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Knall-Konzert der Champagner-Korken

Das Geschäft mit Informatik-Outsourcing boomt - zunehmend auch mit staatlichen Dienstleistern

VON PETER KNECHTLI

Nirgends bommt das Outsourcing-Geschäft so dynamisch wie in der Informatikbranche: Nach den Grosskonzernen nehmen IT-Anbieter jetzt verstärkt die öffentlichen Verwaltungen und Dienstleistungsbetriebe ins Visier.

Was er gerade an der Angel hat, will Peter Schumacher, zuständig für das Outsourcing-Geschäft bei IBM, nicht verraten: "Die Beamten wissen noch nicht, dass hier etwas in Bewegung kommt." Fest steht für den Computer-Manager aber: Nachdem privatwirtschaftliche Konzerne schon seit 1994 ausgelagert haben, "fängt das Geschäft mit den öffentlichen Verwaltungen erst richtig an".

Mit dem Betrieb des Rechenzentrums für das Personalinformationssystem des Berner Inselspitals hat IBM bereits eine grosse Zehe im anstehenden Geschäft mit staatlichen Informatikbetrieben - aber noch keinen Schuh. Denn in der Ausschreibung um die Informatik-Infrastruktur der SBB schaffte Big Blue zwar die Endrunde, doch "den Champagner hatten die Manager zu früh kaltgestellt" (so ein Insider): Am Schluss gewann Atag debis Informatik dank Preisvorteil das prestigeträchtige Geschäft, das in den nächsten acht Jahren eine halbe Milliarde Umsatz bringt.

Folge: 120 der 350 SBB-Informatikangestellten wechselten Anfang April nicht nur zu "sehr fairen Bedingungen und mit Arbeitsplatz-Sicherheit" (SBB-Sprecher Christian Kräuchi) die Firma, sondern gleichzeitig auch den Status: Vom Beamten zum privatwirtschaftlichen Angestellten.

20 Prozent Kosten sparen

Die siegreiche Firma, freute sich bei Vertragsabschluss SBB-Informatikdirektor Josef Egger, habe "von Beginn an verstanden, welches unsere Bedürfnisse waren": Im Jahr eins nach der Bahnreform, so Kräuchi, schwarze Zahlen zu schreiben. Mit der Auslagerung eines zentralen Teils der Informatik können die SBB die Betriebskosten um rund 20 Prozent reduzieren.

Ob der Auftrag dem siegreichen Anbieter kommerziell je Freude bereiten wird, ist allerdings offen. Nicht wenige Branchenkenner glauben, dass Atag debis den bisher grössten staatlichen Auslagerungsauftrag mit einer sehr günstigen Offerte "als Einstiegs-Referenz benützte, um weitere öffentliche Informatik-Dienstleistungen zu akquirieren".

Diese Annahme weist Atag-debis-Sprecherin Helene Baumgartner zurück: "Es war keine Dumping-Offerte. Der Auftrag war europäisch ausgeschrieben, unsere Mitarbeiter haben rund um die Uhr dafür gearbeitet und schliesslich gewonnen."

Bern wirkt auf Outsourcing-Anbieter magisch

Immerhin scheint die Schweizer Verwaltungs-Metropole auch auf den grössten herstellerunabhängigen Komplettanbieter des Landes eine anziehende Wirkung zu haben. Helene Baumgartner bestätigte gegenüber
REPORTS, dass ihre 850köpfige Firma mit 300 Millionen Franken Umsatz in Bern "einen Standort zur Konzentration eines Teils der Grossrechner" sucht - nach ihrem Bekunden "ohne dass sich an öffentlichen Aufträgen ganz konkret etwas abzeichnet".

In öffentlichen Gründen jagt auch die Schweizer Landesgesellschaft des unabhängigen amerikanischen IT-Dienstleistungs-Multis EDS nach fetter Beute. Ein Jahr nach Akquisition der Fides Informatik will der "Marktführer im Geschäft der Komplett-Auslagerung" nach Angaben von Verkaufs- und Marketingdirektor Frank Morgenthaler seine Strategie flexibilisieren: "Wir werden künftig auch die Richtung Teil-Outsourcing und Projektgeschäfte einschlagen."

Im Privatgeschäft verbuchte EDS (Umsatz gut 200 Millionen Franken) neulich einen schönen Erfolg: Die SIG löste den ersten Schweizer Vertrag über eine Informatik-Vollauslagerung aus dem Jahre 1994 wegen veränderter Strategie zwar vorzeitig auf, doch die neue Ausschreibung ging erneut an EDS.

IBM: Mega-Deal mit Novartis

IBM dagegen war es, die letztes Jahr mit der zentralen Informatik von Novartis den bisher grössten Schweizer Outsourcing-Auftrag gewann: Ein vorerst auf sieben Jahre verteiltes 500-Millionen-Geschäft. 230 Novartis-Informatiker wurden auf einen Schlag Angestellte der von der US-Philisophie geprägten Firma "ITpro", in die sich IBM (70 Prozent) und Novartis (30 Prozent) teilen. Möglichst schon auf Ende dieses Jahres will der Computerriese die Neugründung zu 100 Prozent übernehmen.

Als Gründe für den Auslagerungsentscheid nannte Novartis-Sprecherin Marguerite Mamane die "Beschränkung auf das Kerngeschäft", den "Ausstieg aus einer alten Technologie", den "Zugang zu neuen elektronischen Techniken" - aber auch die "Erhaltung der Arbeitsplätze".

Ehemalige Novartis-Informatiker bestätigten der SonntagsZeitung, dass IBM bessere Aufstiegsmöglichkeiten bietet, aber auch bürokratisch-zentralistische Kontrollsysteme praktiziert und - bisher für sie ungewohnte - verkaufstechnische Anstrengungen verlangt.

Bald ein Milliarden-Markt

Denn die Konkurrenz - unter ihnen starke Unternehmen wie Cap Gemini oder CSC Ploenzke - schläft nicht: Zu wachstumsträchtig ist der Markt. Laut einer Analyse der Schaffhauser Beratungsfirma MSM hat das IT-Outsourcing schon heute ein Volumen von gegen 700 Millionen Franken. Bei jährlichen Wachstumsraten zwischen zehn und 15 Prozent rechnet IBM-Manager Schumacher bis ins Jahr 2010 mit einem Potential zwischen 3,5 und sechs Milliarden Franken.

Das Motiv zur Auslagerung ist aber bei weitem nicht nur die Aussicht auf Kostensenkung. Laut MSM-Studie werden der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und fehlende Branchenerfahrung noch stärker gewichtet. Andere Quellen betonen auch den Zugang der Konzerne zum E-Business und globaler Präsenz.

Nicht alle lagern aus

Der Auslagerungs-Trend erfasst freilich nicht alle Grossunternehmen: So unterzog der Pharmakonzern Hoffmann-La Roche kürzlich sein Rechenzentrum in Kaiseraugst einer genauen Analyse und kam laut Sprecher Peter Wullschleger zum Schluss, dieses im eigenen Schosse zu behalten. Auch auf die Berner Bedag Informatik (76 Millionen Franken Umsatz, 2,2 Millionen Franken Gewinn) warfen schon viele IT-Anbieter ein Auge - bisher vergeblich: Nach der Prüfung von 16 verschiedenen Szenarien ist eine Strukturänderung gemäss Sprecher Rudolf Steiner "in nächster Zeit nicht zu erwarten".

Indes denkt IBM-Manager Peter Schumacher schon an weitere Traumkunden: UBS, CS oder der Rechenzentrumverbund der Kantonalbanken.

 

Beispiele grosser Informatik-Auslagerungen in der Schweiz

Auslagerer Was/wann Anbieter Volumen
Novartis Zentrale Informatik
ab 1. September 1997
IBM 500 Mio. Franken auf sieben Jahre
230 Mitarbeiter
Feldschlösschen Gesamte Informatik
per 1. Oktober 1997
IBM 65 Mio. Franken auf sieben Jahre
40 Mitarbeiter
Inselspital Bern Betrieb Rechenzentrum Personal-Informationssytem
für 5'500 Angestellte
IBM keine Mitarbeiter übernommen
Volumen nicht bezifferbar
Helvetia Patria Betrieb Rechenzentrum
per 1. Mai 1998
IBM 150 Mio. Franken auf sieben Jahre
21 Mitarbeiter
SBB Gesamte Informatik-Infrastruktur
seit 1. April 1998
Atag debis 500 Mio. Franken auf acht Jahre
120 Mitarbeiter
Coop Schweiz Gesamte Informatik-Infrastruktur ab 1. Mai 1999, Zusammenführung von zentralen Rechnern bis Oktober 1999 Atag debis Stillschweigen vereinbart; Vertragsdauer fünf Jahre
Clariant Aufbau und Betrieb SAP R/3-Datacenter
Oktober 1997
Atag debis 85 Mio. Franken auf für Jahre
Betreuung von 9'000 BenutzerInnen
Visana Datenverarbeitung und Netzwerk Atag debis 43 Mio. Franken auf fünf Jahre
Colenco Desktop, PC, CAD, Netzwerke Atag debis 12 Mio. Franken auf fünf Jahre
Ciba Spezialitätenchemie Weltweiter NT-LAN-Backbone
ab Januar 1997
Digital/Compaq 70 Mio. Franken auf vier Jahre
ABB Schweiz Betrieb von Rechenzentrum und verschiedenen Applikationen
seit Anfang April 1998
Digital/Compaq 90 Mio. Franken auf drei Jahre
120 Mitarbeiter
SIG Gesamte Informatik, 1994/1998
(1. Vollauslagerung der Informatik in der Schweiz)
EDS Schätzung REPORTS: 60-70 Millionen Franken (inkl. Hardware)
45 Mitarbeiter
Rieter Gesamte Informatik EDS Schätzung REPORTS:
50-60 Millionen Franken (inkl. Hardware)
40 Mitarbeiter
Mövenpick Gesamte Informatik EDS Schätzung REPORTS:
50-60 Millionen Franken (inkl. Hardware)
25 Mitarbeiter
Quelle: SonntagsZeitung, Computerworld, Online Reports

4. November 1998 (laufend aktualisiert)

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