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Bringt neue Impulse in die regionale Psychiatrie: Chefarzt Jakob Bösch


Ein Chefarzt beschwört die heilenden Geister


Baselbieter Psychiatrie-Chefarzt bricht mit neuer Heilmethode ein Tabu

VON RUEDI SUTER

Das geistige Heilen darf kein Tabu mehr sein und muss künftig die eingefahrenen Methoden der klassischen Psychiatrie ergänzen. Mit diesem revolutionären Ansinnen bringt Privatdozent Jakob Bösch, Chef der Externen Psychiatrischen Dienste Baselland, mächtig Unruhe in die konservative Phalanx der Weisskittel-Gilde. Derweil freuen sich aufgeschlossene Medizinalpersonen und auf Heilung hoffende Kranke, dass endlich ein Arzt den Mut hat, auch die heilenden Geister zu beschwören.

Missionar wollte er werden, der Bauernbub aus dem Appenzell. Wie Livingstone, jener mutige Forscher, der unbeirrt in die fremden Welten Schwarzafrikas vordrang, um diese den Europäern näherzubringen. Fremde Welten, die Suche nach den grossen Zusammenhängen und die Frage nach dem Sinn des Seins trieben den jungen Appenzeller aber nicht in die Theologie. Sie war ihm zu dogmatisch, und er wurde Mediziner, Psychiater.

Hier, in der Psychiatrie, wo Körper, Geist und Seele aus oft rätselhaften Gründen nicht harmonieren, fand Jakob Bösch seine terra incognita. Nicht wie sein Vorbild Livingstone «nur» einen Kontinent, es galt nun die vielen noch unbekannten und komplexen Innenwelten der Menschen zu entdecken, zu analysieren und, wenn nötig, gegen die herkömmlichen Dogmen neu anzugehen.

Die von der klassischen Psychiatrie festgelegten Grenzen konnte er mit der Zeit nicht mehr einfach blindlings anerkennen. Sie schienen ihm je länger desto mehr viel zu eng - ein zentraler Grund, weshalb sich der Querdenker und Kenner der grossen Weltphilosophien unkonventionellen Gedankengängen und Heilmethoden gegenüber zusehends öffnete.

Kampf für ein neues Weltbild in der Medizin

«Wir können uns das Zuwarten nicht mehr leisten: Ich kämpfe für ein neues Weltbild in der Medizin und die Anerkennung der Komplementärmedizin», sagt Jakob Bösch sanft. Der Chef-Psychiater wirkt ruhig, doch der Schein trügt: In seinem Inneren drängt es unbändig nach neuen Methoden, um die von der klassischen Psychiatrie festgelegten Grenzen zu sprengen. «Der Mensch ist ein mehrdimensionales Wesen geistigen Ursprungs, den die Medizin mit einem materialistisch positivistischen Weltbild alleine zu wenig erfassen kann.»

Die Zeit sei reif, denn immer mehr teils weit hergereiste Patientinnen und Patienten seien heilfroh, neben dem Wissen der klassischen Psychiatrie einmal Offenheit für Grenzfragen zu finden. Die meisten Patienten würden ihren Aerzten gegenüber Geistheiler-Kontakte verschweigen - aus Furcht vor Vorwürfen und Zurückweisung, stellt Bösch fest.

Beim Doktor aus dem für spirituelle Heilungen ohnehin zugänglichen Appenzellerland und bei manchen Therapeuten seines Dienstes treffen solche Themen jedoch auf ungeteilte Aufmerksamkeit.

Immer mehr bitten um geistiges Heilen

«Viele suchen Hilfe, weil sie durch die Erfahrung eigener sensitiver Anlagen oder durch spirituelle Krisen verunsichert sind. Andere sind froh, dass anstelle oder neben den schulmedizinischen Mitteln auch diverse komplementärmedizinische Theraphien inklusive geistiges Heilen zum Einsatz kommen.» Denn seit der Einführung der Antidepressiva, der Neuroleptika und der Sozialpsychiatrie habe sich in der Psychiatrie «ja nicht mehr viel bewegt», kritisiert Bösch. Gleichzeitig vertrauten sich im Stillen zunehmend mehr Menschen geistigen Heilern an, was in England, Holland und Norwegen bereits zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Behörden, der anerkannten Medizin und Heilern führte. Nicht so aber hierzulande, wo selbst erfolgreiche Heilerinnen und Heiler oft geächtet oder gesetzlich verfolgt würden.

Überdies will der Privatdozent selbst erfahren haben, wie etliche Patienten klassisch jahrelange erfolglos behandelt wurden, hingegen durch geistig Heilende rasch  effiziente Hilfe erhielten.

Aerzteschaft und Kanton zeigen sich interessiert

«Natürlich gibt es auch Fälle, bei denen keine Wirkung festgestellt wurde. Anderseits geschahen so fantastische Heilungen, dass sie lieber nicht erzählt werden, will man nicht für verrückt erklärt werden»,  meint der innovative Doktor.

Doch auch die Beobachtung, dass sich nebst den Kranken auch Aerztinnen und Aerzte zunehmend für komplementäre und selbst spirituelle Heilmethoden interessieren, trieben Querdenker Bösch schliesslich in die Offensive.

Heute kämpft der Leiter der Externen Psychiatrischen Dienste Baselland offen für die Prüfung und den Einsatz von bislang exotischen Heilkünsten, die Kollegen oft reflexartig als reine Scharlatanerie verdammen.

Sich des überaus glatten Parketts bewusst, hatte Jakob Bösch zuvor Kollegen konsultiert sowie Gesundheitsdirektor Eduard Belser und die Chefärztekonferenz über seine Idee orientiert. Ende 1996 erteilte die zuständige Ethischen Kommission des Kantonsspitals dem Arzt das Plazet, sich an das Geistheilen im Rahmen der Psychiatrie heranzutasten.

Kurse über Medialität und Spiritualität

Nebst der überwachten Behandlung ausgesuchter Patienten thematisiert nun Bösch für Interessierte in der Region Basel in Kursen mit Heilerinnen und Vorträgen die Verbindungen zwischen Psychotherapie, Spiritualität und Medialität. Kurse, die vor allem von Aerztinnen, Krankenschwestern und Pflegerinnen besucht werden.

Vor zwei Jahren begann der Appenzeller seine Vision von einer offeneren Psychiatrie mit zwei sensitiv (vgl. Erklärung unten) veranlagten und bekannten Heilerinnen an der Realität zu testen. Bösch damals: «Ich habe die beiden medial begabten Frauen Pamela Sommer-Dickson und Mira Kudris persönlich kennengelernt und ihre Arbeit und Arbeitsweise an mir und anderen Personen erfahren. Sie sind für mich vertrauenswürdig, verfügen über die Fähigkeit zur Selbstkritik, halten auch kritischen Fragen stand und haben beide eine internationale Reputation.»

Heilendes Licht, Aura, All-Liebe

So sassen denn im Sommer 1996 im Bruderholzspital 40 Frauen und Männer im Runde eines Kreises, fast alle mit medizinischer Ausbildung. Sie konfrontierten sich mit Begriffen wie Medium, All-Liebe, Aura, heilendes Licht, Sensitivität, Schwingungen, Reinkarnation, feinstoffliche Energie, höheres Selbst, Bewusstseinserweiterung und Transformation.

Die ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte einer feingliedrigen Frau. Pamela Sommer-Dickinson erklärte mit gleichmässig ruhiger Stimme, ihre Fähigkeiten könnten von jedem Menschen gelernt werden: Aussersinnliche Wahrnehmungen im Dienste der Liebe und des Heilens. Alle könnten als Kanal für heilende göttliche Kräfte dienen, sofern sie sich ernsthaft darum bemühten.

Der Mensch sei auf der Welt, um sich geistig weiterzuentwickeln, «denn alles ist Austausch, nichts Zufall, hinter allem ist Absicht.» Erreicht werden könne alles durch die Wahrnehmung und Ausübung der universellen Liebe, sagte die Dozentin. Nein, mit der zerredeten und kommerzialisierten Mode Esoterik habe dies nichts zu tun, fügte sie an. Die Esoterik werde zunehmend vermaterialisiert, was sie vehement kritisiere: «Ich bin bei den Esoterikern gefürchtet.»

«Die Psychologie des Höheren Selbst»

Während jeweils zwei Tagen versuchte die medial begabte und mit ihren Heilungserfolgen weitherum bekanntgewordene Pamela Sommer-Dickson auf Einladung Böschs eine Premiere: Die Einweihung einer vielköpfigen Gruppe von Medizinalpersonen in die «Psychologie des Höheren Selbst». Die Heilerin wollte ihre Fähigkeiten als Ergänzung zur etablierten Medizin verstanden wissen. Sie führte die Anwesenden in das intuitive Erfassen von Situationen, in die Meditation sowie in die Arbeit mit Licht und Farben ein. Methoden,  die alle bei sich selbst wie auch bei den Patienten anwenden konnten.

Am Schluss des Seminars sagte Pamela Sommer einigen Anwesenden anhand der Aura auf den Kopf zu, was diese zurzeit bewegte und gesundheitlich beschäftigte.

Und plötzlich spricht C.G. Jung aus der Frau

Mira Kudris arbeitet anders. Sie betreibt als Trance-Medium mediale Psychotherapie. Die kleine, lebensfrohe Frau bittet die Schutzwesen um Beistand, schliesst die Augen und versetzt sich in Tief-Trance. Alles verändert sich an ihr, Atmung, Gesicht, Körperhaltung, und ihre Stimme ist plötzlich tief. Dann ist sie - wie sie sagt und was von Kennern angeblich bestätigt wurde - C.G. Jung, spricht wie er, denkt wie er und gibt seine Ratschläge, obwohl sie sich nur oberflächlich mit dem Gedankengut des verstorbenen Psychoanalytikers auseinandergesetzt habe.

Mira Kudris will als Medium Jungs Zusammenhänge und die Ursachen der Probleme «sehen». Sie sagte nun den anwesenden Aerztinnen und Aerzten bei konkreten Fragen, wie diese angegangen werden können. Zeugnis von ihren Fähigkeiten gab sie zudem ab, als sie hinter einige Anwesende stand und diesen schilderte, was sie gerade beschäftigte.

«Kein Abheben in die aktuelle Esoterik»

Auch Kudris wehrt sich gegen das «Abheben» in der aktuellen Esoterik. Diese sei zu entrückt und habe nichts mit der lebendigen, praktischen Spiritualität zu tun, welche sich jeden Augenblick mit der wahrnehmbaren Realität auseinandersetzen müsse. Die Mutter und Autorin des Buchs «Gespräche mit dem Ungeborenen» unterstützte Jakob Bösch zu Beginn zusammen mit Pamela Sommer und Fernanda Marinho-Göbel.

Diese praktiziert das in Brasilien verbreitete «mediumistische Heilen», das ebenfalls den kosmischen Gesetzen folgt, den freien Willen des Individuums betont und das Gesetz von Ursache und Wirkung respektiert. So arbeitet Fernanda Marinho Göbel mit der Reinkarnationstheorie (Karma, jedes Leben ein Lernprozess) und der Trance-Technik.

Nothilfe für Nicht-Inkarnierte

Dabei verleiht sie zur Heilung eines Patienten ihren Körper einem nichtinkarnierten Wesen, das in einem der letzten Leben vom Patienten körperlich oder seelisch verletzt wurde und nun mit dem erlittenen Schmerz oder den Rachgefühlen den jetzt lebenden Patienten bedrängt und krank macht. Marinho bietet nun dem nichtinkarnierten Wesen in einem Gespräch zur Versöhnung die Möglichkeit des Reinkarnierens an. Willigt es ein und leistet der Patient seinen unerlässlichen Eigenbeitrag, kann er geheilt werden.

Eine Methode, die ebenfalls  erfolgreich sein soll, doch fordert auch sie Voraussetzungen wie den Glauben an die Wiedergeburt und in die geistigen Kräfte, an übersinnliche Fähigkeiten oder die Allmacht der Liebe, mit denen materialistisch oder stark rational orientierte Menschen nichts oder wenig anzufangen wissen. Mit Marinho-Göbel hat Bösch die Zusammenarbeit unterdessen eingestellt, da sie ihm für seine Zwecke zu wenig geeignet schien.

Neuer Umgang mit Übersinnlichem angestrebt

Bei der «Wiederentdeckung der Sensivität in der Heilkunde» werden Themen wie Intuition, Vorausahnung, Hellfühlen, Hellsichtigkeit und sechster Sinn besprochen - immer in der «berechtigten Hoffnung, dass ein neuer Umgang mit sogenannten übersinnlichen Phänomenen in die Medizin einzieht», wie Bösch betont. Und: «Gerade die Tiefenpsychologie kann von begabten Sensitiven enorm viel für die eigene Arbeitsweise lernen.» Es sei «unbedingt notwendig», dass zukünftige Aerzte und Therapeuten «gezielt in Intuition und Geistheilung geschult werden».

Teilnehmer und Teilnehmerinnen der ersten Workshops erklärten Monate später, in irgendeiner Weise von den Einführungsseminaren profitiert zu haben. Vor allem im Zusammenhang mit einer persönlichen Sensibilisierung und markant erweiterten Aufmerksamkeit Kranken gegenüber. Praktizierende Mediziner rügten jedoch, sie könnten sich den für diese Methoden notwendigen hohen Zeitaufwand finanziell schlicht nicht leisten.

Solange das geistige Heilen von der anerkannten Medizin tabuisiert werde, solange könnten Scharlatane, Geldmacher und Sektengründer relativ ungehindert ihr Unwesen treiben, ist der leitende Psychiater weiters überzeugt.

Fähige von unfähigen Heilenden zu unterscheiden, sei sehr schwierig. Immerhin gebe es Kriterien wie die persönliche Haltung, die Einstellung dem Geld gegenüber, die Absenz von Versprechungen, Bescheidenheit, Selbstkritik und die Berichte Behandelter.

Kollegen wollen an Kollege Bösch keine Kritik üben

Sein Bemühen habe zum Ziel, «mit Toleranz und Offenheit die echten oder vermeintlichen Erfolge der Geistheiler zu überprüfen, um endlich über Wirksamkeit und Nebenwirkungen ihrer Techniken seriöse Aussagen machen zu können.» Dass sich Chefarzt Bösch mit dem heiklen Thema Geistheilungen befasst, alarmierte einige Psychiater beider Basel.

Sie fürchten insgeheim um das Heil ihrer Patienten wie auch um den Ruf der regionalen Psychiatrie. Sie kritisierten Anfangs die Methode und den Einbezug der unerforschten spirituellen Energien, die für sie lediglich «Suggestionen» seien. Gegenüber der "Basler Zeitung" wollen sich zudem Experten wie Franz Müller-Spahn, Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel oder Theo Cahn, Leiter der Psychiatrieklinik Liestal, weder positiv noch negativ äussern. Auch Psychiatrie-Professor Raymond Battegay reagierte unverbindlich: «Doktor Bösch ist mir bekannt als ein sehr gut ausgebildeter Psychiater, mehr kann ich über ihn nicht sagen.» Der alte Hausarzt sei überdies ja «auch ein Stück Medizinmann» gewesen. «Vielleicht müssen wir einfach wieder zu einer menschlichen Begegnung in der Medizin zurückfinden», meint Battegay, auf den Stellenwert der geistigen Heilung angesprochen.

Forscher Bösch versucht seine Kritiker zu beruhigen, verweist auf zahlreiche Erfahrungen und wissenschaftliche Arbeiten im Ausland, verspricht eine sorgfältige Auswertung der Resultate und beteuert, die Forschung über geistiges Heilen wolle «Heilungseffekte untersuchen und nicht Weltanschauungen verteidigen.»

Selbstverantwortung als oberstes Gebot

Streng klassisch denkende Schulmediziner beruhigt dies wenig. Sie haben bereits Mühe mit den bekannteren Methoden der Komplementärmedizin wie Akupunktur, Homöopathie, anthroposophische Heilkunde, die zurzeit im Nationalfondsprogramm 34 auf ihre Wirkungen hin überprüft werden. Geistiges Heilen, so dessen Programmleiter Peter Baumann, sei zurzeit wissenschaftlich nicht nachprüfbar. Dennoch begrüsst er Böschs Vorgehen als «absolut sinnvoll», da es Erfahrungswerte liefere. Doch mehr als eine Hypothese werde vorderhand wohl nicht resultieren.

Für Jakob Bösch stehen die Kranken im Vordergrund. Er hofft mit seiner Pionierarbeit Beweisansätze zu liefern, dass psychisch kranke Menschen mit geistigen Heilmethoden effizienter geheilt werden können: «Geistiges Heilen respektiert den freien Willen als oberstes Gebot und wirkt nur dann, wenn wir innerlich bereit sind, mehr Selbstverantwortung für unser Leben zu übernehmen.»


Was ist Sensitivität?

Sensitivität ist ein Sammelbegriff für die Fähigkeit, unmittelbares Wissen über die verschiedensten Sinne zu erlangen. Dies auch über andere Kanäle als das rationale Denken und Erlernen. Diese Begabung wird je nachdem als Intuition, Vorausahnung, als übersinnliche Fähigkeit, Hellsichtigkeit, Hellfühlen, sechster Sinn oder als aussersinnliche Wahrnehmung bezeichnet.

2. August 1998

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