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"Stille Reserven bleiben unerwähnt": Grossrat Rudolf Rechsteiner



"Die IWB-Führungsspitze hat eine falsche Einstellung zu ihrer Aufgabe"

Finanzpolitik der Industriellen Werke Basel (IWB): Finanzexperte Rudolf Rechsteiner droht mit Klage

Scharfe Kritik an Führung und Finanzpolitik der Industriellen Werke Basel (IWB) übt der Basler SP-Grossrat Rudolf Rechsteiner in einer Interpellation. Der Parlamentarier droht damit, IWB-Kredite gerichtlich anzufechten, sofern sie für energiepolitische Abstimmungskampagnen des Bundes eingesetzt werden. Direktor Eduard Schumacher, so Rechsteiner weiter, verhalte sich gegenüber den staatlichen Aufsichtsorganen in gewissem Sinn renitent.

OnlineReports: Weshalb war die Beantwortung wichtiger Fragen zu Budget und Rechnung der IWB in der Werkkommission "nicht gewährleistet", wie Sie schreiben?

Rudolf Rechsteiner: Es ist schwierig geworden, Erklärungen zu gewissen Budgetpositionen zu erhalten, etwa zur Frage, wofür die 800'000 Franken dienen, die dem Verband der Gasinustrie überwiesen werden. Die Auskunftspflicht wird von der Direktion als ungerecht und überflüssig empfunden.

OnlineReports: Ihre Interpellation erweckt den Eindruck, Bilanz, Budgetierung und Rechnungslegung der IWB seien an verschiedenen Orten manipuliert - zum Nachteil der StromkonsumentInnen und der Staatskasse. Ist dies Ihre Auffassung?

Rechsteiner: Die IWB-Direktion bekundet Mühe, mit offenen Karten zu spielen. Zum Teil sind das Bagatellen, etwa die fehlende Spartenrechnung, zum Teil geht es aber ins Geld, wenn die Umsätze widersprüchlich ausgewiesen werden oder wenn Stille Reserven von gegen 20 Millionen Franken in der Bilanz unerwähnt bleiben. Nachteilig für die Stromkonsumenten ist der extreme Aufwand für Werbung und Inserate der IWB. Diese Ausgaben sind generell viel zu hoch.

OnlineReports: Können die budgetierten "Marketing"-Ausgaben von 25 Millionen Franken nicht als Sonderaufwendungen im Hinblick auf die Strommarkt-Liberalisierung betrachtet werden?

Rechsteiner: Hier besteht offenbar ein zentraler Denkfehler betreffend die Aufgaben der IWB. Laut Gesetz muss die IWB die Netze für Gas, Strom, Wasser und Fernwärme betreiben. Dabei steht sie mit keinem anderen Netzbetreiber in Konkurrenz. Es handelt sich vielmehr um ein natürliches Monopol, das auch im freien Markt weiterbesteht.

OnlineReports: Es könnte doch plötzlich ein neuer Anbieter auftauchen.

Rechsteiner: Niemals wird ein anderer Anbieter je auf die Idee kommen, ein zweites Strom- oder Gasnetz durch die Stadt zu bauen. Es besteht für die IWB kein gesetzlicher Auftrag, die Verkäufe auszuweiten. Das Energiegesetz schreibt vielmehr das Gegenteil vor, nämlich den sparsamen Umgang mit Ressourcen. Deshalb sind alle Werbeaufwendungen für eine Ausweitung der Verkäufe und der teure Ausbau des sogenannten Marketings grundsätzlich in Frage zu stellen. Es gibt ganz einfach keinen objektiven Grund dafür, denn der Wettbewerb wird nur auf der Erzeugerebene geführt, also etwa zwischen russischen und holländischen Gasförderern, aber nicht zwischen den Verteilwerken.

OnlineReports: Was halten Sie von den 800'000 Franken, welche die IWB dem Verband Schweizerischer Gasindustrie "für Propagandazwecke" jährlich überweisen?

Rechsteiner: Dieser sogenannte Mitgliederbeitrag dient offenbar dazu, so interpretiere ich die spärlichen Andeutungen der Direktion, Abstimmungskampagnen auf Bundesebene zu finanzieren. Diese Ausgabe ist finanzrechtlich unzulässig. Das Bundesgericht untersagt es Versorgungsunternehmen, sich mit Kundengeldern in öffentliche Auseinandersetzungen einzuschalten. Ausserdem bräuchte eine solche wiederkehrende Ausgabe einen Ratschlag. Zu dieser ungesetzlichen Praxis interessiert mich die Meinung des Regierungsrates ganz besonders. Stimmen meine Vermutungen und werden diese Ausgaben bewilligt, dann wäre der nächste Schritt eine Klage vor Verwaltungsgericht oder vor Bundesgericht.

OnlineReports: Laut Ihren Angaben ist den Kontrollorganen "unklar", ob die IWB einen Umsatz von 413 oder 472 Millionen Franken erwirtschafteten. Liegen solche Differenzen nicht in einer tolerierbaren buchhalterischen Schwankungsbreite?

Rechsteiner: Sicher nicht. Die Umsatzangaben sind wichtig für die Gewinnablieferung. Eine saubere Abrechnung ergibt klare Entscheidungsgrundlagen. Heute ist dies nicht gewährleistet.

OnlineReports: Die IWB-Eingangshalle wurde Ihren Angaben zufolge für 3'5 Millionen Franken luxusrenoviert. Weshalb haben Werkkommission und Grosser Rat diese Renovation als Oberaufsichtsorgane offenbar folgenlos toleriert?

Rechsteiner: Der Grosse Rat und die IWB-Kommission wurden erst informiert, als der Bau schon im Gang war. Wir hatten gar nie Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Immerhin hat der Grosse Rat daraufhin das Budget zurückgewiesen, um eine saubere Rubrizierung der Ausgaben zu erreichen.

OnlineReports: Ihr Vorstoss enthält eine Kernbotschaft: Chaos in den reichlich vorhandenen IWB-Finanzen. Haben die IWB ein Führungsproblem?

Rechsteiner: Die Führungsspitze hat eine falsche Einstellung zu ihrer Aufgabe. Sie versteht nicht, dass ein Monopol einer gesetzlichen Kontrolle unterstellt ist und der Direktor über Ausgaben nicht allein entscheiden kann.

OnlineReports: Verhält sich IWB-Driektor Eduard Schumacher gegenüber staatlichen Prüfungsorganen renitent?

Rechsteiner: Wenn sich die Eigenmächtigkeiten ständig wiederholen, kann man dem so sagen.

OnlineReports: Halten Sie IWB-Driektor Eduard Schumacher für tragbar?

Rechsteiner: Das muss der Regierungsrat entscheiden.

22. Oktober 1998

 

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(c) by Peter Knechtli