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Marktbericht vom 15. November 1957; Eurotax-Mehrheitsaktionär Helmuth Lederer (links), Eurotax-Schweiz-Chef Stefano Zanni



Der neue Faktor Lust im Autohandel

Eurotax bietet die führende deutschsprachige Auto-Occasionsbewertung im Internet

VON PETER KNECHTLI

Der im deutschsprachigen Raum führende Auto-Dienstleister Eurotax setzt in der Occasionsbewertung auf E-Commerce: Der Autohandel am Bildschirm ist charmanter als das Preisgezerre auf dem windigen Abstellplatz. Ein Porträt der führenden deutschsprachigen Auto-Occasionsbewertung im Internet.

Schon lange wollte Toni Tempo seinen bald fünfjährigen Peugeot 205 1.4 Colorline gegen einen neuen 206er eintauschen. So sicher der Entscheid getroffen war, so lange zögerte der Akteur mit der Umsetzung: Wie, fragte sich der begeisterte Vierrad-Pilot, kann er es anstellen, dass auch er zu den Gewinnern des Deals gehört. Die Lösung fand er im Internet.

Jetzt sitzt Toni Tempo vor seinem PC. Sein Ziel: Verlässliche Richtpreise für Einstausch und Verkauf zu eruieren.

In Sekunden errechneter Occasionspreis

Er startet seine Browser-Software und tippt die Adresse www.eurotax.ch ein. Auf der Begrüssungsseite klickt er auf "Online Fahrzeugbewertung", denn "online", so verspricht Eurotax fix, "geht's am schnellsten!!". Jetzt klickt er "Einzelbewertung Personenwagen" an - und schon geht's im Turbo-Tempo los. Wie es die Datenbank von ihm verlangt, füllt er die wichtigsten Kenndaten, Ausstattungsmerkmale und die aufpreispflichtigen Optionen seines Gebrauchtwagen ins Computerformular. Ist der Wagen im Rechner klar identifiziert, wird Toni Tempo bereits mit der Frage konfrontiert, ob er die Bewertung über SwissOnline oder Blue Window bezahlen wolle.

Hat er sich für den Service seiner Wahl entschieden, seine Kreditkartennummer eingegeben und somit den Preis von neun Franken pro Bewertung bezahlt, spuckt ihm der Computer innerhalb weniger Sekunden den auf den Franken genau errechneten Wert (vgl. Box) aus: "Eintauschpreis 5'891 Franken, Verkaufspreis 7'470 Franken, Sonderausstattungen inbegriffen.

Mit der Eurotax-Bewertung in der Hand hat Toni Tempo auf der Suche nach dem Modell 206 so etwas wie Chancengleichheit gegenüber den Verkäufer erlangt: Ob Eintausch oder Verkauf - Händler und Käufer markten auf professioneller Grundlage.

Das konnten sie, das Studium der legendären blauen und gelben Marktbibeln des Autogewerbes vorausgesetzt, auch heute schon. Neu aber ist die Online-Option, ein Geschäftszweig, den Eurotax mit beträchtlichen Mitteln fördert. "Die Vorlaufkosten liegen weit über 100'000 Franken", sagt Stefano Zanni (39), der Geschäftsführer von Eurotax Schweiz. "Da muss einiges abgesetzt werden, bis diese Kosten eingespielt sind." Doch an der Option "online" wird nicht mehr gerüttelt. Denn sowohl im Autogewerbe wie in der automobilen Öffentlichkeit gewinnt der Computer als Handelsdrehscheibe mit rasender Beschleunigung an Bedeutung.

Schon seit 1989 im digitalen Geschäft

Ins Geschäft mit digitalen Mitteln stieg Eurotax 1989 offline ein, mit ersten Autooccasions-Bewertungen für PC ab 5 1/4-Zoll-Disketten. Fünf Jahre später kam unter dem Label "Autowert" die CD-ROM. Dieses um Neuwert-Berechnungen und Leasing-Offerten wesentlich erweiterte Software-Tool ist heute in der Schweiz an 3'000 Stellen installiert. Abnehmer sind vor allem 2'500 Garagen, aber auch Leasing- und Versicherungsgesellschaften. Damit die hartwarengewohnten Garagisten mit der Computersoftware zurechtkommen, schickt Eurotax für Installation, Konfiguration und Schulung ständig sieben Aussendienst-Mitarbeiter auf die Piste.

Den Schritt ins Online-Business via Internet wagte Eurotax im Herbst 1997. Heute verzeichnet die Homepage mit ihrer weit über 100 Megabyte starken, 12'000 Fahrzeugtypen umfassenden und von sechs Vollzeit-Mitarbeitern pausenlos gefütterten Datenbank im Hintergrund täglich rund 1'500 Zugriffe, Tendenz stark steigend. "Acht bis zehn Prozent der Besucher verlangen dann tatsächlich auch eine zahlungspflichtige Bewertung", weiss Stefano Zanni. Auf rund 300'000 Franken schätzt er den Internet-Umsatz dieses Jahr, eine Verdoppelung gegenüber dem letztjährigen Wert.

Kaufanteil über Internet wächst

Auch wenn dieser Umsatz noch nicht berauschend ist, so liegt der Sinn der Investition in der Zukunftsstrategie - man kann es auch Terrainbesetzung nennen. Denn: Das grosse digitale Dealen um alles, was mit motorisierter Fortbewegung zu tun hat, fängt erst noch an. Genauso, wie Computer heute schon selbstverständlich über Computer gehandelt werden, reift auch der Kauf- oder Eintauschentscheid ums Auto immer häufiger vor dem hauseigenen Bildschirm: Das Autogeschäft eignet sich vorzüglich zur weitgehenden Abwicklung am Bildschirm.

In den USA, sagt Stefano Zanni, würden bereits 11 Prozent aller Neuwagen über Internet gehandelt. Bei gewissen Marken liege dieser Anteil gar bei 31 Prozent. Mit einiger Verzögerung, ist er überzeugt, wird auch die Schweiz den Paradigmawechsel im Autohandel vollziehen.

Dies ist auch der Grund, weshalb Eurotax im Juli 1997 zusammen mit Publicitas ("P") das virtuelle Auto-Shoppingcenter "AutoWeb AG" gründete. Die digitale Neu- und Gebrauchtwagenbörse mit je hälftiger Beteiligung, in Dietikon ZH domiziliert, beschäftigt 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Online-Markt für Neufahrzeuge

Unter der Internet-Adresse www.autoweb.ch ist der grösste fachhandelsbezogene Schweizer Online-Markt für Autos, Nutzfahrzeuge und Motorräder zu finden - eine äusserst spannende Einrichtung für computerbenützende Mobil-Liebhaber: Hier sind gegen 19'000 aktuelle Fahrzeugangebote nach Herzenswunsch abrufbar. Massgeschneidert baut die potentielle Kundschaft hier ihren Wunsch-Wagen zusammen.

Beispiel: Toni Tempo will wissen, welche Garagen des Kantons Luzern ihm zu welchem Preis einen Peugeot Cabriolet mit Inverkehrssetzungsjahr 1994 bis 1996 anbieten. Ein Klick - und schon erscheint eine Liste aller erhältlichen Fahrzeuge. Nochmals einen Klick auf das bevorzugte Modell und es erscheint eine Seite mit Foto und technischen Angaben sowie Link auf die anbietende Garage. Von hier aus präsentiert sich die Garage mit ihrer eigenen Homepage: Kontaktadressen, Mitarbeiter mit Foto, Firmenprofil, gesamtem Fahrzeugangebot und Ortsplan.

Auch diese Homepage arbeitet mit der Eurotax-Datenbasis. Laut Stefano Zanni sind heute bereits 1'800 markengebundenen Händler - 40 Prozent aller Anbieter - im "Autoweb" mit einem eigenen Auftritt vertreten. Da der Aktualisierungsrhythmus der Sites relativ hoch ist - nichts macht sich so schlecht wie das Feilhalten eines bereits verkauften Autos -, wurden die Garagen im Editieren der Mutationen geschult. Diese Dienstleistung kann im Abonnement jedoch gegen kostendeckende Verrechnung auch an "AutoWeb" delegiert werden.

Sicher ist: Das Online-Geschäft rollt an. Am gesamten Eurotax-Schweiz-Umsatz von 24 Millionen Franken schreibt Geschäftsführer Zanni rund zwei Millionen oder acht Prozent dem "AutoWeb"-Onlinehandel gut. Im Jahr 2005, ist er überzeugt, "wird ein Viertel unseres Umsatzes über das Internet erzielt".

Laut Stefano Zanni, der seine derzeitige Automarke am liebsten für sich behält, ist die Neutralität eines der Erfolgsrezepte: "Wir sind keinerlei partikularen Marktinteressen verpflichtet. Wir sind unabhängig." Die gesamte Gruppe erzielt in 24 Ländern Europas, Minderheitsbeteiligungen inbegriffen, einen Umsatz von insgesamt 100 Millionen Franken. Schöne fünf bis sieben Millionen Franken Gewinn schauen dabei heraus.

Der Big Boss ist Helmuth Lederer

Chef im Hause ist der Kärntner Helmuth Lederer (62). Der smarte Geschäftsmann, ausgebildeter Werbe-Wirt, bekennt sich als "sehr heikel und eitel": "Wenn man nicht eitel ist, ist der Erfolg nicht programmiert." Dass in seiner Garage Firmenautos 14 verschiedener Marken zur Auswahl stehen, begründet der Firmenchef, der derzeit Porsche fährt, mit der psychologischen Finesse im Verkauf: "Wenn ich zu Mercedes gehe, nehm' ich den Mercedes."

Die Erfolgsstory von Eurotax geht ins Jahr 1957 zurück, als der Frankfurter Kaufmann Hanns W. Schwacke in Frankfurt am Main eine systematische Marktbeobachtung für Gebrauchtfahrzeuge aufbaute. Der erste Marktbericht (vgl. Abbildung oben), der heute als liebenswürdige Nostalgie erscheint, enthielt ganze 15 Marken, 35 Typen und 85 Notierung. Auf der heutigen Eurotax-Datenbank liegen 48 Marken und 15'000 Typen mit über 60'000 Notierungen (vgl. Box).

Pionier Schwacke lebt zwar, hochbetagt, auf einer Grapefruit-Plantage in den USA, ist immer noch Aktionär. Mehrheitsaktionär mit einem Anteil von rund 70 Prozent ist seit langem Helmuth Lederer, der in Österreich einen ähnlichen Dienst aufgebaut hatte, während zehn Jahren zu Eurotax in Konkurrenz stand und am 2. Januar 1972 von Schwacke mit der Eurotax-Betriebsführung beauftragt wurde.

Eurotax hatte ihren Sitz seit 1969 in Pfäffikon, seit fünf Jahren ist die internationale Gruppenleitung sowie Holding und Schweizer Ländergesellschaft in der steuergünstigen Ebner-Gemeinde Freienbach SZ domiziliert.

In den deutschsprachigen Ländern ist Eurotax Marktleader. Laut Eurotax-Schweiz-Geschäftsführer Stefano Zanni wird "99 Prozent des Umsatzes vor allem unter Profis erzielt" - vor allem mit dem Autohandel, dann aber auch mit Versicherungen und Banken. Die Gruppe beschäftigt 300 Angestellte, davon rund einen Drittel am Schweizer Hauptsitz.

Der soziale Status gilt als überdurchschnittlich. 20 Prozent der Aktien von Eurotax International befinden sich im Besitz von 35 Mitarbeitern. "Alle müssen mitdenken, also sollen Leute mit Budgetverantwortung auch am Erfolg beteiligt werden", sagt Firmenchef Lederer und attestiert seiner Belegschaft "ein relativ hohes Lohnniveau und eine relativ geringe Fluktuation". Sein Sohn ist zwar Verwaltungsrat im Unternehmen, als Steuerjurist aber nicht operativ in der Gruppe tätig.

Ein Objekt der Begierde

Keine Frage: Das kerngesunde und voll eigenfinanzierte Unternehmen ist ein Objekt der Begierde. Wöchentlich führt Helmuth Lederer Gespräche mit potenziellen Käufern - Verlagshäusern oder ähnlich positionierten amerikanischen Unternehmen. "Ein Uebernahme-Kandidat sind wir im Prinzip nicht", wehrt Lederer offiziell ab. Dennoch scheint jeder mit jedem zu sprechen.

Der Firmensitz in Freienbach hat nicht das Geringste mit der Werk-Atmosphäre einer Garage zu tun. Edle Materialien mit starker Betonung auf helles Holz herrschen im filigran anmutenden Neubau vor. Wohltuend auffällig ist die grosszügige künstlerische Ausstattung - unter dem Einfluss des Patrons: Lederer ist ein kunstsinniger Kaufmann. "Wir haben es in unserem Haus zu 99 Prozent mit trockenen Zahlen zu tun. Mit Kunst kann man zeigen, dass hier auch Menschen arbeiten."

Kunstverständnis wird auch in seiner früherer Wohngemeinde sichtbar: Seine damalige Villa verwandelte er kurzerhand ins "Kunsthaus Richterswil". Dieser Holz- und Glaskubus des Auto-Dienstleisters lockt sogar Grüne an: Sie hielten in Lederers Kunsthaus schon einen Parteitag ab.


So wird die Occasion bewertet

Keine Frage: Fixe Preise gibt es im autohandel nicht. Begabte Händler verkaufen besser, clevere Käufer markten den besseren Preis heraus. So haben die von Eurotax ermittelten Preise für Gebrauchtfahrzeuge den Charakter einer professionellen Richtlinie aus unabhängiger Quelle. Durch Inserateanalysen, Felduntersuchungen und Verkaufsrückmeldungen ermittelt Eurotax den Restwert. Dieser Preis wird durch eine gemischte Tarifierungskommission, bestehend aus Vertretern von Eurotax und des Autogewerbeverbandes der Schweiz (AGVS) überprüft. Jede der in der Schweiz vertretenen Marken delegiert einen Repräsentanten in dieses etwa 60köpfige Gremium, dem auch die Verbände ACS, TCS und Autovermieterverbände sowie Banken, Versicherungen und Leasingfirmen angehören.




Breite Eurotax-Palette

Die traditionelle Visitenkarte des Auto-Dienstleistungsunternehmens sind die in einer Auflage von 10'000 Exemplaren monatlich erscheinenden gelben und blauen Bücher, die in keiner Garage fehlen. Die Wälzer sind Teil einer Palette von insgesamt über 200 Printprodukten und Software-Angeboten in Off- und Onlinebereich. Dazu zählen Bewertungs- ("Autowert") und Kalkulationskataloge ("Autocalc") in gedruckter Form und als CD-ROM für Fahrzeuge vom Personenwagen bis zum Zweirad, wissenschaftliche Publikationen über branchenspezifische Forschungsresultate, aber auch eine Autorenreihe aus den Bereichen Belletristik und Fachbücher, Newsletters. Fachspezifische Schulung sowie ein Versicherungsgeschäft für Reparaturkostengarantie als Joint Venture mit Elvia runden das Geschäftsfeld ab.

Als Daten-Provider handelt Eurotax Schweiz auch mit Importeuren, Versicherern, Banken, Leasingfirmen, Recyklierern oder staatliche Stellen. So berechnen Versicherungen ihre Prämien auch aufgrund der Eurotax-Daten. Zur breitgefächerten Zielgruppe zählen auch Zollbehörden: Seit der Ostblock zusammengebrochen ist, fällt es dortigen Importeuren dank Eurotax-Bewertungen nicht mehr so leicht, die Zöllner des ehemals Eisernen Vorhangs mit wundersam tiefen Occasionspreisen übers Ohr zu hauen.


18. März 1999

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© by Peter Knechtli