte Massen-Mailings per SMS gar für gesetzeswidrig.

Der Genfer Optikermeister Martin Mischler beweist auch Sehschärfe, wenn es ums eigene Geschäft geht. Agil nutzt mit der Natel-Kurzmeldung SMS zur Verbreitung seiner Werbe-Botschaften neuste Kommunikations-Technologie.

Wie aus einer virtuellen Stalin-Orgel feuert er seinen Lockruf - 20prozentiger Rabatt für Kontaktlinsen-Pflegemittel bei Bestellung via Internet - während fast drei Wochen Tag für Tag auf die Displays von 5'000 Handies mit Swisscom-Nummern. Dabei geht er nicht etwa ziellos vor. "Ich ordne die Handy-Nummern nach Postleitzahl und schicke die Mails zwischen 16 und 18 Uhr ab", verriet Mischler seine Strategie der SonntagsZeitung. "So wird mein Angebot in den bedienten Regionen ein Thema und die Empfänger sind nach der Heimkehr zu Hause so richtig motiviert, unsere Homepage zu besuchen."

"Besuchs-Statistik explodiert"

Die Wirkung jedenfalls scheint enorm. "Die Besuchs-Statistik meiner Website explodiert förmlich", freut sich Mischler. "Seit dem Versand herrscht darauf fünf- bis zehnmal mehr Verkehr." Auch die Bestellungen nehmen laut Mail-Manager Mischler "markant" zu. Nach Bearbeitung aller 60'000 Handy-Besitzer, die nicht per Sternchen im Telefonbuch ausdrücklich Werbe-Abstinenz wünschen, rechnet er mit 3'000 bis 6'000 neuen Kunden.

Doch diese Erfolgsquote, von der weniger aggressive Werber nur träumen, trübt zuweilen auch die Stimmung der Empfänger. "Ich finde solche Werbebotschaften eine Zumutung", reagierte ein Basler Software-Unternehmer, der fachlich leicht in der Lage wäre, ebenfalls digitale Massen-Mailings loszuschicken (Fachjargon: "Spamming"), sich aber bewusst Zurückhaltung auferlegt.

Den Vorteil haben die schnellen Frechen

Immer unverfrorener attackieren heute forsche Geschäftemacher potenzielle Kundschaft auf digitale Art, die früher in der Form endloser Reklame-Bandwürmer im Nu die Faxrollen der Zielpersonen leerten. Ob bei Fax, E-Mail oder jetzt bei SMS: Den grössten Nutzen ziehen jene schnellen Frechen, die ein neues Medium bewerben, bevor öffentliche Kritik einsetzt.

So provozierte der Handy-Verkäufer Ericsson letzten Jahreswechsel erste hässige Reaktionen, als er den Mobilkunden per SMS "frohe Weihnachten" wünschte. Vergangenen August war es die Telekommunikationsfirma GTN Telecom, die einen Zürcher Werbeberater - wie zahlreiche weitere Handy-Besitzer - mit dem Slogan zur Weissglut trieben, "50 Prozent Ihrer Telefonrechnung einzusparen". Obschon sich der Adressat telefonisch gegen diese Belästigung verwahrte, tauchte sie an zwei folgenden Tagen erneut auf seinem Display auf.

Handy-Nummern ab Swisscom-CD

"Nein, das ist nicht illegal, ich habe mich da mit meinem Anwalt schon abgesichert", wehrt SMS-Werber Mischler ab. Die 60'000 Handy-Besitzer in den drei grossen Schweizer Sprachregionen, die er ab Swisscom-Telefonbuch-CD eigenhändig "herauskopiert" hat, "sind der Werbung nicht abgeneigt".

"Missbräuchlich ist dies nicht", meint Andreas Sutter, Stabschef des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom). Anders als in Österreich, wo das SMS-Spamming "per Gesetz explizit verboten ist", gibt es in der Schweiz "keine Vorschriften, weder dafür noch dagegen". Wenn dagegen die bekannten Einzelbeispiele Schule machten und jeder Natel-Besitzer täglich SMS-Werbebotschaften erhalte, "dann wird natürlich ein Verbot provoziert".

Werbebotschaften "illegal"

Noch viele stärkere Zweifel an der juristische Korrektheit des Digital-Kommerzes hegt der auf Internet und Kommunikationsfragen spezialisierte Luzerner Rechtsanwalt Lukas Fässler. Nach seiner Meinung verstösst das SMS-Spamming gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG): "Ich halte solche Werbebotschaften für illegal, weil sie unlauter sind. Wer ungebeten über Natel mit Werbebotschaften beglückt wird, wird ohne seinen Willen überrumpelt und belästigt."

Es sei zudem nicht auszuschliessen, dass einzelne Abonnenten wie jene von "Natel easy" für die nichtgewünschte Werbebotschaft "auch noch bezahlen müssen, da jeder Anruf auf ihrem Guthaben eine Belastung auslöst". Damit entstehe dem Natel-Kunden auch ein gewisser finanzieller Schaden, "den er nicht einfach so hinzunehmen hat".

Von der Reklamation bis zur Klage

Die Ratschläge, die Vertraute des Problems abgeben, sind unterschiedlich. Swisscom-Sprecher Sepp Huber empfiehlt, "direkt beim Absender der Werbung zu reklamieren". Bakom-Stabschef Sutter appelliert an die "Selbstregulierung". Fachanwalt Fässler empfiehlt zusätzlich eine Strafanzeige und die Benachrichtigung des Bakom: "Denn wo plötzlich viele reklamierende Natel-Kunden sind, wird auch die Behörde hellhörig und sie wird dann handeln müssen, wenn Verletzungen des UWG vorliegen." Möglicher Strafrahmen bei vorsätzlichem Gesetzesverstoss: Gefängnis oder Busse bis zu 100'000 Franken.

SMS-Spammer Mischler erhält pro Aussand etwa fünfzig Reaktionen: "Solche, die meine Message nicht begreifen oder ausrufen, aber auch ganz witzige Stellungnahmen." Dennoch weiss der Optiker, dass er die Duldsamkeit der Mobil-Telefonierer nicht strapazieren darf: "Dies ist meine erste und vermutlich auch einzige Aktion. Ich will ja die Leute nicht verrückt machen."



Tip von ONLINE REPORTS Besucher Bruno Heuberger, Oberwil:
Es gibt ein einfaches Rezept: Handy-Nummer nicht mehr registrieren lassen!

3. Oktober 1999

Zurück zu Wirtschaft
Zurück zur Hauptseite

© by Peter Knechtli