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INTERVIEW MIT ROLF W. SCHWEIZER
KOMMENTAR
PORTRAIT ROLF. W. SCHWEIZER


Blitz-Fusion von Clariant und Ciba

Durch den Zusammenschluss entsteht der mit Abstand weltgrösste Konzern für Spezialchemikalien

VON PETER KNECHTLI

Schon wieder eine Mega-Fusion in der Region Basel: Die beiden Spezialitätenchemie-Konzerne Clariant und Ciba SC schliessen sich zum weltgrössten Unternehmen der Branche zusammen. Der Name Ciba verschwindet aus der Geschäftswelt.

Nur gerade sechs Wochen hat der Prozess auf der Ebene von Präsidium und Verwaltungsräten gedauert, dann war der Entscheid perfekt: Die beiden Spezialitätenchemie-Konzerne Clariant und Ciba fusionieren zum mit Abstand grössten Branchen-Riesen der Welt. Dies gaben die beiden Unternehmen am Montag vor Börsenöffnung bekannt.

Der neue Konzern wird einen Jahresumsatz von rund 18 Milliarden Franken erzielen und rund 52'000 Mitarbeiter beschäftigen. Hauptmotiv der Fusion "zweier gleichwertiger Partner" sei das gemeinsame Ziel gewesen, erklärte Clariant-Präsident Rolf W. Scheizer, nicht die Steigerung der Effizienz. Trotzdem müsse mit einem weltweiten Stellenabbau von rund 3'000 Stellen gerechnet werden. Dieser Abbau soll in "fairer und sozialverträglicher Form" durchgeführt werden. Durch Effizienzsteigerung können bis 2001 jährlich über 600 Millionen Franken eingespart werden.

Rolf A. Meyer in den Startlöchern

Der fusionierte Konzern wird den Namen Clariant weitertragen, allerdings versehen mit dem farbigen Schmetterlings-Signet von Ciba. Der traditionsreiche Name Ciba wird verschwinden. Verwaltungsratspräsident des neuen Konzerns wird der bisherige Clariant-Primus Rolf Schweizer (68) sein. Der um 13 Jahre jüngere Ciba-Präsident Rolf A. Meyer wird Vizepräsident des Verwaltungsrates und Vorsitzender der Geschäftsleitung. Als COO im Präsidialausschuss ist Clariant-Mann Reinhard Handte vorgesehen. Nicht mehr dabei sind dagegen die beiden bisherigen Konzernleitungschef Hermann Vodicka (Ciba) und Karl-Gerhard Seifert (Clariant), die zur Fusion beide aus dem Unternehmen ausscheiden werden. Es sei keinem von ihnen möglich gewesen, unter dem andern zu arbeiten. Allerdings scheint Schweizer bereits ein gewisses Arrangement eingefädelt zu haben (Interview).

Schweizer will das vorgegebene Tempo halten: Im Dezember soll der Fusionsvertrag abgeschlossen werden, im ersten Quartal 1999 sollen die ausserordentlichen Generalversammlungen die Fusion absegnen, Mitte nächsten Jahres sollen die Kartellbehörden ihre Zustimmung geben und "im September oder Frühherbst" (Schweizer) soll die Fusion vollzogen werden.

Clariant-Aktionäre mit leichter Mehrheit

Auch die bisherigen Clariant-Aktionäre werden in der neuen Elefantenfirma mit 54 Prozent der Namensaktien die Mehrheit halten, die Ciba-Aktionäre via Aktientausch werden 46 Prozent halten. Wie Fusions-Architekt Schweizer an einer Pressekonferenz ausführte, wird auch die 45-Prozent-Beteiligung von Hoechst, deren Spezialchemikalien-Sparte Clariant vor anderthalb Jahren übernommen hat, "unverändert" bleiben. Nach Vollzug der Fusion werde Hoechst die Beteiligung in noch nicht bestimmtem Umfang reduzieren.

Die Organe des Unternehmens - so betonte Schweizer - seien ausgewogen zusammengesetzt worden. So besteht der verschlankte neunköpfige Verwaltungsrat aus je vier Vertretern beider Firmen - Rolf Schweizer, Rolf Meyer, Pierre Borgeuad, Getrud Höhler, Markus Kündig, Peter Littmann, Armin Meyer und Klaus-Jürgen Schmieder - sowie aus dem als "unabhängig" Berufenen Swisscom-Chef Tony Reis.

Mehr Ertrag, mehr Innovation

Die beiden fusionierenden Unternehmen sind noch blutjung: Clariant ging als Abspaltung des Sandoz-Spezialitätenchemie-Geschäfts im Sommer 1995 an die Börse; Ciba SC realisierte die Selbständigkeit erst Mitte März letzten Jahres. Diese Verselbständigung war Teil des Novartis-Fusionsvertrags von Ciba und Sandoz.

Schweizer betonte, beide Firmen hätten bisher die "Strategie des Alleingangs" verfolgt. Zum Fusionsentscheid geführt hätten "die zunehmende Uebereinstimmung der Ziele und Strategien". Das Hauptmotiv sei das "Zusammenfügen von sich ideal ergänzenden strategischen, operativen, logistischen und finanziellen Ressourcen" gewesen. Das neue Unternehmen wolle im Interesse der Shareholder schneller wachsen als der Markt und schon in drei Jahren einen Ertrag (vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 20 Prozent des Umsatzes erzielen.

Auch der fusionierte Konzern kommt nicht zur Ruhe

Das neue Unternehmen formiert sich in fünf Geschäftsgruppen: Additive und Wasserbehandlung, Celluloseether, Prozesschemikalien, Feinchemikalien und Farben. Während Clariant sein exklusives Know-how im Bereich der Feinchemikalen und Ciba im Bereich der Chemikalien für die Wasserbehandlung einbringt, betreffen die attraktivsten Bereiche komplementäre (überlappende) Tätigkeiten - von Elektro- und Kosmetikachemikalien über Masterbatches bis zu Pigmenten und Kunststoffadditiven.

Schweizer und Meyer machten deutlich, dass der Konzern nach der Fusion nicht zur Ruhe kommt, sondern dass ein aktives Portfolio-Management auch künftig Akquisitionen oder Verkäufe zur Folge habe. Zu den möglichen Verkaufskandidaten gehört der bei Ciba angesiedelte Bereich der Polymere.

In Basel warf die Ankündigung keine Wellen, die mit jenen bei der Novartis-Fusion vergleichbar wären. Zwar sind dabei ein traditionsreicher Pharmakonzern und zwei Namen (Ciba als Pharmaunternehmen und Sandoz) verschwunden. Durch die milliardenschweren Spin-offs der Spezialchemikaliensparten entstanden aber gleichzeitig zwei neue Industriekomplexe. Dass jetzt auch das letzte Ciba-Ueberbleibsel aus der Industriewelt verschwindet, erfülle einen Teil der "Cibaner" mit Emotionen, räumte Meyer ein. Allerdings hätte eine Weiterverwendung dieses Namens innerhalb der jetzigen Fusion rund 200 Millionen Franken gekostet.

Gewerkschaft Bau und Industrie protestiert

"Bestürzt" zeigte sich unmittelbar nach der Ankündigung die Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI). Mit dem Abbau der Arbeitsplätze verbunden sei die "Steigerung der betriebswirtschaftlichen Effizienz und der Aktienkurse". Schwierigkeiten der Unternehmensführung würden "durch eine Beschränkung des Wettbewerbs und auf dem Rücken der Beschäftigten und der Volkswirtschaft gelöst".

Im weiteren fordert die Gewerkschaft von der neuen Clariant die Zusage einer fortschrittlichen Sozialpartnerschaft und insbesondere einer Uebernahme des mit Ciba abgeschlossenen Einheitsvertrags. Clariant müsse sein "traditionelles, enges Verständnis von Sozialpartnerschaft" aufbrechen. Ueberdies protestiert die GBI gegen eine "Verletzung der Mitwirkungsrechte", weil sie und die Personalvertretungen über die Medien und nicht durch die Firmenleitung über die Fusion informiert worden seien.


Das Organigramm des neuen Clariant-Konzerns:



Clariant Aktivitäten Clariant beschäftigt rund 30'000 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von 10 Milliarden Franken. Im Sommer 1997 übernahm Clariant das Spezialitätenchemie-Geschäft von Hoechst. Sechs Divisionen: Prozess- und Veredelungsprodukte, Pigmente und Additive, Masterbatches, Surfactants, Feinchemikalien, and Cellulose ether und Polymerisate
Ciba Aktivitäten Ciba Spezialitätenchemie mit 9 Milliarden Franken Umsatz ist weltweit führend in der Erforschung, Entwicklung und Herstellung von hochwertigen, innovativen Materialien, die Produkten wie Kunststoffen, Lacken, Fasern oder Textilien Farbe, Leistungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit verleihen. Für 1998 erwartet Ciba einen "leicht erhöhten Betriebsgewinn im unteren Zielbereich".

Der Fahrplan Ankündigung der Fusion 9. November 1998
  Abschluss des Fusionsvertrags Dezember 1998
Versand der Unterlagen an die Aktionäre Januar 1999
Ausserordentliche Generalversammlungen 1. Quartal 1999
Entscheid der Kartellbehörden Mitte 1999
Vollzug der Fusion 2. Hälfte 1999

Stellungnahme der Gewerkschaft GBI Fusion Ciba-Clariant:
"Erneut Gewinnsteigerungen auf Kosten der Beschäftigten"


Die Gewerkschaft Bau und Industrie GBl ist bestürzt über die Bekanntgabe der Fusion von Ciba Spezialitätenchemle und Clariant. Damit verbunden sind der weitere Abbau von 3'000 Stellen weltweit im Namen der Steigerung der betriebswirtschaftlichen Effizienz und der Aktienkurse. Schwierigkeiten der Unternehmensführung werden durch eine Beschränkung des Wettbewerbs und auf dem Rücken der Beschäftigten und der Volkswirtschaft gelöst. Die GBI verlangt eine Umverteilung der Arbeit und die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle und ist überzeugt, dass damit auf einen Stellenabbau verzichtet werden kann. Entlassunngen im Zusammenhang mit der Fusion werden nicht akzeptiert.

GBI verlangt Übernahme des Einheitsvertrages und moderner Sozialpartnerschaft
Mit der Fusion von Ciba Spezialitätenchemie und Clariant treffen bezüglich Sozialpartnerschaft zwei sehr unterschiedliche Firmenkulturen aufeinander. Ciba Spezialitätenchemie hat sich in der Tradition von Ciba-Geigy durch eine offene Diskussion mit ihren Vertragspartnern und einen starken Einbezug der internen Personalvertretungen ausgezeichnet. Clariant hat in der Tradition von Sandoz eine traditionelles, enges Verständnis von Sozialpartnerschaft. Die GBI verlangt, dass die fortschrittlichere Personalpolitik der Ciba SC auch in der neuen Firma fortgesetzt wird und wird sich dafür einsetzen. Ciba SC hat in diesem Sommer mit den Vertragspartnern einen neuen, materiell guten Kollektivarbeitsvertrag, geltend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens abgeschlossen. Die GBI verlangt dass dieser Vertrag, der für die chemische Industrie eine Pionierleistung darstellt, von der neuen Firma übernommen wird.

Mitwirkungsrechte verletzt
Die Gewerkschaften und Mitglieder der internen Personalvertretungen sind über die Medien über die Fusion informiert worden und nicht vorgängig von der Firmenleitung. Wir protestieren gegen diese Verletzung der Mitwirkungsrechte der internen Personalvertreter und diesem Umgang mit der Vertragspartner. Die GBI wird sich mit ihren Schwestergewerkschaften im Ausland und mit Mitgliedern der europäischen Betriebsräte von Ciba SC und Clariant in Kontakt setzen, um ein weiteres Vorgehen im Interessen aller Beschäftigten zu koordinieren.


9. November 1998

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(c) by Peter Knechtli